T 1520/20 (Verfahren zur Herstellung von expandierten thermoplastischen Polymerpartikeln/BASF) 27-01-2023
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VERFAHREN ZUR HERSTELLUNG VON EXPANDIERTEN THERMOPLASTISCHEN ELASTOMERPARTIKELN
Huntsman International LLC
ARKEMA FRANCE
Zulässigkeit der Beschwerde (ja)
Änderungen
Neuheit - Hauptantrag und Hilfsanträge 1-3 (nein)
Neuheit - Hilfsantrag 4 (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag 4 (ja)
Klarheit der Ansprüche - Hilfsantrag 4 (ja)
Ausreichende Offenbarung - Hilfsantrag 4 (ja)
I. Die Patentinhaberin und die Einsprechende 2 legten Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung ein, wonach das Streitpatent in der Fassung des (damaligen) Hilfsantrags 1 die Erfordernisse des EPÜ erfülle.
II. Insbesondere hatte die Einspruchsabteilung entschieden, dass der Gegenstand dieses Antrags die Erfordernisse von Regel 80 EPÜ erfülle und nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Ferner sei die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Zudem sei der Gegenstand dieses Antrags neu und erfinderisch. Im Gegensatz hierzu sah die Einspruchsabteilung den Gegenstand des Hauptantrags (Patent wie erteilt) als nicht neu gegenüber Dokumenten D17, D2, D5, D6, D7 sowie D46 an. Die Einspruchsabteilung ließ die Dokumente D45 bis D48 in das Verfahren zu.
III. Da sowohl die Patentinhaberin als auch die Einsprechende 2 Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung eingelegt haben und die Einsprechende 1, Verfahrensbeteiligte gemäß Artikel 107 EPÜ, im Beschwerdeverfahren keine Argumente vorbrachte und keine eigenständigen Anträge gestellt hat, werden die beiden Beschwerdeführerinnen im Folgenden als Patentinhaberin beziehungsweise als Einsprechende bezeichnet.
IV. Im Einspruchsverfahren hatten die Einsprechenden 1 und 2 den Widerruf des Patents im gesamten Umfang auf Grundlage der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 und Artikel 56 EPÜ (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) sowie Artikel 100 b) EPÜ beantragt. Darüber hinaus hatte die Einsprechende 2 Artikel 100 (c) EPÜ als Einspruchsgrund geltend gemacht.
V. Folgende Dokumente sind für die Entscheidung relevant:
D2 |Yeh et al., Thermoplastic polyurethane/clay nanocomposite foam made by batch foaming, Journal of Cellular Plastics (2013), 49(2), 119-130|
D3 |Lin et al., Batch foaming behavior of TPU material, SPE ANTEC (2012), 2325-2329 |
D5 |Hossieny et al., Foaming behavior of melt compounded thermoplastic polyurethane in presence of butane, SPE ANTEC (2012), 2307-2311 |
D6 |Saniei et al., Solid-State Processing and Structure of Nano-cellular ThermoplasticPolyurethane foams, SPE ANTEC (2013), 2687-2690 |
D7 |JP08-113664 A1 (1996), Übersetzung ins Englische |
D8 |CN101612772 B (2012), Übersetzung ins Englische |
D17|N. Hossieny, PPS 29, Vortragsfolien |
D45|Broschüre über das Produktsortiment Polymere "Miractran" |
D46|Effect of Hard Segment Crystalline Phase on Foaming Bevavior of Polyether-Block-Amide (PEBAX), 2012, Consortium for Cellular and Micro-Cellular Plastics (CCMCP) Progress Review Meeting|
D47|Technisches Datenblatt von Pebax**(®) 2533 SD (2013) |
D48|Phasendiagramme von CO2, Stickstoff und Wasser |
VI. Der Wortlaut von unabhängigem Anspruch 1 des Hauptantrags (Patent wie erteilt) ist wie folgt:
"Verfahren zur Herstellung von expandierten thermoplastischen Elastomerpartikeln, wobei thermoplastische Elastomerpartikel von einem gasförmigen Medium umgeben sind, umfassend
a) einen Imprägnierschritt,
wobei das gasförmige Medium eine Imprägniertemperatur Ta aufweist, der absolute Druck des gasförmigen Mediums größer als Umgebungsdruck ist und wobei ein Treibmittel in den thermoplastischen Elastomerpartikeln gelöst wird,
b) einen Expansionsschritt,
wobei die thermoplastischen Elastomerpartikel bei einer ersten Expansionstemperatur Tb einer Druckreduktion ausgesetzt werden und expandieren
und
c) gegebenenfalls einen Verschweißungsschritt,
wobei die expandierten thermoplastischen Elastomerpartikel bei einer Verschweißungstemperatur
Tc zu mindestens einem Formteil miteinander verschweißt werden und
wobei die thermoplastischen Elastomerpartikel aus amorphem thermoplastischem Elastomer oder teilkristallinem thermoplastischem Elastomer oder Mischungen daraus aufgebaut sind, die Imprägniertemperatur Ta, die erste Expansionstemperatur
Tb und die Verschweißungstemperatur Tc von der Art des thermoplastischen Elastomers abhängig sind und
i. wenn das thermoplastische Elastomer amorph ist, die Imprägniertemperatur Ta, die erste Expansionstemperatur Tb und die Verschweißungstemperatur Tc höher sind als eine erste Grenztemperatur TG-40, wobei die erste Grenztemperatur TG-40 40°C unterhalb der Glasübergangstemperatur TG nach DIN EN ISO 11357-2:2013-09 der nicht imprägnierten thermoplastischen Elastomerpartikel liegt,
ii. wenn das thermoplastische Elastomer teilkristallin ist, die Imprägniertemperatur Ta, die erste Expansionstemperatur Tb und die Verschweißungstemperatur Tc höher sind als die Glasübergangstemperatur TG nach DIN EN ISO 11357-2:2013-09 der nicht imprägnierten thermoplastischen Elastomerpartikel und niedriger sind als eine zweite Grenztemperatur TS-5, welche 5°C unterhalb der Schmelztemperatur TS nach DIN EN ISO 11357-3:2013-04 der nicht imprägnierten thermoplastischen Elastomerpartikel liegt und
wobei die thermoplastischen Elastomerpartikel thermoplastische Polyesterelastomere, thermoplastische Copolyamide oder thermoplastische Polyurethane oder Mischungen davon enthalten."
VII. Mit ihrer Beschwerdebegründung reichte die Patentinhaberin Hilfsanträge 1 bis 25 ein. Für diese Entscheidung sind Hilfsanträge 1 bis 5 relevant.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die thermoplastischen Elastomerpartikel Polyethercopolyamide oder thermoplastische Polyurethane enthalten und dass das Treibmittel CO2 oder N2 oder Mischungen davon enthält und kein weiteres Treibmittel enthält.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 ist gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 weiter eingeschränkt durch die Maßgaben, dass die thermoplastischen Elastomerpartikel thermoplastische Polyurethane enthalten und dass der Imprägnierschritt a), der Expansionsschritt b) und der (optionale) Verschweißungsschritt c) in einer Apparatur durchgeführt werden.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 ist gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 eingeschränkt durch die zwingende Ausführung eines Verschweißungsschrittes c) in dem Verfahren.
Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 weist gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags einen zwingenden Verschweißungsschritt c) auf, wobei die Verfahrensschritte a) bis c) in einer Apparatur durchzuführen sind, sowie die Maßgabe, dass das Treibmittel CO2 oder N2 oder Mischungen davon enthält und kein weiteres Treibmittel enthält.
Zusätzlich weist Anspruch 1 von Hilfsantrag 5 gegenüber Anspruch 1 von Hilfsantrag 4 das Merkmal auf, dass die erste Expansionstemperatur Tb und die Verschweißungstemperatur Tc gleich sind und Expansionsschritt b) und Verschweißungsschritt c) simultan erfolgen.
VIII. Die Kammer erließ eine Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK 2020, in der sie ihre vorläufige Auffassung in Vorbereitung für die anberaumte mündliche Verhandlung abgab, die vor der Kammer stattfand.
IX. Das Vorbringen der Patentinhaberin, soweit für die Entscheidung relevant, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Die Entscheidung der Einspruchsabteilung, die verspätet eingereichten Dokumente D45 bis D48 zuzulassen, möge von der Beschwerdekammer aufgehoben werden.
- Die Hilfsanträge seien zum Verfahren zuzulassen. Lediglich der dritte Hilfsantrag sei nicht im erstinstanzlichen Verfahren eingereicht worden, alle anderen Anträge seien lediglich umnummeriert worden.
- Der Gegenstand des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 4 sei neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit. Weiterhin seien die Ansprüche des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 4 ausreichend offenbart und würden auch den Erfordernissen der Artikel 84 und 123 (2) EPÜ genügen.
- Der neue Einwand der Einsprechenden 2 gemäß Artikel 123 (2) EPÜ gegenüber dem Gegenstand von Anspruch 1 des vierten Hilfsantrags sei nicht zuzulassen, da dieser Einwand nicht im Einspruchsverfahren erhoben worden sei. Auch solle der erst im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D17 nicht zugelassen werden.
X. Das Vorbringen der Einsprechenden 2, soweit für die Entscheidung relevant, lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Die Beschwerde der Patentinhaberin sei als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht ausreichend begründet sei.
- Die Hilfsanträge 1 bis 4 der Patentinhaberin seien nicht zum Beschwerdeverfahren zuzulassen. Unter anderem habe die Patentinhaberin durch Voranstellung des vormaligen Hilfsantrags 1 vor die übrigen Hilfsanträge der Einspruchsabteilung die Möglichkeit genommen, über diese Anträge eine Entscheidung zu treffen. Die Umgruppierung besagter Anträge sei daher gleichbedeutend mit ihrer Rücknahme. Auch seien die im Beschwerdeverfahren eingereichten Hilfsanträge nicht konvergierend bezüglich des beanspruchten Bereichs und zudem zu zahlreich.
- Für die Aufhebung der Zulassung der Dokumente D45 bis 48 zum Verfahren gebe es keine Rechtsgrundlage.
- Ferner ermangele es dem Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags an Neuheit u.a. gegenüber D17.
- Der Gegenstand der Hilfsanträge 1 bis 3 sei u.a. ebenfalls nicht neu gegenüber D17 und daher nicht gewährbar.
- Der Gegenstand von Hilfsantrag 4 erfülle nicht die Erfordernisse der Artikel 123 (2), 83, 84, 54 (gegenüber Dokumenten D7 und D17) sowie 56 EPÜ. Unter anderem gebe er Anlass zu einem unzumutbaren Forschungsprogramm, um geeignete Verfahrensparameter zur Durchführung des beanspruchten Verfahrens über die gesamte Breite von Anspruch 1 zu ermitteln. Die erfinderische Tätigkeit sei ausgehend von D2, D3, D5, D6 und insbesondere D7 oder D17 als nächstliegendem Stand der Technik zu verneinen. Da die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung nur zur Erörterung der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D7 eingeladen habe und dieses Dokument als nächstliegenden Stand der Technik angesehen habe, sei der Vortrag ausgehend von D17 zum Verfahren zuzulassen.
XI. Anträge
Die Patentinhaberin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, die Einsprüche zurückzuweisen und das angegriffene Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang eines der Hilfsanträge 1 bis 25, alle eingereicht mit der Beschwerdebegründung.
Die Einsprechende beantragte, die Beschwerde der Patentinhaberin als unzulässig zu verwerfen und die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
1. Zulässigkeit der Beschwerde der Patentinhaberin
1.1 Die Einsprechende beantragte, die Beschwerde der Patentinhaberin gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung als unzulässig zu verwerfen, da die Beschwerde entgegen dem Erfordernis von Regel 99 (2) EPÜ nicht hinreichend begründet sei. Die Einsprechende führte aus, dass sich der Vortrag hinsichtlich der Neuheit des Hauptantrags im Wesentlichen in einer Wiederholung von Argumenten aus der Erwiderung auf die Einspruchsschriften erschöpfe und hinsichtlich der Neuheit des Hilfsantrags 1 lediglich auf den Vortrag zum Hauptantrag Bezug genommen werde.
1.2 Die Kammer merkt hierzu an, dass die Beschwerdebegründung Argumente aufführt, warum die Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikeln 54 und 56 EPÜ, Artikel 100 b) EPÜ und Artikel 100 c) EPÜ nicht der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung entgegenstünden. Zudem kann nach gefestigter Rechtsprechung eine Beschwerdebegründung auch dann als ausreichend begründet angesehen werden, wenn ein neuer Anspruchssatz eingereicht wird, welcher der Entscheidung die rechtliche Grundlage entzieht und dazu führt, dass die Gründe für die Entscheidung angesichts der geänderten Ansprüche nicht mehr zutreffend sind (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, V.A.2.6.4.c) sowie T 934/02 und T 2226/13). Dies ist jedenfalls im Hinblick auf den im Beschwerdeverfahren neu eingereichten Hilfsantrag 5 der Fall, wonach ein obligatorischer Verschweißungsschritt in derselben Apparatur wie Schritte a) und b) auszuführen ist. Bereits dieses zusätzliche Unterscheidungsmerkmal führt unabhängig von den weiteren hinzugefügten Unterscheidungsmerkmalen dazu, dass die in der Entscheidung zum Hauptantrag genannten Gründe - welche ausschließlich mangelnde Neuheit betreffen - im Hinblick auf Hilfsantrag 5 nicht mehr zutreffen.
1.3 Hierzu führte die Einsprechende an, dass die angeführten Entscheidungen T 934/02 und T 2226/13 mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar seien, da der für die Begründung der Zulässigkeit der Beschwerde seitens der Kammer herangezogene Hilfsantrag 5 hinsichtlich seines beanspruchten Bereichs enger sei als derjenige des Hauptantrags (welcher der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegt) und der Hilfsanträge 1 bis 3. Hinsichtlich des Hauptantrags und letzterer Hilfsanträge 1 bis 3, welche im beanspruchten Umfang über den seitens der Einspruchsabteilung als gewährbar angesehenen vormaligen ersten Hilfsantrag (Hilfsantrag 4 im Beschwerdeverfahren) hinausgehen, sei die Beschwerde daher unbegründet.
1.4 Zu diesen Argumenten stellt die Kammer fest, dass es im EPÜ keine Stütze für die teilweise Unzulässigkeit einer Beschwerde gibt. Solange mindestens ein Antrag die Voraussetzungen für die Zulässigkeit erfüllt, ist die Beschwerde insgesamt zulässig (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, V.A.2.6.8). Ob andere Anträge, welche die Begründungserfordernis möglicherweise nicht erfüllen, im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen sind, stellt eine andere, von der Zulässigkeit der Beschwerde zu trennende Rechtsfrage dar. Wie sich unten zeigt, erfüllen der Hauptantrag und Hilfsanträge 1 bis 3 jedoch nicht die Patentierungserfordernisse des EPÜ, weswegen die Frage ihrer Zulassung in das Beschwerdeverfahren dahingestellt bleiben kann.
1.5 Ein Erfordernis, wonach der Umfang eines die Zulässigkeit der Beschwerde begründenden Anspruchssatzes über den erstinstanzlich als gewährbar erachteten Antrag hinausgehen müsste, besteht nicht. Gleichzeitig ist festzustellen, dass die Patentinhaberin gemäß Antragslage zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Entscheidung der Einspruchsabteilung im Sinne von Artikel 107 EPÜ beschwert war.
In der von der Einsprechenden angeführten Entscheidung T 213/85 wurde die betreffende Beschwerde, welche auf das Erfordernis ausreichender Begründung zu prüfen war, von einer Einsprechenden eingereicht (siehe besonders Punkt 4 der Entscheidungsgründe). Dasselbe gilt für den der Entscheidung T 198/15 zugrunde liegenden Fall. Daher waren die Konstellationen mit dem vorliegenden Fall, in welchem neue Anspruchsätze durch die Patentinhaberin eingereicht wurden, nicht vergleichbar.
Weitere Gründe gegen die Zulässigkeit der Beschwerde wurden seitens der Einsprechenden nicht angeführt, und die Kammer sieht auch ihrerseits keine solchen Gründe.
Somit sieht die Kammer die Kriterien für die Zulässigkeit der Beschwerde der Patentinhaberin als erfüllt an.
2. Zulassung der Druckschriften D45 bis D48
Die Patentinhaberin beantragt, die Druckschriften D45 bis D48, welche verspätet im Einspruchsverfahren eingereicht worden seien, nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen bzw. die Entscheidung der Einspruchsabteilung, diese zum Verfahren zuzulassen, aufzuheben.
Die Dokumente D45 bis D48 lagen bereits der angefochtenen Entscheidung zugrunde (Artikel 12 (2) VOBK 2020), und die Einsprechende verwies in ihrer Beschwerdebegründung auf die im erstinstanzlichen Verfahren eingereichten Dokumente. Das Vorbringen der Beteiligten hat sich diesbezüglich somit nicht geändert. Da insofern keine Änderung gemäß Artikel 12 (2) und (4) VOBK 2020 gegeben ist, kommt der Kammer nach diesen Bestimmungen kein Ermessen zu, diese Dokumente unberücksichtigt zu lassen. Auch die Entscheidung der Einspruchsabteilung zur Zulassung dieser Dokumente in das Einspruchsverfahren wurde nach Maßgabe der richtigen Kriterien sowie in angemessener Ausübung des der Einspruchsabteilung zustehenden Ermessens getroffen.
3. Neuheit - Hauptantrag
3.1 Die angefochtene Entscheidung enthält eine überzeugende Begründung, weshalb der Gegenstand von Anspruch 1 nicht neu u.a. gegenüber D17 sei, wobei in der Entscheidung auf konkrete Passagen von D17 abgestellt wird (siehe Punkt 4.3.2.1, dritter Absatz). Dieser Feststellung tritt die Patentinhaberin entgegen. Dabei erschöpft sich ihr Vortrag in einer kursorischen Wiederholung der Argumente aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Die Kammer sieht daher keine Veranlassung zu einer anderen Schlussfolgerung zu kommen als die Einspruchsabteilung.
3.2 Somit ist der Gegenstand von Anspruch 1 nicht neu und erfüllt nicht die Erfordernisse von Artikel 54 (1) EPÜ.
4. Neuheit - Hilfsanträge 1 bis 3
4.1 Da D17 ebenfalls die Herstellung von expandierten thermoplastischen Elastomerpartikeln aus thermoplastischem Polyurethan (TPU) unter Verwendung von CO2 als Treibmittel offenbart (siehe Seite/Folie 30), ist auch der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 aus den in Punkt 3. dargelegten Gründen nicht neu.
4.2 In Anspruch 1 von Hilfsantrag 2 wurde gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags das Merkmal hinzugefügt, wonach die Schritte a) bis c) in derselben ("einer") Apparatur auszuführen sind. Dabei ist Schritt c) lediglich optional (vgl. "c) gegebenenfalls..." auf Seite 1 des Anspruchssatzes). In D17 werden die Verfahrensschritte a) und b) an TPU-Partikeln jedoch ebenfalls in derselben Apparatur unter Verwendung von CO2 ausgeführt. Der Neuheitseinwand gegenüber dem Haupt- und ersten Hilfsantrag basierend auf D17 gilt daher in gleicher Weise. Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher ausweislich D17 ebenfalls nicht neu und erfüllt somit nicht die Erfordernisse von Artikel 54 (1) EPÜ.
4.3 Das in D17 offenbarte Verfahren beschreibt auch den zusätzlichen Verschweißungsschritt c) (siehe Punkt 4.3.2.1 der angefochtenen Entscheidung und Folie 4 der D17). Die TPU-Partikel werden in D17 auch mit CO2 als Treibmittel imprägniert und expandiert. Daher ist auch der Gegenstand von Anspruch 1 von Hilfsantrag 3, in dem der Verschweißungsschritt c) zwingend ist, die zusätzlichen Merkmale von Hilfsantrag 2 jedoch nicht enthalten sind (vgl. 4.2 oben), nicht neu gegenüber D17.
Hilfsantrag 4
5. Zulässigkeit
5.1 Hinsichtlich der Zulässigkeit von Hilfsantrag 4 sieht die Kammer keine Gründe, diesen seitens der Einspruchsabteilung als damaligen Hilfsantrag 1 in das Verfahren zugelassenen und als gewährbar erachteten Antrag vom Beschwerdeverfahren auszuschließen. Der Gegenstand von Hilfsantrag 4 lag bereits der angefochtenen Entscheidung (in Form des damaligen Hilfsantrags 1) zugrunde und wurde mit der Beschwerdebegründung erneut eingereicht. Das Vorbringen des Beteiligten ist somit diesbezüglich unverändert.
5.2 Das Argument der Einsprechenden, die Einreichung höherrangiger Anträge (hier der neuen Hilfsanträge 1 bis 3), welche ihrerseits divergent und unzulässig seien, führe dazu, dass auch Hilfsantrag 4 nicht zulässig sei, hält die Kammer für nicht überzeugend. Die in der angeführten Entscheidung T 2112/16 gegebene Konstellation weicht erheblich von derjenigen ab, welche dieser Entscheidung zugrunde liegt. Der Einschub eines neuen Hilfsantrags 1A vor u.a. die Hilfsanträge 2 und 3 nach Einreichung der Beschwerdebegründung wurde in T 2112/16 von der zuständigen Kammer im gegebenen Zusammenhang als Änderung gemäß Artikel 13 (1) VOBK 2020 behandelt. Im vorliegenden Fall hingegen wurden alle Hilfsanträge mit der Beschwerdebegründung eingereicht und der streitige Hilfsantrag 4 lag, wie erwähnt, bereits der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde.
5.3 Hilfsantrag 4 erfüllt das Erfordernis von Artikel 12 (2) VOBK 2020 und kann daher nicht als Änderung im Sinne von Artikel 12 (4) VOBK 2020 betrachtet werden. Der Kammer kommt nach diesen Bestimmungen daher kein Ermessen zu, den Antrag unberücksichtigt zu lassen.
6. Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)
6.1 Die Patentinhaberin beantragte, den Einwand der Einsprechenden gemäß Artikel 123 (2) EPÜ gegenüber dem Gegenstand von Anspruch 1 nicht im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen. Dieser Einwand wurde in dieser Form im Einspruchsverfahren nicht erhoben.
6.2 Unabhängig davon teilt die Kammer inhaltlich die Auffassung der Patentinhaberin, dass der Gegenstand von Anspruch 1 direkt und zweifelsfrei in der ursprünglichen Anmeldung offenbart ist, aus den im Folgenden angeführten Gründen. Daher kann die Frage der Zulassung des Einwands gemäß Artikel 12 (4) und (6) VOBK 2020 dahingestellt bleiben.
6.3 Ursprünglicher Anspruch 6 beinhaltet wörtlich das Merkmal "dadurch gekennzeichnet, dass der Imprägnierungsschritt a), der Expansionsschritt b) und der Verschweißungsschritt c) in einer Apparatur durchgeführt werden". Der Wortlaut drängt für sich betrachtet geradezu die Auslegung auf, dass alle Schritte a) bis c) auszuführen sind. Die Anpassung hieran in Anspruch 1 unter Streichung von "gegebenenfalls" im Zusammenhang mit Schritt c) wird daher nicht als Listenauswahl angesehen, geschweige denn als Auswahl aus einer Liste gewissen Umfangs im Sinne von T 12/81, sondern als Beschränkung auf die Ausführungsform, welche der Wortlaut von ursprünglichem Anspruch 6 bereits suggeriert. Dies ist auch evident im Lichte von ursprünglichem Anspruch 5, aufweisend die Alternative, dass Schritte a) und b) in einer Apparatur ausgeführt werden. Eine Auslegung, dass ebenfalls nur Schritte a) und b) in Anspruch 6 in einer Apparatur ausgeführt würden, würde dazu führen, dass Anspruch 6 gegenüber ursprünglichem Anspruch 5 keine weitere Einschränkung aufwiese. In gleicher Weise offenbart bereits der erste Absatz auf Seite 5 der Beschreibung (A1-Veröffentlichung der Anmeldung) den Vorteil des beschriebenen Verfahrens, Imprägnierung, Expansion und die Verschweißung in nur einer Apparatur durchführen zu können.
6.4 Derselbe Absatz auf Seite 5 führt auf, dass ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens darin besteht, dass auf die Verwendung von organischem Treibmittel verzichtet werden kann. In diesem Zusammenhang wird die ausschließliche Verwendung von CO2 und/oder N2 als Treibmittel auf Seite 6, Zeilen 17 bis 18 der ursprünglichen Beschreibung als besonders bevorzugt erwähnt und dies in Zeilen 20 bis 22 wiederholt. Die Auslassung des Wortes "nur" (vgl. Seite 6, Zeile 17 der ursprünglich eingereichten Beschreibung) in Anspruch 1 erzeugt hierbei keine Aufweitung des offenbarten Gegenstands, da von dem Begriff "Treibmittel" nur Substanzen umfasst sind, welche auch als Treibmittel fungieren. Auch die Beispiele der Anmeldung stützen die ausschließliche Verwendung dieser Substanzen als Treibmittel sowie die in Anspruch 1 eingegrenzten Polymerklassen. Ursprünglicher Anspruch 13 ist auf ursprüngliche Ansprüche 2 und 6 rückbezogen und weist ebenfalls den Einsatz von CO2 und/oder N2 als physikalischem Treibmittel aus.
6.5 Anspruch 6 wiederum ist auf ursprünglichen Anspruch 2 rückbezogen, aus welchem lediglich ein einziges Listenmitglied der Polymerklassen, welche in den Beispielen des Patents eingesetzt werden, gestrichen wurde. Eine spezifische Ausführungsform wird hierdurch nicht individualisiert.
6.6 Aus diesen Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass die ursprüngliche Anmeldung einen Hinweis auf die Merkmalskombination von Anspruch 1 aufweist. Dass, wie von der Einsprechenden angeführt, kein Beispiel des Patents die Ausführung der Schritte a) bis c) in einer Apparatur beschreibt, steht dieser Schlussfolgerung im Lichte von ursprünglichem Anspruch 6 und dem oben Gesagten nicht entgegen. Anspruch 1 erfüllt daher die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ.
7. Auslegung von Anspruch 1
7.1 Nach Ansicht der Kammer ist die Wortfolge "in einer Apparatur" in Anspruch 1 eindeutig so zu verstehen, dass alle Schritte a) bis c) in ein und derselben Apparatur durchzuführen sind. Eine andersgeartete Interpretation unter der Annahme, dass jeder dieser Schritte schlicht in einer (beliebigen) Apparatur durchzuführen ist, überzeugt nicht, da die Fachperson ohnehin weiß, dass jeder der Schritte a) bis c) zwingend in einer Apparatur auszuführen ist. Demnach käme diesem Anspruchsmerkmal bei einer solchen Auslegung keinerlei sinnvolle Bedeutung zu. In diesem Lichte kann die Kammer auch nicht erkennen, dass das einzige einen Verfahrensschritt c) beinhaltende Beispiel (Beispiel 10) dazu Anlass geben würde, den sinnvoll ausgelegten Anspruch "umzuinterpretieren", damit Beispiel 10 in den Bereich von Anspruch 1 fällt. Die Argumentationslinie der Einsprechenden erscheint der Kammer auch diesbezüglich nicht schlüssig.
7.2 Dieser Schlussfolgerung steht auch nicht das in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgebrachte Argument der Einsprechenden entgegen, dass ursprüngliche Ansprüche 9 und 10 die Möglichkeit der Ausführung des Verfahrens in zwei Apparaturen explizit erwähnen würden. Ansprüche 9 und 10 wie eingereicht würden jedoch auf Anspruch 8 verweisen und dieser wiederum auf Anspruch 6 wie eingereicht. Somit sei es plausibel, dass in Anspruch 6 jeder Schritt in einer anderen Apparatur ausgeführt werden könne. Andernfalls könne Anspruch 6 im Widerspruch zu Ansprüchen 8 bis 10 stehen.
7.3 Zunächst erscheint der Kammer methodisch fragwürdig, zur Interpretation des Anspruchsgegenstands des vorliegenden Anspruchs 1 auf das Anspruchsgefüge der ursprünglichen Ansprüche zurückzugreifen, anstatt den Wortlaut der vorliegenden Ansprüche von Hilfsantrag 4 zu interpretieren. Dieser ist nach Ansicht der Kammer aus den unter Punkt 7.1 genannten Gründen eindeutig und steht auch nicht im Widerspruch zur angepassten Beschreibung (siehe auch Punkt 11.3.1 unten). Aus diesen Gründen folgt die Kammer nicht der diesbezüglichen Interpretation von Anspruch 1 seitens der Einsprechenden.
8. Klarheit der Ansprüche
Im Zusammenhang mit der Beschränkung des Treibmittels in Anspruch 1 begründete die Einsprechende einen Klarheitseinwand mit der Auslassung der Wortes "nur" aus folgendem Satz (siehe Seite 6, Zeilen 17 bis 18 der Beschreibung): "Insbesondere ist bevorzugt, dass das Treibmittel nur CO2, N2 oder eine Mischung aus diesen beiden Gasen und kein weiteres Treibmittel enthält." Der Gegenstand von Anspruch 1 wird dadurch jedoch nicht unklar. Ein Treibmittel ist ein Treibmittel und kein Additiv, welches diese Funktion nicht innehat. Weitere Treibmittel außer den genannten können in Anspruch 1 in den genannten Schritten nicht zugegen sein. Somit stellt sich die Frage, ob solche Additive im Treibmittel zugegen sein können oder nicht, dem verständigen Fachmann nicht. Der erste Teil des beanstandeten Merkmals ergibt sich zudem wörtlich aus erteiltem Anspruch 12 und steht der Prüfung auf die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ nicht offen (G 3/14). Weitere etwaige Klarheitsprobleme in den Ansprüchen, welche auf den getätigten Änderungen beruhen könnten, sieht die Kammer nicht. Daher erfüllt der Gegenstand von Anspruch 1 auch die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ.
9. Ausreichende Offenbarung
9.1 Durch die Beschränkung auf CO2 und N2 als Treibmittel greifen die unter Punkt 4.2.1 der angefochtenen Entscheidung angestellten Überlegungen, dass in Absätzen [0025-0030] des Streitpatents geeignete Verfahrensparameter zur Ausführung des beanspruchten Verfahrens nach Anspruch 1 beschrieben werden.
9.2 Die Kammer merkt an, dass die einzusetzenden Treibmittel in Anspruch 1 ausgewiesen sind durch ihre stofflichen Eigenschaften. Im Lichte der Beschreibung des Patents, insbesondere der Beispiele, ergibt sich klar, dass die (unter Normalbedingungen gasförmigen) Substanzen N2 und CO2 auch in überkritischer Phase eingesetzt werden können und auch in dieser Form als "gasförmiges Medium" im Sinne des Patents zu verstehen sind, um das beanspruchte Verfahren auszuführen. Das Patent wendet sich an den verständigen Fachmann, welcher unter Anwendung seines allgemeinen Fachwissens N2 und/oder CO2 in den thermoplastischen Elastomerpartikeln im Imprägnierschritt a) zu lösen hat, also Bedingungen zu wählen hat, welche zur Imprägnierung führen. Der Kammer ist aus diesen Gründen nicht eingängig, dass sich aus diesen Aspekten ein Mangel an ausreichender Offenbarung des Anspruchsgegenstands im Patent ergeben könnte, der aus dem Merkmal "gasförmiges Medium", unter Berücksichtigung der erfolgten Eingrenzung des Treibmittels auf N2 und/oder CO2 in Anspruch 1, erwachsen könnte.
Somit gibt dieses Merkmal nach Ansicht der Kammer nicht Anlass zu einem Einwand unter Artikel 83 EPÜ.
9.3 Hinsichtlich des Einwands, dass die Beispiele die Glasübergangstemperaturen und Schmelzpunkte der verwendeten Polymeren nicht ausweisen und das Polymer in Beispiel 7 oberhalb seines Schmelzpunkts imprägniert werde, ist die Kammer der Meinung, dass dieser Einwand unter den Erfordernissen von Artikel 84 EPÜ zu subsumieren wäre. Die diesbezüglichen Merkmale waren jedoch schon in den erteilten Ansprüchen enthalten. Daher kann sich die Einsprechende auf die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ in Bezug auf besagten Einwand nicht berufen (G 3/14). Im Übrigen scheint dieser Einwand die Ausführbarkeit des Verfahrens zu stützen, da das Beispiel 7 zeigt, dass auch oberhalb der Temperaturgrenze "TS-5" gearbeitet werden kann. Zudem ist die Anwesenheit von Ausführungsbeispielen (geschweige denn über die gesamte Breite der beanspruchten Erfindung) per se kein notwendiges Kriterium für die Ausführbarkeit einer Erfindung. Die relevanten Kenndaten der in den Beispielen des Patents eingesetzten Polymere sind zudem literaturbekannt.
9.4 Die Tatsache, dass die Einsprechende innerhalb der im Streitpatent angegebenen Bedingungen für das Verfahren keine stabilen expandierten Elastomerpartikel für Polyetheramide erhalten hat, steht der Ausführbarkeit des beanspruchten Gegenstands nicht entgegen. Anspruch 1 muss nicht in jeder Kombination der Anspruchsmerkmale ausführbar sein, und die in Beispiel 7 angewandten Bedingungen als Ausgangspunkt für die Ausführung der Erfindung unterscheiden sich signifikant von denjenigen der in ihrer Einspruchsschrift beschriebenen Gegenbeispiele der Einsprechenden.
Ausgehend von den Beispielen des Patents als Ausgangspunkt für die Variation der Verfahrensparameter, den Hinweisen in Absätzen [0019,0025-0031] und allgemeinem Fachwissen kann ein Fachmann durch Variation der Verfahrensparameter weitere Ausführungsformen des beanspruchten Verfahrens, ohne unzumutbaren Aufwand betreiben zu müssen, innerhalb des Verfügungsrahmens von Anspruch 1 erhalten. Solche Variationen der Beispiele als Ausgangspunkt könnten Druck- und Temperaturänderungen sowie die Imprägnierungsdauer zum Inhalt haben. Die Kammer folgt den diesbezüglichen Überlegungen im ersten Absatz auf Seite 10 der angefochtenen Entscheidung. Das Argument der Einsprechenden, es gebe zu viele Variablen, welche eingestellt werden müssten, ist nicht überzeugend. Schließlich müssten diese Variablen, ausgehend von den Beispielen, nicht gleichzeitig variiert werden.
Auch im Stand der Technik wurden Imprägnierungen von thermoplastischen Elastomeren bei deutlich tieferen Temperaturen als in den Beispielen des Patents erfolgreich durchgeführt (siehe D6). Somit gibt es keinen Beleg, dass das beanspruchte Verfahren nicht über die gesamte Breite von Anspruch 1 ausführbar ist, ohne unzumutbaren Aufwand betreiben zu müssen.
Die Kammer sieht diesbezüglich aus diesen Gründen auch keine Umkehr der Beweislast, wie sie die Einsprechende mit Verweis auf das Scheitern ihrer Versuche zur Herstellung expandierter Elastomerpartikel für Polyetheramide gesehen hat.
9.5 Das Streitpatent offenbart in Absatz [0019], dass die Elastomerpartikel vor dem Imprägnierungsschritt in geeigneten Formen im Druckbehälter platziert werden können.
Ferner beschreibt Beispiel 10 die Expansion von imprägnierten Polymerpartikeln in einer perforierten Form, welche in einem Druckreaktor platziert ist. Unter den angegebenen Bedingungen verschweißen die Partikel. Die Platzierung der Form in einem geeigneten Druckreaktor würde glaubhaft die Ausführung aller Verfahrensschritte a) bis c) in einer Apparatur ermöglichen. Die Kammer folgt diesbezüglich wiederum der Einschätzung der Einspruchsabteilung unter Punkt 4.2.2 ihrer Entscheidung.
9.6 Somit ist die Kammer der Ansicht, dass die genannten Argumente keinen Anlass zu unzureichender Offenbarung des Gegenstands von Anspruch 1 im Streitpatent geben. Er erfüllt somit die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ.
10. Neuheit
D7 und D17 wurden seitens der Einsprechenden gegen die Neuheit von Anspruch 1 angeführt. In Anbetracht der Anspruchsinterpretation wie dargelegt in Punkt 7 folgt, dass weder D7 noch D17 die Ausführung eines Verfahrens gemäß Anspruch 1, ausgeführt mit Schritten a) bis c) in einer (derselben) Apparatur offenbaren. Der Gegenstand von Anspruch 1 ist daher, wie von der Einspruchsabteilung zurecht festgestellt, neu gegenüber dem herangezogenen Stand der Technik und erfüllt somit die Erfordernisse von Artikel 54 (1) EPÜ. Gleiches gilt für die (von Anspruch 1 abhängigen) übrigen Ansprüche.
11. Erfinderische Tätigkeit
11.1 Zulässigkeit des Einwands ausgehend von D2, D3, D5, D6 und D17 als nächstliegendem Stand der Technik
11.1.1 Eine Argumentationslinie hinsichtlich mangelnder erfinderischer Tätigkeit ausgehend von D17 liegt der angefochtenen Entscheidung nicht zugrunde. Dokument D17 wurde seitens der Einsprechenden 2 im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht als nächstliegender Stand der Technik für einen Einwand gegen Anspruch 6 wie erteilt herangezogen. Dessen Gegenstand entspricht in weiten Teilen dem Gegenstand von Anspruch 1 von Hilfsantrag 4 (welcher von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachtet wurde). Daher ist der neue Einwand ausgehend von D17 gegenüber Anspruch 1 als Änderung im Sinne von Artikel 12 (4) VOBK 2020 anzusehen.
11.1.2 Der vormalige Hilfsantrag 1 wurde erst in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht. Jedoch ist der Gegenstand des vormaligen Hilfsantrags 18 (eingereicht am 18. Dezember 2019) von demjenigen des vormaligen Hilfsantrags 1 (entspricht Hilfsantrag 4 im Beschwerdeverfahren), welcher von der Einspruchsabteilung als gewährbar angesehen wurde, umfasst. Das Dokument D17 ist ebenso wie der Gegenstand des vormaligen Hilfsantrags 18 auf thermoplastische Polyurethane als Matrixpolymere gerichtet. Somit hätte der Einwand ausgehend von D17 gegenüber Anspruch 1, der der angefochtenen Entscheidung nicht zugrunde liegt, bereits vor der Einspruchsabteilung vorgetragen werden können und sollen, ggf. unter Beantragung einer Unterbrechung der Verhandlung vor der Einspruchsabteilung. Auch wurde bereits in der vorläufigen Meinung der Einspruchsabteilung darauf hingewiesen, dass keins der gegen die Neuheit angeführten Dokumente ein Verfahren mit Schritten a) bis c) in einer Apparatur offenbare. Hierauf hatte die Patentinhaberin u.a. mit Einreichung von (damaligem) Hilfsantrag 18 reagiert. Dass dieser Antrag am letzten Tag des nach Regel 116 EPÜ gesetzten Zeitpunkts eingereicht wurde, ändert nichts an dem Umstand, dass die Einsprechenden mehrere Wochen Zeit hatten, sich mit diesem Antrag zu befassen und diesbezügliche Angriffe vorzubereiten. Somit ist die Behauptung der Einsprechenden, dass sie nicht angemessen auf die Einreichung von Hilfsantrag 1 in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung reagieren konnte, nach Ansicht der Kammer unzutreffend. Die Lage hat sich diesbezüglich zudem im Beschwerdeverfahren nicht geändert.
11.1.3 Da der neue Vortrag eine neue Angriffslinie begründet, welche nicht im erstinstanzlichen Verfahren abgehandelt wurde, wäre die Zulassung dieses neuen Angriffs ausgehend von D17 auch dem Gebot der Verfahrensökonomie zuwidergelaufen. Die Kammer ließ diesen Einwand daher nicht in das Beschwerdeverfahren zu (Artikel 12 (6) VOBK 2020).
11.1.4 Die Angriffe gegen die erfinderische Tätigkeit auf den Gegenstand von Hilfsantrag 4 ausgehend von D2, D3, D5 oder D6 als nächstliegendem Stand der Technik, gleichfalls die Expansion von TPU offenbarend, waren ebenfalls nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens und sind somit ebenfalls als Änderung im Sinne von Artikel 12 (4) VOBK 2020 anzusehen. Weitere, für die Frage der Zulässigkeit von D2, D3, D5 oder D6 als etwaigem nächstliegenden Stand der Technik spezifisch geltende Argumente seitens der Einsprechenden sieht die Kammer nicht. Es gilt daher in gleicher Weise entsprechend das zur Zulässigkeit von D17 als nächstliegendem Stand der Technik Gesagte.
11.1.5 Daher berücksichtigte die Kammer nur Dokument D7 in der mündlichen Verhandlung als nächstliegenden Stand der Technik für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Hilfsantrag 4 und ließ alle übrigen, alternativen Angriffe nicht zu (Artikel 12 (4) und (6) VOBK 2020).
11.2 Nächstliegender Stand der Technik
Die Kammer folgt der Einsprechenden und der Einspruchsabteilung dahingehend, dass das Dokument D7 als ein möglicher nächstliegender Stand der Technik für den Gegenstand von Anspruch 1 angesehen werden kann. Es ist ebenfalls gerichtet auf die Bereitstellung von expandierten thermoplastischen Elastomerpartikeln aus beispielsweise TPU-Partikeln unter Verwendung eines Treibmittels sowie die Verschweißung der expandierten Partikel.
11.3 Unterscheidende Merkmale
11.3.1 Nach Absatz [0021] der angepassten Beschreibung des Patents werden Imprägnierung, Expansion und Verschweißung in nur einer Apparatur ausgeführt. Somit stützt die Beschreibung die obige Auslegung von Anspruch 1.
11.3.2 Ausgehend von Beispiel 9 der D7 (Bezugnahme auf die Übersetzung ins Englische) wäre somit das unterscheidende Merkmal in der Verwendung einer einzigen Apparatur für die Ausführung der Schritte a) bis c) anstatt vier Apparaturen (bzw. drei bei zweifacher Verwendung desselben 2-Liter-Autoklaven, der dann aber auch zweimal mit den Polymerpartikeln zu beladen wäre) zu sehen. D7 beschreibt in Beispiel 9 in der Metallform nur eine Sekundärexpansion beim gleichzeitigen Verschweißungsschritt.
11.4 Aufgabe
11.4.1 Die objektiv zu lösende Aufgabe ist somit in einem vereinfachten Verfahren zur Herstellung von Formteilen aus expandierten thermoplastischen Elastomeren zu sehen. Diese Einschätzung würde sich nicht ändern, wenn die Sekundärimprägnierung in Beispiel 9 der D7 als Schritt a) gemäß Anspruch 1 angesehen würde (wie dies die Einsprechende vertritt). In jedem Fall wäre das Verfahren apparativ vereinfacht durch Ausführung der Schritte a) bis c) in einer (derselben) Apparatur. Dass diese Vereinfachung hinsichtlich anderer Aspekte, wie von der Einsprechenden geltend gemacht, andere Nachteile haben kann (wie geringere realisierbare Produktionsmengen und höhere Produktionskosten), steht dem nicht entgegen.
11.4.2 Die Kammer hat ihrerseits, auch in Ermangelung entsprechender Nachweise, keinen Grund zur Annahme, dass diese Aufgabe nicht glaubhaft über die gesamte Breite durch den Gegenstand von Anspruch 1 gelöst worden wäre.
11.5 Naheliegen
11.5.1 Vor diese Aufgabe gestellt wäre ein Fachmann ausgehend von der Lehre der D7 realistischer Weise nicht veranlasst gewesen, Imprägnierung, Expansionsschritt und Verschweißungs-/Formgebungsschritt in einer einzigen Apparatur auszuführen: Die apparativen Gegebenheiten in Beispiel 9 der D7 legen dies nicht nahe. Unter anderem scheint die Metallform aufweisend ein Loch für Wasserdampf, wie verwendet im letzten Abschnitt (Schäumung mit Wasserdampf) des Verfahrens in Beispiel 9, gar nicht für einen Imprägnierschritt mit Stickstoff und/oder Kohlendioxid geeignet zu sein und enthält jedenfalls keine Lehre zu einer Substitution oder Ergänzung zur Ausführung eines Imprägnierungsschritts mit CO2 und/oder N2. Auch die Integration dieser gemäß D7 unter Zuführung von Wasserdampf verwendeten Metallform, aufweisend ein Loch für die Dampfzuführung, in den in den Imprägnierungsschritten verwendeten Autoklaven erscheint der Kammer daher nicht naheliegend. In diesem Zusammenhang hatte die Einsprechende angeführt, dass die besagte Metallform in D7 bereits für den vorangehenden Imprägnierungsschritt verwendet werden könne, indem man sie in den Autoklaven einsetzen würde.
11.5.2 Die Einsprechende führte hierzu in der mündlichen Verhandlung an, dass die Kammer keine Belege für diese Einschätzung mangelnder Eignung der Metallform von Beispiel 9 der D7 für den Imprägnierungsschritt mit Kohlendioxid und/oder Stickstoff vorgebracht habe.
11.5.3 Hierzu ist anzumerken, dass nach ständiger Rechtsprechung die Substantiierung eines Einwands oder einer Tatsachenbehauptung (hier mangelnde erfinderische Tätigkeit) zunächst der Partei obliegt, die diese zu ihren Gunsten vorbringt (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, III.G.5.1.1). Im Einspruchsverfahren ist es Sache des Einsprechenden, die nach Artikel 100 EPÜ geltend gemachten Einwände zu belegen. Im gegebenen Fall wurde der vierte Hilfsantrag erstinstanzlich als gewährbar erachtet. Das anschließende Beschwerdeverfahren führt somit nicht dazu, dass sich die Beweislast automatisch zulasten des Patentinhabers umkehrt (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, III.G.5.2.1, vierter Absatz). Ferner ergibt sich das Substantiierungserfordernis der Beschwerde (hier gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung) zunächst auch aus Artikel 12 (3) VOBK 2020. Die Kammer hat ferner die besagte Einschätzung bereits in ihrer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 kundgetan. Somit hätte die Präzisierung und Substantiierung ihrer Argumentation diesbezüglich der Einsprechenden oblegen, um eine lückenlose logische Kette hinsichtlich des Naheliegens des Gegenstands von Anspruch 1 vorzubringen, inklusive der Ausführung von Schritten a) bis c) in derselben Apparatur ausgehend von D7. Dies unterblieb jedoch.
11.5.4 Aus den in Punkt 11.5.1 angeführten Gründen wäre ausgehend von Beispiel 9 der D7 keine realistische Veranlassung für einen Fachmann gegeben gewesen, Sekundärinformationen hinzuzuziehen, um das beschriebene Verfahren in eine Richtung abzuändern, welche zum Gegenstand von Anspruch 1 führen könnte.
11.5.5 Selbst wenn man, wie von der Einsprechenden angeführt, Dokumente D2, D3, D5, D6, D8, D17 oder D46 als Sekundärinformationsquellen hinzugezogen hätte, so wäre nach einer ersten Abänderung das Verfahren nochmals zu modifizieren: Im abgewandelten Beispiel wäre nach der dann implementierten Imprägnierung, entsprechend Schritt a) von Anspruch 1, und Primärexpansion in derselben Apparatur (wie in Dokument D5) noch die in unterschiedlichen Apparaturen durchgeführte sekundäre Imprägnierung und sekundäre Expansion unter Verschweißung zu modifizieren. Diese Folgemodifikation würde die Ersetzung der entsprechenden Apparaturen durch dieselbe Apparatur wie verwendet im ersten Imprägnierungs- und Primärexpansionsschritt beinhalten. Eine solche Kette von Abänderungen wäre somit von einem Fachmann ausgehend von D7 nicht realistisch in Betracht gezogen worden und würde ein gänzlich anderes Schäumungs- und Formgebungsverfahren zum Inhalt haben.
11.5.6 Diesbezüglich beschreiben von diesen Dokumenten (außer D7) lediglich D8 sowie D17 einen Verschweißungsschritt c).
Dieser wird jedoch in D17, genauso wie in D7, mit einer Wasserdampfpresse/-kammer ausgeführt. Somit geht die Lehre von D17 diesbezüglich nicht über diejenige von D7 hinaus. Auch D17 hätte somit nicht dazu Anlass gegeben, die Verschweißung in einer Wasserdampfpresse/-kammer in den für die Ausgestaltung der Schritte a) und b) benutzten Druckreaktor zu verlegen.
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer stellte die Einsprechende ferner auf Dokument D8 als Beleg ab, dass die Ausführung der Schritte a) bis c) in einer Apparatur zum Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ gehört habe. D8 beschreibt im von der Einsprechenden herangezogenen Beispiel 5 die Ausführung der Schritte a) und b) gemäß Anspruch 1, d.h. die Imprägnierung mit Stickstoff und Expansion von TPU-Partikeln in derselben Apparatur, ausgewiesen in Abbildung 1. Ebenso weist, wie von der Einsprechenden erstmalig in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, Absatz [0032] der D8 (Bezugnahme auf die Übersetzung ins Englische) ergänzend auf die Möglichkeit hin, in derselben Form auch die Verschweißung der (expandierten) Polymerpartikel zur Formteilen durchzuführen. Jedoch sind die jeweiligen in D7 und D8 eingesetzten Apparaturen, wie von der Patentinhaberin richtig angeführt, unterschiedlich. Um ausgehend von D7 zum Gegenstand von Anspruch 1 zu gelangen, wäre es daher nötig, die komplette apparative Ausgestaltung von Beispiel 9 (inklusive der Form mit Wasserdampfzuleitung) zu ändern und gänzlich durch die in Beispiel 5 eingesetzte und Abbildung 1 der D8 beschriebene Apparatur, aufweisend u.a. eine Hochdruckgaszuführung (für Stickstoff, Kohlendioxid, Butan oder Pentan), zu ersetzen. Dies liefe nach Ansicht der Kammer der Lehre der D7 zuwider und erscheint ausgehend vom Rahmen dieses Dokuments unrealistisch und unmotiviert.
11.5.7 Die Kammer ist der Ansicht, dass Schritt b) von Anspruch 1 nicht als Sekundärexpansion angesehen werden kann. Nach Ansicht der Kammer schließt der Wortlaut von Anspruch 1 einen Schritt a) vorgelagerten primären Expansionsschritt aus. Selbst wenn man sich jedoch die Argumentation der Einsprechenden zu eigen machte, dass Schritt a) in Anspruch 1 anspruchsgemäß mit vorexpandierten Elastomerpartikeln ausgeführt werden könne, so würde dies die Schlussfolgerung fehlenden Naheliegens aus den unter Punkt 11.5.1 genannten Gründen nicht ändern.
11.5.8 Daher beruht der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von D7 auf erfinderischer Tätigkeit und erfüllt die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ. Die abhängigen Ansprüche weisen ebenfalls die auf erfinderischer Tätigkeit beruhende Merkmalskombination von Anspruch 1 auf.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.