T 2018/08 (Zweistufenverfahren zur Gewinnung von Gras-Allergenen/MERCK PATENT GMBH) 08-07-2013
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Verfahren zur Isolierung und Aufreinigung von Gräserpollenallergenen
Unzulässige Erweiterung (nein)
Klarheit, ausreichende Offenbarung, Neuheit, erfinderische Tätigkeit (ja)
I. Die Beschwerden der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin I) und der Einsprechenden (Beschwerdeführerin II) richten sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent mit der Nummer 1206488 in geändertem Umfang auf Grundlage des 2. Hilfsantrags und einer daran angepassten Beschreibung gemäß Artikel 101(3)(a) EPÜ aufrechtzuerhalten.
II. Die Einspruchsabteilung befand, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags, welcher im laufenden Beschwerdeverfahren, laut Antrag der Beschwerdeführerin I (siehe Sektion III) zum Hauptantrag wird, nicht neu ist (Artikel 54 EPÜ).
III. In ihrer Beschwerdebegründung vom 19. November 2008 beantragte die Beschwerdeführerin I, die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und ein Patent auf Grundlage des Hauptantrags (entspricht dem ersten Hilfsantrags eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2008) aufrechtzuerhalten.
Ansprüche 1, 7 und 8 des Hauptantrags lauten:
"1. Verfahren zur Gewinnung von im wesentlichen reinen Gras-Allergenen der Gruppen 1, 2, 3, 10, 13, dadurch gekennzeichnet, dass ein wässriger Extrakt von Pollen der Graminaen, ausgenommen Phleum pratense, hergestellt wird, und die löslichen Bestandteile einer hydrophoben Interaktionschromatographie, einem Gelfiltrations-Schritt und gegebenenfalls einer Kationenaustauscher-chromatographie unterzogen werden."
"7. Verfahren zur Gewinnung von im wesentlichen reinem Gras-Allergen der Gruppe 13, ausgenommen Phleum pratense, dadurch gekennzeichnet, dass ein wässriger Extrakt von Pollen der Graminaen hergestellt wird und die löslichen Bestandteile einer hydrophoben Interaktions-chromatographie und einem Gelfiltrations-Schritt unterzogen werden, wobei bei letzterem Schritt drei Fraktionen erhalten werden, von denen die Gruppe 1 und 13 Allergene jeweils eine Fraktion und die Gruppe 2, 3 und 10 Allergene die dritte Fraktion darstellen."
"8. Verfahren zur Gewinnung von im wesentlichen reinen Gras-Allergenen der Gruppen 1, 2, 3, 10, 13, dadurch gekennzeichnet, dass ein wässriger Extrakt von Pollen der Graminaen hergestellt wird, und die löslichen Bestandteile einer hydrophoben Interaktionschromatographie, einem Gelfiltrations-Schritt und einer Kationenaustauscherchromatographie unterzogen werden."
IV. In dieser Entscheidung werden folgende Entgegenhaltungen zitiert:
Dl: Aasmul-Olsen et al., Adv. Exp. Med. Biol., 1996, 409, 261-265.
D8: WO-A-0065060
D11: Yasueda et al, J. Allergy Clin. Immunol., 1983, Vol. 71, 77-86
D12: WO-A-9301213
D13: Ansari et al., The Journal of Immunology, 1987, Vol.139, No. 12, p.4034-4041.
D14: Petersen A. et al., J. Allergy Clin. Immunol., 2001, 107, 856-862
V. Die Beschwerdeführerin II, beantragte in ihrer Beschwerdebegründung vom 25. November 2008, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent in seinem gesamten Umfang zu widerrufen. Es wurden weiterhin die Dokumente (D11) bis (D13) eingereicht.
VI. Die Beschwerdeführerin I reichte in Ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin II mit Schreiben vom 2. April 2009 weitere Argumente bezüglich ausreichender Offenbarung (Artikel 83 EPÜ) und erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) ein. Des weiteren wurde das Dokument (D14) eingereicht.
VII. In der Mitteilung vom 5. Dezember 2012 wurden die Parteien gemäß Regel 115(1) EPÜ zur mündlichen Verhandlung am 17. April 2013 geladen.
VIII. In einer Mitteilung vom 12. Februar 2013 gemäß Artikel 15(1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (VOBK) teilte die Kammer mit, dass nach ihrer vorläufigen Auffassung die Entscheidung der Einspruchsabteilung bezüglich des Hauptantrags falsch sei und der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags insbesondere die Erfordernisse von Artikel 54 EPÜ erfüllt.
IX. Die Beschwerdeführerin II beantragte mit dem Schreiben vom 22. Februar 2013, das Patent auf Grundlage des von der Beschwerdeführerin I eingereichten Hauptantrags aufrechtzuerhalten und zog ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück.
X. In der Mitteilung vom 26. März 2013 teilte die Kammer den Parteien mit, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben wird.
Verfahrensrechtliche Aspekte
1. Die Beschwerdeführerin II beantragte mit ihrem Scheiben vom 22. Februar 2013, das Patent auf Grundlage des von der Beschwerdeführerin I eingereichten Hauptantrags aufrecht zu erhalten, da dieser Antrag unter den gegebenen Umständen von ihr als gewährbar erachtet wird.
Die Kammer interpretiert diesen Antrag dahingehend, dass die Beschwerdeführerin II, die im erstinstanzlichen Verfahren vor der Einspruchsabteilung und die in der Beschwerdebegründung datiert vom 25. November 2008 vorgebrachten Einwände gegen die Aufrechterhaltung des Patents zurücknimmt und damit den Antrag der Beschwerdeführerin I zu ihrem eigenen macht.
Materielles Recht
2. Die Kammer stellt fest, dass der vorliegende Hauptantrag auf dem ersten Hilfsantrag basiert der während der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2008 vor der Einspruchsabteilung eingereicht wurde. Dieser Antrag unterscheidet sich von den Ansprüchen wie erteilt dadurch, dass in Anspruch 1 ein Disclaimer eingeführt wurde ("ausgenommen Phleum pratense") und ein neuer Anspruch 8 eingeführt wurde, der ein Dreistufenverfahren zur Gewinnung von Gras-Allergenen, ohne die Verwendung eines Disclaimers, beschreibt.
Artikel 123 (2) EPÜ
3. Die Kammer stellt fest, dass gegen die Ansprüche des Hauptantrags weder die Einspruchsabteilung noch die Beschwerdeführerin II Einwände bezüglich unzulässiger Erweiterung vorgebracht haben. Die Kammer hat keinen Grund zu einer gegenteiligen Auffassung zu gelangen, da die Einführung des Disclaimers in Anspruch 1 und die Einführung von Anspruch 8, den Erfordernissen von Artikel 123(2) EPÜ und den Entscheidungen G 1/03 (Abl. 2004, 413) und G 2/10 (Abl. 2012, 376) genügen. In Anspruch 1 dient der Disclaimer ("ausgenommen Phleum pratense") dazu den Gegenstand gegenüber Dokument (D8), einem Stand der Technik nach Artikel 54(3)(4) EPÜ 1973, abzugrenzen. Dieses Dokument offenbart ein identisches Zweischrittverfahren zur Gewinnung von Allergenen aus Phleum pratense (Lieschgras), bestehend aus einer hydrophoben Interaktionschromatographie (HIC) und einem Gelfiltrations-Schritt (siehe Dokument (D8), Seite 5, Absatz 2). Die Einführung eines in der Anmeldung wie ursprünglich eingereicht nicht offenbarten Disclaimers kann nach der Entscheidung G 1/03 zulässig sein, wenn er einen Anspruch gegenüber einem Stand der Technik nach Artikel 54(3)(4) EPÜ 1973 abgrenzt, der Disclaimer nicht mehr ausschließt als nötig ist, um die Neuheit gegenüber diesem Dokument wieder herzustellen und er klar und knapp ist, um die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ zu erfüllen (siehe Entscheidung G 1/03, Leitsätze und Punkt 3 der Entscheidungsgründe). Diese Erfordernisse erachtet die Kammer für die Einführung des Disclaimers "ausgenommen Phleum pratense" in Anspruch 1 als gegeben an. Aus diesem Grund ist auch die Einführung von Anspruch 8 formalrechtlich zulässig, da sie einen Einwand gemäß unzulässiger Erweiterung überkommt und ein Dreischrittverfahren zur Gewinnung von Allergenen aus Graminaen aus Dokument (D8) nicht bekannt ist und somit kein Erfordernis besteht einen Disclaimer für dieses Verfahren einzuführen.
Die Entscheidung G 2/10 verlangt zudem, dass der im Patentanspruch verbleibende Gegenstand nach Aufnahme des Disclaimers, dem Fachmann der allgemeines Fachwissen heranzieht, in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung unmittelbar und eindeutig offenbart wird, sei es explizit oder implizit um den Erfordernissen von Artikel 123(2) EPÜ zu genügen (siehe Entscheidung G 2/10, Leitsatz). Die ursprünglich eingereichte Anmeldung offenbart ein Reinigungsverfahren zur Gewinnung von Allergenen aus Graspollen, wobei Pollen von Süssgräsern (Graminaen) besonders bevorzugt sind (siehe Seite 1, Zeilen 4 bis 7; Seite 4, Zeilen 7 bis 11). Die Familie der Süssgräser umfasst viele Grasarten und ist nicht auf Phleum pratense beschränkt, was dem Fachmann am Prioritätstag bekannt war. Zum Beispiel erwähnt die Beschreibung explizit Pollen der Süssgrasarten Lolium perenne, Dactylis glomerata, Festuca pratensis, Holcus lanatus, Poa pratensis und Secale cereale, neben Phleum pratense als bevorzugte Bezugsquellen zur Reinigung der beanspruchten Allergene (siehe Seite 4, Zeilen 17 bis 19 der Beschreibung). Damit umfasst Anspruch 1, nach Einführung des Disclaimers, noch immer einen realen Gegenstand, der die Erfindung und ihre Ausführung ermöglicht. Darüber hinaus gibt die Anmeldung keinen Hinweis, dass der Fachmann diesen verbleibenden Gegenstand in Anspruch 1 als nicht zur Erfindung gehörend erachtet hätte. Die Kammer schließt daraus, dass der im Anspruch verbleibende Gegenstand für den Fachmann in der ursprünglich eingereichten Anmeldung offenbart war und somit die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ im Lichte der Entscheidungen von G 1/03 und G 2/10 erfüllt sind.
Artikel 84 EPÜ
4. Weder die Einspruchsabteilung noch die Beschwerdeführerin II haben Einwände unter mangelnder Klarheit gegen den Gegenstand des Hauptantrags vorgebracht. Die Kammer hat keinen Anlass in Anbetracht des Gegenstands der vorliegenden Ansprüche zu einer gegenteiligen Auffassung zu gelangen.
Daher erfüllt der Gegenstand der Ansprüche des Hauptantrags die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ.
Artikel 54 EPÜ
5. Die Neuheit des Gegenstands der Ansprüche des Hauptantrags wird von der Beschwerdeführerin II nicht in Frage gestellt. Allerdings hat die Einspruchsabteilung entschieden, dass Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags nicht neu gegenüber Dokument (D8) ist. Sie vertrat insbesondere die Ansicht, dass die Verwendung des Verfahrens zur Gewinnung von im wesentlichen reinen Gras Allergenen für die gesamte Klasse der Graminaen implizit in Dokument (D8) offenbart ist (siehe Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 15. Juli 2008, Punkt 4b der Entscheidungsgründe und Dokument (D8), Seite 4, Zeilen 20-25 in Verbindung mit Seite 5, Zeilen 7-15).
6. Die Kammer stellt zu diesem Punkt fest, dass gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern nur dann eine implizite Offenbarung vorliegt, wenn sich das beanstandete Merkmal zweifelsfrei für den Fachmann unmittelbar und eindeutig beim Lesen aus der Gesamtheit der Vorveröffentlichung ergibt (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 6. Auflage 2010, I.C.2.3).
7. Der von der Einspruchsabteilung zitierte Absatz 2 auf Seite 4 von Dokument (D8) offenbart ausschließlich ein rekombinantes DNA-Molekül eines Gras Allergens (Abbildung 1), während sich der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags auf ein Reinigungsverfahren von Protein Gras Allergenen verschiedener Gruppen bezieht (Gruppen 1, 2, 3, 10, 13). Die Kammer merkt dazu an, dass es sich bei dem in Dokument (D8) beschriebenen Allergen um das Allergen der Gruppe 13 aus dem Streitpatent handelt (siehe Beschwerdebegründung der Pateninhaberin vom 19. November 2008, Seite 3, Absatz 3). Die Kammer stellt hierzu weiterhin fest, dass Proteine und DNA, Moleküle unterschiedlicher Stoffklassen darstellen. Darüber hinaus, wird in dem genannten Absatz auf Seite 4 von Dokument (D8) nicht auf ein Proteinreinigungsverfahren des Gruppe 13 Allergens aus verschiedenen Gräsern verwiesen, sondern darauf, dass als Rohstoff der beschriebenen Nukleinsäure, die für ein Gruppe 13 Allergen codiert, Pollenkörner verschiedener Gräser dienen, wie zum Beispiel Phleum pratense und andere. Die Nukleinsäuresequenz des Gruppe 13 Allergens wird aus diesen Gräsern kloniert, in einen Expressionsvektor überführt, in entsprechenden Wirtszellen exprimiert und anschließend als Protein gereinigt (siehe Seite 7, Zeile 1 bis Seite 8, Zeile 10 von Dokument (D8)). Dieses Verfahren unterscheidet sich somit fundamental von dem des Anspruchs 1 des Streitpatents.
8. Der weitere von der Einspruchsabteilung angeführte Absatz auf Seite 5, Zeilen 8 bis 15 von Dokument (D8) beschränkt sich auf ein Reinigungsverfahren der Allergengruppen 1, 2, 3 und 13 (p55-60 kDa) aus Lieschgras Pollen (Phleum pratense). Die Kammer stellt dazu fest, dass dieser Absatz weder das beanspruchte Gruppe 10 Allergen aus Anspruch 1 offenbart noch lässt sich eine Übertragung dieses Proteinreinigungsverfahrens auf alle Graminaen Pollen ableiten, da das Gruppe 13 Allergen aus Lieschgras Pollen nur deswegen gereinigt wird, um über seine N-terminale Sequenz die vollständige Nukleinsäuresequenz zu erhalten. Diese Nukleinsäuresequenz kann wie oben unter Punkt 7 ausgeführt aus weiteren Gräserpollen über Primer isoliert, kloniert und anschließend rekombinant exprimiert und gereinigt werden. Da es sich immer um das identische Gruppe 13 Allergen handelt, muss es nicht aus jedem Gras separat gereinigt und N-terminal sequenziert werden, bevor seine komplette Nukleinsäuresequenz aus diesen Gräsern isoliert werden kann. Dokument (D8) offenbart daher keine Lehre, aus der der Fachmann implizit das Reinigungsverfahren aus Lieschgras auf weitere Gräser direkt und eindeutig übertragen würde. Die Kammer kann daher der Auffassung der Einspruchsabteilung nicht folgen, dass die oben genannten Textpassagen aus Dokument (D8) den Gegenstand von Anspruch 1 implizit vorweg nehmen. Aus diesen Gründen wird der Gegenstand von Anspruch 1 als neu erachtet und erfüllt somit die Erfordernisse von Artikel 54 EPÜ.
9. Der Gegenstand der weiteren unabhängigen Ansprüche 7 und 8 wurde von der Einspruchsabteilung als neu erachtet. Die Kammer kann sich dieser Auffassung in Anbetracht des Offenbarungsgehalts der Dokumente des Standes der Technik anschließen.
Der Gegenstand der Ansprüche des Hauptantrags erfüllt somit die Erfordernisse von Artikel 54 EPÜ.
Artikel 83 EPÜ
10. Die Einspruchsabteilung und die Beschwerdeführerin II erachten den Gegenstand des Hauptantrags als ausreichend offenbart. Die Kammer kann sich dieser Auffassung anschließen, da die Anmeldung wie ursprünglich eingereicht auf Seite 6, Zeile 15 bis Seite 7, Zeile 14 das Verfahren gemäß der Ansprüche 1, 7 und 8 detailliert beschreibt und somit seine Ausführbarkeit belegt.
Der Gegenstand der Ansprüche des Hauptantrags erfüllt somit die Erfordernisse des Artikel 83 EPÜ.
Artikel 56 EPÜ
11. Weder die Einspruchsabteilung noch die Beschwerdeführerin II haben einen Einwand unter mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegen den Gegenstand des Hauptantrags erhoben.
Nächstliegender Stand der Technik für den Gegenstand der Ansprüche 1, 7 und 8
12. Der nächstliegender Stand der Technik beschreibt im allgemeinen ein Dokument des Standes der Technik, das einen Gegenstand offenbart, der zum gleichen Zweck oder mit demselben Ziel entwickelt wurde wie die beanspruchte Erfindung und die wichtigsten technischen Merkmale mit ihr gemein hat, der also die wenigsten strukturellen Änderungen erfordert.
Der Gegenstand von Anspruch 1 bezieht sich auf ein Verfahren zur Gewinnung von im wesentlichen reinen Gras Allergenen der Gruppen 1, 2, 3, 10 und 13 dadurch gekennzeichnet, dass ein wässriger Extrakt von Pollen der Graminaen, ausgenommen Phleum pratense, hergestellt wird, und die löslichen Bestandteile einer HIC, einem Gelfiltrations-Schritt und gegebenenfalls einer Kationenaustauscher-chromatographie unterzogen werden.
13. Für die beiden Beschwerdeführer stellt Dokument (D1) den nächsten Stand der Technik dar. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an.
14. Dieses Dokument beschreibt ein zweistufiges Reinigungsverfahren zur Gewinnung von Gras Allergenen der Gruppen 1, 2 und 3, wozu eine HIC und ein Gelfiltrations-Schritt durchgeführt werden. Als Ausgangssubstrat werden Rohextrakte von Graminaen Pollen verwendet, die in einer wässrigen Lösung extrahiert und anschließend dialysiert und lyophilisiert werden, bevor sie erneut in einer wässrigen Lösung aufgenommen werden und das zweistufige Trennungsverfahren mittels HIC und Gelfiltration erfolgt (siehe Dokument (D1), Seite 262, Zeilen 3 und 4; Paragraph 2.4, Zeile 1 bis Seite 263, Zeile 6 und Abbildung 2). Eine Aufreinigung der Allergene der Gruppen 10 und 13 ist in Dokument (D1) nicht offenbart.
Technische Aufgabe und Lösung
15. Die objektive der Erfindung zugrunde liegende technische Aufgabe wird daher als die Bereitstellung eines verbesserten Reinigungsverfahren betrachtet, die es erlaubt eine höhere Anzahl an Gras Allergenen zu gewinnen.
16. Nach Ansicht der Kammer wird diese Aufgabe durch das Verfahren gemäß der Ansprüche 1, 7 und 8 über die gesamte Breite gelöst indem ein wässrigen Pollenextrakt dem beanspruchten zweistufigen oder dreistufigen Reinigungsverfahren unterzogen wird (siehe Absätze 26 bis 28 der Patentschrift).
Naheliegende Problemlösung
17. Der Fachmann ausgehend von Dokument (D1) würde den wässrigen Pollenextrakt zuerst einer Dialyse und Lyophilisierung gefolgt von einer Resolubilisierung unterziehen, bevor der erste Reinigungsschritt mittels HIC und der zweite mittels Gelfiltration durchgeführt wird. Als Ergebnis dieses Verfahrens würde er im wesentlichen reine Gras Allergene der Gruppen 1, 2 und 3 erhalten. Neben diesen drei Allergenen ist dem Fachmann aus Dokument (D1), ein Gruppe 5 Allergen bekannt (siehe Seite 261, letzter Absatz bis Seite 262, Absatz 1, Absatz 4 bis Seite 263, Absatz 1 und Abbildung 2). Weitere Gras Allergene sind dem Fachmann jedoch nicht bekannt weder aus Dokument (D1) noch aus einem weiteren Dokument des Standes der Technik.
18. Die Kammer ist daher der Ansicht, dass der Fachmann in Anbetracht dieser Beobachtungen die Motivation fehlen würde das bekannte Verfahren gemäß Dokument (D1) abzuändern um eventuell weitere Allergene in Gräserpollen zu finden, weil ihm die Existenz weiterer Gras-Allergene zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents nicht bekannt war.
19. Darüber hinaus stellt die Kammer fest, dass die direkte Reinigung des "wässrigen Pollenextrakts" gemäß Anspruch 1, 7 und 8 ohne weitere Vorbehandlung durch Verwendung der HIC gefolgt von einem Gelfiltrations-Schritt Auswirkungen auf den Reinigungserfolg der Gruppe 10 und 13 Allergene besitzt.
20. Abbildung 2 aus Dokument (D1) zeigt weder eine Bande mit einem Molekulargewicht von 55-60 kDa entsprechend dem Gruppe 13 Allergen noch ist eine separate Bande bei 13 kDa (Gruppe 10 Allergen) zu erkennen. Offensichtlich scheint sich die Vorbehandlung des wässrigen Pollenextrakts mit Dialyse, Lyophilisierung und Resolubilisierung aus Dokument (D1) negativ auf die Stabilität des Gruppe 13 Allergens und das Trennverhalten des Gruppe 10 Allergens im SDS Gel auszuwirken. Zumindest für das Gruppe 13 Allergen scheint ein möglicher Abbau durch die genannte Vorbehandlung plausibel, da das Entfernen niedermolekularer Komponenten seine beschleunigte Degradation bewirkt (siehe Dokument (D14), Seite 856, Spalte 1, letzter Absatz und Abbildung 7).
21. Die Kammer kommt daher zu der Schlussfolgerung, dass der Fachmann weder eine Motivation hatte das bekannte Verfahren gemäß Dokument (D1) abzuändern, noch dass es naheliegend war, dass die direkte Verwendung des wässrigen Pollenextrakts zur Reinigung die Isolierung weiterer Pollenallergene der Gruppen 10 und 13 ermöglicht.
Der Gegenstand der Ansprüche 1, 7 und 8 ist daher erfinderisch und erfüllt die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ. Dasselbe gilt für den Gegenstand der davon abhängigen Ansprüche 2 bis 6.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Der Fall wird an die Abteilung der ersten Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung das Patent auf Basis des ersten Hilfsantrags eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2008 aufrechtzuerhalten und die Beschreibung und die Abbildung daran anzupassen.