T 2295/19 06-04-2022
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POLYARYLETHERSULFONCOPOLYMERE
Neuheit - Hauptantrag, Hilfsanträge 1, 2, 2a, 3, 3a, 4, 4a (nein)
Zulassung - Hilfsantrag 5 (ja)
Einspruchsgründe - mangelhafte Offenbarung (nein)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Änderung nach Ladung - Streichung von Ansprüchen
Änderung nach Ladung - außergewöhnliche Umstände (ja)
I. Die vorliegende Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 2 992 033 in geändertem Umfang auf Basis der Ansprüche des Hauptantrags, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung und einer angepassten Beschreibung. Der Hauptantrag enthielt zwei unabhängige Ansprüche, und zwar Verfahrensanspruch 1 und Produktanspruch 10.
II. Folgende Dokumente wurden unter anderem in der Entscheidung zitiert:
D1: US 2013 0035457
D1a: EP 2 554 564
D3: WO 2006 012453
D4: "Gas diffusivity solubility and permeability in polysulfone-poly(ethylene oxide) random copolymer membranes", Journal of Membrane Science 372 (2011) 116-124, Hyo Won Kim, Ho Bum Park
D5: JP 2006232974 A
D5a: Englische Übersetzung von D5
D6: US 5 798 437
D7: US 5 861 471
D9: "Experimentelle Daten" eingereicht mit Brief vom 2. Juli 2018
III. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung kann wie folgt zusammengefasst werden:
- Der Hauptantrag erfülle die Erfordernisse der ausreichenden Offenbarung.
- Der Gegenstand des Produktsanspruchs 10 sei neu gegenüber D1/D1a.
- D4 und nicht D1/D1a oder D5 sei der nächstliegende Stand der Technik. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 10 sei erfinderisch gegenüber D4.
IV. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) reichte mit der Beschwerdeerwiderung sieben Anspruchssätze als Hilfsanträge 1, 2, 2a, 3, 3a, 4 und 4a sowie das Dokument D13 (Gegenüberstellung der Beispiele 1 bis 6 der Entgegenhaltung D1a mit den entsprechenden erfindungsgemäßen Beispielen) ein.
V. Mit Bescheid vom 19. Oktober 2021 teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung mit.
VI. Mit Schreiben vom 24. März 2022 reichte die Beschwerdegegnerin einen Anspruchsatz als Hilfsantrag 5 ein.
VII. Eine mündliche Verhandlung fand am 6. April 2022 statt.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
IX. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag) oder die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis eines der Hilfsanträge 1, 2, 2a, 3, 3a, 4 oder 4a, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, oder auf Basis des Hilfsantrags 5, eingereicht mit Schreiben vom 24. März 2022.
X. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 10 des Hauptantrages lauteten wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung von Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymeren (PPC) umfassend die Polykondensation eines Reaktionsgemischs (RG) enthaltend die Komponenten:
(A1) mindestens eine aromatische Dihalogenverbindung,
(B1) mindestens eine aromatische Dihydroxyverbindung,
(B2) mindestens ein Polyalkylenoxid, das mindestens zwei Hydroxygruppen aufweist,
(C) mindestens ein aprotisches polares Lösungsmittel und
(D) mindestens ein Metallcarbonat,
wobei das Reaktionsgemisch (RG) keine Substanz enthält, die mit Wasser ein Azeotrop bildet
dadurch gekennzeichnet, dass Komponente (A1) mindestens 80 Gew.-% mindestens einer aromatischen Dihalogensulfon-Verbindung ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus 4,4'-Dichlordiphenylsulfon und 4,4'-Difluordiphenylsulfon enthält, bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponente (A1) im Reaktionsgemisch (RG)."
"10. Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymer (PPC) erhältlich nach einem der Ansprüche 1 bis 9."
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 entsprach dem Anspruch 1 des Hauptantrags mit dem Zusatz, dass "Komponente (B1) mindestens 80 Gew.-% einer aromatischen Dihydroxyverbindung ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus 4,4'-Dihydroxybiphenyl und 4,4'-Dihydroxydiphenylsulfon enthält, bezogen auf das Gesamtgewicht der Komponente (B1) im Reaktionsgemisch (RG)".
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 entsprach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 mit dem Zusatz, dass "die Komponente (C) im Wesentlichen aus N-Methyl-2-Pyrrolidon besteht".
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 2a entsprach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 mit dem Zusatz, dass "die Komponente (C) mehr als 99 Gew.-% N-Methyl-2-Pyrrolidon enthält".
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 entsprach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2, wobei jedoch die Komponente "4,4'-Dihydroxybiphenyl" gestrichen wurde.
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 3a entsprach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2a, wobei jedoch die Komponente "4,4'-Dihydroxybiphenyl" gestrichen wurde.
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 entsprach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 mit dem Zusatz, dass "die Komponente (D) im Wesentlichen aus Kaliumcarbonat besteht".
Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 4a entsprach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 3a mit dem Zusatz, dass "die Komponente (D) mehr als 99 Gew.-% Kaliumcarbonat enthält".
Der Hilfsantrag 5 entsprach dem Hauptantrag allerdings ohne die Produktansprüche 10 bis 12.
XI. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin sind den unten stehenden Entscheidungsgründen zu entnehmen. Die Beschwerdeführerin trug folgende Einwände vor:
- Dem Gegenstand des Anspruch 10 des Hauptantrags mangele es an Neuheit gegenüber den Beispiele 1 bis 6 von D1. Dasselbe gelte für den Gegenstand der unabhängigen Produktansprüche der Hilfsanträge 1, 2, 2a, 3, 3a, 4 und 4a.
- Der Hilfsantrag 5 sei nicht ins Verfahren zuzulassen.
- Der Gegenstand der Ansprüche des Hilfsantrag 5 sei nicht ausführbar.
- Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 sei nicht erfinderisch ausgehend sowohl von D1 als auch von D5 als nächstliegendem Stand der Technik.
XII. Die für die Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerin sind den Entscheidungsgründen zu entnehmen. Zusammenfassend brachte die Beschwerdegegnerin vor:
- Der Gegenstand des Anspruchs 10 des Hauptantrags sei neu gegenüber D1. Dasselbe gelte für den Gegenstand der unabhängigen Produktansprüche der Hilfsanträge 1, 2, 2a, 3, 3a, 4 und 4a.
- Der Hilfsantrag 5 sei ins Verfahren zuzulassen.
- Der Gegenstand der Ansprüche des Hilfsantrags 5 sei ausführbar.
- Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5 sei erfinderisch gegenüber D1 und D5.
1. Hauptantrag - Neuheit gegenüber D1
1.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die in den Beispielen 1 bis 6 von D1 erhaltenen Blockcopolymere die Neuheit des Anspruchs 10 des Hauptantrags vorwegnehmen würden.
1.2 Anspruch 10 des Hauptantrags betrifft ein Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymer (PPC) erhältlich nach einem der Ansprüche 1 bis 9. Der Gegenstand dieses Anspruchs ist somit als "Product-by-process" definiert, d.h als Erzeugnis, das durch sein Herstellungsverfahren charakterisiert ist. Gemäß der Rechtsprechung bedarf es zur Neuheitsabgrenzung bei solchen Produktansprüchen des Nachweises, dass die Abwandlung des Verfahrensparameter zu anderen Erzeugnissen führt (Rechtsprechung der Beschwerdekammer, 9. Auflage, 2019, Kapitel II.A.7.2, insbesondere T 205/83, ABl. EPA 1985, 363). Die Patentinhaberin trägt die Beweislast dafür, dass das Verfahren zu einem unterscheidbaren und identifizierbaren Merkmal des Erzeugnisses führt.
1.3 Es wurde nicht bestritten, dass die Einheiten, die die Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymeren (PPC) bilden, die selben in den Beispielen 1 bis 6 von D1 und im Produkt von Anspruch 10 sind.
1.4 Die Beschwerdegegnerin machte aber geltend, dass sich allein durch die unterschiedlichen Herstellungsverfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags und der D1 strukturelle Unterschiede zwischen den in D1 offenbarten Blockcopolymeren und den erfindungsgemäßen Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymeren (PPC) ergeben würden, da in den erfindungsgemäßen Blockcopolymeren die Polyethylenglykol-Segmente verfahrensbedingt regelmäßiger eingebaut seien. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer führte die Beschwerdegegnerin zudem aus, dass das Verfahren gemäß D1 zwangsläufig zu Triblockopolymeren führen würde. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 hingegen würde zu Multiblockcopolymeren führen, auch wenn Triblockcopolymere nicht ausgeschlossen seien.
1.5 Einen Beleg dafür hat die Beschwerdegegnerin allerdings nicht erbracht. Das Verfahren nach der D1 ist nicht explizit auf Triblockopolymere beschränkt (Absatz 15, Anspruch 16). Auch die in den Beispielen 1 bis 6 der D1 hergestellten Polymere werden als Blockcopolymere und nicht als Triblockcopolymere bezeichnet. Nach dem Absatz 99 der D1 betrifft der Gegenstand der Erfindung Blockcopolymere, und "vorzugsweise" Triblockcopolymere. Diese Passage der D1 widerlegt die Argumentation der Beschwerdegegnerin und deutet darauf hin, dass das Verfahren der D1 nicht zwangsläufig zu Triblockcopolymeren führt. Außerdem sind auch gemäß Streitpatent Triblockcopolymere nicht ausgeschlossen (Absatz 87). Aus diesen Gründen folgt die Kammer der Auffassung der Beschwerdegegnerin nicht, wonach die D1 Triblockcopolymere betreffe, das Streitpatent hingegen Multiblockcopolymere. Die Struktur der Blockcopolymere stellt demnach kein Unterscheidungsmerkmal dar.
1.6 Darüber hinaus macht die Beschwerdegegnerin geltend, dass die Blockcopolymere gemäß Anspruch 10 des Hauptantrags höhere Glasübergangstemperaturen und höhere mittlere Molekulargewichte Mw aufweisen würden als die Blockcopolymere der D1. Als Beleg dafür wurde insbesondere D13 zitiert, in dem die Versuche im Streitpatent, D1 und D9 gegenübergestellt werden.
1.7 D13 zeigt eine Gegenüberstellung der Eigenschaften (Anteil an Polyethylenglykol, gewichtsmittleres Molekulargewicht und Glasübergangstemperatur) der Polymere der D1 mit den nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags erhältlichen Polymeren. D13 beruht auf dem Vergleich der Blockcopolymere aus D1 mit jenem aus dem Streitpatent mit vergleichbaren Einheiten und Anteilen an Polyethylenglykol und soll belegen, dass die Blockcopolymere des Streitpatents ein höheres Molekulargewicht und eine höhere Glasübergangstemperatur aufweisen.
1.8 Aus D13 ist allerdings nicht ersichtlich, inwiefern sich Blockcopolymere, hergestellt nach dem Verfahren des Anspruchs 1 des Hauptantrags, von den Blockcopolymeren der Beispiele 1 bis 6 der D1 unterscheiden. Abgesehen vom Beispiel 1 der D1 besitzen die Blockcopolymere der Beispiele 2 bis 6 gewichtsmittlere Molekulargewichte in einem Bereich von 15256 bis 41000 g/mol, der jedoch im Bereich des Streitpatents liegt (10000-150000 g/mol; vgl. Absatz 85). Auch zeigt D13, dass die Glasübergangstemperaturen der Blockcopolymere gemäß D1 (59°C-194°C) sich im Wesentlichen nicht von jenen der Beispiele des Streitpatents (74°C-201°C) unterscheiden. Aus diesem Grund können Blockcopolymere, die mit dem Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags hergestellt werden, anhand der Glasübergangstemperaturen und gewichtsmittleren Molekulargewichte nicht eindeutig von den Blockcopolymeren der D1 abgegrenzt werden. D13 kann somit nicht belegen, dass das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags zwangsläufig zu neuen Kombinationen von Eigenschaften führt, anhand derer die so hergestellten Blockcopolymere von jenen der D1 unterschieden werden können.
1.9 Aus diesen Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass es der Beschwerdegegnerin nicht gelungen ist nachzuweisen, dass jene über ein Verfahren definierten Blockpolymere (product-by-process) des Anspruchs 10 gegenüber jenen des Dokuments D1 neu sind. Der Gegenstand des Anspruchs 10 des Hauptantrags ist somit nicht gewährbar.
2. Hilfsanträge 1, 2, 2a, 3, 3a, 4 und 4a - Neuheit gegenüber D1
2.1 Die in den jeweiligen Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1, 2, 2a, 3, 3a, 4 und 4a enthaltenen Änderungen des Herstellungsverfahrens für Blockcopolymere, können nach den Ausführungen der Beschwerdegegnerin selbst keinen Unterschied gegenüber den Blockcoploymeren der D1 begründen. Insbesondere stellen die eingeschränkten Definitionen der Komponenten keine Abgrenzung gegenüber den Polymeren der Beispielen von D1 dar. Die Beschwerdegegnerin hatte in Bezug auf diese Hilfsanträge auch keine weiteren Argumente hinsichtlich der Neuheit der darin enthaltenen unabhängigen Produktansprüche (Anspruch 9 des Hilfsantrags 1, Anspruch 8 der Hilfsanträge 2, 2a, 3 und 3a, Anspruch 7 der Hilfsanträge 4 und 4a). Aus diesem Grund gilt die für den Hauptantrag getroffenen Schlussfolgerung auch für die Gegenstände der unabhängigen Produktansprüche der Hilfsanträge 1, 2, 2a, 3, 3a, 4 und 4a, sodass diese mangels Neuheit gegenüber D1 nicht gewährbar sind.
3. Hilfsantrag 5 - Zulassung
3.1 Der Hilfsantrag 5 wurde mit Schreiben vom 24. März 2022 eingereicht, d.h. nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer, die mit Mitteilung vom 29. Juni 2021 erfolgte. Nach den Übergangsbestimmungen des Artikels 25 (1) und (3) VOBK 2020 ist für die Frage der Zulassung dieses Antrags daher Artikel 13 (2) VOBK 2020 anzuwenden. Nach dieser Bestimmung bleiben Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.
3.2 Die Kammer folgt der Entscheidung T 247/20, Nr. 1.3 der Gründe, dahingehend, dass die Prüfung nach Artikel 13 (2) VOBK 2020 zweistufig ist (so auch T 2988/18, Nr. 1.2 der Gründe), d.h. dass zunächst zu prüfen ist, ob eine Änderung des Beschwerdevorbringens vorliegt. Sofern diese Frage verneint wird, besteht kein Ermessen, das entsprechende Vorbringen nicht zu berücksichtigen. Wird die Frage hingegen bejaht, so ist zu prüfen, ob der Beteiligte stichhaltige Gründe für das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände aufgezeigt hat, die das Einreichen des geänderten Vorbringens in einem solch späten Verfahrensstadium rechtfertigen können.
3.3 Der Hilfsantrag 5 unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass die im Hauptantrag enthaltenen Stoffansprüche 10 bis 12 gestrichen wurden. Der Hilfsantrag 5 umfasst daher lediglich jene Verfahrensansprüche, die bereits im Hauptantrag enthalten waren.
3.4 Die Frage, ob im Falle einer bloßen Streichung von Ansprüchen Artikel 13 VOBK 2020 anwendbar ist, d.h. ob ein Ermessensspielraum für die Zulassung eines solchen Antrags besteht, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.
3.4.1 Einige Kammern vertreten die Auffassung, dass das Streichen einer Kategorie von Ansprüchen bzw. die Streichung abhängiger Ansprüche oder von Alternativen in Ansprüchen nicht als Änderung des Beschwerdevorbringens anzusehen sei, sofern die Streichung nicht zu einer Änderung des faktischen oder rechtlichen Rahmens des Verfahrens bzw. nicht zu einer Neugewichtung des Verfahrensgegenstandes führt (vgl. hierzu die Übersicht über die Rechtsprechung in T 1569/17, Nr. 4.3.2 der Gründe, T 494/18, Nr. 1.3.1 der Gründe, T 2091/18, Nr. 3 der Gründe). Unter diesen Umständen bestehe kein Ermessensspielraum hinsichtlich der Zulassung eines solchen Anspruchssatzes unter Artikel 13 (2) VOBK 2020.
3.4.2 Andere Kammer hingegen vertreten die Auffassung, dass das Einreichen eines Anspruchssatzes, der von einem im Verfahren befindlichen Anspruchssatz nur insofern abweicht, als bestimmte Ansprüche gestrichen wurden, eine Änderung des Beschwerdevorbringens darstellt, sodass die Zulassung eines solchen Antrags im Ermessen der Kammer liegt (vgl. hierzu die Übersicht zur Rechtsprechung in T 494/18, Nr. 1.3.2 der Gründe).
3.4.3 Die vorgenannten Rechtsprechungslinien unterscheiden sich somit hinsichtlich der Auslegung des Begriffs "Änderung des Beschwerdevorbringens".
3.4.4 Da der Begriff der "Änderung des Beschwerdevorbringens" im Artikel 13 VOBK 2020 selbst nicht näher definiert wird, wenden einige Entscheidungen (vgl. T 247/20, Nr. 1.3 der Gründe; T 2091/18, Nr. 4.1 der Gründe) eine systematische Interpretation an, d.h. der Begriff wird im Kontext mit anderen Bestimmungen interpretiert. Hierbei wird auf den Artikel 12 (3) VOBK 2020 zurückgegriffen, wonach die Beschwerdebegründung bzw. die Erwiderung das vollständige Beschwerdevorbringen eines Beteiligten enthalten müssen. Da das Beschwerdevorbringen nach Artikel 12 (2) VOBK 2020 inter alia auf die Anträge zu richten ist, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen, folgerte die Juristische Beschwerdekammer in J 14/19 (vgl. Nr. 1.4 der Gründe) im Umkehrschluss, dass Vorbringen der Beteiligten, das nicht auf die in der Beschwerdebegründung oder Erwiderung enthaltenen Anträge, Tatsachen, Einwände, Argumente oder Beweismittel gerichtet ist, eine Änderung des Beschwerdevorbringens impliziert. Die Einreichung eines geänderten Anspruchssatzes, auch wenn es sich bei der vorgenommenen Änderung nur um eine Streichung von Ansprüchen handelt, und die verbleibenden Ansprüche bereits Teil eines im Beschwerdeverfahren befindlichen Anspruchssatzes waren, bewirkt insofern eine Änderung der Antragslage im Beschwerdeverfahren.
3.4.5 Die Kammer findet die systematische Interpretation des Begriffs überzeugend und kann sich dieser Auffassung nur anschließen. Das ist der Fall auch deshalb, weil sich die geänderte Antragslage unmittelbar auf die Fassung des Patents auswirkt, in welcher das Patent aufrecht erhalten werden soll, und somit den - in der Regel - zentralen Gegenstand eines Einspruchs- bzw. Einspruchsbeschwerdeverfahrens betrifft. Die späte Einreichung des Hilfsantrags 5 stellt somit nach Auffassung der Kammer eine Änderung des Beschwerdevorbringens im Sinne des Artikels 13 (2) VOBK 2020 dar. Die Kammer folgt insofern den Entscheidungen T 2091/18, Nr. 4.1 der Gründe und T 494/18, Nr. 1.4 der Gründe.
3.4.6 Bezüglich der Frage der Ermessensausübung möchte die Kammer zunächst bemerken, dass der Artikel 13 (2) VOBK 2020 nicht ausdrücklich ein Ermessen der Kammer vorsieht. Aus den erläuternden Bemerkungen geht jedoch hervor, dass der Gesetzgeber diese Vorschrift als Ermessensvorschrift verstanden wissen wollte (vgl. Zusatzpublikation 1 zum ABl. EPA 2020, Anlage 2, S. 194, Erläuterungen in der dritten Spalte, dritter Absatz, letzter Satz: "Die Kammer kann in Ausübung ihres Ermessens entscheiden, die Änderung zuzulassen."). Dies ergibt sich wohl auch aus dem Kontext mit Artikel 13 (1), erster Satz, VOBK 2020, der ein Ermessen für die Zulassung von Änderungen des Beschwerdevorbringens nach Einreichung der Beschwerdebegründung oder Erwiderung generell vorsieht. Zudem wäre ein Ausschluss jedwedes Ermessens wohl kaum mit Artikel 114 (2) EPÜ vereinbar.
3.4.7 In der Entscheidung T 1294/16 wurde im Hinblick auf die Verwendung des Wortes "grundsätzlich" im Artikel 13 (2) VOBK 2020 die Frage aufgeworfen, ob und in welcher Weise diese Bestimmung eine Ausübung des Ermessens einschränkt. Nach der genannten Vorschrift bleibt eine Änderung des Beschwerdevorbringens "grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen" (Hervorhebung durch die Kammer). Hierbei gelangte die Kammer in T 1294/16 zu dem Schluss, dass das Wort "grundsätzlich" aufgrund seiner Mehrdeutigkeit unberücksichtigt bleiben sollte, weil es zu dem Erfordernis des Bestehens "außergewöhnlicher Umstände" entweder redundant sei, oder einen Hort für weitergehende Ermessensentscheidungen bieten würde (vgl. ebd., Nr. 18.1 der Gründe). Die Kammer folgt diesem Ansatz jedoch nicht, da ein in einer rechtlichen Bestimmung enthaltener Begriff nur dann unberücksichtigt bleiben sollte, wenn keine oder nur eine offensichtlich sinnwidrige Interpretation möglich erscheint, oder wenn eine Interpretation mit höherrangigem Recht nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. Artikel 23 VOBK 2020).
3.4.8 Die Kammer ist hingegen der Auffassung, dass eine sinnvolle Interpretation ohne weiteres möglich ist. Der in Artikel 13 (2) VOBK 2020 festgelegte Grundsatz besteht gerade darin, dass Änderungen des Vorbringens in diesem späten Verfahrensstadium ("grundsätzlich") unberücksichtigt bleiben. Die Ausnahme zu diesem Grundsatz folgt dann im Nebensatz, der durch die Wortfolge "es sei denn" eingeleitet wird, d.h. der Grundsatz, wonach Änderungen des Vorbringens in diesem späten Verfahrensstadium (d.h. "grundsätzlich") unberücksichtigt bleiben, kann dann durchbrochen werden, wenn das Bestehen außergewöhnlicher Umstände mit stichhaltigen Gründen aufgezeigt wird. Eine solche Interpretation stimmt zudem mit den Erläuterungen zu Artikel 13 (2) VOBK 2020 (vgl. Zusatzpublikation 1 zum ABl. 2020, Anlage 2, S. 194, Erläuterungen in der dritten Spalte, dritter Absatz, ersten drei Sätzen) überein. Dort heißt es: "Das Grundprinzip für die dritte Stufe des Konvergenzansatzes ist, dass in dieser Phase des Verfahrens Änderungen am Beschwerdevorbringen eines Beteiligten nicht mehr berücksichtigt werden. Es gibt jedoch eine begrenzte Ausnahme. Damit diese zum Tragen kommt, muss ein Beteiligter zwingende Gründe aufzeigen, die eindeutig rechtfertigen, dass die Umstände, die zu der Änderung geführt haben, in diesem Verfahren tatsächlich außergewöhnlich sind ("stichhaltige Gründe")." (Hervorhebungen durch die Kammer)
3.4.9 Es stellt sich daher im Anschluss die Frage, ob außergewöhnliche Umstände im Sinne des Artikel 13 (2) VOBK 2020 bestehen, die eine Berücksichtigung des Hilfsantrags 5 im Verfahren rechtfertigen können. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die späte Einreichung dieses Hilfsantrags lediglich damit begründet wurde, dass die nach der Streichung der Stoffansprüche verbliebenen Verfahrensansprüche bereits Gegenstand des Hauptantrages waren und von den Parteien im Verfahren eingehend diskutiert wurden. Die Einreichung eines um die Stoffansprüche reduzierten Anspruchssatzes wäre jedoch bereits mit der Beschwerdeerwiderung ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre, d.h. sie ist im vorliegenden Fall nicht durch spätere Entwicklungen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens veranlasst.
3.4.10 Nach den erläuternden Bemerkungen (vgl. Zusatzpublikation 1 zum ABl. 2020, Anlage 2, S. 194, Erläuterungen in der dritten Spalte, dritter Absatz, dritter Satz) scheint der Artikel 13 (2) VOBK 2020 das Konzept zu verfolgen, wonach durch stichhaltige Gründe aufzuzeigen ist, dass außergewöhnliche Umstände zu der späten Änderung des Vorbringens geführt haben: Demnach muss "ein Beteiligter zwingende Gründe aufzeigen, die eindeutig rechtfertigen, dass die Umstände, die zu der Änderung geführt haben, in diesem Verfahren tatsächlich außergewöhnlich sind ("stichhaltige Gründe")." Demnach scheinen die Erläuterungen eine Kausalität im Sinne einer Rückführbarkeit der späten Einreichung der Änderungen auf außergewöhnliche Umstände zu fordern.
3.4.11 In ähnlich gelagerten Fällen haben einige Beschwerdekammer das Vorliegen von außergewöhnlichen Umstände jedoch dann bejaht, wenn eine Zulassung der Änderung weder dem Grundsatz der Verfahrensökonomie bzw. dem in der Verfahrensordnung verankerten Konvergenzansatz noch den berechtigten Interessen einer Verfahrenspartei zuwiderläuft. Diese spezielle rechtliche Situation wurde gewissermaßen als "außergewöhnlicher Umstand" im Sinne des Artikel 13 (2) VOBK 2020 gewertet (vgl. T 1598/18, Nr. 25.1 der Gründe; T 1294/16, Nr. 18.3 und 19 der Gründe; T 339/19, Nr. 1.5 der Gründe).
3.4.12 In diesem Zusammenhang ist jedoch zu bemerken, dass die späte Änderung des Beschwerdevorbringens, d.h. die Streichung bestimmter Ansprüche bzw. Gruppen von Ansprüchen, in eben diesen Fallkonstellationen nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand kausal rückführbar ist. Im vorliegenden Fall wäre es der Patentinhaberin durchaus möglich und zumutbar gewesen, einen entsprechenden Anspruchssatz bereits in Reaktion auf die mit der Beschwerdebegründung erhobenen Einwände einzureichen. Außergewöhnliche Umstände, die zu der Änderung geführt haben, liegen hingegen nicht vor. Die Zulassung entsprechender Änderungen in den vorgenannten Entscheidungen scheint vielmehr auf der rechtlichen Beurteilung der verfahrensrechtlichen Situation zu beruhen, dass nämlich die Änderung weder dem Grundsatz der Verfahrensökonomie zuwiderläuft noch berechtigte Interessen der Gegenpartei beeinträchtigt werden, was bei einer Änderung eines Anspruchssatzes in einem solch späten Verfahrensstadium jedenfalls nicht den Regelfall darstellt. Hierzu ist zu bemerken, dass der Wortlaut des Artikels 13 (2) VOBK 2020 nicht fordert, dass die Änderung auf außergewöhnliche Umstände zurückführbar sein muss. Es genügt vielmehr, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen, diese können somit auch rechtlicher Natur sein. Eine solche Interpretation widerspricht nach Auffassung der Kammer auch nicht den vorgenannten erläuternden Bemerkungen, die offenbar nur den Hauptanwendungsfall der Vorschrift illustrieren, wonach eine Änderung des Beschwerdevorbringens zugelassen werden kann, wenn diese in Reaktion auf außergewöhnliche Umstände erfolgt, d.h. auf diese zurückzuführen ist.
3.4.13 Eine teleologische Interpretation, die den Zweck der in den Artikeln 114 (2) und 123 (1) EPÜ verankerten Befugnis der Nichtberücksichtigung von spät vorgebrachten Tatsachen, Beweismitteln und Anträgen in Betracht zieht, scheint dieses Ergebnis zu stützen. Aus den vorbereitenden Arbeiten ("travaux préparatoires") zum EPÜ 1973 (vgl. hierzu T 122/84, Nr. 11 der Gründe; T 951/91, Nr. 5.13 der Gründe) ergibt sich, dass diese verfahrensrechtliche Möglichkeit verhindern soll, dass die Beteiligten das Verfahren missbräuchlich hinauszögern. Es dient damit insbesondere der Durchsetzung der Grundsätze der Verfahrensökonomie und des fairen Verfahrens. Festzuhalten ist demnach, dass die Befugnis der Nichtberücksichtigung von spätem Vorbringen im Rahmen des EPÜ keinen verfahrensrechtlichen Selbstzweck darstellt. Sofern eine Beeinträchtigung der vorgenannten Grundsätze nicht zu befürchten ist, besteht nach Auffassung der Kammer somit auch kein Grund, in einem späten Verfahrensstadium eingereichte Anträge, die die Aufrechterhaltung eines Patents in einer bestimmten Fassung zum Gegenstand haben, nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu auch T 339/19, Nr. 1.3.3 und 1.5 der Gründe).
3.4.14 Für die Frage der Berücksichtigung des Hilfsantrags 5 im vorliegenden Verfahren folgt daraus: Da sich der Hilfsantrag 5 vom Hauptantrag nur dadurch unterscheidet, dass die Stoffansprüche gestrichen wurden, und die verbleibenden Verfahrensansprüche von den Parteien in ihren Schriftsätzen bereits eingehend erörtert wurden, sodass weder eine Änderung des faktischen oder rechtlichen Rahmens des Verfahrens, noch die Notwendigkeit einer Neugewichtung des Verfahrensgegenstandes vorlagen und einer Entscheidung im Rahmen der mündlichen Verhandlung nichts entgegenstand, war weder eine Beeinträchtigung der Verfahrensökonomie noch eine Verletzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens zu erwarten. Die Kammer übte ihr Ermessen unter Artikel 13 (2) VOBK 2020 daher dahingehend aus, den Hilfsantrag 5 im Verfahren zu berücksichtigen.
4. Hilfsantrag 5 - Ausführbarkeit
4.1 Der Einwand der mangelnden Ausführbarkeit beruhte auf der Abwesenheit von Merkmalen (niedrige Polydispersität, hohe Glasübergangstemperatur, niedriger Anteil an Reststoffen im hergestellten Blockcopolymer, darunter die azeotropbildende Komponente auch als Schleppmittel bekannt) im Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 (Punkt 5 der Beschwerdebegründung). Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass diese von der Beschwerdeführerin erwähnten Eigenschaften als wesentliche Merkmale für die Ausführbarkeit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 anzusehen wären. In den Absätzen 17 und 80 des Streitpatents, die die Beschwerdeführerin für besonders relevant hielt, werden zwar die Polydispersität, die Glasübergangstemperatur und der Anteil an Reststoffen im hergestellten Blockcopolymer erwähnt, diese Eigenschaften werden darin allerdings nur als vorteilhafte Eigenschaften des Blockcopolymers beschrieben und nicht als wesentlich für die Ausführbarkeit des Verfahrens.
4.2 Es wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht gezeigt, dass das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 unter Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens des Fachmanns sonst nicht zugänglich war. Die Argumentation der Beschwerdeführerin (dritter voller Absatz, Seite 4 der Beschwerdebegründung) erscheint insbesondere nicht durch nachprüfbare Fakten bzw. Unterlagen gestützt zu sein. Die Kammer kommt somit zum Ergebnis, dass Anspruch 1 des Hilfsantrag 5 ausführbar ist.
5. Hilfsantrag 5 - erfinderische Tätigkeit
5.1 Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymeren nach der Carbonat-Methode (Absätze 18 und 24). Die gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 hergestellten Blockcopolymere sind durch hohe Einbauraten des Polyalkylenoxids (Absatz 78), niedrige Polydispersitäten und hohe Glastemperaturen (Absatz 80) gekennzeichnet.
5.2 Der Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 entspricht dem Anspruch 1 des Hauptantrags, der der Entscheidung der Einspruchsabteilung zugrunde lag. In Bezug auf den Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 macht die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung geltend, dass D1 oder D5 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen seien. In Bezug auf die erfinderische Tätigkeit ausgehend von D4 wurde die Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass der Anspruch 1 des damaligen Hauptantrags erfinderisch sei, im Beschwerdeverfahren für das Verfahren des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5 nicht bestritten. Das Verfahren des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5 ist mangels Bestreitung somit als erfinderisch gegenüber D4 als nächstliegendem Stand der Technik anzusehen.
5.3 D1 betrifft die Herstellung von Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymeren (PPC) (Anspruch 16). Die Copolymere gemäß D1 zeichnen sich, so wie jene des Streitpatents, durch eine niedrige Polydispersität aus (Absatz 15). Die Auswahl von D1 als nächstliegendem Stand der Technik scheint somit angemessen zu sein und wurde von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht mehr bestritten.
5.4 Das Verfahren des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 5 unterscheidet sich vom Verfahren gemäß D1 dadurch, dass es auf der Polykondensation eines Reaktionsgemischs (RG) beruht, welches eine aromatische Dihalogenverbindung (A1), eine aromatische Dihydroxyverbindung (B1) und ein Polyalkylenoxid, das mindestens zwei Hydroxygruppen aufweist (B2), enthält. Das Verfahren gemäß D1 hingegen beruht auf der Herstellung eines Polyarylethers, der gemäß D1 ein Polyarylethersulfon sein kann (wenn die Gruppe Q, Y oder T -SO2- ist; vgl. Absatz 32 und Beispiele 1 bis 6). Das hergestellte Polymer wird dann mit Alkylenoxid weiter umgesetzt (Absatz 82), um ein Blockcopolymer zu erhalten.
5.5 Es wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht bestritten, dass das Streitpatent keine Beispiele und Vergleichsbeispiele enthalte, die dem Verfahren gemäß D1 entsprechen würden. Somit enthält das Streitpatent keinen Beleg dafür, dass die Polykondensation des Reaktionsgemisches (RG) vorteilhafter ist, als das Verfahren gemäß D1. Unter diesen Umständen bestand die Aufgabe ausgehend von D1 in der Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zur Herstellung von Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymeren (PPC).
5.6 Die Lehre der Dokumenten D3, D4, D6 and D7 wurde in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin für relevant gehalten.
5.7 D3 beschreibt die Herstellung von Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymeren (PPC), in dem eine aromatische Dihalogenverbindung, eine aromatische Dihydroxyverbindung und ein Polyalkylenoxid in einem Schritt zur Reaktion gebracht werden (Anspruch 1, Beispiele). Daraus ist ersichtlich, dass D1 und D3 auf unterschiedlichen Verfahrensabläufen beruhen, insbesondere im Hinblick auf die Polykondensation der Ausgangstoffe, die die Einheiten der Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymere darstellen. D1 enthält keine Motivation auch in Anbetracht der D3, das Verfahren so abzuändern, dass die Polykondensation aller Ausgangstoffe in einem Schritt erfolgt. Darüber hinaus wird im Verfahren aller Beispiele der D3 ein Schleppmittel, nämlich Monochlorbenzol, verwendet. Gemäß Anspruch 1 ist Monochlorbenzol im Verfahren allerdings ausgeschlossen, da diese Verbindung mit Wasser ein Azeotrop bildet (vgl. Bedingung im Anspruch 1 und Absatz 65 des Streitpatents). Darüber hinaus gibt es in D3 keine Motivation, das Schleppmittel im Verfahren der D3 wegzulassen. Aus diesen Gründen führt die Kombination von D1 mit D3 nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags.
5.8 Die Dokumente D4, D6 und D7, die die Herstellung von Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymeren betreffen, beschreiben auch eine Polykondensation ständig unter Verwendung eines Schleppmittels (D4: Toluol, erster Absatz, Seite 118; D6: Toluol, Beispiel 1 und D7: Chlorbenzol, Spalte 7, Zeile 23), das im Anspruch 1 ausgeschlossen ist. Aus diesem Grund - ebenso wie bei der D3 - wäre der Fachmann der Lehre dieser Dokumente folgend nicht zum Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 gelangt. Insbesondere ist aus dem Stand der Technik kein Hinweis zu finden, dass die Polykondensation gemäß Anspruch 1 auch in Abwesenheit eines Schleppmittels, das mit Wasser ein Azeotrop bildet, durchgeführt werden kann.
5.9 Das Verfahren des Anspruch 1 des Hilfsantrag 5 beruht somit auf einer erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D1 als nächstliegender Stand der Technik.
5.10 Auch D5 (Bezug nehmend auf die Übersetzung D5a) wurde von der Beschwerdeführerin als nächstliegender Stand der Technik angesehen. In ihrer Entscheidung hat die Einspruchsabteilung dargelegt, dass D5 nicht als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden könne, weil sich dieses Dokument nicht auf die Herstellung von Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymere beziehe (Seite 11 der Entscheidung).
5.11 D5 betrifft die Herstellung von Copolymeren aus aromatischen Dihalogenverbindungen und aromatischen Dihydroxyverbindungen allerdings ohne Einheiten basierend auf Polyalkylenoxid (Absatz 22). Somit kann D5 auch nicht die Herstellung von Blockcopolymeren mit hohen Einbauraten des Polyalkylenoxids betreffen. Die Übersetzung von D5 lässt auch nicht erkennen, ob dieses Dokument die Herstellung von Copolymeren betrifft, die hohe Glasübergangstemperaturen und niedrige Polydipersitäten besitzen (Abschnitte 78 und 80 des Streitpatents). Somit betrifft D5 keinen Gegenstand, der zum gleichen Zweck oder mit demselben Ziel entwickelt wurde wie die beanspruchte Erfindung und die wichtigsten technischen Merkmale mit ihr gemein hat (Rechtsprechung der Beschwerdekammern, Neunte Auflage, Juli 2019, I.D.3.1). Unter diesen Umständen ist D5 kein geeigneter Ausgangspunkt für die Analyse der erfinderischen Tätigkeit. Da die Fachperson das Dokument D5 nicht in Betracht ziehen würde, um ein Verfahren zur Herstellung von Polyarylethersulfon-Polyalkylenoxid-Blockcopolymere bereitzustellen, muss eine erfinderische Tätigkeit auch in Anbetracht der D5 anerkannt werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geänderter Fassung auf der Basis der Ansprüche 1 bis 9 des Hilfsantrags 5, eingereicht mit Schreiben vom 24. März 2022, und einer noch anzupassenden Beschreibung aufrecht zu erhalten.