T 0901/95 29-10-1998
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Verfahren zum dauernden Parallellauf eines Synchronwellengenerators mit mindestens einem Dieselgenerator eines Hilfsdieselaggregates
Offenkundigkeit der geltend gemachten Vorbenutzungen nicht bewiesen
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
I. Die Beschwerdeführerin hat gegen das europäische Patent Nr. 0 231 840 Einspruch eingelegt. Ihre Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs.
II. Die Ansprüche 1 und 10 lauten unter Einführung von Merkmalsbezeichnungen (a bis f) für den Anspruch 1 wie folgt:
"1. Verfahren zum dauernden Parallellauf eines Synchronwellengenerators, der von einer Hauptantriebsmaschine angetrieben wird, mit mindestens einem Dieselgenerator eines Hilfsdieselaggregates mit oder ohne Frequenzstatik, mit Fest- oder Gleitfrequenz bei Inselnetzen, dadurch gekennzeichnet,
a) daß die Hauptmaschine (1) mit einer hochdynamischen Drehzahlregelungseinrichtung (4) ausgerüstet wird, mit der nach dem Synchronisieren des Synchronwellengenerators (3) mit dem Dieselgenerator (7, 8) die Frequenz des Bordnetzes (21) geregelt wird,
b) daß nach der Synchronisation des Hilfsdieselaggregates mit dem Wellengenerator (3) der Hilfsdiesel (5, 6) von Frequenz- auf Leistungsregelung umgeschaltet wird,
c) daß der Hilfsdiesel (5, 6) mit einem elektronischen, proportional gesteuerten Füllungssteller (9, 10) versehen wird,
d) daß beim Parallellauf der Generatoren (3, 7, 8) kontinuierlich die Summen-Wirkleistung von Synchronwellen- und Dieselaggregat gemessen wird,
e) daß daraus ein anteiliger Sollwert unter Berücksichtigung der Nennleistung der Aggregate für die Leistungs- resp. Füllungsregelung des Hilfsdieselaggregates errechnet wird, und
f) daß nach Synchronisation eine vorher bestehende Last-Störgrößenaufschaltung der Leistungsregelung des Hilfsdieselaggregates abgeschaltet wird."
"10. Schaltungsanordnung zur Bildung eines anteiligen Sollwertes für einen Synchronwellengenerator und einen Dieselgenerator zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß ein Summenbildungsglied (12) zur Bildung der Summenwirkleistung ( Psoll) des Bordnetzes (21) aus den Istwerten der Wirkleistungen des Synchronwellengenerators (3/PWGist) und des Dieselgenerators (7/PDG1ist bzw. 8/PDG2ist) vorgesehen ist, daß sich dem Summenbildungsglied (12) eine Einrichtung (13) zur positiven oder negativen Leistungsvorgabe für den Synchronwellengenerator (3) anschließt, und daß dieser Einrichtung (13) eine Einrichtung (16) zur Bereitstellung eines anteiligen Sollwertes für den Füllungssteller (9 bzw. 10) des Hilfsdiesels (5 bzw. 6) des Dieselaggregates nachgeordnet ist."
III. Auf folgende im Einspruchsverfahren genannte und von der Einspruchsabteilung berücksichtigte Dokumente ist im Beschwerdeverfahren hingewiesen worden:
D1: DE-C-3 132 302,
D2: DE-C-3 105 042,
D3: DE-C-3 034 732,
D4: EP-A-46 530.
D5: DE-A-1 488 932 und
D6: "Automatisierung des Schiffsbetriebes", Sonderdruck der Firma Siemens AG (Siemens - Schiffbau) vom September 1984 eines Aufsatzes aus "Handbuch der Werften Bd XVII" Kapitel C "Die Automatisierung der elektrischen Energieerzeugung auf Schiffen", Seiten 30 bis 40.
Erneut wurden auch im Einspruchsverfahren nach Ablauf der neun Monate Einspruchsfrist behauptete offenkundige Vorbenutzungen geltend gemacht, für die folgende Beweismittel genannt worden waren:
D7: Ein aus zwei Blättern bestehendes "Technisches Datenblatt" der Firma Siemens AG vom 13. Juni 1995 (Copyright Siemens AG 1994) über eine "Praktische Ausführung eines Verfahrens zum dauernden Parallellauf eines Synchronwellengenerators mit mindestens einem Dieselgenerator eines Hilfsdieselaggregates" mit Hinweis auf Vorbenutzungen in den Jahren 1980, 1983 und 1984 in den Schiffen "Castillo de Javier" und "Castillo de Monterry", "Wesergas" und "Beatrice" in Werften in AESA Sestao (Spanien), Lübeck und Hamburg,
D8: Siemens-Druckschrift 83/109 über "Generatorautomatik für Drehstrom-Bordnetzgeneratoren Typ SGA 23", internes Datum: Dez. 1983 und
D9: Siemens-Druckschrift 84/21 über "Automatischer Wirklastabgleicher 6FF4 201 (WAG 48)", Ausgabe: Oktober 1986.
Die Geltendmachung der eigenen Vorbenutzungen durch die Einsprechende erst 17 Monate nach Ablauf der Einspruchsfrist wurde von der Einspruchsabteilung als Verfahrensmißbrauch angesehen. Die Vorbenutzungen wurden daher ungeachtet ihrer möglichen Relevanz in Ausübung des Ermessens nach Artikel 114 (2) EPÜ außer acht gelassen.
Da im Einspruchsverfahren genannte Zeugen nach Angabe der Beschwerdeführerin nicht mehr zur Verfügung stehen, wurde im Beschwerdeverfahren Herr Dipl.-Ing. Wolfgang Rzadki (Verfasser von D7) als Zeuge genannt.
IV. Die Argumente der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Gegenstand des Verfahrens vor der Einspruchsabteilung sei im wesentlichen Verfahrensanspruch 1 gewesen, wobei unwidersprochen davon ausgegangen worden sei, daß die Schaltungsanordnung gemäß Anspruch 10 außerdem Mittel zur Realisierung der einzelnen Maßnahmen gemäß Anspruch 1 aufweise, aber keine selbständigen eventuell erfinderischen Merkmale beinhalte.
Zwar habe die Einspruchsabteilung die verspätet genannten Druckschriften D5 und D6 wegen ihrer Relevanz zugelassen. Die Einsprechende sei aber durch die Nichtzulassung der zum Beweis der behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen angeführten Tatsachen und Beweismittel (D7 bis D9) einerseits und durch die amtsseitige Bewertung des Schutzbegehrens im Hinblick auf den Stand der Technik gemäß den Druckschriften D1 bis D6 andererseits beschwert. Stand der Technik zur Stützung des Einspruchsgrundes nach Artikel 100 a) EPÜ sei mit den Druckschriften D1 bis D4 rechtzeitig genannt worden. Eine spätere Nennung weiteren Standes der Technik ändere am eigentlichen Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ aber nichts. Insofern wären nach Auffassung der Beschwerdeführerin auch die nachträglich genannten eigenen Vorbenutzungen, die letztlich nur den offen bzw. latent vorhandenen Stand der Technik bestätigten, zu berücksichtigen. Gemäß der veröffentlichten Rechtssprechung der Beschwerdekammern (T 258/84, ABl. EPA 1987, 119; T 534/89, ABl. EPA 1994, 464) sei eine nachträglich geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung nur dann nicht zuzulassen, wenn sie erst im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werde. Zwar gehe die während der mündlichen Verhandlung zitierte Entscheidung T 17/91 möglicherweise darüber hinaus. Bei dieser nicht im Amtsblatt veröffentlichten Entscheidung handle es sich aber um einen auf den vorliegenden Fall nicht anwendbaren Sonderfall. Im vorliegenden Verfahren habe eine geänderte subjektive Bewertung des Patentgegenstandes und ein Sachbearbeiterwechsel zu einem späten Vorbringen der Vorbenutzungen veranlaßt, so daß zumindest deren Relevanz im einzelnen hätte überprüft werden müssen.
Im Gegensatz zu den Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung seien durch das Dokument D5 die grundlegenden Prinzipien des Streitpatentes "dauernder Parallellauf des Hilfsdieselaggregates mit dem Wellengenerator" und "nach dem Synchronisieren eine reine Leistungsregelung" vorweggenommen. Dabei werde ein proportional wirkender Füllungssteller verwendet, dem vom übergeordneten Rechengerät ein elektrischer Zusatz-Sollwert mit dem Ziel zugeführt werde, eine proportionale Wirkleistungsverteilung zu erreichen. Zwar offenbare die D5 keine sogenannte hochdynamische Drehzahlregelungseinrichtung, sondern entsprechend dem damaligen Stand der Technik nur eine hydraulische Drehzahlregelungseinrichtung und zusätzliche elektrische Stellglieder zur Beeinflussung eines Steuerschiebers ."
Diese Unterschiede mögen zwar die Neuheit für das im Anspruch 1 angegebene Verfahren begründen, nicht aber erfinderische Tätigkeit. Die Druckschrift D6 sei wegen der dortigen Angaben über einen möglicherweise dauernden Parallelbetrieb zwischen Wellen- und Dieselgenerator wesentlich, wobei der Wirklastabgleich durch die Generatorautomatik des Dieselgenerators vorgenommen werde (siehe die Bilder 2, 3 und 5). Die Generatorautomatik sei modular aufgebaut und biete die Möglichkeit einer Frequenz- und/oder einer entkoppelten Leistungsregelung. Auch wenn in D6 eine Umschaltung von Frequenz- auf Leistungsregelung nicht explizit ausgeführt sei, so müßten hier die im Einspruchsverfahren nachträglich genannten Benutzungstatbestände berücksichtigt werden. Zumindest bei deren Berücksichtigung in Verbindung mit D5 und D6 komme man zum Ergebnis, daß das im Anspruch 1 angegebene Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die Beschwerdeführerin beantragte daher zunächst, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das genannte Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
V. Die Beschwerdegegnerin hat zur Beschwerdebegründung sachlich nicht Stellung genommen, sondern - ohne Zahlung der erforderlichen Änderungsgebühr - lediglich den Übergang des europäischen Patentes auf die STN Atlas Elektronik GmbH mitgeteilt und eine Nachprüfung der Vorbenutzungen durch die Beschwerdekammer befürwortet.
VI. In zwei Bescheiden hat die Kammer dargelegt, daß sie in der späten Geltendmachung der Vorbenutzungen keinen Verfahrensmißbrauch erkennt. Es sei jedoch unklar, ob die in D7 angegebenen Generatoranlagen der Öffentlichkeit tatsächlich vor dem Prioritätstag des vorliegenden Patentes zugänglich waren. Der Beschwerdeführerin wurde mitgeteilt, daß die geltend gemachten Vorbenutzungshandlungen weiters außer Betracht bleiben müssen, wenn sie nicht lückenlos glaubhaft gemacht werden können.
VII. Zur Klärung der Frage der behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen hat die Kammer am 20. Mai 1998 entschieden, den angebotenen Zeugen, Herrn Dipl.-Ing. W. Rzadki, gemäß Regel 72 EPÜ im Rahmen einer für den 14. Oktober 1998 anberaumten mündlichen Verhandlung zu vernehmen.
VIII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat daraufhin mitgeteilt, daß sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.
IX. Die Beschwerdeführerin hat mitgeteilt, daß aufgrund des zwischenzeitlichen Erlöschens des Patentes in den einzelnen benannten Vertragsstaaten nach ihrer Auffassung alle Gründe für die Durchführung der für den 14. Oktober 1998 anberaumten mündlichen Verhandlung und für eine amtsseitige Entscheidung über die Rechtsbeständigkeit des europäischen Patentes entfallen seien. Ein Rechtsschutzbedürfnis zur Fortsetzung des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens von Amts wegen werde von ihrer Seite nicht geltend gemacht. Sie beantragte daher, den anberaumten Termin für die mündliche Verhandlung aufzuheben. Die Beschwerde wurde aber nicht zurückgezogen.
X. Der für den 14. Oktober 1998 anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung wurde daraufhin aufgehoben.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Verfahrensrechtliche Fragen
2.1. Obwohl das Patent nach Auskunft der Beschwerdeführerin für alle benannten Vertragsstaaten erloschen sein soll, ist letzteres für die Vertragsstaaten Spanien (ES) und Italien (IT) bisher nicht belegt. Die Beschwerdeführerin hat zwar mit Schreiben vom 21. August 1998 mitgeteilt, daß nach ihrer Auffassung alle Gründe für eine amtsseitige Entscheidung über die Rechtsbeständigkeit des europäischen Patentes entfallen seien und daß sie auch kein Rechtsschutzbedürfnis an der Fortsetzung des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens von Amts wegen geltend mache. Sie hat aber die Beschwerde nicht zurückgezogen. Die Beschwerdegegnerin hat auf ihre Rechte aus dem Patent von Anfang an nicht verzichtet, sondern mit Schreiben vom 9. April 1998 aus verfahrensökonomischen Gründen die Nachprüfung der Vorbenutzung durch die Beschwerdekammer befürwortet. Das Beschwerdeverfahren kann daher nicht eingestellt werden.
2.2. Die Einspruchsabteilung verfügt hinsichtlich der Anwendung von Artikel 114 (1) und (2) EPÜ über einen Ermessensspielraum. Hiervon hat sie nach Lage des Einzelfalles jedoch objektiv Gebrauch zu machen. Mit der Eingabe vom 12. Juni 1995 wurden von der Beschwerdeführerin verspätet einerseits die Druckschriften D5 und D6 genannt, von denen D6 ein Sonderdruck der Beschwerdeführerin ist. Andererseits wurden gleichzeitig - gestützt auf die Beweismittel D7 bis D9 - offenkundige Vorbenutzungen durch die Beschwerdeführerin geltend gemacht. D7 und D9 sind nachveröffentlicht. Ein Veröffentlichungsdatum für D8 ist nicht bekannt. Die Einspruchsabteilung hat die Druckschriften D5 und D6 wegen ihrer Relevanz im Verfahren berücksichtigt, aber die Beweismittel D7 bis D9 nicht auf ihre technische (sachliche) Relevanz überprüft. Dabei läßt das nur 1,5 Seiten lange Beweismittel D7 in kurzer Zeit insbesondere hinsichtlich der Umschaltung von Synchronisation auf Leistungsregelung eine wesentlich größere technische Relevanz hinsichtlich des Streitpatentes erkennen als die Druckschriften D5 und D6. In dem verspäteten Vorbringen der eigenen angeblichen Vorbenutzungen der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) hat die Einspruchsabteilung einen Verfahrensmißbrauch und einen Verstoß gegen den Grundsatz des guten Glaubens gesehen und daher die geltend gemachten Vorbenutzungen in Ausübung des Ermessens nach Artikel 114 (2) EPÜ nicht berücksichtigt. Obwohl D6 ein Sonderdruck der Einsprechenden vom September 1984 ist, also die Einsprechende als Gesellschaft hiervon Kenntnis haben mußte, wurde die verspätete Nennung dieser Druckschrift von der Einspruchsabteilung nicht als Verfahrensmißbrauch angesehen.
Ein Verfahrensmißbrauch setzt ein vorsätzliches Zurückhalten von Information voraus (vgl. T 534/89, Abschnitt 2.7). Ein derartiges Verhalten ist den Ausführungen der Beschwerdeführerin jedoch nicht zu entnehmen. Bei einer großen Firma, wie Siemens, kann nicht unterstellt werden, daß jeder Sachbearbeiter über alle Firmenaktivitäten im einzelnen informiert ist. Das technische Datenblatt gemäß D7 wurde erst 1994 durch Copyright geschützt und trägt einen Veröffentlichungsvermerk vom 13. Juni 1995. Die Kammer erkennt keinen Verfahrensmißbrauch, wenn bedingt durch einen Sachbearbeiterwechsel - wie als Begründung im vorliegenden Fall angegeben - verspätet auf Projekte einer eigenen großen Firma aufmerksam gemacht wird.
Die späte Zulassung der Druckschriften D5 und D6 einerseits und die Ablehnung der spät vorgebrachten angeblichen Vorbenutzungen andererseits, wäre bei der gegebenen technischen Relevanz jedoch durch die unterschiedliche Beweislage für die Zugänglichkeit des jeweiligen Sachverhaltes an die Öffentlichkeit begründbar gewesen. Vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung hätte die Beweislage für die Zugänglichkeit der relevanten Teile der vorbenutzten Gegenstände durch die Öffentlichkeit kaum mehr geklärt werden können.
Während die Druckschriften D5 und D6 zweifelsfrei vorveröffentlicht sind, ist im nachveröffentlichten Beweismittel D7 lediglich auf Einbaujahre 1980, 1983 und 1984 in drei verschiedenen Werften hingewiesen. Die Behauptung in der Eingabe der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) vom 12. Juni 1995, daß die in D7 beschriebenen Einbauten in einem solchen Zeitraum vor dem Prioritätstag des Streitpatentes erfolgten, daß nach der Lebenserfahrung auch außenstehende Fachleute davon Kenntnis erlangen konnten, ist hier für die zu fordernde lückenlose Glaubhaftmachung (vgl. T 750/94, ABl. EPA 1998, 32) der behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen nicht ausreichend. Hierbei ist nämlich zu berücksichtigen, daß Schiffswerften (wie in D7 genannt) gewöhnlich als abgeschlossene Bereiche und daher nicht als allgemein zugänglich gelten (vgl. Schulte, Patentgesetz, 5. Auflage, § 3, Rdn. 69 sowie die nicht im ABl. EPA veröffentlichte Entscheidung T 245/88, Abschnitt 3.2). Dies könnte umso mehr für dortige Einbauten in Schiffe gelten. Weiterhin können bei der Zusammenarbeit mit Schiffswerften zur Absicherung der gemeinsamen Interessen der Geschäftsparteien bei Fehlens eines anderweitigen Schutzes ausdrückliche oder stillschweigende Geheimhaltungsverpflichtungen nicht ausgeschlossen werden (vgl. T 830/90, ABl. EPA 1994, 713; insbesondere Abschnitt 3.2.2). Es ist weiterhin fraglich, ob die vorliegenden relevanten Verfahrensschritte und die funktionelle Auslegung der Schaltungsmittel hierfür durch bloße Inaugenscheinnahme von eingebauten Einrichtungen erkennbar waren und wann die Energieerzeugeranlagen in Betrieb genommen wurden.
3. Bewertung der Vorbenutzungen
Zur Klärung der Frage, wann die in D7 beschriebenen Anlagen bzw. ihrer relevanten Teile der Öffentlichkeit zugänglich waren, hat die Kammer am 20. Mai 1998 entschieden, den angebotenen Zeugen, Herrn Dipl.-Ing. W. Rzadki gemäß Regel 72 EPÜ im Rahmen einer für den 14. Oktober 1998 anberaumten mündlichen Verhandlung zu vernehmen. Es wurde darauf hingewiesen, daß die geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen weiters außer Betracht bleiben müssen, falls der Nachweis für die Zugänglichkeit der in D7 beschriebenen Anlagen, insbesondere ihrer relevanten Teile, für die Öffentlichkeit nicht erbracht wird. Da die Beschwerdeführerin wegen des angeblichen Erlöschens des Streitpatentes in den einzelnen Vertragsstaaten das Interesse an einer weiteren Sachaufklärung verloren hat und auf Antrag beider Parteien die mündliche Verhandlung aufzuheben war, müssen die geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen weiters außer Betracht bleiben.
4. Bewertung des Schutzbegehrens im Hinblick auf den Stand der Technik gemäß den Druckschriften D1 bis D6.
4.1. Die Neuheit des im Anspruch 1 angegebenen Verfahrens und der im Anspruch 10 angegebenen Schaltungsanordnung wurde im Hinblick auf die Druckschriften D1 bis D6 nicht bestritten.
4.2. Erfinderische Tätigkeit
4.2.1. Nächstliegender Stand der Technik und Aufgabe der Erfindung.
Die Beschwerdeführerin stimmt mit der Einspruchsabteilung überein, daß D5 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt.
Aus der Druckschrift D5 ist ein Verfahren zum dauernden Parallellauf eines Synchronwellengenerators (7) mit einem Dieselgenerator (10) bekannt. Der Synchoronwellengenerator wird von einer Hauptantriebsmaschine (z. B. 1) angetrieben. Der Dieselgenerator (10) ist Teil eines Hilfsdieselaggregates (10, 16). Die Hauptantriebsmaschine hat Drehzahlregelungseinrichtungen zur annähernden Konstanthaltung in Form eines Hauptmaschinenreglers (vgl. Seite 9, 2. Abschnitt) und einer Einrichtung zum Verstellen der Propellersteigung (vgl. Seite 5, letzter Abschnitt). Hiermit wird die Frequenz des Bordnetzes geregelt. Der Hilfsdiesel ist mit einem Füllungssteller (an der Einspritzpumpe 24) versehen. Beim Parallellauf der Generatoren wird kontinuierlich die von den Verbrauchern aus dem Bordnetz entnommene Wirkleistung durch eine Meßeinrichtung gemessen, als Meßgröße in einem Rechen- und Steuergerät verarbeitet und die Füllung der die parallel geschalteten Drehstromgeneratoren antreibenden Hilfsmotoren als Funktion der umgeformten Meßgröße gesteuert. Die Hilfsdieselaggregate werden jedoch vorzugsweise mit voller Füllung, also entsprechend einer Sollwertvorgabe "Vollast" für die Hilfsdiesel, betrieben; vgl. Seite 9, erster Absatz. Je nach Energiebedarf des Bordnetzes arbeitet die Wellenmaschine dann als Motor oder Generator. Demgegenüber liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine hierfür geeignete Schaltungsanordnung zu schaffen, bei dem bzw. der ein Parallellauf auch bei Drehzahländerungen der Hauptmaschine durch Störmomentenstöße im Seegang oder beim Ruderlegen einwandfrei ermöglicht wird, schwächer dimensionierte Synchronwellengeneratoren verwendet werden können und eine wirtschaftliche Betriebsweise der gesamten Anlage möglich ist, vgl. Streitpatent, Spalte 1, Zeilen 21 bis 26 und 39 bis 57.
4.2.2. Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch die im Anspruch 1 angegebenen Merkmale (a) bis (f)) bei dem im Oberbegriff angegebenen Verfahren gelöst. Die im Merkmal a) definierte hochdynamische Drehzahlregelungseinrichtung erlaubt nach der im Merkmal b) angegebenen Synchronisation zwischen Hilfsdieselaggregat und Wellengenerator eine vom Hilfsdieselaggregat weitgehend unabhängige Drehzahlregelung der Hauptmaschine. Gemäß den Merkmalen b) bis f) trägt nach der Synchronisation das Synchronwellen- und Dieselaggregat neben der Frequenzregelung eine Grundlast der erforderlichen Verbraucherwirkleistung, während die Hilfsdieselaggregate variabel die erforderliche Restleistung aufbringen.
4.2.3. Gemäß D5 tragen demgegenüber die Hilfsdieselaggregate die Grundlast entsprechend einer Sollwertvorgabe "Vollast" und der Synchronwellengenerator (Wellenmaschine) arbeitet hinsichtlich der Leistungsdifferenz dann je nach Energiebedarf des Bordnetzes entweder als Motor oder Generator. Damit gibt es dort keine reine Füllungs- bzw. Leistungsregelung der Hilfsdieselaggregate, wie in den Merkmalen e) und f) angegeben ist. Somit wird gemäß D5 im Gegensatz zum Streitpatent jeweils die volle Energie der Hilfsdiesel umgesetzt.
4.2.4. Eine Anregung für das im vorliegenden Anspruch 1 angegebenen Verfahren kann auch der D6 nicht entnommen werden. Auch wenn durch den in Bild 3 der D6 gezeigten modularen Aufbau die Möglichkeit einer Frequenz- und/oder einer entkoppelten Leistungsregelung gegeben wäre, so kommt es doch darauf an, was der Stand der Technik dem Fachmann nahelegt und nicht nur darauf, was er aufgrund dessen hätte tun können. Die Beschwerdeführerin versuchte, die bei Berücksichtigung der Druckschriften D5 und D6 verbleibende Lücke für die behauptete mangelnde erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Verfahrens durch den Hinweis auf die Vorbenutzungen zu schließen. Der Beweis für die geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen wurde jedoch nicht erbracht. Daher vermögen die Argumente der Beschwerdeführerin nicht zu überzeugen.
Hinsichtlich der Druckschriften D1 bis D4 hat die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren keinerlei Argumente vorgebracht, die die diesbezüglichen Darlegungen in der angefochtenen Entscheidung hätten widerlegen können. Die Beschwerdekammer schließt sich den diesbezüglichen Darlegungen in der angefochtenen Entscheidung an.
4.2.5. Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß sich das im Anspruch 1 angegebene Verfahren nicht in naheliegender Weise aus dem nachgewiesenen Stand der Technik ergibt. Das beanspruchte Verfahren beruht also auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.2.6. Hinsichtlich des eine Schaltungsanordnung zur Bildung eines anteiligen Sollwertes für einen Synchronwellengenerator und einen Dieselgenerator zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 betreffenden Anspruches 10 wurde von der Beschwerdeführerin lediglich angemerkt, daß im Einspruchsverfahren unwidersprochen blieb, daß die beanspruchten Mittel zur Realisierung der einzelnen Maßnahmen keine selbständigen, eventuell erfinderischen Merkmale beinhalten. In der angefochteten Entscheidung wurde jedoch festgestellt, daß mindestens die Kombination der Lehren mehrerer Druckschriften erforderlich wären, um zu der im Anspruch 10 angegebenen Merkmalskombination zu gelangen. Die aus den vorliegenden Entgegenhaltungen bekannten Schaltungsanordnungen seien zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens nicht geeignet und die Kombination der unterschiedlichen Konzepte sei für den Fachmann nicht naheliegend. Von der Beschwerdeführerin wurden keine sachlichen Argumente vorgetragen, die diese Auffassung hätten widerlegen können. Darum beruht auch der Gegenstand des Anspruches 10 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.