T 0768/18 (Abbildung des Unfelds eines Fahrzeugs / Robert Bosch GmbH) 20-09-2022
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VERFAHREN ZUR ABBILDUNG DES UMFELDS EINES FAHRZEUGS
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Änderungen - zulässig (ja)
Spät eingereichte Beweismittel - zugelassen (ja)
I. Gegen das Europäische Patent wurde Einspruch eingelegt. Der Einspruch stützt sich auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100a), b) und c) EPÜ.
II. Die Einspruchsabteilung entschied, das Patent in geänderter Fassung auf Grundlage des damaligen Hilfsantrags 2 aufrecht zu erhalten. Die Begründung dieser Zwischenentscheidung bezieht sich auf die folgenden Dokumente:
D1: EP 1 475 764 A2;
D2: EP 1 643 269 A1;
D12: DE 199 33 732 A1;
D16: P. Levi, Th. Bräunl, "Autonome Mobile Systeme 1994", in: Informatik aktuell, Springer-Verlag, 1994; und
D18: Wikipedia-Artikel zum Stichwort ,,Normalverteilung" vom 16. Oktober 2007.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, die Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. In der Beschwerdebegründung wird das Dokument
D20: DE 603 03 577 T2
neu eingereicht.
IV. Die Patentinhaberin beantragt als Beschwerdegegnerin, die Beschwerde zurückzuweisen, und somit das Patent in der von der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Form unverändert aufrecht zu erhalten.
Im Zusammenhang mit dem Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit beantragt die Patentinhaberin, "die gesamte Beschwerde als nicht ausreichend begründet zurückzuweisen" (Seite 3 der Beschwerdeerwiderung). Zusätzlich solle der Antrag der Einsprechenden, das Streitpatent "vollständig zu widerrufen", als unbegründet zurückgewiesen werden, da sich die Einwände nur gegen den unabhängigen Anspruch 1 und nicht gegen die abhängigen Ansprüche richteten (Seite 4 der Beschwerdeerwiderung).
Des Weiteren beantragt die Patentinhaberin, das Dokument D20 nicht im Verfahren zuzulassen.
V. Der einzige unabhängige Anspruch 1 lautet (mit der von beiden Parteien und der Einspruchsabteilung verwendeten, hier fett hervorgehobenen Merkmalsanalyse):
0) Verfahren zur Ermittlung der Kollisionswahrscheinlichkeit eines Fahrzeugs (5) mit einem Objekt
1) von dem eine Kollisionswahrscheinlichkeit ausgehen kann, folgende Schritte umfassend :
1a) (a) Abbilden der Umgebung des Fahrzeugs (5),
1b) wobei Objekte im Umfeld des Fahrzeugs (5) mit Sensoren detektiert werden,
wobei jeweils detektierte Objekte,
1c3) von denen eine Kollisionswahrscheinlichkeit ausgehen kann,
1c1) mit genau zwei Koordinatenpunkten (11, 13)
1c2) sowie einer zu dem jeweiligen Koordinatenpunkt (11, 13) zugeordneten Positionsunschärfe (15) beschrieben werden,
1d1) wobei die Koordinatenpunkte (11, 13) und
1d2) die Positionsunschärfen (15) als Daten in einer Schnittstelle abgelegt werden,
1e) auf die von Fahrassistenz-Systemen des Fahrzeugs (5) zugegriffen werden kann,
1f) und die Positionsunschärfe (15) durch eine Gauß-Verteilung (37) um den Koordinatenpunkt (11, 13) beschrieben wird,
1g) (b) Ermitteln eines vom Fahrzeug (5) zu durchfahrenden Fahrschlauchs (23),
1h1) (c) Bestimmen des Überdeckungsgrades des Objekts mit dem Fahrschlauch (23) und damit
1h2) der Kollisionswahrscheinlichkeit
1h3) unter Berücksichtigung der Positionsunschärfe (15),
1h4) die durch eine Gauß-Verteilung (37) um den Koordinatenpunkt (11, 13} beschrieben wird.
VI. Eine mündliche Verhandlung fand in Anwesenheit beider Parteien statt. Während der Verhandlung wurden die oben genannten Anträge von beiden Parteien bestätigt. Die schriftlich oder mündlich während der Verhandlung dazu vorgetragenen Argumente der Parteien finden sich, soweit für die Entscheidung relevant, in der unten aufgeführten Entscheidungsbegründung.
Ausreichende Begründung und Umfang der Beschwerde
1. Unter Punkt I.1 der Beschwerdeerwiderung bemängelt die Patentinhaberin, dass in der Beschwerdebegründung mehrere Angriffe gegen die Patentierbarkeit gefahren würden, die von verschiedenen Dokumenten ausgingen. Dabei habe sich die Einsprechende im Einspruchsverfahren bereits auf die D1 als nächstliegendem Stand der Technik festgelegt. Die Beschwerdebegründung enthalte nun jedoch nicht nur eine Argumentation der mangelnden erfinderischen Tätigkeit mit D1 als nächstem Stand der Technik, sondern auch eine mit D20 als nächstem Stand der Technik. Noch dazu finde sich auch eine Argumentation zur mangelnden Neuheit gegenüber D20, obwohl auf Seite 2 unter Punkt II lediglich die fehlende erfinderische Tätigkeit angesprochen worden sei. Die Patentinhaberin könne deshalb nicht verstehen, was die Einsprechende eigentlich wolle. Die Beschwerde solle deshalb als nicht ausreichend begründet zurückgewiesen werden.
2. Diese Argumentation ist nicht überzeugend. Es ist aus der Beschwerdebegründung ohne weiteres zu verstehen, dass die Einsprechende die Entscheidung für falsch hält, weil der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber einer Kombination von D1 mit D12, unter Berücksichtigung von D16 oder D18, beruhe (Beschwerdebegründung Punkt II.1). Außerdem sei der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu (Punkt II.2), beruhe zumindest aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber D20 (Punkt III.3).
3. Um bereits frühzeitig im Verfahren alle Argumente vorzulegen, ist es nicht nur zulässig, sondern vielmehr angebracht, ein Argument zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit als Rückfallposition zu unterbreiten, falls die behauptete mangelnde Neuheit die Kammer nicht überzeugen kann.
4. Weiterhin ist es legitim und üblich, mehrere Angriffe zur mangelnden erfinderischen Tätigkeit vorzubringen, die von unterschiedlichen Dokumenten ausgehen. Angesichts der Offenbarung von D1 und von D20 erscheint eine Argumentation ausgehend von jedem dieser Dokumente ähnlich vielversprechend zu sein. Da die Einsprechende somit nicht voraussehen kann, welche Argumentation bei der Kammer eine höhere Überzeugungskraft entfaltet, gibt es hier keinen Grund, sich auf ein einziges Ausgangsdokument zu beschränken. Es ist etablierte Rechtsprechung, dass die Kammer die unterschiedlichen Argumentationslinien prüft (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage, 2022, I.D.3.1, sowie die von der Einsprechende zitierte Entscheidung T 0967/97, Punkt 3.2; unlängst bestätigt in T 0064/16, Punkt 4.2 und T 1339/14, Punkt 2.1.2).
5. Die Beschwerde ist deshalb ausreichend begründet. Das Vorliegen mehrerer, verschiedener Argumentationen zur mangelnden Patentierbarkeit hat darauf keinen Einfluss. Etwaige Unstimmigkeiten oder Inkonsistenzen in der Beschwerdebegründung, solange sie das Gesamtverständnis der hervorgebrachten Gründe und Argumente nicht in Frage stellen, ändern nichts an dieser Feststellung.
6. Die Patentinhaberin weist unter Punkt I.2 ihrer Beschwerdeerwiderung darauf hin, dass sich die Beschwerde "inhaltlich nur gegen Anspruch 1" richte. Es fehle eine Begründung der mangelnden Patentierbarkeit der abhängigen Ansprüche, weshalb letztere nicht Teil des Verfahrens seien. Folglich sei der Antrag der Einsprechenden, das Patent vollständig zu widerrufen, als unzureichend begründet zurückzuweisen.
7. Die Argumentation der Einsprechenden richtet sich zwar in der Tat nur gegen den Anspruch 1. Sollte sich jedoch der einzige unabhängige Anspruch 1 als nicht gewährbar herausstellen, fällt notwendigerweise das gesamte Patent. Eine Argumentation zu den abhängigen Ansprüchen ist nicht notwendig, denn der Schutzbereich des Patents wird allein durch den unabhängigen Anspruch definiert. Eine Begründung, weshalb der unabhängige Anspruch 1 als nicht gewährbar angesehen wird, ist in der Beschwerdebegründung unstrittig vorhanden.
8. Die Einsprechende beantragt deshalb mit gutem Recht, das Streitpatent "vollständig zu widerrufen".
9. Die Beschwerde ist folglich zulässig.
Interpretation und Ausführbarkeit Anspruch 1 - Artikel 83 EPÜ
10. Anspruch 1 definiert ein "Verfahren zur Ermittlung der Kollisionswahrscheinlichkeit eines Fahrzeugs mit einem Objekt von dem eine Kollisionswahrscheinlichkeit ausgehen kann...".
11. Im Schritt (a) des Anspruchs wird definiert, dass bei der Abbildung der Umgebung des Fahrzeugs "jeweils detektierte Objekte von denen eine Kollisionswahrscheinlichkeit ausgehen kann" (Merkmal 1c3) auf bestimmte Weise beschrieben werden.
12. Die Einsprechende legt das Merkmal 1c3 so aus, dass bereits bei der Abbildung eine Klassifizierung der Objekte stattfinde. Einerseits in Objekte, von denen eine Kollisionswahrscheinlichkeit ausgehen könne, wie etwa Schilder, und andererseits in Objekte, von denen eine solche Wahrscheinlichkeit nicht ausgehen könne, wie etwa Fahrbahnmarkierungen oder Grashalme. Nur die ersteren würden dann auf die bestimmte Weise beschrieben.
13. Dies sei laut Einsprechender jedoch nicht ausführbar. Das Patent gebe keinen Hinweis darauf, wie eine solche Unterscheidung geschehe. Die einzige Unterscheidung, die im Patent beschrieben sei, werde erst nach der Abbildung, in den Schritten (b) und (c), vorgenommen. In diesen Schritten werde die Kollisionswahrscheinlichkeit durch die Berechnung der Überdeckung des Objekts mit dem Fahrschlauch bestimmt. Das Ergebnis dieser Bestimmung könne jedoch im Abbildungsschritt (a) noch nicht bekannt sein.
14. Nach Auffassung der Kammer versteht die Fachperson Merkmal 1c3 in Zusammenschau mit dem gesamten Anspruch 1 jedoch anders.
15. Laut Merkmal 1b werden Objekte mit Sensoren detektiert. Die Sensoren und die Art und Weise des Detektierens werden nicht definiert. Es liegt jedoch im Wissen der Fachperson, wie Objekte aus den Signalen gängiger Sensoren durch unterschiedliche Verfahren der Objekterkennung detektiert werden können. Es versteht sich, dass die Objekterkennung nur solche Objekte detektiert, die potenziell zu einer Kollision führen können, beispielsweise, indem sie sich im Messbereich in einer gewissen Höhe über dem Boden befinden. Die von der Einsprechenden erwähnten Fahrbahnstreifen oder Grashalme dürften nicht darunterfallen.
16. Das Merkmal 1c3 definiert dementsprechend, dass von den solcherart, auf bekannte Weise detektierten Objekten eine Kollisionswahrscheinlichkeit (im Verständnis der Fachperson im Sinne einer Kollisionsgefahr) ausgehen kann. Es steht jedoch zu diesem Zeitpunkt explizit noch nicht fest, ob von den detektierten Objekten wirklich eine Kollisionswahrscheinlichkeit oder Kollisionsgefahr ausgeht oder nicht. Dies zu beurteilen, ist in Unkenntnis des Fahrschlauchs, der erst in Schritt (b) bestimmt wird, auch gar nicht möglich. Ob von einem detektierten Objekt wirklich eine Kollisionswahrscheinlichkeit oder Kollisionsgefahr ausgeht, und wie hoch diese ist, wird erst im Schritt (c) überprüft, in dem der Überdeckungsgrad des Objekts mit dem Fahrschlauch berechnet wird. Da die Wahrscheinlichkeitswerte zwischen 0 und 1 liegen können, kann sich für die angenommene Bewegung des Fahrzeugs durchaus herausstellen, dass die berechnete Kollisionswahrscheinlichkeit eines Objekts, von dem theoretisch eine Kollisionsgefahr ausgehen kann, bei 0 liegt. Die Fachperson versteht deshalb, dass die im Schritt (c) berechnete Kollisionswahrscheinlichkeit im Sinne eines Kollisionswahrscheinlichkeitswerts keinesfalls im Schritt (a) zur Objekterkennung verwendet wird.
17. Ein solches Verständnis des Anspruchs, insbesondere des Merkmals 1c3, wird auch von der Beschreibung gestützt und führt zu keinen Problemen bei der Ausführung.
18. Folglich ist der im Anspruch 1 definierte Gegenstand ausführbar.
Änderungen - Artikel 123(2) EPÜ
19. Die Einsprechende bemängelt, dass der Anspruch 1 durch das Merkmal 1c3 im Schritt (a) unzulässig erweitert sei.
20. Laut Einsprechender sei dieses Merkmal ursprünglich nur im Zusammenhang mit der Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit offenbart. Nicht jedoch als Teil des Abbildungsverfahrens, wie es als Unterpunkt (a) im Anspruch 1 enthalten ist. Nach ursprünglicher Offenbarung würden bei der Abbildung sämtliche Objekte abgebildet und mit Koordinaten bedacht, unabhängig davon, ob von ihnen eine Kollisionswahrscheinlichkeit ausgehe oder nicht. Eine Kollisionswahrscheinlichkeit werde Objekten erst nach Bestimmen des Überdeckungsgrades mit dem Fahrschlauch zugeordnet.
21. Unter dem oben beschriebenen Verständnis des Anspruchs 1 (siehe Punkte 15. und 16.) kann dieses Argument nicht überzeugen. Merkmal 1c3 definiert lediglich, dass von den detektierten Objekten eine Kollisionswahrscheinlichkeit im Sinne einer Kollisionsgefahr ausgehen kann. Das versteht sich jedoch implizit bereits aus dem ursprünglich eingereichtem Anspruch 6 und der Beschreibungsseite 5 der veröffentlichten Anmeldung ("A1-Schrift"). Danach wird für jedes im Abbildungsschritt (a) detektierte Objekt im Schritt (c) eine Kollisionswahrscheinlichkeit im Sinne eines Kollisionswahrscheinlichkeitswerts bestimmt. Somit kann auch von jedem detektierten Objekt potenziell eine Kollisionswahrscheinlichkeit im Sinne einer Kollisionsgefahr ausgehen.
22. Deshalb war das Merkmal 1c3 implizit bereits ursprünglich offenbart.
23. Die Einsprechende ist des Weiteren der Meinung, dass der Anspruch 1 auch durch das Merkmal 1f im Schritt (a) unzulässig erweitert sei.
24. Eine Gauß-Verteilung der Positionsunschärfe sei laut Einsprechender nicht schon während der Abbildung im Schritt (a), sondern erst während der anschließend durchgeführten Bestimmung der Kollisionswahrscheinlichkeit im Schritt (c) ursprünglich offenbart. Während der Abbildung werde den Objekten lediglich eine allgemeine Positionsunschärfe zugeordnet. Erst während der Bestimmung des Überdeckungsgrades werde die Positionsunschärfe als Gauß-Verteilung beschrieben, wie aus Seite 6, dritter vollständiger Absatz, und Seite 11, zweiter Absatz der veröffentlichten Anmeldung, sowie aus dem ursprünglich eingereichten Anspruch 8, rückbezogen auf Ansprüche 6 und 1, hervorgehe. Noch dazu werde die Überdeckung bei einer Gauß-Verteilung nur in Ordinatenrichtung berechnet.
25. Auch dieses Argument ist nicht stichhaltig. Es steht fest, und wird auch von der Einsprechenden nicht bestritten, dass bereits im Abbildungsschritt (a) den detektierten Objekten jeweils zwei Koordinatenpunkte mit jeweiligen Positionsunschärfen zugeordnet werden. Die Fachperson versteht die Ansprüche 8 und 1 und die von der Einsprechenden genannten Beschreibungsseiten der ursprünglichen Anmeldung so, dass es genau diese, im Schritt (a) festgelegte Positionsunschärfe ist, die bereits beim Festlegen "durch eine Gauß-Verteilung um den Koordinatenpunkt beschrieben wird" (ursprünglicher Anspruch 8). Die Anmeldung gibt keinen Hinweis darauf, dass die Positionsunschärfe zuerst in anderer, vorläufiger Form abgelegt werden könnte, um dann später in eine Gauß-Verteilung umgewandelt zu werden. Dies würde auch technisch keinen Sinn ergeben. Auch beziehen sich die genannten Beschreibungsabschnitte auf den Seiten 6 und 11 nicht ausschließlich auf den Schritt (c), sondern auf besondere Ausführungen des gesamten Verfahrens. So bezieht sich Seite 11 beispielsweise auf das gesamte Ausführungsbeispiel nach der Figur 4, in dem die Positionsunschärfen durch Gauß-Verteilungen dargestellt werden (implizit: von Anfang an), im Unterschied zu den Ausführungsbeispielen nach den Figuren 1 und 3, in denen die Positionsunschärfen durch Rechtecke dargestellt werden (Seite 9, zweiter Absatz).
26. In dem speziellen Ausführungsbeispiel nach der Figur 11 wird, "als weitere Vereinfachung", der Überdeckungsgrad zwar nur in Ordinatenrichtung bestimmt. Es geht jedoch aus Seite 7, erster vollständiger Absatz, eindeutig hervor, dass diese Vereinfachung nicht an die auf Seite 6, dritter vollständiger Absatz, offenbarte Gauß-Verteilung gekoppelt ist (vergleiche auch den ursprünglichen Anspruch 10, rückbezogen auf die Ansprüche 8, 6 und 1).
27. Somit offenbaren die Seiten 5 und 6 der veröffentlichten Anmeldung, zusammen mit den ursprünglichen Ansprüchen 1, 6 und 8, eine Basis für die an Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen.
28. Es folgt, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.
Erfinderische Tätigkeit - D1 - Artikel 52(1) und 56 EPÜ
29. D1 beschäftigt sich mit dem Erkennen unmittelbar bevorstehender Kollisionen eines Fahrzeugs mit einem Objekt. Zu jedem durch einen Sensor auf bekannte Weise erfassten Objekt werden Konturpunkte und deren Abstände und relative Lagen zum Fahrzeug ermittelt, sowie eine Relativgeschwindigkeit von Objekt und Fahrzeug. Aus diesen Werten wird eine Dauer bis zur Kollision und eine Kollisionswahrscheinlichkeit ermittelt (Schritte S14 - S20 in Figur 2 und gesamte Figur 3). Dazu werden die Konturen des Fahrzeugs und des Objekts jeweils auf eine Gerade senkrecht zum Relativgeschwindigkeitsvektor zum geschätzten Kollisionszeitpunkt projiziert. Die Kollisionswahrscheinlichkeit hängt dabei vom Überdeckungsgrad der beiden Konturen ab (siehe Absatz [0098] und Figur 5). Die Kontur des Objekts kann je nach erwarteter Dynamik und Messungenauigkeit um einen gewissen Faktor vergrößert werden (Absatz [0100] und Figur 6).
30. Beide Parteien stimmen mit der Feststellung der Einspruchsabteilung überein, wonach D1 die folgenden Merkmale nicht offenbart:
a) Merkmalskomplex 1, umfassend die Merkmale 1c2, 1d2, 1f und 1h4, die auf die Zuordnung und Ablage der Positionsunschärfe und deren Beschreibung als Gauß-Verteilung gerichtet sind, sowie
b) Merkmalskomplex 2, umfassend die Merkmale 1g und 1h1, die auf das Ermitteln und das rechnerische Verwenden des Fahrschlauchs gerichtet sind.
Die Kammer schließt sich dieser Analyse an. Die während der mündlichen Verhandlung von der Kammer aufgeworfene Frage, ob die Projektion auf die Gerade senkrecht zum Relativgeschwindigkeitsvektor, wie sie in der Figur 5 der D1 gezeigt ist, der Definition eines Fahrschlauchs entspreche, ist dabei im Hinblick auf das Verständnis des Begriffs "Fahrschlauch" (siehe die untenstehenden Punkte 33. und 34.), nicht weiter relevant.
31. Nach Meinung der Einsprechenden stünde die Fachperson, ausgehend von D1, vor dem Problem, das Verfahren flexibler auf mehr Anwendungen abzustellen, wie etwa auf Einparksituationen. Es werde aus den Absätzen [0036], [0040] und [0053] deutlich, dass die Methode in D1 grundsätzlich auch für niedrige Geschwindigkeiten und große Dauern bis zur Kollision anwendbar sei, auch wenn das, wie in Absatz [0042] erwähnt, aufwändiger sei. Das Verfahren aus D1 funktioniere deshalb auch für Einparksituationen, weshalb die Fachperson die Lehre der D12, einen Fahrschlauch zu ermitteln, zur Bestimmung des Überdeckungsgrades im Verfahren nach D1 berücksichtigt hätte. Zusätzlich hätte die Fachperson unter Hinzuziehen ihres Fachwissens, wie es in der D16 und D18 offenbart sei, eine Gauß-Verteilung als Alternative zu der in D1 offenbarten Skalierung des Objekts verwendet, um die Unschärfe der Positionsmessungen zu berücksichtigen.
32. Bei ihrem Argument berücksichtigt die Einsprechende jedoch nicht die grundlegend andere, zeitabhängige Betrachtungsweise in D1, weshalb das Argument nicht überzeugt.
33. Bei der Ermittlung des "vom Fahrzeug zu durchfahrenden Fahrschlauchs" im Anspruch 1 versteht die Fachperson, dass es sich bei dem "Fahrschlauch" um einen Raumbereich im Bezugssystem der Erde (oder der Straße) handelt, der vom Fahrzeug durchfahren wird. Dieses Verständnis ist im Einklang mit der Patentschrift, die den Fahrschlauch als den Bereich, "der vom Fahrzeug beim Durchfahren bedeckt wird", definiert (siehe Absatz [0017] und die entsprechende Darstellung des Fahrschlauchs mit dem Referenzzeichen 23 in der Figur 3).
34. Der Fahrschlauch definiert somit lediglich einen räumlichen Bereich, und enthält keine Zeitinformation, - gibt also keinen Aufschluss darüber, wann sich das Fahrzeug wo im Schlauch befindet. Deshalb eignet sich ein Fahrschlauch zur Bestimmung von Kollisionswahrscheinlichkeiten nur für unbewegte (oder im Vergleich zur Fahrzeuggeschwindigkeit sehr langsam bewegte) Objekte. Ein sich bewegendes Objekt kann den Fahrschlauch problemlos ohne Kollision kreuzen, wenn es dies vor der Ankunft des Fahrzeugs tut. Deshalb muss zur Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit von bewegten Objekten zwingend eine zeitabhängige Beurteilung stattfinden.
35. Es ist das Ziel von D1, ein Verfahren zur Ermittlung der Kollisionswahrscheinlichkeit bereit zu stellen, das ausdrücklich auch bewegte Objekte miteinbeziehen soll, wie etwa andere Fahrzeuge, Fußgänger oder Tiere (siehe Absätze [0002], [0010]; oder das spezielle Ausführungsbeispiel mit anderen Fahrzeugen in Absatz [0061]). Die Einsprechende mag zwar darin Recht haben, dass das Verfahren grundsätzlich auch für Einparksituationen anwendbar ist, diese Situationen sind aber nicht das bevorzugte Anwendungsgebiet. Das wird aus dem Absatz [0053] deutlich, nach dem beim langsamen Fahren, wie etwa beim Einparken, bevorzugt gerade keine Kollisionswahrscheinlichkeiten ausgegeben werden (vergleiche auch Absatz [0075]). In solchen Situationen "ist es nicht sinnvoll, Kollisionswahrscheinlichkeiten zu ermitteln" (Absatz [0053]). Die möglichen, hohen Relativgeschwindigkeiten und die sich daraus ergebende Dynamik sind auch der Grund dafür, dass die Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeiten nur dann vorgenommen wird, wenn die geschätzte Dauer bis zur Kollision maximal 50 Millisekunden bis 1 Sekunde beträgt (Absatz [0040]). Zur Schätzung dieser Dauer wird bevorzugt eine lineare Relativbewegung mit konstanter Relativgeschwindigkeit von Fahrzeug und Objekt angenommen (Absätze [0042], [0043] und [0048]). Ohne Informationen zur Relativgeschwindigkeit und zur Dauer bis zur Kollision wäre nach dem Verfahren in D1 keine Berechnung der Kollisionswahrscheinlichkeit möglich.
36. Im Unterschied zur D1 ist D12 speziell auf Ein- und Ausparkvorgänge gerichtet. In D12 wird aus dem Lenkwinkel ein Fahrschlauch bestimmt. Es wird ein Kollisionssignal ausgegeben, wenn sich ein erfasster Gegenstand im Fahrschlauch befindet. Dazu wird neben der Fahrzeugposition und Geometrie lediglich die Position des Gegenstands und der Lenkwinkel des Fahrzeugs berücksichtigt, nicht jedoch die Geschwindigkeit (siehe Spalte 1, Zeile 55 bis Spalte 2, Zeile 25, sowie Spalte 2, Zeilen 51 - 63).
37. Das Verfahren nach D12 ist für bewegte Objekte und hohe Geschwindigkeiten nicht geeignet. Die Fachperson, die das Verfahren aus D1 über die Kernanwendung hinaus auf andere Anwendungen ausdehnen wollte, wäre allein den Hinweisen in D1 gefolgt, und hätte durch aufwändigere Berechnungen auch gekrümmte Bahnen ([0042]) und längere Zeitdauern bis zur Kollision ([0036] und [0040]) berücksichtigt. Selbst, wenn dadurch die Aussagekraft der Berechnungen abnähme ([0036]). Die Fachperson hätte jedoch nicht das Verfahren aus D12 erwägt, weil es bewegte Objekte nicht berücksichtigt und damit konträr zum Ziel der Erfindung steht. Selbst, wenn die D12 erwägt worden wäre, so wären beide Verfahren technisch nicht in sinnvoller Weise kombinierbar gewesen. Es wäre nicht ersichtlich gewesen, wie die zeitunabhängige Ermittlung eines Fahrschlauchs in der D12, rein auf Basis des Lenkwinkels, mit der Ermittlung der zeitabhängigen Relativtrajektorien in der D1, die rein auf Linearbewegungen basieren, zu kombinieren gewesen wäre.
38. Schon allein aus diesem Grund ist die Argumentation der Einsprechenden nicht überzeugend.
39. Zudem ist die Kammer der Auffassung, dass die Fachperson das in D16 und D18 beschriebene Fachwissen bei der Bestimmung des Überdeckungsgrades in der D1 nicht angewandt hätte. D16 offenbart Gauß-verteilte Abstandsmessungen. Zur Bestimmung des Überdeckungsgrades sind in D1 jedoch nicht die Abstandsfehler, sondern die in D16 nicht erwähnten Winkelfehler ausschlaggebend. Winkelfehler führen zu abstandsabhängigen Positionsunschärfen. Von einer Abstandsabhängigkeit ist jedoch in D1 nicht die Rede. Deshalb ist das spezifische Fachwissen der D16 und das allgemeine Fachwissen der D18 für die Anwendung in D1 nicht von Bedeutung.
40. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht deshalb auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber der Kombination von D1 mit D12, unter Berücksichtigung des in D16 und D18 offenbarten Fachwissens.
Zulassung D20
41. D20 wurde von der Einsprechenden erstmals mit der Beschwerdebegründung eingeführt. Die Zulassung unterliegt deshalb nach Artikel 12(4) VOBK 2007 dem Ermessen der Kammer.
42. Laut Patentinhaberin sei D20 nicht zuzulassen. Zum einen, weil es bereits früher hätte eingereicht werden können, und zum anderen, weil es prima facie nicht relevant sei. Weder offenbare D20 einen Fahrschlauch noch gebe D20 der Fachperson einen Anlass, einen solchen zu ermitteln.
43. Der Kammer erscheinen die von der Einsprechenden im Hinblick auf D20 vorgebrachten Argumente zur mangelnden Patentierbarkeit zumindest diskussionswürdig. Es ist sofort ersichtlich, dass D20 im Unterscheid zu D1 und D12 bei der Ermittlung einer Kollisionswahrscheinlichkeit eines Fahrzeugs mit einem Objekt die Positionsunschärfe zweier Messpunkte des Objekts durch eine Gauß-Verteilung beschreibt. Ebenfalls im Unterschied zu D1 oder D12 offenbart D20 eine Art von "Schlauch", der zwar nicht eindeutig ein Fahrschlauch ist, zumindest aber eine Relativbewegung des Objekts in Bezug auf das Fahrzeug darstellt. D20 scheint der Kammer daher auf den ersten Blick relevant zu sein und wird allein aus diesem Grund im Verfahren zugelassen. Und zwar ungeachtet dessen, ob es bereits früher hätte eingereicht werden können oder nicht.
44. Folglich ist D20 im Beschwerdeverfahren zugelassen.
Neuheit - D20 - Artikel 52(1) und 54 EPÜ
45. D20 beschäftigt sich damit, die Kollisionswahrscheinlichkeit eines Objekts mit einem Fahrzeug zu ermitteln. Dabei kann in dem Ausführungsbeispiel nach der Figur 7 (Absatz [0064]) ein Objekt, das durch Fahrzeugsensoren detektiert wurde, durch zwei Punkte beschrieben werden. Jeder Position eines Punktes wird eine Positionsunschärfe zugewiesen (Absätze [0033], [0039]), zum Beispiel in Form einer Gauß-Verteilung (Absätze [0034], [0035]). Aus der gemessenen Relativposition und des Relativgeschwindigkeitsvektors eines jeden Objektpunkts wird im sensorfesten, also auch fahrzeugfesten, Koordinatensystem (Absätze [0031], [0037]) eine Menge an möglichen Trajektorien der Relativbewegung des Objekts zum Fahrzeug berechnet. Dies kann durch Berechnung einer mittleren Trajektorie geschehen, die mit einer Unsicherheit versehen ist (Absatz [0040]).
46. Die Einsprechende ist der Meinung, dass die Berechnung der Trajektorien zumindest implizit die Ermittlung eines Fahrschlauchs mit einschließe. Die Trajektorien würden unter Kenntnis der Relativbewegung berechnet, was die vorherige Ermittlung und Kenntnis der Fahrzeugbewegung, und damit des Fahrschlauchs, voraussetze. Nur auf diese Weise sei die zukünftige Lage des Fahrzeugs zu einem Zeitpunkt in der Zukunft bekannt. Die Summierung derjenigen Trajektorien, die das Fahrzeug zu dem Kollisionszeitpunkt schnitten, sei folgerichtig eine Bestimmung des Überdeckungsgrades des Objekts mit dem Fahrschlauch. Somit nehme D20 die Neuheit des Anspruchs 1 vorweg.
47. Die Einsprechende überstrapaziert in ihrer Argumentation jedoch den Begriff des Fahrschlauchs. Wie in den Punkten 33. und 34. bereits erwähnt, versteht die Fachperson den Begriff "Fahrschlauch" im Anspruch 1 als den vom Fahrzeug zu durchfahrenden räumlichen Bereich im Bezugssystem der Straße. In D20 wird jedoch jeweils nur eine Relativposition von Objekt und Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt im Bezugssystem des Fahrzeugs ermittelt. Damit mag zwar der Raumbereich ermittelt sein, den das Fahrzeug zu exakt diesem Zeitpunkt einnimmt, wie etwa in der Figur 4 der D20 dargestellt, jedoch ist dieser Momentanbereich kein Fahrschlauch, der sich notwendigerweise über zumindest eine gewisse Dauer der Fahrt erstreckt, und damit eine Summe an kontinuierlich aufeinanderfolgenden Fahrzeugpositionen abdeckt. Folglich wird in D20 auch kein Überdeckungsgrad des Objekts mit einem Fahrschlauch bestimmt, sondern nur der Überdeckungsgrad mit dem Raumbereich des Fahrzeugs zu bestimmten, diskreten Zeitpunkten (siehe dazu etwa die Bereiche 39 und 40 in der Figur 4 der D20). Daraus folgt, dass sich auch die aus dem Überdeckungsgrad ermittelten Kollisionswahrscheinlichkeiten von der in Anspruch 1 definierten unterscheiden. In D20 wird die Kollisionswahrscheinlichkeit zu jeweils einem Zeitpunkt ermittelt, wie aus der Figur 5 hervorgeht. Es müsste erst das Integral aus diesen Kollisionswahrscheinlichkeiten über eine gewisse Zeitdauer gebildet werden, um zu der nach Anspruch 1 ermittelten, vom Zeitpunkt unabhängigen Kollisionswahrscheinlichkeit zu gelangen.
48. Auch in dem von der Einsprechenden angeführten Ausführungsbeispiel eines unbeweglichen Objekts, wie dem Pfosten 44 in der Figur 6, geschieht keine Bestimmung eines Fahrschlauchs. Zwar wird in diesem Beispiel die Relativgeschwindigkeit nur durch die Bewegung des Fahrzeugs verursacht. Das ändert jedoch nichts daran, dass nur momentane Positionen und Kollisionswahrscheinlichkeiten im Bezugssystem des Fahrzeugs berechnet werden. Ein Bereich, den das Fahrzeug über mehr als einen Zeitpunkt hinweg im Bezugssystem der Straße bedeckt, und der als Fahrschlauch aufgefasst werden könnte, wird nicht berechnet.
49. Folglich unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von D20 dadurch, dass ein Fahrschlauch ermittelt wird (Merkmal 1g), und dass der Überdeckungsgrad mit dem Fahrschlauch bestimmt wird (Merkmal 1h1).
50. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit neu gegenüber D20.
Erfinderische Tätigkeit - D20 - Artikel 52(1) und 56 EPÜ
51. Laut Einsprechender besteht das mit den oben festgestellten Unterschieden verknüpfte technische Problem darin, die Zuverlässigkeit in der Ermittlung der Kollisionswahrscheinlichkeit im Hinblick auf die tatsächliche Ausdehnung des Fahrzeugs zu verbessern. Selbst wenn in D20 kein Fahrschlauch ermittelt würde, so wäre es ohne weiteres möglich, einen solchen aus der Position und Bewegung des Fahrzeugs zu ermitteln. Das Ergebnis, die Bestimmung der Kollisionswahrscheinlichkeit, würde sich dadurch nicht ändern.
52. Allerdings weist die Einsprechende selbst darauf hin, dass in D20 bereits die tatsächliche Ausdehnung des Fahrzeugs berücksichtigt wird. Es wird dort die Schnittfläche zwischen dem Fahrzeug und möglichen Objektpositionen berechnet (Absätze [0052] und [0055]), beziehungsweise es wird geprüft, ob Objektpunkte verbindende Geraden den Umriss des Fahrzeugs schneiden (Absatz [0067]). Die Fahrzeugausdehnung kann deshalb nicht Teil des zu lösenden Problems sein.
53. Wie die Einsprechende zutreffend erkennt, wird in D20 dasselbe Ziel der Bestimmung der Kollisionswahrscheinlichkeit erreicht, wie in Anspruch 1 definiert. Dies geschieht jedoch über eine Auswertung der Relativbewegung von Objekt und Fahrzeug, was die Vorteile bietet, das Koordinatensystem des Sensors verwenden zu können und jegliche Art von Bewegung des Objekts und des Fahrzeugs berücksichtigen zu können.
54. Eine Bestimmung des Fahrschlauchs des Fahrzeugs würde eine völlig andere, wenn auch bei unbeweglichen Objekten potenziell einfachere, Berechnung mit sich bringen. Wenn sich die Objekte jedoch bewegen, ließe sich das mit einem Fahrschlauch nicht ohne weiteres berücksichtigen. Nicht ohne Grund wird etwa in D12 die Bestimmung der Kollisionswahrscheinlichkeit mit Hilfe eines Fahrschlauchs lediglich auf feststehende Objekte angewandt.
55. Das technische Problem wird deshalb von der Kammer darin gesehen, eine einfachere Berechnung für Situationen mit unbewegten Objekten zu ermöglichen.
56. Das Verfahren in D20 ist speziell darauf zurechtgeschnitten, auch Kollisionen sich bewegender Objekte zu berücksichtigen (siehe etwa Absätze [0043] - [0045]). Das ist der Grund dafür, dass die Kollisionswahrscheinlichkeit für verschiedene, diskrete Zeitpunkte berechnet wird (siehe Figur 5). Die Verwendung eines Fahrschlauchs würde das Verfahren auf unbewegte Objekte beschränken, was jedoch der Idee der D20 zuwiderlaufen würde. Die Fachperson hätte deshalb ausgehend von D20 kein Verfahren berücksichtigt, das nicht auch auf bewegte Objekte angewandt werden kann. Deshalb wäre D12 nicht für eine Kombination mit D20 in Frage gekommen. Selbst wenn D12 berücksichtigt worden wäre, wäre für die Fachperson nicht zu erkennen gewesen, wie die in D20 erforderte Zeitabhängigkeit mit dem Fahrschlauch zu kombinieren gewesen wäre. Noch dazu lehrt D12 nicht, wie der Überdeckungsgrad mit dem Fahrschlauch bestimmt werden kann. D12 bestimmt lediglich, ob eine Überdeckung vorliegt (ja) oder nicht (nein). Die Bestimmung eines Grades der Überdeckung erfordert jedoch mehr als ein binäres Resultat.
57. Folglich beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit sowohl gegenüber D20 allein, unter Berücksichtigung des Fachwissens der Fachperson, als auch gegenüber D20 in Kombination mit D12.
Schlussfolgerung
58. Da die von der Einsprechenden unter den Artikeln 83, 123(2), 54 und 56 EPÜ vorgebrachten Gründe nicht überzeugen, steht der weiteren Aufrechterhaltung des Patents in der von der Einspruchsabteilung aufrecht erhaltenen Fassung nichts entgegen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.