T 0566/18 21-06-2021
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Permanenterregte Synchronmaschine mit Schalenmagneten
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsanträge 1 und 2 (nein)
Vortrag nicht ausreichend substantiiert - Hilfsanträge 3 bis 8 - berücksichtigt (nein)
Neuer Vortrag nach Ladung - Hilfsanträge 3, 5, 7 und 8 - berücksichtigt (nein)
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin betrifft die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 2 073 352 widerrufen worden ist.
II. Die Einspruchsabteilung war unter anderem zu der Auffassung gelangt, dass Artikel 100 c) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstehe, sowie dass der Gegenstand der während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereichten Hilfsanträge 1 und 2 jeweils nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhe.
Die Kammer verwendet im Folgenden die bereits in der angefochtenen Entscheidung angeführte Merkmalsgliederung.
III. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der mit Schriftsatz vom 27. Mai 2021 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 8 aufrecht zu erhalten.
IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen. Außerdem beantragte die Beschwerdegegnerin, das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Schreiben vom 27. Mai 2021 zu den Hilfsanträgen 2, 3, 5, 7 und 8 aufgrund Verspätung sowie das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Hilfsanträgen 3 bis 8 in der Beschwerdebegründung aufgrund mangelnder Substantiierung nicht zu berücksichtigen.
V. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung unter Artikel 15 (1) VOBK 2007 hat die Kammer die Parteien informiert, dass sie sowohl hinsichtlich Hilfsantrag 1 als auch hinsichtlich Hilfsantrag 2 dazu tendiere, der Beschwerdegegnerin zuzustimmen, dass deren jeweiliger Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Ferner, dass die Kammer dazu neige, das Vorbringen zu den Hilfsanträgen 3 bis 8 als nicht ausreichend substantiiert anzusehen, da es lediglich aus der Feststellung bestehe, dass bereits die höherrangigen Anträge gewährbar seien und aus einem Verweis auf die Argumentation im Einspruchsverfahren.
VI. Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2021 hat die Beschwerdeführerin neues Vorbringen zu den Hilfsanträgen 2, 3, 5, 7 und 8 eingereicht und ihrem Schriftsatz die Hilfsanträge 1 bis 8 erneut beigefügt. Außerdem hat sie erklärt, sich zu Hilfsantrag 1 nicht weiter äußern zu wollen.
VII. Die Beschwerdegegnerin hat mit Schriftsatz vom 11. Juni 2021 zu dem neuen Vorbringen der Beschwerdeführerin Stellung genommen und darüber hinaus beantragt, das neue Vorbringen als verspätet zurückzuweisen.
VIII. Die mündliche Verhandlung fand am 21. Juni 2021 vor der Kammer statt.
IX. Die folgenden, im Verfahren vor der Einspruchsabteilung genannten Dokumente sind für diese Entscheidung besonders relevant:
D5 : CN 1056383 A
D6 : zertifizierte englische Übersetzung von D5
D8 : JP 2003 333 808 A
D13: DE 103 94 041 T5
X. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:
"Permanenterregte Synchronmaschine (1) mit einem mit Nuten (2) versehenen Stator (4) und mit einem Rotor (5), der Permanentmagnete (8) aufweist, die magnetische Pole (11) bilden, wobei die Permanentmagnete (8) als Schalenmagnete mit zwei gekrümmten Oberflächen (14,15) ausgeführt sind, die jeweils einen vorgebbaren Teil eines magnetischen Pols (11) bedecken, dadurch gekennzeichnet , dass der Innenradius (Ri ) der Schalenmagnete gleich dem Außenradius (RA ) der Schalenmagnete ist."
XI. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich durch das folgende zusätzliche Merkmal von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1:
"und der Außenradius (RA) der Schalenmagnete kleiner als das 0,6-fache des Radius (RB) der Statorbohrung ist."
XII. Angesichts der Schlussfolgerung unter Punkt 4 dieser Entscheidung war der Wortlaut der Hilfsanträge 3 bis 8 hier nicht wiederzugeben.
XIII. Die für das Verfahren wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Der Gegenstand des Hilfsantrags 1 unterscheide sich von der Offenbarung des Dokuments D5/D6 dadurch, dass die Synchronmaschine über einen mit Nuten versehenen Stator verfüge und dadurch dass nicht alle magnetischen Pole gemäß D5/D6 einen identischen Innenradius aufwiesen. Darüber hinaus ziehe der Fachmann das Dokument D5/D6 nicht in Betracht, da das offenbarte Merkmal, dass der Innenradius eines Schalenmagnets seinem Außenradius entspreche, einer rückschauenden Betrachtungsweise geschuldet sei. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 beruhe folglich auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheide sich von der Offenbarung des Dokuments D13 durch Schalenmagnete, sowie dadurch, dass der Innenradius der Schalenmagnete gleich dem Außenradius der Schalenmagnete sei und dass der Außenradius (RA) der Schalenmagnete kleiner als das 0,6-fache des Radius (RB) der Statorbohrung sei. Schalenmagnete seien außenliegende Magnete. D13 offenbare lediglich einen Rotor mit innenliegenden Permanentmagneten, welche vom Rotor vollständig umgeben seien. Diese seien nicht als Schalenmagnete im Sinne des Anspruchs 1 anzusehen. Außerdem zeige D13 auch nicht, dass der Innenradius der Schalenmagnete gleich dem Außenradius der Schalenmagnete sei. Der Rotoreisenkern nach D13 habe die Form einer Blume mit Blütenblättern. Sogar wenn man die Statorbohrung nach Anspruch 1 dem Rotordurchmesser nach D13 gleichsetze, offenbare D13 kein Verhältnis von Magnetradius zu Statorbohrungsradius, sondern von Rotoreisenkernradius zu Statorbohrungsradius. Alle drei Unterscheidungsmerkmale wirkten zur Reduktion der Drehmomentwelligkeit synergistisch zusammen. Als objektive technische Aufgabe ergebe sich daher, eine permanenterregte Synchronmaschine hinsichtlich der Drehmomentwelligkeit zu verbessern. D13 lehre explizit davon weg, außenliegenden Magnete zu verwenden. D13 lehre zudem, Magnete mit konstanter Dicke zu verwenden. Dies ergebe sich aus dem in D13 angegebenen Magnetdickenverhältnis tc/tm. Eine Implementierung der Magnete aus Dokument D8 in D13 würde zu nicht konstanten Werten für tc führen. Daher sei eine Kombination der Dokumente D13 und D8 unzulässig. Darüber hinaus betreffe D8 ein anderes technisches Gebiet, nämlich die Herstellung von Magneten ohne Materialverlust, und es liege eine andere Aufgabe zugrunde. Sogar eine Kombination von D13 mit D8 führe nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1, da weder in D13 noch in D8 Schalenmagnete oder das beanspruchte Verhältnis von Magnetradius zu Statorbohrungsradius offenbart sei. Anspruch 1 sei daher neu und erfinderisch.
In Bezug auf die mangelnde Substantiierung der Hilfsanträge 3 bis 8 und das geänderte Vorbringen im Schriftsatz vom 27. Mai 2021 zu den Hilfsanträgen 3, 5, 7 und 8 sei ein Bearbeiterwechsel ursächlich gewesen und als besonderer Umstand anzusehen, der das verspätete Vorbringen rechtfertige. Zudem seien keine neuen Tatsachen in das Verfahren eingeführt worden.
XIV. Die für das Verfahren wesentlichen Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheide sich durch einen genuteten Stator von Dokument D5/D6. Im Übrigen lege Anspruch 1 nicht fest, dass sämtliche Pole permanentmagnetische Pole seien. Der einzige verbleibende Unterschied, ein genuteter Stator, sei für den Fachmann naheliegend.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin unterscheide sich Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lediglich dadurch von Dokument D13, dass der Innenradius der Schalenmagnete gleich dem Außenradius der Schalenmagnete sei. Da sogar das Patent in Absatz [0019] vergrabene Magnete als Schalenmagnete im Sinne des Patents ansehe, offenbare D13 Schalenmagnete im Sinne des Patents. Eine konstante Dicke der Magnete sei aus D13 nicht ableitbar. In D13 gehe es um ein bestimmtes Verhältnis von Magnetdicke zur Dicke der Ummantelung. Sogar dieses Verhältnis sei nicht als konstant angegeben. Die von der Beschwerdeführerin herangezogene Figur 4 betreffe nur ein einziges Ausführungsbeispiel und könne nicht verallgemeinert werden. Die Auswirkung der Dicke auf die Drehmomentwelligkeit sei zudem fraglich. Die zu lösende Aufgabe sei es auch nicht, die Drehmomentwelligkeit zu verbessern, sondern die Herstellung des Rotors einer permanenterregten Synchronmaschine mit geringem Materialverlust. Eine derartige materialverlustarme Herstellung sei in Dokument D8 offenbart, sodass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 aus einer Kombination der Dokumente D13 und D8 nahegelegt sei.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Hilfsanträgen 3 bis 8 in der Beschwerdebegründung sei nicht ausreichend substantiiert und das mit Schriftsatz vom 27. Mai 2021 eingereichte geänderte Vorbringen zu den Hilfsanträgen 3, 5, 7 und 8 sei verspätet.
1. Zulässigkeit der Beschwerde - Regel 99 EPÜ
Die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingereicht und zumindest hinsichtlich der Hilfsanträge 1 und 2 ausreichend substantiiert. Die Beschwerde ist daher zulässig.
2. Hilfsantrag 1 - Artikel 56 EPÜ
Der Hilfsantrag 1 ist der höchstrangige Antrag der Beschwerdeführerin. Unstreitig unterscheidet sich der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dadurch von der Offenbarung des Dokuments D5 und der Übersetzung D6, dass die Synchronmaschine über einen mit Nuten versehenen Stator verfügt.
Die Beschwerdeführerin macht ferner geltend, nicht alle magnetischen Pole in D5/D6 wiesen einen identischen Innen- und Außenradius auf, sondern lediglich die permanentmagnetischen Pole. Somit sei aus D5/D6 auch nicht bekannt, dass der Innenradius der Schalenmagnete gleich dem Außenradius ist. Außerdem ziehe der Fachmann das Dokument D5/D6 nicht in Betracht, da das Gebiet der Erfindung sehr dichten Stand der Technik aufweise. Die Heranziehung von D5/D6 als nächstliegender Stand der Technik, insbesondere das offenbarte Merkmal, dass der Innenradius eines Schalenmagnets gleich seinem Außenradius ist, sei einer rückschauenden Betrachtungsweise geschuldet.
Die Kammer hat bereits in ihrer Mitteilung unter Artikel 15 (1) VOBK dargelegt, dass sie nicht dazu neige, sich der Beschwerdeführerin anzuschließen. Die Beschwerdeführerin hat daraufhin schriftlich erklärt, keine weitere Stellungnahme zum Hilfsantrag 1 abgeben zu wollen. Auch während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat sich die Beschwerdeführerin nicht weiter zu Hilfsantrag 1 geäußert. Die Kammer sieht folglich keinen Grund, von ihrer vorläufigen Meinung zu Hilfsantrag 1 abzuweichen.
Die Kammer hält daher das Argument der Beschwerdegegnerin für einschlägig, dass Anspruch 1 nicht festlegt, dass sämtliche Pole permanentmagnetische Pole sind.
Zudem ist die Kammer nicht von dem Argument der Beschwerdeführerin überzeugt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, nur weil das Dokument D5/D6 nicht dazu anleite, zur Verbesserung des Gleichlaufs Nuten im Rotor vorzusehen. Die Kammer folgt daher der Auffassung der Einspruchsabteilung, wonach genutete Statoren zum allgemeinen Fachwissen zählen, aus welchem der Fachmann nach Belieben auswählt.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 beruht folglich nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ. Daher ist der Hilfsantrag 1 nicht gewährbar.
3. Hilfsantrag 2 - Artikel 56 EPÜ
Zum Hilfsantrag 2 hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 27. Mai 2021 neues Vorbringen eingereicht. Ungeachtet der Frage, ob das neue Vorbringen verspätet ist und infolgedessen unberücksichtigt bleiben sollte, ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass weder das mit der Beschwerdebegründung eingereichte Vorbringen, noch das neue Vorbringen der Beschwerdeführerin vom 27. Mai 2021, überzeugend ist.
3.1 Unterscheidungsmerkmale zu D13
Hinsichtlich des Hilfsantrags 2 ist streitig, ob das Dokument D13 Schalenmagnete offenbart und ob deren Außenradius kleiner als das 0,6-fache des Radius der Statorbohrung ist.
Die Kammer ist von den diesbezüglichen Argumenten der Beschwerdeführerin nicht überzeugt. Einerseits spricht nichts im Patent dafür, dass mit den anspruchsgemäßen Schalenmagneten nur außenliegende Schalenmagnete gemeint sein können. Im Gegenteil, laut Absatz [0019] des Patents werden Oberflächenmagnete mit vergrabenen Magneten gleichgesetzt. Die in Absatz [0019] erläuterte Reduktion der Drehmomentwelligkeit kommt dabei "Insbesondere durch die im Wesentlichen senkrecht zu der äußeren Oberfläche gerichtete quasiradiale magnetische Vorzugsrichtung" und/oder "vor allem in Verbindung mit der geometrischen Ausgestaltung der Schalenmagnete im Verhältnis zur Statorbohrung" zustande. Hierbei gibt Absatz [0019] keinen Hinweis darauf, dass die beschriebene Wirkung nur bei als Oberflächenmagneten ausgebildeten Schalenmagneten auftritt. Folglich spricht nichts in Absatz [0019] dagegen, dass auch vergrabene Schalenmagnete unter den Wortlaut des Anspruchs 1 fallen.
Der von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang ebenfalls angeführte Absatz [0032] des Patents beschreibt zwar in Verbindung mit den Figuren 1 und 2 Schalenmagnete an der Oberfläche des Rotors, jedoch betrifft Absatz [0032] lediglich das Ausführungsbeispiel, wohingegen Absatz [0019] die allgemeine Erfindungsbeschreibung betrifft. Folglich ist auch Absatz [0032] nicht geeignet, um nachzuweisen, dass vergrabene Schalenmagnete nicht unter den Wortlaut des Anspruchs 1 fallen sollen. Der Anspruch 1 ist zudem nicht auf Oberflächenmagnete eingeschränkt. D13 zeigt folglich Schalenmagnete im Sinne von Anspruch 1 des Streitpatents. Der von der Beschwerdeführerin erstgenannte Unterschied gegenüber der Offenbarung des Dokuments D13 besteht somit nicht.
Auch hinsichtlich des weiteren von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Unterschieds zur Offenbarung des Dokuments D13, dass der Außenradius der Schalenmagnete kleiner als das 0,6-fache des Radius der Statorbohrung sei, hält die Kammer die Argumente der Beschwerdeführerin nicht für überzeugend.
Die Beschwerdegegnerin hat schriftlich auf den Seiten 6 und 7 ihres Schriftsatzes vom 11. Juni 2021 ausführlich vorgetragen, warum sie das entsprechende Merkmal als in Dokument D13 offenbart ansieht. Anstatt auf die vorgetragenen Argumente inhaltlich einzugehen hat die Beschwerdeführerin lediglich vorgebracht, die Tatsache, dass die Beschwerdegegnerin zwei Seiten benötige, um das fragliche Merkmal in D13 nachzuweisen zeige, dass D13 das Merkmal nicht offenbare. Dies überzeugt die Kammer nicht. Es ist darüber hinaus weder ersichtlich, noch wurde vorgetragen, dass die Berechnungen der Beschwerdegegnerin im Schriftsatz vom 11. Juni 2021 einen Fehler enthalten.
Die Kammer ist daher zu dem Schluss gelangt, dass sich der Gegenstand des Anspruchs 1, wie bereits von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung korrekt festgestellt, lediglich dadurch von der Offenbarung des Dokuments D13 unterscheidet, dass der Innenradius der Schalenmagnete gleich dem Außenradius der Schalenmagnete ist.
3.2 Objektive technische Aufgabe
Von diesem festgestellten Unterschied ausgehend hat die Beschwerdeführerin ferner bestritten, dass der technische Effekt in der Herstellung eines Rotors mit geringerem Materialausschuss liege. Darüber hinaus vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, der Fachmann würde die Dokumente D13 und D8 nicht miteinander kombinieren. Im Übrigen würde sogar eine Kombination der Lehren von D13 und D8 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen.
Die Kammer ist zu der Auffassung gelangt, dass sich als technischer Effekt des ermittelten Unterschieds ergibt, dass die Schalenmagnete und damit der Rotor mit geringerem Materialverlust herstellbar sind.
Hierzu hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, der technische Effekt liege nicht in einem geringeren Materialverlust, sondern in einer Reduktion der Drehmomentwelligkeit. Die Kammer ist hiervon jedoch nicht überzeugt. Die im Patent in Absatz [0017] beschriebene Reduktion der Drehmomentwelligkeit resultiert aus einem zu den Rändern hin zunehmenden Luftspalt, welcher nicht zwingend durch das Unterscheidungsmerkmal bedingt ist, sondern der auch durch einen Unterschied zwischen Rotorradius und Außenradius der Schalenmagnete entstehen kann.
3.3 Could-would-Ansatz
Darüber hinaus ist streitig, ob der Fachmann die Dokumente D13 und D8 überhaupt miteinander kombinieren würde.
Die Beschwerdeführerin bringt hierzu einerseits vor, das Dokument D13 offenbare Permanentmagnete mit kreisrunden Ecken. Die Kombination mit dem Dokument D8 stelle eine rückschauende Betrachtungsweise dar, da der Fachmann erst mit Kenntnis der Erfindung, d.h. eines Rotors mit Permanentmagneten deren Innen- und Außenradius gleich seien, ein entsprechendes Dokument heranziehen würde. Zudem spreche die erforderliche komplizierte Nachbearbeitung der Magnetpolabschnitte an den Ecken gegen eine Kombination der Dokumente D13 und D8.
Auch diesbezüglich schließt sich die Kammer der Beschwerdeführerin nicht an. Einerseits ist in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 die Form der Ecken der Permanentmagnete nicht definiert, sodass sich die Frage der Form der Ecken für den Fachmann bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht stellt. Da die Ecken der Permanentmagnete gemäß Anspruch 1 keine definierte Form haben müssen, ergibt sich auch das angebliche Hindernis durch eine eventuell durchzuführende Nachbearbeitung und deren Komplexität für den Fachmann nicht, so dass nichts gegen eine Kombination der Dokumente D13 und D8 spricht.
Andererseits argumentiert die Beschwerdeführerin, dass der Fachmann die Dokumente D13 und D8 nicht miteinander kombinieren würde, da D13 eine konstante Dicke der Schalenmagnete voraussetze und diese Bedingung nicht aufgebe. Mit den Schalenmagneten nach D8 sei eine konstante Dicke der Schalenmagnete jedoch nicht erreichbar.
Die Beschwerdeführerin schließt hierbei aus dem in D13 angegebenen Verhältnis von Magnetdicke zu Eisendicke tc/tm auf eine konstante Dicke der Schalenmagnete. Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt. Einerseits kann einem Verhältnis zweier Dicken keine konstante Dicke einer der beiden Dicken entnommen werden. Zudem sind die Schalenmagnete gemäß D13 ebenso wenig von konstanter Dicke über ihre gesamte Breite, wie jene nach Anspruch 1. Wie in den Figuren 1 bis 3 von D13 zu erkennen ist, sind die Ecken der Schalenmagnete gerundet. Jedenfalls an den Ecken haben die Schalenmagnete daher keine konstante Dicke. Bei den Schalenmagneten gemäß D8 verhält es sich entsprechend.
Im Übrigen stimmt die Kammer der Beschwerdegegnerin auch darin zu, dass der Effekt einer konstanten Dicke der Schalenmagnete auf die Drehmomentwelligkeit nicht plausibel ist.
Die Kammer sieht daher auch hinsichtlich Hilfsantrag 2 keinen Grund, von der Auffassung der Einspruchsabteilung abzuweichen.
Die Kammer ist folglich zu der Auffassung gelangt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht. Daher ist auch der Hilfsantrag 2 nicht gewährbar.
4. Hilfsanträge 3 bis 8
4.1 Artikel 13 (2) VOBK 2020
Das mit Schreiben vom 27. Mai 2021 eingereichte neue Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Hilfsanträgen 3, 5, 7 und 8 wurde nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereicht. Derartiges Vorbringen bleibt gemäß Artikel 13 (2) VOBK 2020 grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.
In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdeführerin lediglich geltend gemacht, das geänderte Vorbringen sei durch einen Bearbeiterwechsel erforderlich geworden. Ein Bearbeiterwechsel kann nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern grundsätzlich nicht als stichhaltiger Grund im Sinne des Artikels 13 (2) VOBK 2020 angesehen werden.
Daher bleibt das mit Schreiben vom 27. Mai 2021 eingereichte neue Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Hilfsanträgen 3, 5 , 7 und 8 gemäß Artikel 13(2) VOBK 2020 unberücksichtigt.
4.2 Artikel 12 (4) VOBK 2007
In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin zu den Hilfsanträgen 3 bis 8 lediglich darauf verwiesen, dass sie bereits ihre höherrangigen Anträge für gewährbar halte sowie auf ihr Vorbringen während des Einspruchsverfahrens.
Eine allgemeine Bezugnahme auf schriftsätzlichen Vortrag im Einspruchsverfahren, genügt - insbesondere bei Widerruf des Patents im erstinstanzlichen Verfahren - nicht dem in Artikel 12 (3) VOBK 2020 bzw. Artikel 12 (2) VOBK 2007 normierten Erfordernis, dass anzugeben ist, aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung aufzuheben ist und dass hierzu ausdrücklich alle Tatsachen, Argumente und Beweismittel anzuführen sind. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern entsprechen pauschale Verweise auf das Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren nicht den Anforderungen an eine hinreichende Substantiierung der Beschwerde, wenn - wie hier - eine darüberhinausgehende Befassung mit den in der angefochtenen Entscheidung genannten tragenden Gründen fehlt (vgl. z.B. T 1311/13, Gründe 19). Die Kammer ist folglich zu der Auffassung gelangt, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung zu den Hilfsanträgen 3 bis 8 den Substantiierungserfordernissen der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern nicht genügt.
Eine Sanktion, für den Fall, dass entsprechende Anforderungen nicht erfüllt sind, ergibt sich aus Artikel 12 (4) VOBK 2007, der im vorliegenden Verfahren gemäß Artikel 25 (2) VOBK 2020 anwendbar ist. Dieser bezieht sich seinem Wortlaut nach auf Artikel 12 (2) VOBK 2007, der jedoch ähnliche Anforderungen für eine vollständige Beschwerdebegründung wie der gemäß Artikel 25 (1) VOBK 2020 auf das vorliegende Verfahren anwendbare Artikel 12 (3) VOBK 2020 definiert, so dass eine entsprechende Anwendung von Artikel 12 (4) VOBK 2007 geboten ist.
Die Kammer hat ihr Ermessen gemäß Artikel 12 (4) VOBK 2007 daher dahingehend ausgeübt, das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu den Hilfsanträgen 3 bis 8 in der Beschwerdebegründung nicht zu berücksichtigen.
5. Schlussfolgerung
Da keiner der zu berücksichtigenden Anträge der Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigt, gibt die Kammer dem Antrag der Beschwerdegegnerin statt.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.