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T 1138/12 09-05-2017
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Verfahren zum Herstellen einer Beschichtungsprobe
Neuheit - Hauptantrag und Hilfsantrag 1 (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 3 und 6 (nein)
Spät eingereichte Hilfsanträge 4 und 5
Spät eingereichte Hilfsanträge - Verfahrensökonomie
Spät eingereichte Hilfsanträge - zugelassen (nein)
Spät eingereichte Hilfsanträge - Antrag eindeutig gewährbar (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - wesentlicher Verfahrensmangel (nein)
Parteistellung Einsprechende
1. Ein Antrag, das Patent im Umfang derjenigen Patentansprüche eines Anspruchssatzes aufrechtzuerhalten, die als gewährbar angesehen werden, ist inhaltlich nicht hinreichend bestimmt und daher nicht ins Verfahren zuzulassen (siehe Punkt 5).
2. Sowohl die Dauer als auch die Form der Beratung zwischen den Mitgliedern einer Einspruchsabteilung hängt vom Umfang und von der Komplexität der im konkreten Fall zu beratenden Themen ab. Hierbei spielt auch der Grad der Vereinbarkeit möglicherweise divergierender Auffassungen der Mitglieder der Abteilung eine wesentliche Rolle (siehe Punkte 13.2 bis 13.4).
I. Gegen das Europäische Patent mit der Nummer 1 818 505 hat die Einsprechende, Alstom Technology Ltd, 5400 Baden, Schweiz, Einspruch eingelegt.
II. Mit der Zwischenentscheidung vom 20. März 2012 hat die Einspruchsabteilung entschieden, dass das Patent in geänderter Fassung den Erfordernissen des Übereinkommens genügt.
III. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin).
IV. Mit der Beschwerdebegründung verfolgte die Beschwerdeführerin die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung und reichte als Hilfsanträge mehrere Sätze geänderter Ansprüche ein. Sie beantragte weiter die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen eines von der Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung begangenen wesentlichen Verfahrensfehlers und legte zur Stützung ihres Vortrags eine Seite einer Mitschrift einer Begleitperson des Vertreters der Patentinhaberin über die mündliche Verhandlung vor. Sie bot die Einvernahme dieser Person und des Vertreters als Zeuge an.
V. In einer Mitteilung zur Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung informierte die Beschwerdekammer die Parteien über ihre vorläufige Beurteilung der Sache.
VI. Eine Namens- und Rechtsformänderung der Einsprechenden und Beschwerdegegnerin in "General Electric Technology GmbH" wurde dem Europäischen Patentamt mit Schreiben vom 9. März 2017 mitgeteilt und die Umschreibung im Europäischen Patentregister beantragt. Als Anlage war dem Schreiben ein Handelsregisterauszug beigefügt.
VII. Mit Schreiben datiert auf den 7. April 2017 reichte die Beschwerdeführerin geänderte Anspruchssätze gemäß Hilfsanträgen I und III bis VII ein, wobei Hilfsantrag VII der Fassung des Patents entspricht, die in der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung für gewährbar befunden wurde.
VIII. Am 9. Mai 2017 fand die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
IX. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in der erteilten Fassung aufrecht zu erhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der mit Schreiben vom 7. April 2017 eingereichten Hilfsanträge I, III bis VI aufrecht zu erhalten, oder "im Umfang derjenigen als Hilfsantrag I eingereichten Patentansprüche aufrechtzuerhalten, die als gewährbar angesehen werden" (Hilfsantrag II).
Zudem wurde die Rückzahlung der Beschwerdegebühr und eine Überprüfung der Berechtigung der Einsprechenden beantragt.
X. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
XI. Folgender Stand der Technik ist für die vorliegende Entscheidung relevant:
D3: US-A-5 329 810
XII. Der erteilte Anspruch 1 des Streitpatents hat folgenden Wortlaut:
"Verfahren zum Herstellen einer Beschichtungsprobe zur Untersuchung von Beschichtungsparametern einer auf eine bestimmte Bauteilsorte aufzubringenden Beschichtung mit den Schritten:
- Aufbringen wenigstens eines Materialstreifens (11a bis 11d) auf wenigstens eine bestimmte Oberflächenstelle eines Bauteils (1) der zu beschichtenden Bauteilsorte, welches ein Trägerbauteil bildet, wobei das Material des Materialstreifens (11a bis 11d) derart gewählt ist [sic] dass der Beschichtungsvorgang auf dem Materialstreifen (11a bis 11d) dem des Materials, aus dem das Bauteil (1) hergestellt ist, zumindest im Hinblick auf die zu untersuchenden Beschichtungsparameter entspricht;
- Beschichten des Trägerbauteils (1) mit dem wenigstens einen darauf aufgebrachten Materialstreifen;
- Entfernen des Materialstreifens (11a bis 11d) zur Verwendung als Beschichtungsprobe."
XIII. Hilfsantrag I enthält fünf unabhängige Ansprüche 1, 2, 4, 6 und 7 und zwei abhängige Ansprüche 3 und 5. Die unabhängigen Ansprüche beruhen auf dem erteilten unabhängigen Anspruch, in dem jeweils am Ende eines der folgenden Merkmale einzugefügt wurde:
im unabhängigen Anspruch 1,
"[...zur Verwendung als Beschichtungsprobe], in dem Materialstreifen (11a - 11d) auf eine Vielzahl von Oberflächenstellen des Trägerbauteils (1) aufgebracht werden",
in der Folge auch kurz "Vielzahl"-Merkmal genannt;
im unabhängigen Anspruch 2,
"[...zur Verwendung als Beschichtungsprobe], in dem die Materialstreifen (11a bis 11d) mittels einer leicht zu lösenden Verbindung auf der Oberfläche des Trägerbauteils (1) fixiert werden",
im folgenden kurz "lösbar"-Merkmal genannt;
im unabhängigen Anspruch 4,
"[...zur Verwendung als Beschichtungsprobe], in dem die Bauteile der Bauteilsorte aus einer Legierung hergestellt sind, welche ein Basismaterial als Hauptbestandteil aufweist und das Material des wenigstens einen Materialstreifen (11a bis 11d) ebenfalls das Basismaterial als Hauptbestandteil aufweist",
im folgenden kurz "Basismaterial"-Merkmal;
im unabhängigen Anspruch 6,
"[...zur Verwendung als Beschichtungsprobe], in dem die Bauteilsorte eine Sorte von Leit- oder Laufschaufeln für Gasturbinenanlagen ist",
im folgenden kurz "Schaufel"-Merkmal genannt;
im unabhängigen Anspruch 7,
"[...zur Verwendung als Beschichtungsprobe], in dem nach dem Entfernen des Materialstreifens (11a bis 11d) ein Entfernen der Beschichtung von der Oberfläche des Trägerbauteils (1) erfolgt",
im folgenden kurz "Reinigung"-Merkmal genannt.
Der abhängige Anspruch 3 ist nur auf Anspruch 2 rückbezogen und definiert, dass "das Fixieren mittels eines Punktschweißverfahrens erfolgt", was in der Folge auch kurz als "Punktschweißen"-Merkmal bezeichnet wird.
Der abhängige Anspruch 5 ist nur auf Anspruch 4 rückbezogen und definiert, dass "die Legierung eine Superlegierung und das Basismaterial Eisen, Nickel oder Kobalt ist", was in der Folge auch kurz als "Legierung"-Merkmal bezeichnet wird.
XIV. Hilfsantrag III enthält vier unabhängige Ansprüche 1, 2, 3 und 5 und vier abhängige Ansprüche 4, 6, 7 und 8.
Die unabhängigen Ansprüche 1, 3 und 5 entsprechen den unabhängigen Ansprüchen 1, 4 bzw. 6 aus Hilfsantrag I.
Der unabhängige Anspruch 2 beruht auf der Kombination des unabhängigen Anspruchs 2 ("lösbar") und des von diesem abhängigen Anspruch 3 ("Punktschweißen") nach Hilfsantrag I.
Der abhängige Anspruch 4 ist nur rückbezogen auf Anspruch 3 ("Basismaterial") und entspricht in seinem Wortlaut dem abhängigen Anspruch 5 ("Legierung") aus Hilfsantrag I.
Der abhängige Anspruch 6 ist rückbezogen auf Anspruch 1 oder 3 bis 5 und definiert das "lösbar"-Merkmal, wohingegen der abhängige Anspruch 7, rückbezogen auf Anspruch 6, das "Punktschweißen"-Merkmal, und der abhängige Anspruch 8, rückbezogen auf irgendeinen der vorangehenden Ansprüche, das "Reinigung"-Merkmal definiert.
XV. Hilfsantrag IV enthält zwei unabhängige Ansprüche 1 und 4 sowie acht abhängige Ansprüche.
Dabei entspricht Anspruch 1 dem unabhängigen Anspruch 2 nach Hilfsantrag III. An diesen schließen sich die abhängigen Ansprüche 2 und 3 (rückbezogen auf 2) an, die respektive das "Basismaterial"- und das "Legierung"-Merkmal definieren.
Der unabhängige Anspruch 4 entspricht dem unabhängigen Anspruch 3 ("Basismaterial") nach Hilfsantrag III. An diesen schließen sich die abhängigen Ansprüche 5 bis 7 an, die die Merkmale "Legierung", "lösbar" bzw. "Punktschweißen" definieren.
Die abhängigen Ansprüche 8, 9 und 10 sind auf einen der vorangehenden Ansprüche bezogen, und definieren die Merkmale "Vielzahl", "Schaufel" bzw. "Reinigung".
XVI. Der einzige unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag V hat folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung durch die Kammer hervorgehoben):
"Verfahren zum Herstellen einer Beschichtungsprobe zur Untersuchung von Beschichtungsparametern einer auf eine bestimmte Bauteilsorte aufzubringenden Beschichtung zur Erhöhung der Korrosions- und/oder Oxidationsbeständigkeit und zur Verringerung der Wärmeleitfähigkeit der Oberfläche mit den Schritten:
- Aufbringen wenigstens eines Materialstreifens (11a bis 11d) auf wenigstens eine bestimmte Oberflächenstelle eines thermisch hoch belasteten Gasturbinenbauteils (1) der zu beschichtenden Bauteilsorte, welches ein Trägerbauteil bildet, wobei das Material des Materialstreifens (11a bis lld) derart gewählt ist, dass der Beschichtungsvorgang auf dem Materialstreifen (lla bis lld) dem des Materials, aus dem das Gasturbinenbauteil (1) hergestellt ist, zumindest im Hinblick auf die zu untersuchenden Beschichtungsparameter entspricht;
- Beschichten des Trägerbauteils (1) mit dem wenigstens einen darauf aufgebrachten Materialstreifen;
- Entfernen des Materialstreifens (11a bis 11d) zur Verwendung als Beschichtungsprobe"
XVII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag VI hat folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung durch die Kammer hervorgehoben):
"Verfahren zum Herstellen einer Beschichtungsprobe zur Untersuchung von Beschichtungsparametern einer auf eine bestimmte Bauteilsorte aufzubringenden Beschichtung, wobei die Bauteilsorte eine Sorte von Leit- oder Laufschaufeln für Gasturbinenanlagen ist, mit den Schritten:
- Aufbringen wenigstens eines Materialstreifens (11a bis 11d) auf wenigstens eine bestimmte Oberflächenstelle eines Bauteils (1) der zu beschichtenden Bauteilsorte, welches ein Trägerbauteil bildet, wobei das Material des Materialstreifens (11a bis 11d) derart gewählt ist, dass der Beschichtungsvorgang auf dem Materialstreifen (11a bis 11d) dem des Materials, aus dem das Bauteil (1) hergestellt ist, zumindest im Hinblick auf die zu untersuchenden Beschichtungsparameter entspricht;
- Beschichten des Trägerbauteils (1) mit dem wenigstens einen darauf aufgebrachten Materialstreifen;
- Entfernen des Materialstreifens (11a bis 11d) zur Verwendung als Beschichtungsprobe."
XVIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden.
Einsprechendenstellung
Die Übertragung der Einsprechendenstellung sei nach G 2/04 nur im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge der Einsprechenden oder bei Übertragung eines einschlägigen Teils des Geschäftsbetriebs der Einsprechenden möglich. Aus dem vorgelegten Handelsregisterauszug sei eine solche Übertragung nicht mit der gebotenen Sicherheit nachvollziehbar. Offenbar seien nämlich Teile des Unternehmens abgespalten worden und es sei eine Fusion, eine Umwandlung sowie eine Vermögensübertragung im Zusammenhang mit weiteren Unternehmen erfolgt.
Hauptantrag
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei neu gegenüber D3, da das Material der Teststreifen in D3 hinsichtlich der Parameter des Beschichtungsprozesses festgelegt sei und nicht, wie in Anspruch 1 als Verfahrensschritt definiert, im Hinblick auf den zu untersuchenden Parameter der Beschichtung in Abhängigkeit vom Material des Bauteils ausgewählt. Darüber hinaus impliziere der Ausdruck "Aufbringen ... auf" in Anspruch 1 einen direkten Kontakt zwischen Materialstreifen und Oberfläche, was in dem Verfahren nach D3 ebenfalls nicht ausgeführt werde.
Hilfsantrag I
Der Gegenstand von Anspruch 2 sei neu gegenüber D3, da die beanspruchte einfach lösbare Verbindung eine rückstandsfreie Entfernung des Materialstreifens von der Oberfläche impliziere, was bei einem Klebestreifen nicht möglich sei.
Hilfsantrag II
Der Antrag sei als bedingter Antrag zulässig, da er nur an Bedingungen geknüpft sei, die im Verfahren bestimmbar seien. Die Zulässigkeit eines solchen Antrags entspreche allgemeinen Grundsätzen des Verfahrensrechts der Mitgliedstaaten. Der Antrag sei auch verfahrensökonomisch, da andernfalls die Ansprüche in einer Vielzahl von Permutationen in einzelnen Anträgen hätten formuliert werden müssen.
Hilfsantrag III
Der Gegenstand von Anspruch 5 sei nicht durch den Stand der Technik nahegelegt, da der Fachmann auf dem Gebiet der Turbinenanlagen D3 aus einem fachfremdem Gebiet gar nicht berücksichtigt hätte. Auch wenn der Anspruch Lack-Beschichtungen nicht grundsätzlich ausschließe, verstünde der Fachmann ihn im Lichte der Beschreibung eingeschränkt auf die bei Turbinenbauteilen üblichen thermischen Schutz-Beschichtungen.
Hilfsantrag IV
Die abhängigen Ansprüche beruhten auf den ursprünglich eingereichten abhängigen Ansprüchen. Sie bedeuteten nur Einschränkungen für den Gegenstand des jeweiligen unabhängigen Anspruchs, die alle in den Hilfsanträgen I und III vorhanden waren. Sie könnten somit keinen neuen Gegenstand in das Verfahren einführen.
Hilfsantrag V
Grundlage für die Änderungen am Anspruch 1 seien die Absätze 2, 23, 24, 33, 34, 35, 39 und 42-50 der veröffentlichten Patentanmeldung. Der Fachmann verstünde, dass die Anwendung des Verfahrens auf Schaufeln nur exemplarisch gemeint sei, dass aber alle Gasturbinenbauteile mit den erwähnten Beschichtungen ausgestaltet seien.
Hilfsantrag VI
Es bestehe kein Unterschied zwischen dem Gegenstand von Anspruch 1 und Anspruch 5 nach Hilfsantrag III.
Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Die Einspruchsabteilung habe in der mündlichen Verhandlung nicht ordentlich über die Gewährbarkeit des Hauptantrags beraten. Zu keinem Zeitpunkt der Beratungspause im Anschluss an die Diskussion über den Gegenstand von Anspruch 1 seien alle drei Mitglieder der Abteilung zur Beratung gemeinsam anwesend gewesen. Eine diesbezüglich bereits in der mündlichen Verhandlung erhobene Rüge sei in der Niederschrift unvollständig erwähnt.
XIX. Die Beschwerdegegnerin trat dem Vorbringen der Beschwerdeführerin mit folgenden Argumenten entgegen:
Hauptantrag
D3 offenbare in Spalte 1, Zeilen 7-49 und Spalte 2, Zeilen 26-44 ein Verfahren mit den Merkmalen von Anspruch 1. Die in D3 zu bestimmende Schichtdicke sei ein Parameter der Beschichtung und nicht des Beschichtungsprozesses. Das Material des Materialstreifens sei nach Spalte 2, Z. 41-44 so gewählt, dass der Beschichtungsvorgang zumindest im Hinblick auf die zu untersuchende Schichtdicke dem des Materials des Bauteils entspreche. Andernfalls wäre das Verfahren nach D3 sinnlos. Ein Schritt des Wählens werde darüber hinaus nicht im Anspruch definiert.
Die Interpretation der Beschwerdeführerin des Ausdrucks "Aufbringen auf" im Anspruch 1 finde dort und auch in der Beschreibung des Patents keine Grundlage. Die daraus mit Blick auf D3 gezogenen Schlussfolgerungen seien technisch nicht nachvollziehbar.
Hilfsantrag I
Gemäß D3 seien die Teststreifen mittels einer Klebeschicht an der Oberfläche zu befestigen, was eine leicht lösbare Befestigung darstelle. Die Auslegung der Beschwerdeführerin des Merkmals "lösbar" in Anspruch 2 sei durch diesen oder die Beschreibung nicht gestützt und stünde im Widerspruch zu der in Anspruch 3 beanspruchten Verbindung durch Punktschweißen.
Hilfsantrag II
Der Antrag sei als unbestimmt zurückzuweisen.
Hilfsantrag III
Anspruch 5 enthalte keine Einschränkung in Hinsicht auf die Art der Beschichtung und umfasse damit ebenfalls Lacke. Das aus D3 bekannte Verfahren sei deshalb ein geeigneter Ausgangspunkt für die Beurteilung erfinderischer Tätigkeit. Die Anwendung des Verfahrens auf Turbinenbauteile sei für den Fachmann naheliegend.
Hilfsantrag V
Die hinzugefügten Merkmale ließen sich nicht aus den von der Beschwerdeführerin genannten Passagen ableiten. Absatz 2 betreffe den Stand der Technik und die anderen Passagen offenbarten die hinzugefügten Merkmale der Beschichtung unter anderem nur im Zusammenhang mit Turbinenschaufeln.
Einsprechendenstellung
1. Mit Schreiben vom 9. März 2017 hat die Beschwerdegegnerin dem Europäischen Patentamt eine Änderung des Namens und der Gesellschaftsform der Einsprechenden, vormals "Alstom Technology Ltd" in "General Electric Technology GmbH" angezeigt und die Umschreibung im Register beantragt.
Mit dem gleichzeitig vorgelegten Handelsregisterauszug wurde eine Rechtsformänderung nachgewiesen, die als solche keinen Wechsel des zugrundeliegenden Rechtssubjekts mit sich bringt. Da die Person der Einsprechenden somit gleich geblieben ist und kein anderes Rechtssubjekt die Stellung als Einsprechende beansprucht, bestehen für die Kammer keine Anhaltspunkte, die Berechtigung der Einsprechenden, die nunmehr lediglich in einer geänderten Rechtsform auftritt, in Frage zu stellen.
Dass daneben auch eine Abspaltung stattfand ist nicht relevant, da keine Anhaltspunkte bestehen, dass mit der Abspaltung auch eine Übertragung des konkreten Einspruchs vereinbart wurde. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das abgespaltene Unternehmen nicht die Stellung als Einsprechende für sich beansprucht, sodass sich im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin genannte Entscheidung G 4/88 auch nicht die Frage stellt, ob jener Unternehmensbereich, auf den sich der Einspruch bezieht, auf das abgespaltene Unternehmen übertragen wurde.
Es bestehen im vorliegenden Verfahren daher keine Anhaltspunkte, die dem Parteiwillen, nämlich den Einspruch fortzusetzen, entgegenstehen.
Der Vollständigkeit halber ist im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin zudem erwähnte Unternehmensverschmelzung (Fusion) zu bemerken, dass hierzu weder ein substantiierter Vortrag besteht noch für die Kammer ein Grund ersichtlich ist, weshalb dieser Umstand zu einem Wechsel des Rechtssubjekts der Einsprechenden hätte führen können.
Es bestehen daher keine Gründe, die Einsprechendenstellung der "General Electric Technology GmbH" und damit ihre Stellung als Beteiligte im vorliegenden Beschwerdeverfahren in Zweifel zu ziehen (Artikel 107 EPÜ 1973).
Hauptantrag
2. Der Hauptantrag der Beschwerdeführerin ist unbegründet, da der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu gegenüber D3 ist (Artikel 54 (1) und (2) EPÜ 1973).
2.1 D3 offenbart ein Verfahren zum Herstellen einer Beschichtungsprobe in Form eines Farbstreifens (18) zur Untersuchung von Beschichtungsparametern, nämlich der Dicke der aufgebrachten Farbschicht, einer auf eine bestimmte Bauteilsorte, nämlich auf Anbauteile eines Automobils, die eine Kunststoffverkleidung aufweisen, wie z.B. Stoßfänger (vgl. Spalte 1, Zeilen 7-41), aufzubringenden (Farb-) Beschichtung mit den Schritten:
- Aufbringen wenigstens eines Materialstreifens (18) auf wenigstens eine bestimmte Oberflächenstelle eines Bauteils der zu beschichtenden Bauteilsorte, welches ein Trägerbauteil bildet (Sp. 2, Z. 26-29);
- Beschichten des Trägerbauteils mit dem wenigstens einen darauf aufgebrachten Materialstreifen (Sp. 2, Z. 29-33);
- Entfernen des Materialstreifens zur Verwendung als Beschichtungsprobe (Sp. 2, Z. 34-41).
2.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass das aus D3 bekannte Verfahren den im ersten Spiegelstrich des erteilten Anspruchs 1 definierten Verfahrensschritt betreffend die Materialwahl für den Materialstreifen, wonach
"das Material des Materialstreifens derart gewählt ist, dass der Beschichtungsvorgang auf dem Materialstreifen dem des Materials, aus dem das Bauteil hergestellt ist, zumindest im Hinblick auf die zu untersuchenden Beschichtungsparameter entspricht",
aufweist.
Die Kammer ist aber von diesem Argument nicht überzeugt.
Wie die Kammer in ihrer Mitteilung bereits dargelegt hatte, definiert der Anspruch keinen zusätzlichen Auswählschritt, was von der Beschwerdeführerin nicht weiter bestritten wurde.
Die Kammer kann der Beschwerdeführerin zustimmen, dass das Material des Materialstreifens bei der Beurteilung der Patentfähigkeit, hier insbesondere der Neuheit, zu berücksichtigen ist. Der Beschwerdeführerin kann auch dahingehend zugestimmt werden, dass in Spalte 2, Zeilen 32 bis 46, die Wahl des Materials für den Teststreifen 18 hinsichtlich seiner Beständigkeit im Beschichtungsverfahren beschrieben ist. Das schließt aber nicht aus, dass das Material inhärent auch so gewählt sein muss, dass der Beschichtungsvorgang auf dem Streifen zumindest im Hinblick auf den zu untersuchenden Parameter, nämlich der Dicke der Schicht, dem auf dem Bauteil entspricht. Eine Wahl des Materials, die diesen Umstand nicht berücksichtigen würde, z.B. durch ein stärker absorbierendes, z. B. poröses Material, welches zu einer anderen Schichtdicke auf einem z.B. nicht-porösen Kunststoff des Anbauteils führen würde, widerspräche eindeutig dem Sinn des Verfahrens, der gerade darin besteht die Schichtdicke von Farbbeschichtungen auf der Kunststoffverkleidung eines Anbauteils verlässlich zu bestimmen (siehe z.B. Spalte 1, Zeilen 34/35). Der Fachmann kann daher aus D3 unmittelbar und eindeutig entnehmen, dass das Material des Materialstreifens entsprechend der in Anspruch 1 formulierten Bedingung gewählt ist und somit dieses Merkmal keine Unterscheidung darstellt.
Das Argument der Beschwerdeführerin, wonach der Materialstreifen 18 in D3 nicht, wie in Anspruch 1 durch die Formulierung "Aufbringen ... auf ..." gefordert, in direktem Kontakt mit der Oberfläche stünde, ist technisch nicht nachvollziehbar. Gemäß D3, wird der Materialstreifen 18 auf der Oberfläche mit dem Klebestreifen 12 befestigt, wobei der Klebestreifen 12 über die Seiten des Teststreifens verläuft, der Teststreifen also zwischen dem, auf seiner zu beschichtenden Oberfläche verlaufenden, Klebestreifen 12 und der Oberfläche des Kunststoffverkleidung zu liegen kommt (siehe z.B. Figur 1, in der das Referenzzeichen 14 die Adhäsivseite des Klebestreifens bezeichnet). Damit ist der Materialstreifen auf der Oberfläche aufgebracht und steht zwangsläufig in direktem Kontakt mit dieser - was im übrigen so noch nicht einmal im Anspruch definiert ist.
2.3 Die Kammer findet also, dass alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 aus D3 bekannt sind, so dass sein Gegenstand nicht neu im Sinne von Artikel 54 (1) und (2) EPÜ 1973 ist. Das Patent kann folglich in dieser Fassung nicht aufrechterhalten werden.
Hilfsantrag 1
3. Im unabhängigen Anspruch 2 dieses Hilfsantrags wurde das "lösbar" Merkmal hinzugefügt.
Die Beschwerdeführerin widerspricht nicht der Tatsache, dass die aus D3 bekannte Fixierung des Materialstreifens grundsätzlich eine leicht lösbare Verbindung darstellt. Sie argumentiert allerdings, dass eine solche Verbindung nicht rückstandsfrei zu lösen sei und damit keine "leicht lösbare" Verbindung im Sinne von Anspruch 2 sei.
Diese Auslegung des Anspruchs entbehrt aber jeglicher Grundlage im Anspruch oder in der Beschreibung und steht darüber hinaus im direkten Widerspruch zu dem im abhängigen Anspruch 3 definierten Fixieren mittels eines "Punktschweißverfahrens".
4. Die Kammer kommt folglich zu dem Ergebnis, dass der Gegenstand von Anspruch 2 nicht neu im Sinne von Artikel 54 (1) und (2) EPÜ 1973 ist. Zumindest für einen der fünf unabhängigen Ansprüche dieses Hilfsantrags sind die Erfordernisse des EPÜ nicht erfüllt, so dass das Patent mit diesem Anspruchssatz nicht aufrechterhalten werden kann.
Hilfsantrag II
5. Die Beschwerdeführerin beantragt mit diesem Hilfsantrag "das Patent im Umfang derjenigen als Hilfsantrag I eingereichten Patentansprüche aufrechtzuerhalten, die als gewährbar angesehen werden".
5.1 Die Kammer hatte in ihrer Mitteilung zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass dieser Antrag unbestimmt sei und damit als unzulässig zurückzuweisen wäre. Zu dieser vorläufigen Meinung kam die Kammer aus folgendem Grund.
5.1.1 Nach Artikel 113 (2) EPÜ 1973 ist die Beschwerdekammer nämlich bei der Prüfung des Patents und bei Entscheidungen darüber an die vom Patentinhaber vorgelegte Fassung (des Patents) gebunden. Nach Artikel 101 (3) EPÜ ist auf Grundlage der vom Patentinhaber vorgeschlagenen Änderungen zu prüfen und zu entscheiden, ob das Patent in geänderter Fassung die Erfordernisse des Übereinkommens erfüllt oder nicht.
5.1.2 Schlägt der Patentinhaber wie hier mit dem höherrangigen Hilfsantrag I eine Änderung vor, beantragt damit also die Aufrechterhaltung des Patents in dieser Fassung, und ist dabei irgendein Erfordernis des EPÜ für irgendeinen Anspruch des Anspruchssatzes nicht erfüllt, gibt es keine Grundlage im EPÜ, eine weitere Prüfung der Patentierbarkeit der anderen Ansprüche dieses Anspruchssatzes durchzuführen, da das Patent in der Fassung dieses Antrags sowieso nicht aufrechterhalten werden kann.
In Ermangelung einer rechtlichen Grundlage für eine weitergehende Prüfung kann die nach Hilfsantrag II formulierte Bedingung (d.h. dass die Kammer die gewährbaren Ansprüche des Hilfsantrags I nach einer entsprechenden Prüfung ermittelt hat) zur Bestimmung seines Gegenstands, d.h. eines konkreten Anspruchsatzes, auf dessen Grundlage das Patent aufrecht erhalten werden kann, nicht eintreten. Das Argument der Beschwerdeführerin, dass eine Bedingung, die von innerprozessualen Umständen abhängt, zulässig sei, greift somit jedenfalls im vorliegenden Fall nicht, da die Kammer im Rahmen ihrer Prüfung weder zu einem gewährbaren Anspruch gelangte noch eine rechtliche Verpflichtung besteht, die Prüfung einzelner Ansprüche des Anspruchssatzes des ersten Hilfsantrags so lange fortzusetzen, bis sich ein gewährbarer Anspruch findet, der dann als Grundlage für einen konkreten - jedoch noch auszuformulierenden - Anspruchssatz eines Hilfsantrags II von der Beschwerdeführerin verwendet werden könnte.
5.1.3 Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass ein in den Mitgliedstaaten allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz bestehe, wonach eine Bedingung, die von innerprozessualen Umständen abhängt, zulässig sei, war mangels Entscheidungsrelevanz daher nicht weiter zu untersuchen.
5.2 Die Beschwerdeführerin hat zudem argumentiert, dass - sofern ein entsprechender Antrag nicht als zulässig erachtet würde - dies nachteilige Konsequenzen für eine ökonomische Verfahrensführung hätte, da dann eine große Anzahl von Hilfsanträgen mit permutierten Anspruchssätzen einzureichen wären. Dieses Argument ist allerdings für die Bestimmung des konkreten Gegenstands von Hilfsantrag II irrelevant und somit für die Frage der Zulässigkeit desselben nicht entscheidungswesentlich. Dennoch möchte die Kammer hierzu bemerken, dass die Frage der Zulässigkeit dieser "großen Anzahl von Hilfsanträgen" dann jedoch insbesondere unter den Gesichtspunkten der Verfahrensökonomie und der Konvergenz zu prüfen wäre.
5.3 Auch die in T 937/00 getroffene Aussage, wonach die Einspruchsabteilung zum Zwecke eines ökonomischen Verfahrens bei Vorliegen von mehreren unabhängigen Ansprüchen so viele wie vernünftig möglich behandeln sollte, kann hier zu keiner anderen Beurteilung führen. Im Gegensatz zum Einspruchsverfahren schließt sich an das Beschwerdeverfahren kein anderes Verfahren an, bei dem eine sachliche Überprüfung der durch die Beschwerdekammer jeweils getroffenen Entscheidung hinsichtlich der Erfüllung der Erfordernisse des EPÜ einzelner unabhängiger Ansprüche vorgesehen wäre. Demnach kann das von der Kammer in T 937/00 angenommene Szenario, wonach es bei einer großen Anzahl von unabhängigen Ansprüchen zu einem unendlichen Hin und Her der Sache zwischen Einspruchsabteilung und Beschwerdekammer kommen könnte, wenn die Abteilung ihre Entscheidung jeweils nur hinsichtlich eines einzigen unabhängigen Anspruchs begründet, hier gar nicht eintreten.
5.4 Die Kammer hatte daher keine Veranlassung, von ihrer vorläufigen Beurteilung abzuweichen. Der Hilfsantrag II wurde daher nicht ins Verfahren zugelassen.
Hilfsantrag III
6. Der Antrag, das Patent mit den Ansprüchen nach Hilfsantrag III aufrechtzuerhalten, ist unbegründet, weil zumindest der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 5 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht und damit das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ 1973 nicht erfüllt ist.
6.1 Ausgehend von D3 als nächstliegendem Stand der Technik besteht der einzige Unterschied zwischen dem bekannten Verfahren und dem Gegenstand von Anspruch 5 in dem hinzugefügten "Schaufel"-Merkmal, was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurde.
6.2 Darauf beruhend lässt sich als objektive Aufgabe formulieren, das aus D3 bekannte Verfahren auf andere Bauteilsorten anzuwenden.
6.3 Die Kammer hatte bereits in ihrer Mitteilung zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung die vorläufige Meinung geäußert, wonach die Anwendung des Verfahrens aus D3 bei der Beschichtung von Leit- oder Laufschaufeln von Gasturbinenanlagen nicht auf erfinderischer Tätigkeit zu beruhen scheine.
6.4 Die Beschwerdeführerin hat mit der Vorlage derjenigen Hilfsanträge, welche unabhängige Ansprüche mit diesem Gegenstand enthalten, nicht begründet, warum dieser Gegenstand auf erfinderischer Tätigkeit beruhen würde, noch hat sie der vorläufigen Meinung der Kammer schriftlich oder mündlich widersprochen.
6.5 Die Beschwerdeführerin hat dagegen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Fachmann nicht von D3 ausgehen würde. Demnach verstünde der Fachmann, dass die in Anspruch 5 genannten Beschichtungen für Schaufeln von Gasturbinenanlagen thermische Schutzbeschichtungen seien und keine polymeren Farb-Beschichtungen, wie sie dem Verfahren nach D3 zugrunde lägen. Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt.
Der Anspruch selbst enthält keine entsprechenden einschränkenden Merkmale und die Angaben in der Beschreibung stellen ebenfalls keine Beschränkung dar. Wie auch die Beschwerdeführerin anerkannte, schließt der Anspruch (polymere) Farb-Beschichtungen nicht aus. Anspruch 5 umfasst darüber hinaus Schaufelanordnungen von Fluggasturbinen, die keinen besonderen thermischen Belastungen ausgesetzt sind und daher thermische Schutzschichten nicht benötigen würden, z.B. das erste, äußerste Schaufelblatt-Rad an der Einströmseite des Kompressors. Wie weiter auch die Beschwerdegegnerin vorgetragen hat, sind Farbbeschichtungen bei solchen Schaufelanordnungen bekannt. Dem hat die Beschwerdeführerin nicht widersprochen und die Kammer hat auch keinen Grund dies anzuzweifeln. Folglich sieht die Kammer keinen Grund, der D3 als nächstliegender Stand der Technik ausschließen würde.
6.6 Die Kammer findet daher keinen Grund, ihre vorläufige Meinung zu ändern und bestätigt diese hiermit. Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 5 beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ 1973.
Hilfsantrag IV
7. Dieser Hilfsantrag wurde in Reaktion auf die Mitteilung der Kammer eingereicht und stellt nach Artikel 13 (1) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) eine Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin dar.
Die Zulassung des Antrags in das Verfahren liegt demnach im Ermessen der Kammer. Bei der Ausübung ihres Ermessens berücksichtigt die Kammer neben dem Verfahrensstand und der Komplexität des neuen Vorbringens auch die gebotene Verfahrensökonomie.
7.1 Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 4 entspricht dem der Ansprüche 3 und 4 aus Hilfsantrag I bzw. 2 und 3 aus Hilfsantrag III.
7.2 Allerdings enthält der jetzt vorliegende Anspruchsatz in den abhängigen Ansprüchen Gegenstände, d.h. Merkmalskombinationen, die mit den Hilfsanträgen I und III nicht weiter verfolgt wurden. Zum Beispiel ist der vorliegende abhängige Anspruch 2 auf eine Kombination des erteilten Verfahrensanspruchs mit den Merkmalen "lösbar", "Punktschweißen" und "Basismaterial" gerichtet, die in Hilfsantrag I nicht vorhanden war. Ebenso lag für den durch das Fixieren mittels "Punktschweißverfahrens" eingeschränkten unabhängigen Anspruch 2 aus Hilfsantrag III nur ein weiterer abhängiger Anspruch vor, der das "Reinigung"-Merkmal definierte, wohingegen jetzt Ansprüche 2 ("Basismaterial") und 3 ("Legierung") von dem entsprechenden Anspruch 1 abhängig sind.
7.3 Diese Änderungen stellen keine angemessene und notwendige Reaktion auf die in der Kammermitteilung mitgeteilte vorläufige Meinung dar.
Die Kammer hatte sich in ihrer Mitteilung kritisch zur Neuheit des erteilten Anspruchs 1 und des unabhängigen Anspruchs 2 des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsantrags I, sowie kritisch zu den Erfordernissen der Artikel 123 (2) und 56 EPÜ hinsichtlich der unabhängigen Ansprüche der Hilfsanträge III und IV geäußert.
Die Einführung weiterer abhängiger Ansprüche kann die erwähnten Einwände nicht beheben. Auch die Tatsache, dass die abhängigen Ansprüche im erteilten Anspruchssatz vorhanden waren, stellt keinen Grund dar, die zwischenzeitlich mit Hilfsantrag I (der Beschwerdebegründung wie auch in der Form vom 7. April 2017) nicht weiter verfolgten abhängigen Ansprüche jetzt wieder einzuführen. Ein solches Verfahren steht einem ökonomisch geführten Verfahren entgegen, da prinzipiell der resultierende Gegenstand jedes abhängigen Anspruchs auch auf die Erfüllung der Erfordernisse des EPÜ, z. B. des Artikels 123 (2) EPÜ, zu prüfen wäre. Es kann nicht im Voraus ausgeschlossen werden, dass trotz des Bezugs auf die erteilten Ansprüche ein Gegenstand resultiert, der in den erteilten Ansprüchen (bzw. den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen) nicht offenbart war.
7.4 Die Kammer hat daher ihr Ermessen nach Artikel 13 (1) VOBK dahingehend ausgeübt, den Hilfsantrag IV nicht in das Verfahren zuzulassen.
Hilfsantrag V
8. Dieser Hilfsantrag wurde ebenfalls nach Erlass der Mitteilung der Kammer vorgelegt und stellt daher ebenso eine Änderung dar, deren Zulassung in das Verfahren nach Artikel 13 (1) VOBK im Ermessen der Kammer liegt.
Im Hinblick auf die gemäß Artikel 13 (1) VOBK gebotene Verfahrensökonomie ist es für die Zulassung geänderter Ansprüche in das Verfahren erforderlich, dass diese wenigstens prima facie gewährbar sind, dass nämlich sofort erkennbar sein muss, dass die bestehenden Einwände eindeutig behoben werden ohne weitere hervorzurufen.
8.1 Mit Bezugnahme auf die Absätze 2, 23, 24, 33 bis 35, 39 und 42 bis 50 der dem Streitpatent zugrunde liegenden veröffentlichten Anmeldungsschrift hat die Beschwerdeführerin im erteilten Anspruch 1 das Bauteil weiter spezifiziert, nämlich dass es sich um ein thermisch hoch belastetes Gasturbinenbauteil handelt, und die Art der Beschichtung eingeschränkt.
8.2 Obwohl die eingefügten Merkmale in der Tat in Absatz 2 offenbart sind, beschäftigt sich dieser Absatz nur mit der Beschreibung der aus dem Stand der Technik bekannten beschichteten Bauteile und Folgen fehlerhafter Beschichtungen, wie auch die Beschwerdegegnerin vorgetragen hat, und nennt als Beispiel "Turbinenschaufeln". Die anderen von der Beschwerdeführerin zitierten Passagen, insbesondere die Absätze 23, 24, 33-35 und 42 bis 50 beziehen sich auf die spezifische Anwendung des Verfahrens bei Schaufeln; Absatz 39 erwähnt Hitzeschildelemente, die "ähnlich" wie Turbinenschaufeln beschichtet sein können, ohne sich aber auf das beanspruchte Verfahren, bzw. die jetzt in Anspruch 1 definierte Beschichtung zu beziehen.
8.3 Eine Offenbarung für ein Verfahren zur Herstellung einer Beschichtungsprobe an beliebigen thermisch hoch belasteten Gasturbinenbauteilen mit den Beschichtungen nach Anspruch 1, ist daher in den genannten Passagen, einzeln oder zusammen betrachtet, nicht eindeutig und unmittelbar gegeben. Damit scheint prima facie zumindest das Erfordernis des Artikel 123 (2) EPÜ nicht erfüllt zu sein.
8.4 Die Kammer hat daher ihr Ermessen nach Artikel 13 (1) VOBK dahingehend ausgeübt, den Hilfsantrag V nicht in das Verfahren zuzulassen.
Hilfsantrag VI
9. Der Gegenstand von Anspruch 1 dieses Hilfsantrags ist der gleiche wie von Anspruch 5 nach Hilfsantrag III. Diesbezüglich hat die Kammer entschieden, dass dieser nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (siehe Punkt 6 oben). Es besteht zwar ein Unterschied hinsichtlich der Position im Anspruch, an der das Merkmal "Schaufeln" eingefügt ist, was aber keine Auswirkung für den Gegenstand des Anspruchs hat. Auf Befragung der Kammer hat die Beschwerdeführerin auch nicht behauptet, dass ein Unterschied bestünde, dennoch hielt sie diesen Antrag aufrecht.
Folglich ist der Antrag, das Patent mit den Ansprüchen nach Hilfsantrag VI aufrechtzuerhalten, wegen fehlender erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 ebenfalls nicht gewährbar.
10. Da keiner der Anträge der Beschwerdeführerin Erfolg hat, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr
11. Nach Regel 103 (1) a) EPÜ wird die Beschwerdegebühr in voller Höhe zurückgezahlt, wenn der Beschwerde stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht.
12. Da der Beschwerde aus oben dargelegten Gründen nicht stattgegeben wird, war der Antrag auf Rückzahlung allein aus diesem Grund zurückzuweisen.
13. Darüber hinaus kam eine Zurückverweisung der Angelegenheit nach Artikel 11 VOBK nicht zur Anwendung, da kein Verfahrensfehler vorliegt, wie im folgenden ausgeführt.
13.1 Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin besteht der schwerwiegende Verfahrensfehler offenbar darin, dass keine ordnungsgemäße Beratung der Einspruchsabteilung stattgefunden habe, bei der alle Mitglieder gleichzeitig anwesend gewesen wären.
13.2 In ihrer Mitteilung zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hatte die Kammer bereits ausgeführt, dass sie in den behaupteten Umständen keinen wesentlichen Verfahrensfehler erkennt.
Es ist nämlich im EPÜ insbesondere nicht vorgeschrieben, wie lange eine Einspruchsabteilung beraten muss, um zu einer Entscheidung zu gelangen, was von der Beschwerdeführerin in ihrem Antwortschreiben und in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer auch nicht weiter bestritten wurde.
Demnach ist z.B. denkbar, dass sich die Mitglieder der Einspruchsabteilung nach einer der mündlichen Verhandlung vorausgegangenen Vorbesprechung durch den Vortrag der Parteien in der mündlichen Verhandlung in ihrer vorläufigen Auffassung bestätigt sahen. Eine Verständigung hierüber könnte zum Beispiel mittels Augenkontakt/Kopfnicken am Ende der Erörterung mit den Parteien erfolgen.
Sowohl die Dauer als auch die Form der Beratung zwischen den Mitgliedern einer Einspruchsabteilung hängt vom Umfang und von der Komplexität der im konkreten Fall zu beratenden Themen ab. Hierbei spielt auch der Grad der Vereinbarkeit möglicherweise divergierender Auffassungen der Mitglieder der Abteilung eine wesentliche Rolle.
13.3 Die Beschwerdeführerin begründet die Notwendigkeit oder Pflicht einer ausführlichen Beratung der Einspruchsabteilung auf Grundlage der Richtlinien für die Prüfung E-II, 8.11 und des Artikels 19 (1) VOBK.
13.3.1 Letzterer findet Anwendung in den Verfahren vor der Beschwerdekammer und hat daher keine Wirkung auf das Verwaltungsverfahren vor der Einspruchsabteilung. Darüber hinaus regelt er hinsichtlich der Beratungen auch nichts, was die Argumentation der Beschwerdeführerin stützen könnte. Im Gegenteil, nach Satz 1 dieser Bestimmung sind Beratungen dann erforderlich, wenn sich nicht alle Mitglieder einig sind. Damit besteht vor der Beschwerdekammer grundsätzlich die Möglichkeit eine Entscheidung zu treffen, nachdem sich die Mitglieder der Kammer lediglich kurz darüber vergewissert haben, einer Meinung zu sein.
13.3.2 Auch unter Berücksichtigung des zitierten Abschnitts der Richtlinien, E-II, 8.11, kann die Kammer nicht erkennen, dass die Form oder Länge der Beratung einer Einspruchsabteilung in einer mündlichen Verhandlung festgeschrieben wäre. Dieser Abschnitt betrifft die Schließung der mündlichen Verhandlung. Obwohl sich darin kein entsprechender Hinweis findet, kann davon ausgegangen werden, dass die zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens - nämlich nach Abschluss der Erörterungen mit den Parteien - "gegebenenfalls" durchzuführende Beratung, die also offenbar auch zu diesem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht zwingend vorgeschrieben ist (was der Ausdruck "gegebenenfalls" nahelegt), auch für Zwischenergebnisse im Laufe der Verhandlung Anwendung findet und in der Regel auch so praktiziert wird. Verpflichtend einzuhaltende Vorschriften für Beratungen der Abteilungen ergeben sich daraus nach Auffassung der Kammer aber nicht.
13.4 Aber auch die behaupteten Umstände selbst lassen keinen schwerwiegenden Verfahrensfehler erkennen.
13.4.1 Grundlage für die Beurteilung der Kammer, ob im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin behaupteten Umstände ein Verfahrensfehler vorliegt, bildet die von der Einspruchsabteilung angefertigte Niederschrift über die mündliche Verhandlung. Da die Beschwerdeführerin vor der Einspruchsabteilung keine Protokollberichtigung beantragt hat, geht die Kammer davon aus, dass die Niederschrift den tatsächlichen Ablauf der Verhandlung wiedergibt. Da die Mitglieder der Kammer an der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung selbst nicht teilgenommen haben, kann die Kammer sowieso weder über die Richtigkeit der Niederschrift entscheiden, noch kann sie feststellen, ob wesentliche Erklärungen der Parteien in der Niederschrift fehlen.
Auch über eine Ergänzung der Niederschrift durch Aufnahme angeblich fehlender Parteienerklärungen kann die Beschwerdekammer daher nicht entscheiden.
Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass die auf Seite 2 unter Punkt 3 des erstinstanzlichen Protokolls der mündlichen Verhandlung erwähnte Rüge der Einsprechenden unvollständig wiedergegeben worden sei, ist im Hinblick auf das Fehlen eines Antrags auf Protokollberichtigung vor der Einspruchsabteilung daher unbeachtlich. Es wurde zudem nicht vorgetragen, welche konkreten Elemente der Rüge im Protokoll nicht wiedergegeben wurden. Die Beschwerdekammer versteht den Vortrag der Einsprechenden im Beschwerdeverfahren in der Weise, dass der behauptete Umstand, dass die Mitglieder der Einspruchsabteilung während der Unterbrechung der Verhandlung zur Beratung nicht ständig alle gleichzeitig im Verhandlungssaal anwesend gewesen seien, als im Protokoll fehlend erachtet wird. Demnach wird die für eine angemessene Beratung zu geringe Dauer der gleichzeitigen Anwesenheit der Mitglieder der Einspruchsabteilung gerügt. Im Übrigen ist hierzu zu bemerken, dass eine Unterbrechung der Verhandlung für eine Beratung sowie die anschließende Fortsetzung der Verhandlung, im Sinne der für die Parteien erkennbaren Beendigung der Beratungspause, ohne eine Mindestdauer der Anwesenheit aller Mitglieder der Abteilung in der Praxis kaum vorstellbar ist und diesbezüglich jedenfalls ein detaillierter Tatsachenvortrag erforderlich gewesen wäre.
13.4.2 Gemäß Punkt 3 der Niederschrift wurde die Verhandlung von 10:05 bis 10:15 zur Beratung unterbrochen. Danach verkündete der Vorsitzende die Meinung der Einspruchsabteilung hinsichtlich der Neuheit von Anspruch 1. Im nächsten Absatz wird eine Rüge der Patentinhaberin wiedergegeben: "Der Patentinhaber unterstellte, daß man an der von der Einspruchsabteilung benötigten kurzen Pause erkennen könne, daß die Einspruchsabteilung bezüglich der mangelnden Neuheit des Hauptantrags eine vorgefaßte Meinung gehabt habe."
Daraus ergibt sich, dass offensichtlich eine Beratung der Einspruchsabteilung stattgefunden haben muss, da sich die Rüge auf die Dauer der Pause und nicht auf das komplette Fehlen einer Beratung bezieht.
Auch der weitere Vortrag der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Abwesenheiten der Mitglieder während der Unterbrechung der mündlichen Verhandlung lässt keinen anderen Schluss zu, da selbst dadurch nicht ausgeschlossen wird, dass sich die Mitglieder anderweitig verständigt haben (siehe oben Punkt 13.2). Die Kammer erachtete aus diesem Grund die Einvernahme der angebotenen Zeugen als nicht erforderlich.
13.4.3 Darüber hinaus steht auch der Auszug der parteiseitigen Mitschrift im Einklang mit der amtsseitigen Niederschrift. In der Mitschrift der Beschwerdeführerin findet sich hierzu nämlich folgende Notiz:
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Auch hier ist vermerkt, dass die Patentinhaberin PI die "Beratung sehr kurz" beurteilte und deshalb die Vermutung über eine "vorgefasste Meinung" äußerte. Zudem kann den handschriftlichen Notizen auch nicht entnommen werden, dass die Mitglieder der Einspruchsabteilung zu keiner Zeit gleichzeitig im Verhandlungssaal anwesend gewesen sind. Aus dem behaupteten Umstand, dass die Mitglieder der Einspruchsabteilung - wie in der Mitschrift angedeutet - nacheinander den Raum verlassen haben, folgt auch nicht, dass diese zu keiner Zeit gemeinsam anwesend gewesen sind. Zudem, wie oben ausgeführt, kann auch eine relativ kurze Zeitspanne bereits genügen, um zu einer Entscheidungsfindung zu gelangen.
Beiden Zusammenfassungen der Ereignisse ist also in Übereinstimmung zu entnehmen, dass eine Beratung stattgefunden hat, diese aber in den Augen der beschwerdeführenden Patentinhaberin relativ kurz war.
13.4.4 Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass aus einem Vergleich des schriftlichen Vortrags der beschwerdeführenden Patentinhaberin (Schreiben eingegangen am 25. Juli 2009 und datiert auf den 20. Mai 2009, sowie Schreiben eingegangen am 3. November 2011 und datiert auf den 26. Juli 2011) und dem Protokoll der mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren auch nicht unmittelbar erkennbar ist, dass sich in der Verhandlung völlig neue Argumente/Sachverhalte ergeben hätten. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass keines der Mitglieder der Einspruchsabteilung eine weitere Beratung für notwendig gehalten hat und sie sich ihrer Übereinstimmung gegenseitig schnell versichert haben. Die Beschwerdeführerin hat diesbezüglich auch nicht vorgetragen, welche neuen Sachverhalte in der mündlichen Verhandlung behandelt worden wären, die von den Mitgliedern der Einspruchsabteilung vorher nicht hätten berücksichtigt werden können und eine längere Beratung erforderlich gemacht hätten. Die Beschwerdeführerin hat ebenfalls nicht behauptet, dass in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Argumente in der Entscheidung nicht berücksichtigt worden seien.
13.5 Die Kammer hatte daher keine Veranlassung von ihrer vorläufigen Beurteilung der behaupteten Umstände, wie im Anhang zur Ladung zur mündlichen Verhandlung ausgeführt, abzuweichen. Es konnte demnach kein erstinstanzlicher Verfahrensfehler festgestellt werden. Demnach würde eine Rückzahlung der Beschwerde nicht der Billigkeit entsprechen (vgl. Regel 103 (1) a) EPÜ), sodass der Antrag im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer auch aus diesem Grund zurückzuweisen war.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.