T 0410/14 31-03-2016
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HILFSEINRICHTUNG ZUM AUFSTELLEN DER UNTEREN UND OBEREN WIPPSTÜTZE EINES VERSTELLBAREN HILFSAUSLEGERS EINES MOBILKRANES
Abhilfe - Pflicht zur Abhilfe durch erste Instanz (ja)
Beschwerdeentscheidung - Zurückverweisung an die erste Instanz (ja)
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die Europäische Patentanmeldung Nr. 08784388.4 zurückgewiesen wurde.
II. Die der Entscheidung zugrundeliegenden Ansprüche umfassen einen unabhängigen Anspruch 1, der auf einen Mobilkran gerichtet ist, und einen unabhängigen Anspruch 10, der ein Verfahren zum Aufrüsten bzw. Abrüsten eines Mobilkran[s] zum Gegenstand hat.
III. Unter Punkt "II. Entscheidungsgründe" der Entscheidung begründet die Prüfungsabteilung die Zurückweisung damit, dass der Gegenstand von Anspruch 1 nicht neu ist.
Im Abschnitt "III. Entscheidung" folgert die Prüfungsabteilung, dass die Anmeldung nach Artikel 97 (2) EPÜ zurückgewiesen werden muss, da sie nicht den Erfordernissen des EPÜ genügt. Im folgenden Abschnitt "IV. Weitere Bemerkungen" führt die Prüfungsabteilung aus, dass das Verfahren nach Anspruch 10 neu zu sein scheint, äußert daran anschließend aber Zweifel an der Ausführbarkeit der Erfindung (Artikel 83 EPÜ) in Bezug auf einen Schritt des beanspruchten Verfahrens, der nicht aus dem relevanten Stand der Technik bekannt sei (siehe Punkte 1 und 1.2 aus Abschnitt IV).
IV. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf Grundlage der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Ansprüche.
V. Der einzige unabhängige Anspruch 1 der mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Ansprüche ist auf ein Verfahren zum Aufrüsten bzw. Abrüsten eines Mobilkran[s] gerichtet.
VI. Zur Begründung trägt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass Anspruch 1 auf Basis des ursprünglichen Anspruchs 10 formuliert worden sei und weitere Merkmale aus den Unteransprüchen aufgenommen worden seien, die den Einwänden aus der Zurückweisung Rechnung trügen.
1. In der angefochtenen Entscheidung wird die Zurückweisung der Anmeldung lediglich mit der fehlenden Neuheit des auf einen Mobilkran gerichteten unabhängigen Anspruchs 1 begründet.
2. Der mit der Beschwerdebegründung eingereichte Anspruchssatz enthält einen einzigen unabhängigen Anspruch. Er beruht im Wesentlichen auf dem zweiten unabhängigen Anspruch 10 der der Entscheidung zugrundeliegenden Ansprüche und ist auf ein Verfahren zum Aufrüsten bzw. Abrüsten eines Mobilkran[s] gerichtet. Gegen Verfahrensanspruch 10 wurde kein Neuheitseinwand erhoben. Die weiteren Änderungen, die im Vergleich zum Anspruch 10 am Anspruch 1 vorgenommen wurden, führen zumindest hinsichtlich der Erfordernisse des Artikels 54 EPÜ und dem in der Entscheidung genannten Stand der Technik zu keinem Einwand. Der auf den Mobilkran gerichtete unabhängige Anspruch wird in der Form, in der er der angefochtenen Entscheidung zugrunde lag, mit den geänderten Ansprüchen nicht mehr weiterverfolgt.
3. Somit ist der einzige Einwand, der in der angefochtenen Entscheidung für die Zurückweisung maßgebend war, durch die mit der Beschwerdebegründung eingereichten geänderten Ansprüche gegenstandslos geworden.
4. Die Beschwerde, die zweifelsfrei zulässig ist, ist folglich begründet, so dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben ist.
5. Gemäß Artikel 109 (1) EPÜ hätte die Prüfungsabteilung unter diesen Umständen daher abhelfen müssen.
6. Die angefochtene Entscheidung enthält zwar im Abschnitt IV weitere Bemerkungen zum Gegenstand des Verfahrensanspruchs 10, die Zweifel daran aufkommen lassen, ob das Erfordernis des Artikels 83 EPÜ erfüllt ist. Diese Bemerkungen, die einen Einwand betreffen, der zudem im Prüfungsverfahren bisher nicht erhoben wurde, so dass sich die Beschwerdeführerin zu diesem auch nicht äußern konnte, sind aber nach dem Inhalt und Aufbau der Entscheidung eindeutig nicht als Gründe für die Zurückweisung, sondern lediglich als "weitere Bemerkungen" gedacht, wie dies gerade in der Überschrift des gesamten Abschnitts zum Ausdruck gebracht wird. Dies ist auch durch den Aufbau der Entscheidung klar erkennbar, da dieser Abschnitt nach jenem Abschnitt angeordnet ist, der bereits die Zurückweisung der Anmeldung wegen mangelnder Neuheit des damaligen Anspruchs 1 feststellt. Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung der Beschwerdekammern, dass weitere Einwände, die nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sind, der Anwendung der Abhilfe gemäß Artikel 109 EPÜ nicht entgegenstehen (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 7. Auflage 2013, IV.E.2.9.1; T 139/87 Abl. EPA 1990, 68; T 1120/11). Da jene, im Abschnitt IV der angefochtenen Entscheidung angeführten, weiteren Bemerkungen nichts mit dem Zurückweisungsgrund zu tun hatten, standen sie der Anwendung der Abhilfe daher nicht entgegen. Dass die Bezeichnung "Mobilkran" des Gegenstands der Ansprüche 2 bis 8 mit dem unabhängigen Verfahrensanspruch 1 nicht in Einklang steht, steht der Abhilfe ebenso wenig entgegen, wie mögliche andere Einwände hinsichtlich der (von der Kammer nicht geprüften) Erfordernisse der Artikel 84 und 123(2) EPÜ in Bezug auf die weiteren Änderungen am unabhängigen Anspruch 1.
7. Die Kammer verweist daher die Sache zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurück (Artikel 111 (1) EPÜ).
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.