T 0685/21 (Schlauchleitung/Veritas) 05-12-2023
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SCHLAUCHLEITUNG FÜR EIN FLUID UND VERFAHREN ZUM HERSTELLEN EINER SOLCHEN SCHLAUCHLEITUNG
Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Alternative
Änderung nach Ladung - berücksichtigt (ja)
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin (nachfolgend: der Beschwerdeführerin) richtete sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 3 205 493 zu widerrufen.
II. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Beschwerdeführerin einen Hauptantrag und 24 Hilfsanträge ein.
III. Die Ansprüche 1 und 3 von Hilfsantrag 21 haben den folgenden Wortlaut:
"1. Schlauchleitung (100, 200) für ein Fluid, mit einer Trägerschicht (101), einer ersten Sperrschicht (103), die ausgebildet ist, die Diffusion des Fluids zu verhindern, einer zweiten Sperrschicht (105), wobei die erste Sperrschicht (103) auf der Innenseite (107) der Schlauchleitung (100, 200) angeordnet ist und die zweite Sperrschicht (105) zwischen der ersten Sperrschicht (103) und der Trägerschicht (101) angeordnet ist, wobei eine der Sperrschichten (103, 105) überwiegend aus thermoplastischem Fluorelastomer-Vulkanisat und die andere Sperrschicht (103, 105) überwiegend aus einem Fluorelastomer oder aus Fluorkautschuk besteht, und wobei die Schlauchleitung (200) ferner einen elektrisch leitfähigen Streifen (201) zum Ableiten elektrischer Ladung aufweist, der auf der Innenseite (107) der Schlauchleitung (200) angeordnet ist, wobei die Schlauchleitung (200) eine erste Trägerschicht (203) sowie eine zweite Trägerschicht (205) aufweist, die relativ zur ersten Trägerschicht (203) im Inneren der Schlauchleitung (200) angeordnet ist, sowie eine Zwischenschicht (207), die zwischen der ersten Trägerschicht (203) und der zweiten Trägerschicht (205) angeordnet ist, wobei die Zwischenschicht (207) als textiler Druckträger ausgebildet ist und p-Aramid-, POD-, Polyamid- und/oder PET-Fasern umfasst, wobei der textile Druckträger geflochten, spiralisiert oder gestrickt ist, wobei die Sperrschicht (103, 105) aus Fluorelastomer-Vulkanisat auf der Innenseite (107) der Schlauchleitung (200) angeordnet ist und damit die erste Sperrschicht (103) bildet und die Sperrschicht (103, 105) aus Fluorelastomer oder Fluorkautschuk zu der Sperrschicht
(103, 105) aus Fluorelastomer-Vulkanisat benachbart angeordnet ist und damit die zweite Sperrschicht (105) bildet und wobei die zweite Sperrschicht (105) durch Vulkanisation ein Haftsystem zwischen der ersten Sperrschicht (103) und einer der zweiten Sperrschicht (105) benachbarten Trägerschicht (101, 205) aus Epichlorhydrin-Elastomer, Acrylat-Elastomer oder Ethylenacrylat-Elastomer bildet."
"3. Schlauchleitung (100, 200) nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei eine Trägerschicht (101, 203, 205) ein Epichlorhydrin-Elastomer, ein Acrylat-Elastomer oder ein Ethylenacrylat-Elastomer enthält."
IV. Mit der Beschwerdeerwiderung brachte die Einsprechende und Beschwerdegegnerin unter anderem Einwände gegen Hilfsantrag 21 vor. Dieser Antrag sei erstmalig mit der Beschwerdebegründung vorgelegt worden und damit verspätet. Zudem sei der Anspruchssatz unklar, weil Anspruch 3 breiter sei als Anspruch 1 und auch die Bezugszeichen der Trägerschichten in Anspruch 1 seien widersprüchlich. Beide Mängel seien im erteilten Anspruchssatz nicht vorhanden gewesen, so dass sie im Einspruchs-Beschwerdeverfahren geprüft werden könnten. Ferner sei der Gegenstand von Anspruch 1 nicht erfinderisch ausgehend von D10 (WO 99/61227 A1) in Kombination mit der Lehre von D1 (DE 10 2014 103 479 A1) oder D9 (US 5,170,011 A).
V. Nach dem Erhalt der vorläufigen Meinung der Kammer reichte die Beschwerdegegnerin einen Schriftsatz ein, in dem in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit ausgehend aus D10 das Dokument D6 (US 2004/0142135 A1) und außerdem erstmalig das Dokument US 7,478,653 B2 (im Folgenden D14) erwähnt werden.
VI. Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2023 reichte die Beschwerdeführerin unter anderem den neuen Hilfsantrag 21-2 ein, der bis auf die Streichung von Anspruch 3 und der entsprechende Umnummerierung der nachfolgenden Ansprüche Hilfsantrag 21 entspricht. Ferner beantragte sie die Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie für den Fall, dass die Kammer am vollumfänglichen Widerruf des Patents festhalte, die Vorlage zweier Fragen an die Große Beschwerdekammer.
VII. In der am 5. Dezember 2023 abgehaltenen Verhandlung nahm die Beschwerdeführerin alle höherrangigen Anträge zurück und machte Hilfsantrag 21-2 zum neuen Hauptantrag. Die Anträge auf Rückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung sowie die Anträge zweier Vorlagen an die Große Beschwerdekammer wurden ebenfalls zurückgenommen.
VIII. Die abschließenden Anträge der Parteien waren wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Form auf Basis des Hilfsantrags 21-2, hilfsweise auf Basis eines der Hilfsanträge 22, 22-2, 23, 23-2, 24, 24-2, 1-11, 16, 16-2 oder 17-20.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
1. Hilfsantrag 21-2
1.1 Die Kammer ist aus den folgenden Gründen zu dem Schluss gelangt, den Antrag zum Verfahren zuzulassen (Artikel 13(1) und 13(2) VOBK). Der Antrag ist bis auf die Streichung von Anspruch 3 identisch mit dem erstmalig mit der Beschwerdebegründung vorgelegten und in der mündlichen Verhandlung zurückgenommenen Hilfsantrag 21. Zu diesem hatte die Kammer, was die Zulassung ins Verfahren unter Artikel 12(4) VOBK 2020 und die erfinderische Tätigkeit angeht, eine positive Stellungnahme abgegeben, aber einen Einwand der Beschwerdegegnerin unter Artikel 84 EPÜ gegen Anspruch 3 aufgegriffen. Dieser wird durch die Streichung des Anspruchs ausgeräumt, ohne dass die Änderung zu neuen Einwänden Anlass gibt. Die Zulassung des Antrags dient auch der Verfahrensökonomie, weil dadurch zumindest die Beschäftigung mit den nachrangigen Hilfsanträgen 11 und 15-20, die alle der Entscheidung zugrunde liegen und die sich somit im Verfahren befinden, entfällt. Zudem war in der Vorinstanz der Patentinhaberin verwehrt worden, einen weiteren Antrag zur Beseitigung der gegen den in der mündliche Verhandlung vorgelegten bisherigen Hilfsantrag 21 vorgebrachten Einwände einzureichen. Daher konnte der Antrag erst in Beschwerdeverfahren gestellt werden.
1.1.1 Die Beschwerdegegnerin hat korrekterweise vorgebracht, dass Hilfsantrag 21-2 bereits vor dem Erhalt der Ladung bzw. der vorläufigen Meinung der Kammer hätte eingereicht werden können. Zudem lägen keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne von Artikel 13(2) VOBK vor, die eine Zulassung des Antrags rechtfertigen würden.
1.1.2 Die Kammer folgt in dieser Hinsicht jedoch Entscheidung T 2295/19, die in einem sehr ähnlichen gelagertem Fall einen Antrag, in dem ebenfalls lediglich Ansprüche gestrichen wurden, zugelassen hatte. Zur Begründung führte die Kammer unter anderem unter Punkt 3.4.13 und 3.4.14 folgendes aus:
"3.4.13 Festzuhalten ist demnach, dass die Befugnis der Nichtberücksichtigung von spätem Vorbringen im Rahmen des EPÜ keinen verfahrensrechtlichen Selbstzweck darstellt. Sofern eine Beeinträchtigung der vorgenannten Grundsätze nicht zu befürchten ist, besteht nach Auffassung der Kammer somit auch kein Grund, in einem späten Verfahrensstadium eingereichte Anträge, die die Aufrechterhaltung eines Patents in einer bestimmten Fassung zum Gegenstand haben, nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu auch T 339/19, Nr. 1.3.3 und 1.5 der Gründe).
3.4.14 Für die Frage der Berücksichtigung des Hilfsantrags 5 im vorliegenden Verfahren folgt daraus: Da sich der Hilfsantrag 5 vom Hauptantrag nur dadurch unterscheidet, dass die Stoffansprüche gestrichen wurden, und die verbleibenden Verfahrensansprüche von den Parteien in ihren Schriftsätzen bereits eingehend erörtert wurden, sodass weder eine Änderung des faktischen oder rechtlichen Rahmens des Verfahrens, noch die Notwendigkeit einer Neugewichtung des Verfahrensgegenstandes vorlagen und einer Entscheidung im Rahmen der mündlichen Verhandlung nichts entgegenstand, war weder eine Beeinträchtigung der Verfahrensökonomie noch eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens zu erwarten. Die Kammer übte ihr Ermessen unter Artikel 13 (2) VOBK 2020 daher dahingehend aus, den Hilfsantrag 5 im Verfahren zu berücksichtigen.".
1.1.3 Auch im vorliegendem Fall wurde Anspruch 1 und insbesondere die Frage seiner erfinderischen Tätigkeit ausführlich diskutiert. Die Streichung von Anspruch 3 hat hierauf keinen Einfluss, sondern räumt lediglich einen davon unabhängigen Einwand unter Artikel 84 EPÜ aus. Die Beschwerdegegnerin hat diesen letzten Punkt bestritten und vorgebracht, die Streichung von Anspruch 3 habe auch Auswirkungen auf die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 1, weil dieser nun enger ausgelegt werden müsse. Dieses Argument ist jedoch nicht überzeugend, denn unabhängig von der Frage, ob Anspruch 1 durch die Streichung von Anspruch 3 in der Tat enger ausgelegt werden muss, was die Kammer bezweifelt, hat die Beschwerdeführerin an keiner Stelle ihre Argumentation auf eine solche engere Auslegung gestützt. Vielmehr entspricht die Argumentation beider Parteien zu Hilfsantrag 21-2 derjenigen zu Hilfsantrag 21.
Die Kammer sieht daher nicht, dass der Beschwerdegegnerin dadurch, dass der Antrag nicht vor, sondern erst nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung eingereicht wurde, irgendwelche Nachteile erwachsen sind. Unter diesen Umständen hat die Kammer ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, den Antrag zum Verfahren zuzulassen (siehe auch T 1172/21, Punkt 2 der Gründe, und T 424/21, erster Leitsatz).
1.1.4 Zudem überwindet der Hilfsantrag 21-2 alle ausstehenden substantiellen Einwände (siehe unten), sodass er auch die Erfordernisse des Artikels 13(1) VOBK 2020 erfüllt.
1.2 Die Kammer ist nämlich insoweit zu dem Schluss gelangt, dass der Gegenstand von Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
1.2.1 Die Erfindung betrifft Schlauchleitungen für ein Fluid, insbesondere für Kraftstoffe (Absatz 0001, 0002).
1.2.2 Die D10 betrifft ebenfalls Kraftstoffleitungen (Seite 1, Zeile 4-11) und die Kammer geht zugunsten der Beschwerdegegnerin davon aus, dass dieses Dokument den nächstliegenden Stand der Technik darstellt.
1.2.3 Konkret offenbart D10 in der Figur 5 eine Schlauchleitung mit der folgenden Schichtenfolge (von innen nach außen): Elastische Schicht 12 / Sperrschicht 10 / elastische Schicht 14 / Verstärkungelement 16 / Deckschicht 18. Die innerste Schicht 12 kann dabei ein leitfähiges Fluorelastomer sein (Seite 10, Zeile 7-8). Dies wird auf Seite 12, Zeile 13-24 spezifisch für die in Figur 5 gezeigte Ausführungsform bestätigt. Auf Anspruch 1 von Hilfsantrag 12 gelesen entspricht diese Schicht bis auf ihre Position der zweiten Sperrschicht, die ebenfalls aus Fluorelastomer bestehen kann. Die Tatsache, dass Schicht 12 in D10 nicht als Sperrschicht bezeichnet wird, ist hierbei irrelevant, denn sie besteht aus dem gleichen Material wie eine der Sperrschichten gemäß Anspruch 1, so dass sie inhärent über gewisse Sperreigenschaften verfügen muss. Die sich anschließende Sperrschicht 10 enthält eine vulkanisierte Mischung aus einem Fluorelastomer und einem thermoplastischen Fluorpolymer (Seite 2, Zeile 11-13, Seite 5, Zeile 25-27, Seite 10, Zeile 10-19, Seite 9, Zeile 21-24). Diese Schicht entspricht bis auf ihre Position der ersten Sperrschicht nach Anspruch 1. Die nächstliegende Elastomerschicht 14 enthält ein Elastomer, zum Beispiel ein Epichlorhydrin-Elastomer (Seite 10, Zeile 11 - 20) und das weiter außen liegende Verstärkungselement ist zum Beispiel ein aus Kevlar- und damit aus p-Aramid-Fasern aufgebautes Gestrick (Seite 11). Schließlich umfasst die außenliegende Deckschicht bevorzugt ebenfalls ein Elastomer (Seite 10, Zeile 21 - Seite 11, Zeile 8). Auf Anspruch 1 gelesen entsprechen diese drei Schichten der ersten Trägerschicht, der Zwischenschicht sowie der zweiten Trägerschicht. Auch hier ist die Tatsache, dass die Schichten in D10 anders bezeichnet werden, nicht relevant.
1.2.4 Es ist unstrittig, dass das Merkmal "wobei die Schlauchleitung (200) ferner einen elektrisch leitfähigen Streifen (201) zum Ableiten elektrischer Ladung aufweist, der auf der Innenseite (107) der Schlauchleitung (200) angeordnet ist", in D10 nicht offenbart ist.
Außerdem sind in der Ausführungsform nach Figur 5 die Positionen der ersten und der zweiten Sperrschicht vertauscht, weil hier im Gegensatz zu Anspruch 1 die Schicht aus Fluorelastomer die innerste Schicht bildet.
Um ausgehend von der in Figur 5 von D10 gezeigten Schlauchleitung zum Gegenstand von Anspruch 1 zu gelangen, müsste der Fachmann somit:
- die Lehre von Dl oder D9 anwenden und anstelle des
leitfähigen Materials in der inneren Schicht einen
leitfähigen Streifen vorsehen und
- zusätzlich die Schichten 12 und 10 der in Figur 5
der D10 gezeigten Schlauchleitung vertauschen.
1.2.5 Die Kammer geht zugunsten der Beschwerdegegnerin davon aus, dass die beiden Unterscheidungsmerkmale nicht technisch zusammenwirken und somit getrennt voneinander auf Naheliegen geprüft werden können. Die Kammer geht weiter davon aus, dass das Vertauschen der beiden Sperrschichten (bzw. der Schichten 12 und 10 in Figur 5 der D10) mit keinem technischen Effekt verbunden ist, so dass die diesbezügliche Aufgabe in der Bereitstellung einer alternativen Schlauchleitung liegt.
1.2.6 Die Kammer hält ein Vertauschen der Schichten aus den folgenden Gründen jedoch nicht für einen naheliegenden Schritt: Insbesondere teilt die Kammer nicht die Ansicht der Beschwerdegegnerin, die in diesem Zusammenhang vorgebracht hat, D10 lehre, dass die Sperrschicht 10 und die Elastomerschicht 12 grundsätzlich austauschbar seien. Vielmehr ist eine solche Austauschbarkeit lediglich für die Ausführungsformen ohne zweite Elastomerschicht 14 beschrieben (Figur 3 und 4), aber nicht für die in Figur 5 gezeigte Ausführungsform mit zwei Elastomerschichten 12 und 14. Würde man in der Schlauchleitung nach Figur 5 die Sperrschicht (10) und die Elastomerschicht (12) vertauschen, würden die beiden Elastomerschichten (12) und (14) direkt aneinandergrenzen, aber eine solche Konfiguration ist in D10 an keiner Stelle offenbart. Vielmehr wird auf Seite 10, Zeile 11-20 zur Elastomerschicht (14) offenbart, dass diese insbesondere eine gute Haftung zu der äußeren Abdeckschicht ("outer cover") und der Sperrschicht (10) aufweisen solle. Würden die Schichten (12) und (10) vertauscht, könnte Schicht (14) diese Funktion nicht mehr erfüllen. Zumindest scheint ein Vertauschen der Schichten (10) und (12) im Lichte dieser Passage kein naheliegender Schritt zu sein. Die Beschwerdegegnerin hat in diesem Zusammenhang auf einen vermeintlichen Widerspruch hingewiesen, denn in Figur 5 grenze Schicht 14 nicht an die äußere Abdeckschicht 18, sondern an Schicht 16. Die Kammer sieht jedoch keinen Widerspruch, denn das Referenzzeichen 16 (laut Seite 11, Zeile 9, ein Verstärkungselement - reinforcing member) bezeichnet nicht notwendigerweise eine geschlossene Schicht, so dass ein Kontakt zu Schicht 18 trotzdem möglich ist. In diesem Sinne kann auch Figur 5 verstanden werden. Somit besteht kein Grund, an der Lehre von Seite 10 zu zweifeln, nach der die Elastomerschicht 14 der Haftvermittlung zwischen Sperrschicht 10 und Abdeckschicht 18 dient. Das Argument der Beschwerdegegnerin, der Fachmann würde die Lehre der D10 sozusagen auf eine Ausführungsform extrapolieren, in der die Schichten 10 und 12 vertauscht sind, überzeugt somit nicht.
Die Beschwerdegegnerin hat weiter auf Absatz 0057 der D6 verwiesen, der lehre, dass zwei nebeneinander angeordnete Elastomerschichten eine bekannte Designvariante sei, so dass ein Vertauschen der Schichten 10 und 12 naheliegend sei. Auch dieses Argument überzeugt jedoch nicht, denn D6 lehrt in der genannten Passage eine spezielle, insgesamt aus nur zwei Schichten bestehende Schlauchleitung, aber nicht in allgemeiner Form ein zweischichtiges Designelement zur Verwendung in mehrschichtigen Schlauchleitungen. Daher hält die Kammer das Argument der Beschwerdegegnerin, D6 lege die Vertauschung der Schichten 10 und 12 in der Schlauchleitung nach Figur 5 nahe, für nicht überzeugend.
1.2.7 Ein weiterer Angriff unter Artikel 56 EPÜ geht von Figur 3 der D10 aus.
Auch diese Ausführungsform offenbart nicht das Merkmal "wobei die Schlauchleitung (200) ferner einen elektrisch leitfähigen Streifen (201) zum Ableiten elektrischer Ladung aufweist, der auf der Innenseite (107) der Schlauchleitung (200) angeordnet ist".
Außerdem fehlt zwischen der zweiten Sperrschicht 12 und der Zwischenschicht 16 eine Trägerschicht aus Epichlorhydrin-Elastomer, Acrylatelastomer oder Ethylenacrylat-Elastomer.
Die Beschwerdegegnerin hat zwei verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie der Fachmann in naheliegender Weise zu einer solchen zusätzlichen Schicht gelangen würde.
So wäre es naheliegend, eine zusätzliche Schicht 14 zwischen den Schichten 12 und 16 vorzusehen. Da in Figur 5 die Schichten 14 und 16 bereits nebeneinander angeordnet seien, stelle diese Anordnung ein bekanntes Designelement dar, das der Fachmann auf Figur 3 übertragen würde. Dieses Argument überzeugt jedoch nicht, weil es der oben bereits erwähnten Lehre von Seite 10 der D10 zuwiderläuft, dass Schicht 14 eine gute Haftung zur Sperrschicht 10 aufweisen soll. Da in der vorgeschlagenen Struktur kein Kontakt zwischen den Schichten 10 und 14 bestünde, ist die Aufnahme einer Schicht 14 in die Schlauchstruktur nach Figur 3 nicht naheliegend.
Alternativ hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, die Aufsplittung einer Fluorelastomerlage in zwei Lagen sei ebenfalls eine bekannte Designvariante, die zum Beispiel in D14 aus Kostengründen vorgeschlagen werde. Somit sei es naheliegend, in Figur 3 der D10 anstatt einer Schicht 12 zwei Elastomerschichten vorzusehen. Dieses Argument überzeugt jedoch ebenfalls nicht. Abgesehen von der Tatsache, dass D14 verspätet nach Erhalt der vorläufigen Meinung der Kammer, bzw. überhaupt nicht ordnungsgemäß und nur in Auszügen eingereicht wurde, lehrt die vorgelegte Passage keine zusätzliche Schicht aus den beanspruchten Materialien und führt somit nicht zum beanspruchten Gegenstand.
Daher hätte der Fachmann die beanspruchte Schlauchleitung als mögliche naheliegende Alternative nicht in Betracht gezogen.
1.2.8 Aus den gleichen Gründen entsprechen die abhängigen Ansprüche 2 bis 6 sowie die Verfahrensansprüche 7 und 8 den Erfordernissen des Artikels 56 EPÜ.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der
Maßgabe zurückverwiesen, das Patent im Umfang der Ansprüche
1 - 8 des Hilfsantrages 21-2 und einer gegebenenfalls
anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.