T 0669/23 26-06-2025
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Sicherheitselement, Verfahren zum Herstellen desselben und mit dem Sicherheitselement ausgestatteter Datenträger
Einspruchsgründe - mangelnde Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
I. Die Beschwerde der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 3 337 675 (das Patent) zurückzuweisen.
II. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) hat auf die Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin erwidert und Anspruchssätze gemäß Hilfsanträgen 1 und 2 eingereicht.
Mit Schreiben datiert vom 9. Januar 2024 hat die Beschwerdeführerin zu der Beschwerdeerwiderung Stellung genommen.
Am 26. November 2024 erließ die Kammer eine Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK, in welcher sie ihre vorläufige Auffassung darlegte.
III. Auf die folgenden bereits im Einspruchsverfahren vorgelegten Druckschriften wird in dieser Entscheidung Bezug genommen:
D1: |EP 2 686 172 B1 |
D2: |WO 2005/051675 A2|
D3: |EP 1 470 001 B1 |
D10:|US 5,714,213 |
IV. Die antragsgemäß anberaumte mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 26. Juni 2025 statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde (Hauptantrag) oder hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage eines der mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Anspruchssätze der Hilfsanträge 1 oder 2.
V. Anspruchsfassungen
a) Ansprüche des Patents wie erteilt
Anspruch 1 des Patents wie erteilt lautet wie folgt (die von der Kammer verwendete Merkmalsgliederung ist in eckigen Klammern eingefügt):
"[1.1] Verfahren zum Herstellen eines Sicherheitselements (7) zur Absicherung von Wertdokumenten (6), umfassend
[1.2] a) das Bereitstellen eines Trägers (10) mit einer Prägelackschicht (11), die eine erste, eine diffraktive Struktur bildende Reliefstruktur (11b) und eine zweite, eine Mikrospiegelanordnung bildende Reliefstruktur (11a) aufweist;
[1.3] b) das Bedrucken der ersten, eine diffraktive Struktur (11b) bildenden Reliefstruktur mit einer Druckfarbe, die auf plättchenförmigen Metallpigmenten basiert, die so beschaffen sind, dass sie sich räumlich entlang der Reliefstruktur der Prägelackschicht ausrichten und auf diese Weise eine Reflexionsschicht (12) bilden;
[1.4] c) das Aufdrucken einer löslichen Waschfarbe (13) auf solche Weise, dass die Bereiche der ersten, eine diffraktive Struktur bildenden Reliefstruktur (11b) und der zweiten, eine Mikrospiegelanordnung bildenden Reliefstruktur (11a) Aussparungen in der aufgebrachten Waschfarbe (13) bilden;
[1.5.1] d) das vollflächige Aufbringen eines farbigen Dünnschichtelements (14) gefolgt vom Abwaschen der Waschfarbe (13) zusammen mit dem oberhalb der Waschfarbe (13) erzeugten Bereich des farbigen Dünnschichtelements (14), [1.5.2] sodass das farbige Dünnschichtelement (14) in den Bereichen der ersten, eine diffraktive Struktur bildenden Reliefstruktur (11b) und der zweiten, eine Mikrospiegelanordnung bildenden Reliefstruktur (11a) in räumlich entlang der jeweiligen Reliefstruktur ausgerichteter Form zurückbleibt;
[1.6] e) das Aufbringen einer Klebschicht (19), die für das Verkleben des Sicherheitselements (7) mit einem Wertgegenstand (6) geeignet ist, auf den durch die Schritte a) bis d) erhaltenen Schichtaufbau, gegebenenfalls über eine oder mehrere Zwischenschichten."
Anspruch 4 des Patents wie erteilt lautet wie folgt:
"[4.1] Verfahren zum Herstellen eines Sicherheitselements (7) zur Absicherung von Wertdokumenten (6), umfassend
[4.2] a) das Bereitstellen eines Trägers (10) mit einer Prägelackschicht (11), die eine erste, eine diffraktive Struktur bildende Reliefstruktur (11b) und eine zweite, eine Mikrospiegelanordnung bildende Reliefstruktur (11a) aufweist;
[4.3] b) das Aufdrucken einer löslichen Waschfarbe (20) auf solche Weise, dass der Bereich der ersten, eine diffraktive Struktur bildenden Reliefstruktur (11b) eine Aussparung in der aufgebrachten Waschfarbe (20) bildet;
[4.4] c) das vollflächige Aufbringen einer Reflexionsschicht (21), insbesondere mittels Aufdampfen, gefolgt vom Abwaschen der Waschfarbe (20) zusammen mit dem oberhalb der Waschfarbe (20) erzeugten Bereich der Reflexionsschicht (21), sodass die Reflexionsschicht (21) in dem Bereich der ersten, eine diffraktive Struktur bildenden Reliefstruktur (11b) in räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteter Form zurückbleibt;
[4.5] d) das Aufdrucken einer löslichen Waschfarbe (22) auf solche Weise, dass der Bereich der zweiten, eine Mikrospiegelanordnung bildenden Reliefstruktur (11a) eine Aussparung in der aufgebrachten Waschfarbe (22) bildet;
[4.6.1] e) das vollflächige Aufbringen eines farbigen Dünnschichtelements (23) gefolgt vom Abwaschen der Waschfarbe (22) zusammen mit dem oberhalb der Waschfarbe (22) erzeugten Bereich des farbigen Dünnschichtelements (23), [4.6.2] sodass das farbige Dünnschichtelement (23) in dem Bereich der zweiten, eine Mikrospiegelanordnung bildenden Reliefstruktur (11a) in räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteter Form zurückbleibt;
[4.7] f) das Aufbringen einer Klebschicht (28), die für das Verkleben des Sicherheitselements (7) mit einem Wertgegenstand (6) geeignet ist, auf den durch die Schritte a) bis e) erhaltenen Schichtaufbau, gegebenenfalls über eine oder mehrere Zwischenschichten."
Anspruch 7 des Patents wie erteilt lautet wie folgt:
"[7.1] Verfahren zum Herstellen eines Sicherheitselements (7) zur Absicherung von Wertdokumenten (6), umfassend
[7.2] a) das Bereitstellen eines Trägers (10) mit einer Prägelackschicht (11), die eine erste, eine diffraktive Struktur bildende Reliefstruktur (11b) und eine zweite, eine Mikrospiegelanordnung bildende Reliefstruktur (11a) aufweist;
[7.3] b) das Aufdrucken einer löslichen Waschfarbe (29) auf solche Weise, dass der Bereich der zweiten, eine Mikrospiegelanordnung bildenden Reliefstruktur (11a) eine Aussparung in der aufgebrachten Waschfarbe (29) bildet;
[7.4.1] c) das vollflächige Aufbringen eines farbigen Dünnschichtelements (30) gefolgt vom Abwaschen der Waschfarbe (29) zusammen mit dem oberhalb der Waschfarbe (29) erzeugten Bereich des farbigen Dünnschichtelements (30), [7.4.2] sodass das farbige Dünnschichtelement (30) in dem Bereich der zweiten, eine Mikrospiegelanordnung bildenden Reliefstruktur (11a) in räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteter Form zurückbleibt;
[7.5] d) das Bedrucken der ersten, eine diffraktive Struktur bildenden Reliefstruktur (11b) mit einer Druckfarbe, die auf plättchenförmigen Metallpigmenten basiert, die so beschaffen sind, dass sie sich räumlich entlang der Reliefstruktur der Prägelackschicht ausrichten und auf diese Weise eine Reflexionsschicht (34) bilden;
[7.6] e) das Aufbringen einer Klebschicht (36), die für das Verkleben des Sicherheitselements (7) mit einem Wertgegenstand (6) geeignet ist, auf den durch die Schritte a) bis d) erhaltenen Schichtaufbau, gegebenenfalls über eine oder mehrere Zwischenschichten."
Anspruch 10 des Patents wie erteilt lautet wie folgt:
"[10.1] Verfahren zum Herstellen eines Sicherheitselements (7) zur Absicherung von Wertdokumenten (6), umfassend
[10.2] a) das Bereitstellen eines Trägers (10) mit einer Prägelackschicht (11), die eine erste, eine diffraktive Struktur bildende Reliefstruktur (11b) und eine zweite, eine Mikrospiegelanordnung bildende Reliefstruktur (11a) aufweist;
[10.3] b) das Aufdrucken einer löslichen Waschfarbe (45) auf solche Weise, dass der Bereich der zweiten, eine Mikrospiegelanordnung bildenden Reliefstruktur (11a) eine Aussparung in der aufgebrachten Waschfarbe (45) bildet;
[10.4.1] c) das vollflächige Aufbringen eines farbigen Dünnschichtelements gefolgt vom Abwaschen der Waschfarbe (45) zusammen mit dem oberhalb der Waschfarbe (45) erzeugten Bereich des farbigen Dünnschichtelements, [10.4.2] sodass das farbige Dünnschichtelement in dem Bereich der zweiten, eine Mikrospiegelanordnung bildenden Reliefstruktur (11a) in räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteter Form zurückbleibt;
[10.5] d) das Bedrucken der ersten, eine diffraktive Struktur (11b) bildenden Reliefstruktur mit einer Druckfarbe, die auf plättchenförmigen Metallpigmenten basiert, die so beschaffen sind, dass sie sich räumlich entlang der Reliefstruktur der Prägelackschicht ausrichten und auf diese Weise eine Reflexionsschicht (49) bilden;
[10.6] e) das Aufbringen eines Schutzlackes (50) auf den durch die Schritte a) bis d) erhaltenen Schichtaufbau;
[10.7] f) das Aufbringen einer Klebschicht (52), die für das Verkleben des Sicherheitselements (7) mit einem Wertgegenstand (6) geeignet ist, auf die der Prägelackschicht (11) gegenüberliegende Seite des Trägers (10), gegebenenfalls über eine oder mehrere Zwischenschichten."
Anspruch 12 des Patents wie erteilt lautet wie folgt:
"[12.1] Verfahren zum Herstellen eines Sicherheitselements (7) zur Absicherung von Wertdokumenten (6), umfassend
[12.2] a) das Bereitstellen eines Trägers (10) mit einer Prägelackschicht (11), die eine erste, eine diffraktive Struktur bildende Reliefstruktur (11b) und eine zweite, eine Mikrospiegelanordnung bildende Reliefstruktur (11a) aufweist;
[12.3] b) das Aufdrucken einer löslichen Waschfarbe (53) auf solche Weise, dass der Bereich der ersten, eine diffraktive Struktur bildenden Reliefstruktur (11b) eine Aussparung in der aufgebrachten Waschfarbe (53) bildet;
[12.4] c) das vollflächige Aufbringen einer Reflexionsschicht (54), insbesondere mittels Aufdampfen, gefolgt vom Abwaschen der Waschfarbe (53) zusammen mit dem oberhalb der Waschfarbe (53) erzeugten Bereich der Reflexionsschicht (54), sodass die Reflexionsschicht (54) in dem Bereich der ersten, eine diffraktive Struktur bildenden Reliefstruktur (11b) in räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteter Form zurückbleibt;
[12.5] d) das Aufdrucken einer löslichen Waschfarbe (55) auf solche Weise, dass der Bereich der zweiten, eine Mikrospiegelanordnung bildenden Reliefstruktur (11a) eine Aussparung in der aufgebrachten Waschfarbe (55) bildet;
[12.6.1] e) das vollflächige Aufbringen eines farbigen Dünnschichtelements gefolgt vom Abwaschen der Waschfarbe (55) zusammen mit dem oberhalb der Waschfarbe (55) erzeugten Bereich des farbigen Dünnschichtelements, [12.6.2] sodass das farbige Dünnschichtelement in dem Bereich der zweiten, eine Mikrospiegelanordnung bildenden Reliefstruktur (11a) in räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteter Form zurückbleibt;
[12.7] f) das Aufbringen eines Schutzlackes (59) auf den durch die Schritte a) bis e) erhaltenen Schichtaufbau;
[12.8] g) das Aufbringen einer Klebschicht (61), die für das Verkleben des Sicherheitselements (7) mit einem Wertgegenstand (6) geeignet ist, auf die der Prägelackschicht (11) gegenüberliegende Seite des Trägers (10), gegebenenfalls über eine oder mehrere Zwischenschichten."
Anspruch 14 des Patents wie erteilt lautet wie folgt:
"[14.1] Sicherheitselement (2, 7) zur Absicherung von Wertdokumenten (1, 6), umfassend [14.2] einen Träger (10) mit einer Prägelackschicht (11), die eine erste, eine diffraktive Struktur bildende Reliefstruktur (11b) und eine zweite, eine Mikrospiegelanordnung bildende Reliefstruktur (11a) aufweist, [14.3.1] wobei die erste Reliefstruktur (11b) mit einer räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteten Reflexionsschicht versehen ist und [14.3.2] die zweite Reliefstruktur (11a) mit einem räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteten, farbigen Dünnschichtelement versehen ist, [14.4] wobei das Sicherheitselement durch das Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 13 erhältlich ist."
b) Hilfsantrag 1 der Beschwerdegegnerin
In Hilfsantrag 1 sind die Ansprüche 14 und 16 gestrichen. Die Ansprüche 1, 4, 7, 10 und 12 des Hilfsantrags 1 sind identisch zu denjenigen des Hauptantrags.
VI. Die Beteiligten trugen Folgendes vor.
a) Ansprüche 1, 4, 7, 10 und 12 des erteilten Patents: erfinderische Tätigkeit
i) Beschwerdeführerin
Der Gegenstand der Ansprüche 1, 4, 7, 10 und 12 des erteilten Patents beruhe angesichts der Druckschrift D1 als nächstliegendem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Druckschrift offenbare im Hinblick auf die Figur 3b nicht die Merkmale 1.3, 1.4 und 1.5, wobei das Merkmal 1.5 die oben in Punkt V. identifizierten Teilmerkmale 1.5.1 und 1.5.2 umfasse. Hinsichtlich des Merkmals 1.3 einerseits und der Merkmale 1.4 und 1.5 andererseits lägen Teilaufgaben vor. Die in Bezug auf das Merkmal 1.3 gelöste Teilaufgabe sei darin zu sehen, eine einfache drucktechnische Erzeugung der Reflexionsschicht zu ermöglichen. Die anspruchsgemäße Lösung dieser Teilaufgabe sei durch die Druckschrift D2 nahegelegt worden. Die in Bezug auf die Merkmale 1.4 und 1.5 gelöste Teilaufgabe sei darin zu sehen, eine partielle Beschichtung des Sicherheitselements mit einem Dünnschichtelement zu realisieren. Die durch die Merkmale 1.4 und 1.5 angegebene Lösung sei durch Absatz [0010] der Druckschrift D1 oder die Druckschrift D3 (siehe insbesondere die Absätze [0035] und [0004]) nahegelegt worden. In der Druckschrift D1 werde nicht generell zwischen einer Ausbildung der
Schicht 24 als Dünnschichtelement oder als Reflexionsschicht unterschieden. Die Fachperson verstehe dies als Hinweis, das Waschverfahren auch für ein Dünnschichtelement zu verwenden. Sofern die Merkmale 1.4, 1.5.1 und 1.5.2 eine erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 begründen könnten, würde auch im Hinblick auf die Ansprüche 4, 7, 10 und 12 des erteilten Patents eine erfinderische Tätigkeit vorliegen.
ii) Beschwerdegegnerin
Der Gegenstand der Ansprüche 1, 4, 7, 10 und 12 des erteilten Patents beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Selbst wenn man der Auffassung der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Formulierung von Teilaufgaben folgte, gäben die Druckschriften D1 und D3 keinen Hinweis darauf, die Merkmale 1.4, 1.5.1 und 1.5.2 zum Realisieren einer partiellen Beschichtung des Sicherheitselements mit einem Dünnschichtelement vorzusehen.
b) Anspruch 14 des erteilten Patents: Neuheit
i) Beschwerdeführerin
Der Gegenstand des Anspruchs 14 des erteilten Patents sei nicht neu angesichts der Druckschrift D1. Die Merkmale 14.3.2 und 14.4 beinhalteten keine zwingenden strukturellen Merkmale, die nicht in der Figur 3b der Druckschrift D1 offenbart seien. Die Figuren des Patents könnten nicht verwendet werden, um ein implizites beschränkendes Merkmal in den Anspruch hineinzulesen, das dem expliziten Wortlaut des Anspruchs nicht zu entnehmen sei. Ferner seien die Figuren des Patents lediglich schematisch. Das Merkmal, wonach die zweite Reliefstruktur mit einem räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteten, farbigen Dünnschichtelement versehen sei (Merkmal 14.3.2), sei seinem Wortsinn nach so zu verstehen, dass das Dünnschichtelement so ausgerichtet sei, dass es dort, wo es auf der Reliefstruktur aufgebracht sei, entsprechend einer Neigung der darunter liegenden Struktur geneigt sei. Die Ansprüche definierten nicht, was "vollflächig" bedeuten solle. Die Fachperson hätte daher sein allgemeines Verständnis dieses Begriffs zugrunde gelegt. Dieses sei das gleiche im Rahmen des Patents wie auch der Druckschrift D1. Im Hinblick auf die Absätze [0116] und [0117] der Druckschrift D1 sei deutlich, dass sich eine nicht vollflächige Aufbringung durch eine partielle Ausformung ergebe. Im Umkehrschluss sei eine vollflächige Beschichtung eine Beschichtung, bei welcher nicht nur die Facettenflächen belegt seien, sondern auch die dazwischenliegenden Bereiche. Der Begriff "vollflächig" sei daher gleichbedeutend mit "nicht nur bereichsweise".
ii) Beschwerdegegnerin
Der Gegenstand des Anspruchs 14 des erteilten Patents sei neu angesichts der Druckschrift D1. Diese offenbare nicht die Merkmale 14.3.2 und 14.4. Diese Merkmale definierten, dass die zweite Reliefstruktur vollständig mit einem räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteten, farbigen Dünnschichtelement versehen sei. Diese Interpretation ergebe sich aus der gemäß der Entscheidung G 1/24 zu berücksichtigenden Beschreibung und den Figuren 3, 4, 5, 11, 12, 13, 17, 18, 19, 32, 33, 34, 42, 43 und 44 des Patents, dem Begriff "räumlich" in Merkmal 14.3.2 sowie dem Merkmal 14.4, das einen Rückbezug auf die Verfahrensansprüche enthalte. Der Begriff "ausgerichtet" in Merkmal 14.3.2 sei synonym zu "erstreckt" zu verstehen. Das Merkmal verlange somit, dass sich das farbige Dünnschichtelement entlang der gesamten zweiten Reliefstruktur erstrecke. Dies sei bei der Fläche 232 der Schicht 23 in den Figuren 3a und 3b der Druckschrift D1 nicht der Fall, weil mindestens die Flanken der Facetten nicht von dem Dünnschichtelement 24 beschichtet seien. Anspruch 14 des erteilten Patents sei ein von den Verfahrensansprüchen 1, 4, 7, 10 und 12 abhängiger Anspruch im Sinne der Regel 43 (4) EPÜ, da er alle Merkmale dieser Verfahrensansprüche enthalte. Anspruch 14 verlange, dass das beanspruchte Sicherheitselement durch das Verfahren gemäß einem der erteilten Ansprüche 1 bis 13 hergestellt worden sei. Alle Verfahrensansprüche sähen ein vollflächiges Aufbringen eines farbigen Dünnschichtelements vor (siehe beispielsweise Merkmal 1.5.1). Zwar sei im Hinblick auf die Absätze [0116] und [0117] der Druckschrift D1 offenbart, dass das Dünnschichtelement bei der Figur 3b der Druckschrift D1 vollflächig aufgebracht sei. Die Fachperson verstehe den Begriff "vollflächig" im Rahmen der Druckschrift D1 folgendermaßen. Es gebe zwei Teilbereiche des Bereichs 31. Ein Teilbereich befinde sich innerhalb und der andere außerhalb der Facettenflächen. "Vollflächig" bedeute dort, dass beide Teilbereiche beschichtet würden, nicht jedoch die in der Figur 3b der Druckschrift D1 gezeigten Flanken. Im Patent habe der Begriff "vollflächig" eine andere Bedeutung und beziehe sich auf das gesamte Sicherheitselement einschließlich der gesamten Oberfläche der zweiten Reliefstruktur. Anspruch 1 lasse offen, ob zwischen den Mikrospiegeln Flanken vorhanden seien. Falls sie vorhanden seien, seien sie jedoch Teil der Reliefstruktur und müssten mit dem Dünnschichtelement versehen sein. Dies sei bei der in Figur 3b der Druckschrift D1 gezeigten Ausgestaltung nicht der Fall.
c) Hilfsantrag 1 und Zurückverweisung
Es wurden keine weiteren Einwände gegen den Anspruchssatz des Hilfsantrags 1 der Beschwerdegegnerin erhoben. Die Beteiligten hatten auch keine Einwände dagegen, die Angelegenheit zum Zwecke der Beschreibungsanpassung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.
1. Ansprüche 1, 4, 7, 10 und 12 des Hauptantrags: erfinderische Tätigkeit - Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ
1.1 Die Einspruchsabteilung gelangte in Punkt 3.1.2 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung zu der Schlussfolgerung, dass der Gegenstand der Ansprüche 1, 4, 7, 10 und 12 des erteilten Patents auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
1.2 Die Beschwerdeführerin tritt dieser Ansicht entgegen und trägt vor, der Gegenstand der erteilten Ansprüche 1, 4, 7, 10 und 12 beruhe angesichts der Druckschrift D1 als nächstliegendem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Diese Druckschrift offenbare im Hinblick auf die Figur 3b nicht die Merkmale 1.3, 1.4 und 1.5, wobei das Merkmal 1.5 die oben in Punkt V. identifizierten Teilmerkmale 1.5.1 und 1.5.2 umfasst. Hinsichtlich des Merkmals 1.3 einerseits und der Merkmale 1.4 und 1.5 andererseits lägen Teilaufgaben vor. Die in Bezug auf die Merkmale 1.4 und 1.5 gelöste Teilaufgabe sei darin zu sehen, eine partielle Beschichtung des Sicherheitselements mit einem Dünnschichtelement zu realisieren.
1.3 Selbst unter Annahme dieser Auffassung zugunsten der Beschwerdeführerin, beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents aus den folgenden Gründen auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1.4 Hinsichtlich der zweiten (mutmaßlich im Hinblick auf die Merkmale 1.4, 1.5.1 und 1.5.2 gelösten) Teilaufgabe verweist die Beschwerdeführerin auf die Nennung von Waschverfahren in Absatz [0010] der Druckschrift D1.
Dort sind Waschverfahren als Beispiel für Demetallisierungsprozesse genannt, und zwar für den Fall, dass die zweite Schicht als reflektierende Schicht ausgebildet ist. Bei den in der Druckschrift D1 genannten Ausgestaltungen, bei denen die zweite Schicht 24 als reflektierende Metallschicht aufgebracht ist (siehe beispielsweise Absatz [0115] der Druckschrift D1), wird es durch einen solchen Demetallisierungsprozess ermöglicht, dass am Ende des Verfahrens die reflektierende Schicht 24 nur bereichsweise vorliegt (siehe auch Absatz [0128] der Druckschrift D1).
Die Fachperson hatte jedoch keine Veranlassung, einen Demetallisierungsprozess oder gar den in der Druckschrift D1 genannten, als Waschverfahren ausgebildeten Demetallisierungsprozess zum partiellen Beschichten mit einem Dünnschichtelement zu verwenden. Absatz [0115] der Druckschrift D1 befasst sich weder mit der Ausbildung der Schicht 24 als Dünnschichtelement noch mit der selektiven Aufbringung eines Dünnschichtelements mittels Waschverfahren. Zwar offenbart die Druckschrift D1 zwei Alternativen, bei denen die Schicht 24 als Dünnfilmschichtsystem bzw. als Reflexionsschicht ausgebildet ist. Dies gab der Fachperson jedoch für sich genommen keinen Hinweis darauf, das in Absatz [0010] der Druckschrift D1 in Bezug auf eine reflektierende Schicht genannte Waschverfahren zum partiellen Beschichten mit einem Dünnschichtelement zu verwenden.
1.5 Die Beschwerdeführerin verweist auch auf die Druckschrift D3.
Die Druckschrift D3 befasst sich jedoch nicht mit der technischen Aufgabe, eine partielle Beschichtung eines Sicherheitselements mit einem Dünnschichtelement zu realisieren. Ausgehend von der von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen zweiten Teilaufgabe hatte die Fachperson daher keine Veranlassung, die Druckschrift D3 zu Rate zu ziehen.
Absatz [0035] der Druckschrift D3 schlägt ferner ein Waschverfahren für das selektive Aufbringen einer Magnetschicht und einer Reflexionsschicht vor. Einen Hinweis auf die Verwendung von Waschverfahren zum partiellen Beschichten mit Dünnschichtelementen enthält diese Passage jedoch nicht. Ein solcher Hinweis ergibt sich auch nicht aus dem Absatz [0004] der Druckschrift D3. Selbst wenn die Fachperson ausgehend von der Druckschrift D1 die Druckschrift D3 zur Lösung der zweiten Teilaufgabe zu Rate gezogen hätte, hätte sie darin keinen Hinweis auf eine Lösung - oder gar die erfindungsgemäße Lösung - der von der Beschwerdeführerin formulierten zweiten Teilaufgabe gefunden.
1.6 Der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents beruht damit angesichts der Druckschrift D1 als nächstliegendem Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit i.S.v. Artikel 56 EPÜ.
1.7 Auf die Frage, ob die in Bezug auf das Merkmal 1.3 gelöste Teilaufgabe darin zu sehen ist, eine einfache drucktechnische Erzeugung der Reflexionsschicht zu ermöglichen, und ob die anspruchsgemäße Lösung dieser Teilaufgabe durch die Druckschrift D2 nahegelegt worden ist, kommt es daher im Ergebnis nicht an.
1.8 Die Ansprüche 4, 7, 10 und 12 des erteilten Patents enthalten jeweils Merkmale, bei denen nach einem Waschverfahren ein farbiges Dünnschichtelement auf einer zweiten, eine Mikrospiegelanordnung bildenden Reliefstruktur verbleibt (siehe Merkmale 4.5, 4.6.1 und 4.6.2 des Anspruchs 4, Merkmale 7.3, 7.4.1 und 7.4.2 des Anspruchs 7, Merkmale 10.3, 10.4.1 und 10.4.2 des Anspruchs 10 und Merkmale 12.5, 12.6.1 und 12.6.2 des Anspruchs 12). Hinsichtlich dieser Merkmale verweist die Beschwerdeführerin jeweils auf ihren Vortrag zu den Merkmalen 1.4, 1.5.1 und 1.5.2 des Anspruchs 1 und die oben genannten Passagen der Druckschriften D1 und D3. Aus den oben genannten Gründen wurde eine diese Merkmale umfassende Lösung jedoch nicht durch die zitierten Druckschriften nahegelegt.
Bezüglich der Ansprüche 4, 10 und 12 des erteilten Patents verweist die Beschwerdeführerin auch auf die Druckschrift D10. Sie bezieht sich dabei aber nicht auf die oben genannten Merkmale hinsichtlich eines Waschverfahrens zum partiellen Beschichten mit einem Dünnschichtelement, sondern auf zusätzliche Unterscheidungsmerkmale dieser Ansprüche.
Der Gegenstand der Ansprüche 4, 7, 10 und 12 des erteilten Patents beruht gegenüber der Druckschrift D1 als nächstliegendem Stand der Technik somit auf einer erfinderischen Tätigkeit i.S.v. Artikel 56 EPÜ.
2. Anspruch 14 des Hauptantrags: Neuheit - Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ
2.1 Die Einspruchsabteilung gelangte in Punkt 2.1 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung unter anderem zu der Schlussfolgerung, dass der Gegenstand des Anspruchs 14 des erteilten Patents neu gegenüber der Druckschrift D1 sei. Zwar definiere das Patent nicht die genaue Bedeutung der Begriffe "räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichtet" (siehe Merkmal 14.3.2). Allerdings zeigten die Figuren des Patents (siehe Figuren 4, 5, 6, 12 bis 15, 18 bis 22, 28, 29, 30, 34 bis 37 und 43 bis 46) deutlich und unabhängig von der jeweiligen Ausführungsform, was mit diesen Begriffen gemeint sei, nämlich dass die Schicht genau dem gesamten Profil der Struktur folge, ohne unterbrochen zu werden. Insbesondere seien daher alle Flanken der Strukturen belegt, was in der Figur 3b der Druckschrift D1 nicht der Fall sei.
2.2 Die Beschwerdeführerin tritt dieser Ansicht entgegen. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 14 sei nicht neu angesichts der Druckschrift D1. Die Merkmale 14.3.2 und 14.4 beinhalteten keine zwingenden strukturellen Merkmale, die nicht in der Figur 3b der Druckschrift D1 offenbart seien.
2.3 Zwischen den Beteiligten ist strittig, wie die Fachperson das Merkmal 14.3.2 verstanden hätte.
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass dieses Merkmal so zu verstehen sei, dass das Dünnschichtelement so ausgerichtet sei, dass es dort, wo es auf der Reliefstruktur aufgebracht sei, entsprechend einer Neigung der darunter liegenden Struktur geneigt sei.
Die Beschwerdegegnerin ist hingegen der Ansicht, dass das Merkmal 14.3.2 verlange, dass die zweite Reliefstruktur vollständig mit einem räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteten, farbigen Dünnschichtelement versehen sei. Zur Stützung dieser Auslegung verweist sie auf
- die nach der Entscheidung G 1/24 zu berücksichtigende Beschreibung und die Figuren 3, 4, 5, 11, 12, 13, 17, 18, 19, 32, 33, 34, 42, 43 und 44 des Patents,
- den Begriff "räumlich" in Merkmal 14.3.2 sowie
- das Merkmal 14.4, das einen Rückbezug auf die Verfahrensansprüche enthält.
2.4 Gemäß der Entscheidung G 1/24 sind die Ansprüche Ausgangspunkt und Grundlage für die Beurteilung der Patentierbarkeit einer Erfindung nach den Artikeln 52 bis 57 EPÜ. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind stets heranzuziehen, um die Ansprüche bei der Beurteilung der Patentierbarkeit einer Erfindung nach den Artikeln 52 bis 57 EPÜ auszulegen, und nicht nur dann, wenn die Fachperson einen Anspruch für sich genommen für unklar oder mehrdeutig hält.
Ausgangspunkt und Grundlage für die vorliegende Entscheidung über die Neuheit ist daher der Anspruch 14 des erteilten Patents. Die Berücksichtigung der Beschreibung und der Figuren führt zu folgendem Ergebnis. Die Beschreibung gibt keine Definition des Ausdrucks "räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichtet" an. Bei den Figuren 3, 4, 5, 11, 12, 13, 17, 18, 19, 32, 33, 34, 42, 43 und 44 des Patents handelt es sich um schematische Darstellungen von Ausführungsbeispielen. Auch den Figuren ist keine Definition der genannten Begriffe zu entnehmen. Selbst wenn man der Ansicht folgte, dass in allen diesen Figuren die zweite Reliefstruktur als vollständig mit einem räumlich entlang der Reliefstruktur ausgerichteten Dünnschichtelement versehen dargestellt sei, würde die Fachperson dieses Merkmal nicht als notwendiges Merkmal in den unabhängigen Anspruch 14 hineinlesen.
2.5 Der Begriff "räumlich" in Merkmal 14.3.2 bezieht sich auf die Ausrichtung des farbigen Dünnschichtelements und nicht auf die Größe einer Fläche, über welche sich das Dünnschichtelement erstreckt. Die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Interpretation, wonach das Dünnschichtelement so ausgerichtet ist, dass sie dort, wo sie auf der Reliefstruktur aufgebracht ist, entsprechend einer Neigung der darunter liegenden Struktur geneigt ist, beschreibt eine räumliche Ausrichtung des Dünnschichtelements. Sie steht somit im Einklang mit dem fachmännischen Verständnis des Begriffs "räumlich" in Merkmal 14.3.2.
2.6 Die Beschwerdegegnerin ist der Auffassung, der Anspruch 14 des erteilten Patents sei ein abhängiger Anspruch im Sinne der Regel 43 (4) EPÜ, da er alle Merkmale der vorangehenden Verfahrensansprüche enthalte.
Laut Regel 43 (3) EPÜ ist ein abhängiger Patentanspruch jedoch ein solcher, der alle Merkmale eines anderen Patentanspruchs enthält. Der Anspruch 14 des erteilten Patents ist laut Merkmal 14.1 auf ein Sicherheitselement gerichtet. Dieses Sicherheitselement "enthält" jedoch nicht ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 13. Vielmehr ist das Sicherheitselement laut Merkmal 14.4 durch das Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 13 erhältlich.
2.7 Ferner vertritt die Beschwerdegegnerin die Ansicht, der Anspruch 14 des erteilten Patents verlange, dass das beanspruchte Sicherheitselement durch das Verfahren gemäß einem der erteilten Ansprüche 1 bis 13 hergestellt wurde.
Bei dem Anspruch 14 handelt es sich jedoch um einen Product-by-Process-Anspruch (siehe auch "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts", Zehnte Auflage, Juli 2022, II.A.7 und I.C.5.2.7). Das Merkmal 14.4 grenzt den beanspruchten Gegenstand daher nur dann von der Druckschrift D1 ab, wenn hieraus folgt, dass das beanspruchte Sicherheitselement andere Eigenschaften aufweist als die in der Druckschrift D1 offenbarten Sicherheitselemente.
2.8 Im Hinblick auf das Merkmal 14.4 und den darin enthaltenen Rückbezug auf die Verfahrensansprüche verweist die Beschwerdegegnerin auf die Merkmale 1.4 und 1.5.1 des Anspruchs 1 und die entsprechenden Merkmale der anderen unabhängigen Verfahrensansprüche.
Zwischen den Beteiligten ist dabei strittig, wie die Fachperson den Begriff "vollflächig" in Merkmal 1.5.1 verstanden hätte.
Weder die Ansprüche noch das Patent als Ganzes enthält eine Definition der Begriffe "vollflächig" und "vollflächiges Aufbringen".
Gemäß Merkmal 1.4 wird die lösliche Waschfarbe auf eine solche Weise aufgedruckt, dass die Bereiche der ersten und zweiten Reliefstruktur Aussparungen in der aufgebrachten Waschfarbe bilden. Die Waschfarbe wird somit nicht vollflächig aufgebracht, sondern nur bereichsweise. Bereiche der ersten und zweiten Reliefstruktur bilden Aussparungen, während andere Bereiche mit der Waschfarbe versehen werden. Die Fachperson versteht den Begriff "vollflächig" in dem unmittelbar auf das Merkmal 1.4 folgenden Merkmal 1.5.1 im Gegensatz hierzu so, dass das farbige Dünnschichtelement nicht nur bereichsweise, also beispielsweise nur in den Bereichen der ersten und zweiten Reliefstruktur, aufgebracht wird. Vielmehr wird es vollflächig und somit sowohl in den Bereichen der ersten und zweiten Reliefstruktur als auch in den mit Waschfarbe versehenen Bereichen aufgebracht.
Diese Auslegung des Begriffs "vollflächig" ist ferner konsistent mit der Verwendung des gleichen Begriffs in den Absätzen [0116] und [0117] der Druckschrift D1. Dort wird von einer partiellen Ausformung der Schicht 24 gesprochen, bei der in dem Bereich 31 nur in den mit den Facettenflächen 50 belegten Teilbereichen eine metallische Reflexionsschicht vorgesehen ist, nicht jedoch in den nicht mit den Facettenflächen belegten Teilbereichen. Den Absätzen [0116] und [0117] der Druckschrift D1 ist unstrittig zu entnehmen, dass das Dünnschichtelement bei der Figur 3b der Druckschrift D1 im Gegensatz hierzu vollflächig aufgebracht ist, da dort nicht nur die mit Facettenflächen 50 belegten Teilbereiche, sondern zusätzlich auch die nicht mit den Facettenflächen belegten Teilbereiche des Bereichs 31 mit dem Dünnschichtelement versehen sind. Für ein vollflächiges Aufbringen des Dünnschichtelements kommt es daher im Lichte der Druckschrift D1 nicht auf eine Beschichtung der senkrecht verlaufenden Flanken an.
Die Beschwerdegegnerin trägt vor, im Patent habe der Begriff "vollflächig" eine gegenüber der Druckschrift D1 andere Bedeutung und beziehe sich auf das gesamte Sicherheitselement einschließlich der gesamten Oberfläche der zweiten Reliefstruktur.
Diese Interpretation ist jedoch nicht durch die Ansprüche oder das Patent als Ganzes gestützt. Sowohl in dem Patent als auch in der Druckschrift D1 wird der Begriff im Zusammenhang mit einer Reliefstruktur eines Sicherheitselements verwendet. Im Rahmen des Patents wird der Begriff des "vollflächigen" Aufbringens lediglich im Zusammenhang mit und in Abgrenzung zu einem zuvor erfolgten lediglich bereichsweisen Aufbringen der Waschfarbe verwendet. Die Fachperson versteht diesen Begriff daher konsistent im Patent und in der Druckschrift D1 auf gleiche Weise.
Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, der Anspruch 1 des erteilten Patents lasse offen, ob zwischen den Mikrospiegeln Flanken vorhanden seien. Falls sie vorhanden seien, seien sie jedoch Teil der Reliefstruktur und müssten mit dem Dünnschichtelement versehen sein.
Wie oben ausgeführt, ist der Druckschrift D1 zu entnehmen, dass es für ein vollflächiges Aufbringen einer Schicht unbeachtlich ist, ob zwischen den Facetten senkrecht verlaufende Flanken beschichtet sind oder nicht. Dies gilt auch für das Patent. In der Beschreibung und den Figuren des Patents ist kein einziges Ausführungsbeispiel mit senkrechten Flanken offenbart. Das Patent gibt auch nicht an, dass der Begriff des "vollflächigen" Aufbringens anders als oben ausgeführt zu verstehen ist, falls senkrechte Flanken vorhanden sind.
2.9 Die Fachperson entnimmt der in Figur 3b der Druckschrift D1 gezeigten Ausgestaltung somit, dass in dem Bereich 31 das Dünnschichtelement räumlich entlang der darunter liegenden Reliefstruktur verläuft. Ferner ist das damit offenbarte Sicherheitselement durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 erhältlich, bei dem gemäß Merkmal 1.5.1 ein farbiges Dünnschichtelement vollflächig aufgebracht wird.
Die Merkmale 14.3.2 und 14.4 sind daher in diesem Zusammenhang offenbart.
2.10 Der Gegenstand des Anspruchs 14 des erteilten Patents ist damit nicht neu gegenüber der Druckschrift D1, so dass der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung entgegensteht.
3. Hilfsantrag 1
Die auf ein Sicherheitselement gerichteten Ansprüche des erteilten Patents werden im Rahmen des Hilfsantrags 1 nicht weiterverfolgt. Die auf ein Verfahren gerichteten Ansprüche des Hilfsantrags 1 beruhen aus den oben unter Punkt 1. in Bezug auf den Hauptantrag genannten Gründen auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Beschwerdeführerin erhob keine weiteren Einwände gegen den Anspruchssatz des Hilfsantrags 1.
4. Schlussfolgerungen
Der Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ i.V.m. Artikel 54 EPÜ steht der Aufrechterhaltung des Patents in erteilter Fassung entgegen, so dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben ist. Der Anspruchssatz des Hilfsantrags 1 der Beschwerdegegnerin ist hingegen gewährbar. Der Kammer erscheint es zweckmäßig, die Angelegenheit zum Zwecke der Beschreibungsanpassung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen. Die Beteiligten hatten gegen dieses Vorgehen keine Einwände.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geänderter Fassung mit den Ansprüchen 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag 1, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, und einer gegebenenfalls anzupassenden Beschreibung und Zeichnungen, aufrechtzuerhalten.