T 0725/89 (Regelung/METALLGESELLSCHAFT) 20-05-1992
Download und weitere Informationen:
Verfahren zum Erzeugen eines schwefeltrioxidhaltigen Gases für die Abgasreinigung im Elektrofilter
Zulässigkeit der Beschwerde (ja) - Beschwerde begründet
Offenkundige Vorbenutzung durch Angebot
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Admissibility of Appeal - appeal allowable
Prior use by means of bid
Inventive step (yes)
I. Auf die europäische Patentanmeldung 82 200 153.3 wurde das europäische Patent 0 062 930 aufgrund von sieben Ansprüchen erteilt. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Verfahren zum Erzeugen eines SO3-haltigen Gases durch Verbrennen von Schwefel mit von einem Gebläse geförderter Verbrennungsluft in einem Ofen zur Erzeugung eines SO2- reichen Verbrennungsgases, das durch einen Konverter zum katalytischen Umwandeln von SO2 in Gegenwart von Sauerstoff zu SO3 geleitet und einem wasserdampfhaltigen Abgas vor der Reinigung in einem Elektrofilter zugemischt wird, wobei der Schwefel in flüssiger Form über eine Dosiereinrichtung und die Verbrennungsluft durch einen Lufterhitzer dem Ofen zugeführt werden, dadurch gekennzeichnet, daß man durch über eine direkte Leitung von der Dosiereinrichtung zum Lufterhitzer geführte Regelungssignale den Lufterhitzer so steuert, daß dem Ofen bei verringerter Schwefelzufuhr Verbrennungsluft mit höheren Temperaturen zugeführt wird."
II. Gegen die Patenterteilung legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) wegen fehlender Neuheit und erfinderischer Tätigkeit Einspruch ein. Sie hat eine offenkundige Vorbenutzung einer SO3-Konditionierungsanlage durch Angebot geltend gemacht und zu deren Nachweis folgende Beweismittel eingereicht:
- Anlage I: Angebot WFD 255 B der Firma Walther & Cie an die Firma EDF-Centrale de Vitry/Seine datiert vom 26. Februar 1981
- Anlage II: Brief vom 27. Januar 1981 der Grillo- Werke AG an Walther & Cie AG, betreffend eine Schwefelverbrennungsanlage für die SO3-Konditionierungsanlage
- Anlage III: Interner Bericht der Walther & Cie AG vom 13. Januar 1981 über eine Besprechung mit Fa. Grillo
- Anlage IV: Angebot P-798 R-1 von Wahlco Inc. an Walther & Cie AG vom 29. Juni 1979
- Anlage V: Zeichnung von Walther AG, Proj. Nr. U 80/1819/45, Zeichnung U 80/930 vom 3. Oktober 1980
- Anlage VI: Bericht über eine im April 1980 stattgefundene Vortragsveranstaltung für Lizenzinhaber
- Anlage VII: Telex vom 16. März 1981 von Walther Nancy an Walther DT zu hd. Herrn Gomoll.
Außerdem wurde die Vernehmung eines Zeugen zum Beweis der behaupteten Tatsachen angeboten. Im Laufe des Einspruchsverfahrens haben die Parteien zusätzlich auf Patentliteratur verwiesen, von der im Beschwerdeverfahren nur das Dokument US-A-3 993 429 (Dokument (1)) eine Rolle spielte.
III. Am 12. Januar 1988 hat die Einspruchsabteilung eine Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen durchgeführt. In einer Zwischenentscheidung hat sie festgestellt, daß das Patent im geändertem Umfang aufgrund der in der Mitteilung gemäß Regel 58 (4) vom 13. Oktober 1988 angegebenen Unterlagen aufrechterhalten werden kann. Die geänderten Ansprüche unterscheiden sich von den erteilten im wesentlichen dadurch, daß die abhängigen Ansprüche 3 und 4 gestrichen und die folgenden Ansprüche umnumeriert worden sind. Der Hauptanspruch 1 ist mit dem erteilten Anspruch 1 identisch.
In der Zwischenentscheidung wird ausgeführt, daß die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 10. Februar 1989 für die Entscheidung außer Betracht bleibe, da sie außerhalb der mit der Mitteilung gemäß Regel 58 (4) gesetzten Frist eingereicht worden sei. Nach der Zeugenvernehmung sei die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis gekommen, daß die Anlagen I bis VII zum Stand der Technik im Sinne des Artikels 54 (2) gehören würden. Die Offenbarung dieser Anlagen gehe jedoch nicht über den Inhalt des Dokuments (1) hinaus, das den nächstliegenden Stand der Technik darstelle. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheide sich von dem Verfahren gemäß (1) durch eine andersartige Regelung. Aufgabe der Erfindung sei es die Betriebsbedingungen im Ofen und/oder Konverter auf einfache und sichere Weise mit möglichst geringer Trägheit zu regeln und diese Regelung bei vermindertem apparativen Aufwand durchzuführen. Zur Lösung dieser Aufgabe werde gemäß Streitpatent die zudosierte Schwefelmenge als Führungsgröße verwendet und, dem nachgeordnet, die Temperatur der Verbrennungsluft im dazu umgekehrt proportionalen Verhältnis gesteuert. Die Regelung der Temperatur im Konverter über die Menge des flüssigen Schwefels als Führungsgröße biete sich nicht als einzig weitere praktische Möglichkeit zur Regelung über die Temperatur und die Menge der Verbrennungsluft als Führungsgröße an. Vielmehr würde der Fachmann versuchen, die zuletzt genannte Regelung zu verbessern. Er habe sich nicht quasi in einer "Einbahnstraße-Situation" befunden.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin Beschwerde erhoben und eine Begründung dazu eingereicht. In der Beschwerdefrist hat sie vorgetragen, daß ihre von der Einspruchsabteilung nicht zur Kenntnis genommene Eingabe vom 10. Februar 1989 fristgerecht eingereicht worden sei und daß diese Eingabe einschließlich der genannten Zitate, zum Gegenstand der Beschwerdebegründung gemacht werde. Ferner hat sie ausgeführt, daß bei der vorbenutzten Anlage die Temperatur der dem Ofen zugeführten Verbrennungsluft bei Verringerung der Menge des zugeführten Schwefels erhöht werde und dies mittels einer Regelung sichergestellt werde. Demgegenüber verbleibe als Neuheitsmerkmal im Hauptanspruch nur die Steuerung des Lufterhitzers durch über eine direkte Leitung von der Dosiereinrichtung zum Lufterhitzer geführte Regelungssignale. Diese Steuerungsweise über eine direkte Leitung sei für jeden Fachmann und insbesondere für einen Regelungsfachmann naheliegend. Zur Begründung dieser Aussage hat die Beschwerdeführerin auf die Eingabe vom 10. Februar 1989 verwiesen. In einem weiteren Schriftsatz hat sie u. a. dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin über die Unzulässigkeit der Beschwerde widersprochen.
In der mündlichen Verhandlung am 20. Mai 1992 hat die Beschwerdeführerin auf Befragung der Kammer über das Empfangsdatum der Anlage I bei der Firma EDF erklärt, daß die Unterlagen der Firma EDF ausgehändigt worden seien und daß Nachweis dafür erbracht werden könne, falls dies für die Entscheidung ausschlaggebend sein sollte. In bezug auf die erfinderische Tätigkeit hat sie vorgetragen, daß gemäß Dokument (1) die Heizleistung des Erhitzers in Abhängigkeit von der Schwefelmenge geändert werde und der Lufterhitzer über eine direkte Signalleitung vom Temperatursensor (70) zum Lufterhitzer geregelt werde. Gegenüber (1) verbleibe als neu nur die Steuerung des Lufterhitzers durch Regelungssignale über eine direkte Leitung von der Dosierpumpe zum Lufterhitzer. Dieses Merkmal würde jedoch alle drei Teilaufgaben, nämlich die Betriebsbedingungen auf einfachere Weise, auf sichere Weise und mit weniger Trägheit zu regeln, nicht lösen. Obwohl die geringere Trägheit durch die Steuerung gemäß Anspruch 1 zweifellos gegeben sei, könne diese einfache Steuerung nicht die gewünschte Sicherheit der Anlage gewährleisten. Die Funktionsfähigkeit sei zwar gegeben solange die Anlage fahre, jedoch werden Änderungen der Heizleistung des Erhitzers, z. B. im Falle von Stromausfall oder Ausfall eines Widerstandes des Erhitzers, und Störungen im S- Verbrennungsofen weder erfaßt noch berücksichtigt, was zur Schädigung des Katalysators führen könne. Um eine sichere Regelung zu erzielen, müsse zusätzlich ein Temperatursensor verwendet und eine Luftregelung durchgeführt werden, wie dies in (1) oder gemäß Anspruch 2 des Streitpatents der Fall sei. Die einfachere Regelung sei jedoch nicht mehr erreicht, wenn man die Merkmale des Anspruchs 2 in Anspruch 1 aufnehme. Darüber hinaus werde gemäß Anspruch 4 die Dosierpumpe über eine Messung des Staubgehalts der Gase geregelt. Die Regelung der Dosierpumpe durch Regelsignale aus dem Rauchdichtemeßgerät sei sehr träge, so daß die Regelung der Anlage insgesamt betrachtet gegenüber (1) keine Verbesserung hinsichtlich der Trägheit aufweise und somit diese Teilaufgabe auch nicht gelöst sei.
V. Die Beschwerdegegnerin hat geltend gemacht, daß die Beschwerde nicht zulässig sei. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Beschwerdeschrift auf ihre Eingabe vom 10. Februar 1989 verwiesen, ohne sich mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen, was nach T 213/85 erforderlich sei. Die Beschwerde sei daher im Sinne von Artikel 108, Satz 3 nicht begründet. Die Eingabe vom 10. Februar 1989 könne nicht als Begründung für eine zulässige Beschwerde angesehen werden, da am 10. Februar 1989 die tragenden Entscheidungsgründe noch nicht bekannt waren.
Zur Frage der erfinderischen Tätigkeit hat die Beschwerdegegnerin ausgeführt, daß gemäß Streitpatent eine Regelung der Betriebsbedingungen auf sichere Weise dann gegeben sei, wenn sie die Einstellung der Temperatur am Eingang des Konverters im Bereich von 380 bis 500°C ermögliche. Bei Schwankungen der Außenlufttemperatur schwanke die Eingangstemperatur des Konverters geringfügig innerhalb dieses Sollwertbereichs. Aufgabe des Patents sei nicht die Sicherheit der Anlage auch beim Stromausfall, bei Pannen oder bei Naturkatastrophen zu gewährleisten. Die Beschwerdegegnerin habe 600 Anlagen gemäß Anspruch 1, d. h. ohne Temperaturmessung, im Betrieb und keine Schwierigkeiten oder Probleme hinsichtlich der Sicherheit seien gemeldet worden. Es treffe nicht zu, daß die Regelung der Dosierpumpe über die Rauchdichtemessung des Gases sehr träge sei. Der Katalysator weise zwar eine höhere Effizienz bei 440°C als bei 380°C auf, jedoch werde eine Effizienz von 99 % bei der Umwandlung von SO2 in SO3 nicht benötigt. In (1) werde die Temperaturmessung als Führungsgröße für die Regelung des Lufterhitzers verwendet. Die zum Beleg der angeblich offenkundigen Vorbenutzung vorgelegten Schriftstücke lägen dem Gegenstand des Streitpatents nicht näher als Dokument (1), was die Beschwerdeführerin bereits zugegeben habe.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
1. Die Beschwerde genügt den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin ist die innerhalb von vier Monaten eingegangene Beschwerdebegründung auch als eine "Begründung" im Sinne von Art. 108, Satz 3 anzusehen.
Gemäß Entscheidung T 213/85 (ABl. EPA, 1987, 482) muß sich eine für die Zulässigkeit einer Beschwerde ausreichende Begründung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. In diesem Fall wurde die Beschwerde mangels ausreichender Begründung als unzulässig verworfen, weil die Beschwerdebegründung sich allein mit der Patentierbarkeit auseinandersetzte, ohne die Zulässigkeit des Einspruchs darzulegen, obwohl durch die angefochtene Entscheidung der Einspruch als unzulässig verworfen wurde. Der vorliegende Fall ist diesem offensichtlich nicht vergleichbar, da es sowohl in der Entscheidung als in der Beschwerdebegründung um die Patentierbarkeit des beanspruchten Verfahrens geht. In der angefochtenen Entscheidung sind die Gründe angegeben, aus welchen die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 10. Februar 1989 außer Betracht bleiben soll, das Dokument (1) und nicht die offenkundige Vorbenutzung den nächstliegenden Stand der Technik darstelle und das beanspruchte Verfahren ausgehend von (1) nicht naheliegend sei.
In der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin dargelegt, aus welchen Gründen die Eingabe vom 10. Februar 1989 ihrer Meinung nach fristgerecht eingegangen sei und daher zur Kenntnis hätte genommen werden müssen. Darüber hinaus hat sie darauf hingewiesen, daß ausgehend von der offenkundigen Vorbenutzung als nächstliegender Stand der Technik das verbleibende Neuheitsmerkmal naheliegend sei und hat zur Begründung dieser Aussage auf die Eingabe vom 10. Februar 1989 verwiesen. Diese Eingabe ist zwar vor Zusendung der schriftlichen Entscheidung eingereicht worden, jedoch hat die Beschwerdeführerin darin die im Protokoll über die mündliche Verhandlung angegebene Auslegung des Inhalts des Dokuments (1) diskutiert und erklärt, warum im Hinblick auf diese Auslegung das beanspruchte Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Da die gleiche Auslegung des Dokuments (1) in der schriftlichen Entscheidung wortwörtlich wiedergegeben ist, gelten diese Argumente analogerweise für die schriftliche Entscheidung. Aus der Tatsache, daß in der Beschwerdebegründung die offenkundige Vorbenutzung als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit genommen wurde, kann nicht gefolgert werden, daß die Beschwerdeführerin nicht auf die tragenden Gründe der Entscheidung eingegangen ist, sondern vielmehr, daß sie diese Vorbenutzung anstatt Dokument (1) als nächstliegenden Stand der Technik angesehen hat. Aus alledem folgt, daß die Beschwerdebegründung in Verbindung mit der Eingabe vom 10. Februar 1989 sich mit den tragenden Gründen der Entscheidung auseinandergesetzt hat. Somit erfüllt die Beschwerde auch die Vorschrift des Art. 108, Satz 3 und ist daher zulässig.
2. Der erteilte Anspruch 1, der im Einspruchsverfahren nicht geändert worden ist, stützt sich auf die ursprünglich eingereichte Beschreibung, Seite 3, Zeilen 16 bis 18, auf Fig. 1 und 2 und auf den ursprünglichen Anspruch 1. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 finden eine Stütze in den ursprünglichen Ansprüchen 2, 5, 8 und 9. Durch Streichung der erteilten abhängigen Ansprüche 3 und 4, der Figuren 4 und 5 und der entsprechenden Offenbarung in der Patentschrift wurde der Schutzbereich des Patents auch nicht erweitert. Daher genügen die Änderungen den Vorschriften des Artikels 123 (2) und (3).
3. Der Anspruch 1 ist von beiden Parteien so ausgelegt worden, daß die Heizleistung des Lufterhitzers durch über eine direkte Leitung von der Dosiereinrichtung zum Lufterhitzer geführte Regelungssignale so gesteuert wird, daß dem Ofen bei verringerter Schwefelzufuhr Verbrennungsluft mit höherer Temperatur zugeführt wird. Es geht aus der Beschreibung eindeutig hervor, daß die Heizleistung des Lufterhitzers über die Dosiereinrichtung angesteuert wird. Daher schließt sich die Kammer dieser Auslegung an.
4. Die Einspruchsabteilung ist nach der Zeugenvernehmung zu dem Ergebnis gekommen, daß die Anlagen I bis VII zum Stand der Technik im Sinne des Artikels 54 (2) gehören würden und somit der Gegenstand des Angebots (a) gemäß Anlagen I, II, III und V einerseits und der Gegenstand des Angebots (b) gemäß Anlage IV andererseits vor dem Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung der Öffentlichkeit durch schriftliche Beschreibung zugänglich gemacht worden sei. Die Kammer kann jedoch diese Auffassung in bezug auf das Angebot (a) aus folgenden Gründen nicht teilen.
4.1. Das Angebot zur Lieferung einer SO3-Konditionierungsanlage an EDF (Anlage I), das von dem Zeugen ausgearbeitet wurde, trägt das Datum 26. Februar 1981. Jedoch ist weder aus der Niederschrift über die Zeugenvernehmung noch aus den anderen Unterlagen zu entnehmen, wann die Anlagen I und V zusammen mit den Anlagen II und III der Firma EDF-GRPT in Vitry/Seine zugeschickt worden sind und ob dieses Angebot vor dem Prioritätsdatum vom 7. März 1981 bei der Firma EDF eingegangen ist. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß dem Gegenstand des Anspruchs 1 in der Tat das Prioritätsdatum 7. März 1981 und nicht erst eines der beiden späteren Prioritätsdaten zukommt. Unter Berücksichtigung der somit kurzen Zeitspanne zwischen dem Anfertigungsdatum der Anlage I und dem Prioritätstag kann es die Kammer nicht als ausreichend wahrscheinlich betrachten, daß das Angebot (a) vor dem Prioritätstag an die Firma EDF ausgeliefert worden ist, selbst wenn zugunsten der Beschwerdeführerin das Datum vom 26. Februar 1981 als Zusendungstag des Angebots (a) angesehen werden sollte. In der Anlage VII ist zwar von einem am 12. März 1981 erteilten mündlichen Auftrag von EDF die Rede, jedoch kann daraus nicht geschlossen werden, daß das Angebot (a) vor dem 7. März 1981 bei der Firma EDF Vitry/Seine eingegangen ist. Das Argument der Beschwerde- führerin in der mündlichen Verhandlung, das Angebot (a) sei der Firma EDF ausgehändigt worden, steht in Widerspruch zu der Aussage des Zeugen im Punkt 7 der Niederschrift der Vernehmung, wonach die Anlage II und III zusammen mit der Anlage I der Firma EDF zugeschickt worden sind. Daher vermag es die Kammer nicht zu überzeugen. Aus den Zeugenaussagen geht auch nicht hervor, wann das Angebot (a) noch an andere Firmen abgegeben wurde und wann die gesamten Anlagen bei der Firma EDF in Vitry vorgeführt worden sind (siehe Punkt 5). Die Kammer muß davon ausgehen, daß diese Vorführung der SO3- Konditionierungsanlagen erst nach dem Prioritätstag vom 7. März 1981 abgehalten worden ist, da der mündliche Auftrag für diese Anlage am 12. März 1981 ergangen ist. Die Kammer sieht es somit nicht als erwiesen an, daß der Zeitpunkt der behaupteten Vorbenutzung gemäß Angebot (a) vor dem Prioritätstag der Anmeldung liegt. Es bedarf jedoch diesbezüglich keiner weiteren Beweiserhebung, wie sie von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung für den Fall angeboten wurde, daß dies für die Entscheidung ausschlaggebend sein sollte. Denn, selbst wenn es erwiesen wäre, daß das Angebot (a) bei der Firma EDF in Vitry/Seine vor dem Prioritätstag eingegangen sein sollte, müßte die Beschwerde zurückgewiesen werden. Daher wird im folgenden zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt, daß das Angebot (a) vor dem Prioritätsdatum eingetroffen war.
4.2. Bezüglich der Zugänglichkeit des Angebots (a) ist darauf hinzuweisen, daß die Anlage V den folgenden Vermerk enthält: "Il n'est permis de faire usage de ce dessin qu'avec autorisation expresse ou licence spéciale". Der Zeuge hat diesen Vermerk so verstanden, daß "der Inhalt dieser Zeichnung als vertraulich deklariert ist" (siehe Punkt 14 der Zeugenvernehmung). So wird er auch von der Kammer verstanden. Nach Auffassung der Kammer war somit durch diesen Vermerk die Verwendung oder die Verbreitung des Inhalts der Anlage V aus Vertraulichkeitsgründen beschränkt. Es wurde auch nicht vorgetragen, daß diese Geheimhaltungsverpflichtung gebrochen wurde. Daher ist die Zeichnung V durch die Zuleitung an die Firma EDF-GRPT nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden (siehe Entscheidung T 300/86 vom 28. August 1989, im ABl. EPA nicht veröffentlicht). Daraus ergibt sich, daß die Anlage V nicht als zum Stand der Technik gehörig angesehen werden kann.
Aus der Niederschrift der Zeugenvernehmung und aus dem Brief der Beschwerdeführerin vom 3. April 1987 ist zu entnehmen, daß die anderen Anlagen I, II und III des Angebots (a), die keinen Vertraulichkeitsvermerk enthalten, ohne Auferlegung einer Geheimhaltungs- verpflichtung der Firma EDF-GRPT übergeben worden sind. Daher gelten sie als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
4.3. Bezüglich des Angebots (b) der Firma Wahlco Inc. vom 29. Juni 1979 an die Firma Walther & Cie (Anlage IV) besteht für die Kammer kein Grund anzuzweifeln, daß dieses Dokument zum Stand der Technik im Sinne des Art. 54 (2) gehört. Das gleiche gilt für die schriftliche Zusammenfassung des im April 1980 gehaltenen Vortrags (Anlage VI), die den Teilnehmern ausgehändigt worden ist.
5. Die in der Eingabe der Beschwerdeführerin vom 10. Februar 1989 zitierte Literaturstelle wurde hinsichtlich ihrer Relevanz geprüft. Da diese Literaturstelle keine relevante Information bezüglich der Regelung der SO3-Konditionierungsanlage enthält, wird sie als verspätet vorgebracht nicht berücksichtigt (Art. 114 (2)).
6. Weder die Anlage I, II, III, IV und VI noch das Dokument (1) offenbaren die Steuerung der Heizleistung des Lufterhitzers durch über eine direkte Leitung von der Dosiereinrichtung zum Lufterhitzer geführte Regelungs- signale. Somit ist das Verfahren gemäß Anspruch 1 neu. Da die Neuheit auch von den Parteien unbestritten ist, erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.
7. Dokument (1) stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin nicht mehr bestritten. Dieses Dokument offenbart ein Verfahren zum Erzeugen eines SO3-haltigen Gases, das alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 aufweist (vgl. Spalte 2, Zeilen 3 bis 9 und 47 bis 65; Spalte 6, Zeilen 50 bis 64 und Spalte 7, Zeilen 22 bis 38; Fig. 1). Gemäß (1) liegen die optimalen Betriebstemperaturen für den katalytischen Konverter deutlich unterhalb 649°C, z. B. von ca 416 bis 454°C und die Konvertertemperatur wird innerhalb dieses Bereiches durch einen Regelkreis gehalten. Zu diesem Zweck wird die Temperatur am Konvertereingang durch den Temperaturfühler (70) gemessen und die Heizleistung des Lufterhitzers (30) durch über die Regelschleife (58) vom Temperaturfühler zum Lufterhitzer geführte Regelungssignale geregelt. Diese Regelungssignale gehen als feed-back-Signale in den Regler (75) ein, der die Schwefeldosierpumpe (38) in Abhängigkeit von den Lastbedingungen im Kessel (50) regelt. Um die Temperatur im Schwefelbrenner (32) auf dem optimalen Wert zu halten wird zusätzlich die Temperatur am Schwefelbrennerausgang gemessen (Fühler 68) und damit die Menge der Verbrennungsluft geregelt (vgl. Spalte 3, Zeilen 43 bis 50 und 64 bis 68; Spalte 4, Zeilen 1 bis 13 und 26 bis 42; Spalte 4, Zeile 54 bis Spalte 5, Zeile 11; Fig. 1). In der einfacheren Variante gemäß Fig. 2 werden diese letzte Regelung und die feed-back-Schleife weggelassen.
Wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, weist dieses Regelungsverfahren den Nachteil auf, daß infolge der großen Wärmekapazität des S-Verbrennungsofens relativ große Verzögerungen entstehen bis Veränderungen der Schwefelzufuhr vom Temperaturfühler registriert werden.
7.1. Demgegenüber kann die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe darin gesehen werden, die Betriebsbedingungen im Ofen und/oder Konverter, bei vermindertem apparativen Aufwand, auf einfachere und sichere Weise und mit weniger Trägheit zu regeln, wobei unter Regelung auf sichere Weise zu verstehen ist, daß die Einhaltung der Temperatur am Konvertereingang im Bereich von 380 bis 500°C gewährleistet wird.
Zur Lösung dieser Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen, die Heizleistung des Lufterhitzers durch über eine direkte Leitung von der Schwefeldosiereinrichtung zum Lufterhitzer geführte Regelungssignale so zu steuern, daß dem Ofen bei verringerter Schwefelzufuhr Verbrennungsluft mit höheren Temperaturen zugeführt wird.
7.2. Es ist glaubhaft, daß die beanspruchte direkte Steuerung des Lufterhitzers mit Verwendung der zudosierten Schwefelmenge als Führungsgröße weniger Verzögerung zur Folge hat als die Regelung gemäß (1). Dies wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Der Behauptung der Beschwerdeführerin, daß die Regelung der Dosierpumpe über die Messung des Staubgehalts im Gas gemäß Anspruch 4 sehr träge sei und daher die Regelung der Anlage insgesamt betrachtet gegenüber (1) keinen Vorteil hinsichtlich der Trägheit aufweise, wurde von der Beschwerdegegnerin widersprochen. Die Beschwerdeführerin, die als Einsprechende die Beweislast hat, hat jedoch in dieser Hinsicht keinen Beweis zur Stützung ihrer Behauptung erbracht. Darüber hinaus wird die Schwefeldosierung nicht unbedingt über eine Messung des Staubgehalts im Gas geregelt, sondern kann z. B. über die im Anspruch 5 angegebene Variante geregelt werden. Unter diesen Umständen kann die Kammer den Argumenten der Beschwerdeführerin nicht folgen.
Es ist auch offensichtlich, daß durch die beanspruchte Steuerung die Betriebsbedingungen im Konverter auf einfachere Weise als in (1) und mit weniger apparativem Aufwand geregelt werden. Unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerdegegnerin in ihrer Eingabe vom 15. Januar 1992 und während der mündlichen Verhandlung sieht die Kammer auch keine Gründe anzuzweifeln, daß durch die im Anspruch 1 angegebenen Maßnahmen eine Regelung innerhalb des Sollwertbereichs von 380 bis 500°C auch bei Schwankungen der Außenlufttemperatur um +30°C gewährleistet ist. Die zusätzlichen Argumente der Beschwerdeführerin über die mangelnde Sicherheit der Steuerung gemäß Anspruch 1 im Falle von Störungen im S- Verbrennungsofen oder eines Stromausfalls (siehe Punkt IV) bringen keinen Beweis dafür, daß die oben definierte Aufgabe durch die beanspruchten Maßnahmen nicht gelöst worden ist, denn diese Aufgabe besteht nicht darin, die Temperatur am Eingang des Konverters innerhalb des angegebenen Sollwertbereichs auch im Falle von Pannen oder Stromausfall zu regeln. Wie von der Beschwerdegegnerin ausgeführt, wird das Risiko einer Schädigung des Katalysators beim Stromausfall oder bei Störungen des S- Verbrennungsofens durch andere übliche Maßnahmen vermieden, die jedoch nicht Gegenstand des Streitpatents sind. Es ist ferner darauf hingewiesen worden, daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 in 600 Anlagen der Beschwerde- gegnerin verwendet wird, ohne daß Schwierigkeiten bezüglich der Sicherheit der Regelung aufgetreten wären. Nach Auffassung der Kammer ist daher glaubhaft, daß die bestehende Aufgabe durch die Merkmale gemäß Anspruch 1 tatsächlich gelöst worden ist.
8. Nach der einfacheren Regelungsvariante des Dokuments (1), Fig. 2, wird die Temperatur am Konvertereingang (oder am Schwefelbrennerausgang) innerhalb des gewünschten optimalen Temperaturbereichs dadurch geregelt, daß bei Änderungen der Schwefelzufuhr die Heizleistung des Lufterhitzers durch vom Temperaturfühler am Konvertereingang ausgehende, zum Lufterhitzer laufende Regelungssignale geändert wird (vgl. Spalte 5, Zeilen 38 bis 54). Ferner ist in (1) offenbart einerseits, daß bei maximaler Schwefelzufuhr die Verbrennungsluft nur geringfügig erhitzt wird, z. B. auf eine Temperatur von 38°C, da die aus der Schwefelverbrennung erzeugte Wärme ausreicht, um die gewünschte Betriebstemperatur des Schwefelbrenners aufrechtzuerhalten, und andererseits, daß die Luft bei fehlender Schwefelzufuhr auf die Zündtemperatur des Schwefelbrenners, z. B. ungefähr 427°C, erhitzt wird (vgl. Spalte 4, Zeilen 43 bis 48; Spalte 3, Zeilen 18 bis 21 und 32 bis 36).
Selbst wenn der Fachmann aus diesem Hinweis hätte entnehmen können, daß bei verringerter Schwefelzufuhr die Temperatur der dem Schwefelbrenner zugeführten Luft erhöht werden soll, wäre er im Lichte der gesamten Lehre aus (1) nicht dazu angeregt, auf die Temperaturmessung am Konvertereingang zu verzichten und die Heizleistung des Lufterhitzers durch über eine direkte Leitung von der Schwefelpumpe zum Lufterhitzer geführte Regelungssignale zu steuern, um die gestellte Aufgabe zu lösen. Denn diese Temperaturmessung ist in allen Varianten des Regelungssystems gemäß (1) als erforderlich betrachtet für die Regelung der Gastemperatur am Konvertereingang innerhalb des erforderlichen Bereiches und die gemessene Temperatur wird als Führungsgröße für die Regelung der Heizleistung des Erhitzers verwendet, so daß der Fachmann im Hinblick auf diese Lehre nicht erwarten konnte, daß durch eine Steuerung ohne Temperaturmessung die Gastemperatur am Konvertereingang innerhalb des gewünschten Sollwertbereichs von 380 bis 500°C hätte gehalten werden können. Unter diesen Umständen hätte der Fachmann keinen Grund gehabt, Versuche in dieser Richtung zu unternehmen, zumal, wie in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, andere Alternativen sich anboten.
Die Tatsache, daß ein breiterer Temperaturbereich am Konvertereingang bei der katalytischen Umwandlung nicht zu so hohen Umsatzraten wie bei einer konstanten Temperatur von ungefähr 440°C führt, ist insofern nicht als beeinträchtigend für das Verfahren anzusehen, als Umsatzraten von 99 % nicht benötigt werden und die nach dem beanspruchten Verfahren erzielten hohen Umsätze völlig ausreichend für die Konditionierung der Rauchgase sind, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen und von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
8.1. Aus der Anlage I des Angebots (a) erfährt der Fachmann, daß abwärts des Kompressors ein konstanter Luftmengestrom in zwei Teilströme aufgeteilt wird, deren Mengenverhältnis in Abhängigkeit von der Schwefelmenge geregelt wird. Es ist ferner aus Anlage I zu entnehmen, daß die Primärluft (oder Verbrennungsluft) auf die Verbrennungstemperatur durch einen elektrischen Lufterhitzer gebracht wird, während die Sekundärluft durch einen zweiten Lufterhitzer so erhitzt wird, daß sie nach ihrer Vereinigung mit der Primärluft und SO2 die für die katalytische Umwandlung erforderliche Temperatur aufweist (siehe Seiten 4, 5, und 8 des Teils "Spécifications techniques"). Anlage I enthält jedoch keinerlei Angaben darüber, wie die Temperatur am Konvertereingang oder die Heizleistung der beiden Lufterhitzer geregelt werden soll.
In der Anlage III ist zusätzlich beschrieben, daß die Stellung des zur Aufteilung des Luftstroms dienenden Dreiwegeventiles - und somit die dem Schwefelbrenner zugeführte Luftmenge - von der am Austritt des Schwefel- brenners gemessenen Temperatur geregelt wird, um diese Temperatur möglichst konstant zu halten. Von einer Steuerung der Heizleistung des Lufterhitzers durch über eine direkte Leitung von der Dosierpumpe zum Lufterhitzer geführte Regelungssignale ist nicht die Rede.
Aus der Tabelle von Anlage II kann abgeleitet werden, daß bei Verringerung der Schwefelzufuhr nicht nur die Temperatur der dem Schwefelbrenner zugeführten Verbrennungsluft erhöht wird, sondern auch die Luftmenge erniedrigt und die Temperatur des Luftstroms über den zweiten Lufterhitzer erhöht wird. Es ist jedoch daraus nicht zu entnehmen, wie die einzelnen Aggregate regeltechnisch miteinander verknüpft sind und wie die Regelung dieser Parameter im einzelnen funktionieren soll. Unter diesen Umständen kann diese Tabelle auch in Verbindung mit der Lehre aus den Anlagen I und III nicht auf die beanspruchte Lösung hindeuten.
8.2. Das Wahlco-Angebot gemäß Anlage IV offenbart, daß bei niedrigerer SO3-Produktion die Gastemperatur im Konverter durch Erhöhung der Heizleistung des Lufterhitzers auf der gewünschten Temperatur gehalten wird. Wie die Regelung dieser Temperatur im einzelnen durchgeführt wird, insbesondere welche Führungsgröße für die Regelung des Lufterhitzers verwendet wird, ist aus diesem Angebot nicht zu entnehmen. Somit geht der Inhalt dieses Angebots nicht über das hinaus, was aus Dokument (1) schon entnommen werden kann.
Die Anlage VI ist von der Beschwerdeführerin nur im Zusammenhang mit den Merkmalen der abhängigen Ansprüche 4 und 5 zitiert worden und enthält keinen Hinweis, der den Weg zur beanspruchten Lösung vorzeichnen könnte.
9. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents und damit auch die der abhängigen Ansprüche 2 bis 5 die Vorraussetzungen für Patentfähigkeit gemäß Artikel 52 (1) EPÜ erfüllen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.