T 1029/96 (Bandlackierverfahren/BASF COATINGS) 21-08-2001
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Verfahren zum Beschichten von metallischen Gegenständen im Bandlackierverfahren
Neuheit (ja) - Maßstab der zweifelsfreien Erkenntnis bei der Ermittlung des Offenbarungsgehalts eines Dokuments
Erfinderische Tätigkeit (ja) - nicht naheliegende Lösung der Aufgabe
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das erteilte europäische Patent 0 400 360 zurückgewiesen wurde.
II. Der Entscheidung lagen die erteilten Patentansprüche 1 bis 6 zugrunde. Die unabhängigen Ansprüche 1, 5 und 6 lauteten wie folgt:
"1. Verfahren zum Beschichten von metallischen Gegenständen im Bandlackierverfahren, bei dem
I.) auf das Metallband eine Grundierung A mit einer Trockenfilmschichtdicke von mindestens 5 m und ein Decklack B mit einer Trockenfilmschichtdicke von mindestens 10 m aufgebracht wird
oder
II.) auf das Metallband eine Einschichtlackierung C mit einer Trockenfilmschichtdicke von mindestens 10. m aufgebracht wird
und
III.) die Grundierung A und der Decklack B bzw. die Einschichtlackierung C jeweils bei einer Objekttemperatur von 200 bis 260 °C und bei einer Einbrennzeit von 25 bis 70 Sekunden ausgehärtet werden
und
IV.) die Grundierung A und/oder der Decklack B oder die Einschichtlackierung C ein Gemisch aus
a1) einem oder mehreren hydroxylgruppenhaltigen Polyestern mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von 5.000 bis 20.000, einer Säurezahl von 1 bis 15 mg KOH/g und einer OH-Zahl von 5 bis 30 mg KOH/g
und
a2) einem oder mehreren mit Caprolactamen oder Oximen blockierten, oligomeren Polyisocyanaten auf Basis von Hexamethylendiisocyanat enthält,
dadurch gekennzeichnet, daß die Mengen an eingesetztem hydroxylgruppenhaltigem Polyester (Komponente a1) und blockiertem Polyisocyanat (Komponente a2) so gewählt werden, daß das Äquivalentverhältnis der NCO-Gruppen der Komponente a2 zu den OH-Gruppen der Komponente a1 zwischen 2,0:1 und 7:1, bevorzugt zwischen 2,3:1 und 7:1, liegt."
"5. Beschichteter metallischer Gegenstand, dadurch gekennzeichnet, daß er nach einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4 erhalten wurde."
"6. Verwendung der nach den Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4 hergestellten metallischen Gegenstände zur Herstellung von Haushaltsgeräten."
III. Mit dem Einspruch war das Streitpatent wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit angegriffen worden.
Zur Begründung wurde u. a. auf die folgenden Druckschriften verwiesen:
(1) EP-A-0 288 964 und
(5) EP-A-0 145 006.
IV. In der angefochtenen Entscheidung wurde ausgeführt, daß der beanspruchte Gegenstand des Patents neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Die Einspruchsabteilung hat dabei geltend gemacht, daß die Verwendung der in Tabelle 2 der Druckschrift (1) angegebenen Zusammensetzung des Decklackes 2 die Neuheit des im Streitpatent beanspruchten Verfahrens nicht vorwegnehme, weil die für die Berechnung des Äquivalentverhältnisses NCO:OH notwendige Angabe der OH-Zahl des Polyesters I fehle. Darüber hinaus sei nicht zweifelsfrei dargelegt, daß die verwendeten Polyester zahlenmittlere Molekulargewichte hätten, welche dem im Streitpatent beanspruchten Bereich entsprächen.
Bezüglich der erfinderischen Tätigkeit hat sie ausgeführt, daß die Aufgabe gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik, d. h. gegenüber der Druckschrift (1), darin bestünde gleichzeitig eine gute Härte, Lösungsmittelbeständigkeit und Flexibilität zu erreichen, und daß die Lösung dieser Aufgabe nach dem Anspruch 1 des Streitpatents im Hinblick auf die Druckschrift (5) für den Fachmann nicht naheliegend sei. Diese Druckschrift lehre nämlich, daß die Verwendung eines Gewichtsverhältnisses von Polyester zu Vernetzungsmittel größer als 6:1 zu einer geringeren Härte der Beschichtung führe, während ein Gewichtsverhältnis von Polyester zu Vernetzungsmittel kleiner als 0,5:1 eine geringere Flexibilität hervorrufe. Die nach dem Streitpatent erhaltenen Effekte bezüglich Härte und Flexibilität seien bei steigendem NCO:OH-Verhältnis jedoch umgekehrt. Außerdem gäbe die Druckschrift (5) keine Anhaltspunkte wie neben der Härte und Verformbarkeit gleichzeitig eine gute Chemikalienbeständigkeit erhalten werden könne.
V. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer, in der die Beschwerdegegnerin (Pateninhaberin), wie mit Schreiben vom 17. Mai 2001 angekündigt, nicht vertreten war, fand am 21. August 2001 statt.
VI. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat weiterhin die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Verfahrens bestritten.
Wie vor der ersten Instanz hat sie den Neuheitseinwand auf den in der Druckschrift (1) beschriebenen Decklack 2 der Tabelle 2 gestützt.
Alle in dieser Druckschrift für die Polyesterkomponenten angegebenen Molekulargewichte stellten, nach Abwägung der Wahrscheinlichkeit, zahlenmittlere Werte dar. In diesem Zusammenhang hat sie darauf hingewiesen, daß die Druckschrift (1) und das Streitpatent dem gleichen Patentanmelder gehörten, daß der zur Herstellung des Decklackes 2 verwendete Polyester V mit dem in den Beispielen des Streitpatents verwendeten Polyester 1 identisch sei, und daß das Molekulargewicht des zur Herstellung des Decklackes 2 verwendeten Polyesters IV nach einem mit dem Beschwerdeschriftsatz eingereichten Testbericht einen zahlenmittleren Wert von 8500 und einen gewichtsmittleren Wert von 19500 hätte.
Außerdem zeigten die mit der Beschwerdebegründung eingereichten Berechnungen, daß zur Herstellung des Decklackes 2 unter Verwendung der angegebenen Polyester I, II, IV und V solche Mengen der Polyester und eines Polyisocyanats eingesetzt worden seien, daß das Äquivalentverhältnis NCO:OH im beanspruchten Bereich zwischen 2:1 und 7:1 liege.
Bezüglich dieser Berechnungen hat sie geltend gemacht, daß die OH-Zahl des verwendeten Polyesters I im Hinblick auf den Überschuß an Carboxylgruppen höchstens den für die COOH-Zahl angegebenen Wert 10 haben könne, und daß aus diesem Grund die für den Polyester III angegebene hohe OH-Zahl von 10 mg KOH/g bei einer COOH-Zahl von 1-3 mg KOH/g (siehe Seite 3) nicht zu erklären sei. Außerdem entspreche das zur Herstellung des Decklackes 2 eingesetzte Äquivalentverhältnis auch dem beanspruchten Bereich, wenn man bei den Berechnungen die Polyester I und IV nicht berücksichtigte. Die Nicht-Berücksichtigung der beiden Polyester I und IV aufgrund fehlender Angaben bezüglich OH-Zahl bzw. Molekulargewicht sei erlaubt, weil Anspruch 1 des Streitpatents die Mitverwendung von weiteren Polyestern außerhalb der beanspruchten Definition einschließe.
Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit hat sie vorgebracht, daß ausgehend von der Druckschrift (1) als nächstkommenden Stand der Technik, die Verwendung des beanspruchten Äquivalentverhältnisses, um gleichzeitig eine hohe Härte und Flexibilität zu erreichen, aufgrund der technischen Lehre der Druckschrift (5) für den Fachmann naheliegend sei. Aus dieser Druckschrift (5) sei nämlich klar zu entnehmen, daß man durch die Verwendung von bestimmten NCO:OH-Äquivalentverhältnissen ein Optimum bezüglich Härte und Flexibilität erreichen könne. Das Auffinden von solchen Äquivalentverhältnissen bedürfe keinerlei erfinderische Tätigkeit.
Bezüglich der angefochtenen Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin auch geltend gemacht, daß diese Elemente enthalte, zu denen sie sich nicht habe äußern können. Dies sei nicht im Einklang mit Artikel 113(1) EPÜ, so daß die Entscheidung einen wesentlichen Verfahrensmangel beinhalte. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr sei daher gerechtfertigt.
VII. Die Beschwerdegegnerin hat sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren in der Sache nicht geäußert.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 400 360, sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
IX. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Erster Streitpunkt in diesem Beschwerdeverfahren ist die Neuheit des beanspruchten Verfahrens im Hinblick auf den in der Druckschrift (1) beschriebenen Decklack 2.
2.1. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist eine zum Stand der Technik gehörende Druckschrift für einen beanspruchten Gegenstand neuheitsschädlich, wenn dieser unmittelbar und eindeutig aus der Druckschrift selbst hervorgeht, einschließlich der Merkmale, die darin zwar nicht ausdrücklich genannt sind, aber für den Fachmann vom Inhalt mit erfaßt sind.
2.1. Der beanspruchte Gegenstand des Streitpatents betrifft, wie oben angegeben, ein Verfahren zum Beschichten von metallischen Gegenständen im Bandlackverfahren, daß nicht nur dadurch gekennzeichnet ist, daß solche Mengen an hydroxylgruppenhaltigem Polyester und blockierten, oligomeren Polyisocyanaten eingesetzt werden, daß das NCO:OH-Äquivalentverhältnis zwischen 2,0:1 und 7:1 liegt, sondern als ein weiteres technisches Merkmal auch den Einsatz von einem oder mehreren hydroxylgruppenhaltigen Polyestern mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von 5.000 bis 20.000, einer Säurezahl von 1 bis 15 mg KOH/g und einer OH-Zahl von 5 bis 30 mg KOH/g beinhaltet.
2.3. Bezüglich des Einsatzes der im Anspruch 1 definierten Polyester hat die Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihren Neuheitseinwand auf der Basis des Decklackes 2 vorgebracht, daß nach dem Wortlaut des vorliegenden Anspruchs der Einsatz von sonstigen hydroxylgruppenhaltigen Polyestern, welche die im Anspruch angegebene Definition nicht erfüllten, nicht ausgeschlossen sei. Der Einsatz von solchen sonstigen Polyestern sei daher für die Neuheitsprüfung nicht relevant.
2.4. Aus dem Wortlaut des Anspruchs 1 und aus der Beschreibung des Streitpatents folgt jedoch eindeutig, daß der Einsatz von den definierten Polyestern und den spezifischen Polyisocyanaten in solchen Mengen, daß das NCO:OH-Äquivalentverhältnis dem beanspruchten Bereich entspricht, ein wesentliches Element des Verfahrens darstellt (siehe Seite 4, Zeilen 32 bis 38 des Streitpatents). Eine mögliche Verwendung von weiteren hydroxylgruppenhaltigen Polyestern, die nicht der im Anspruch angegebenen Definition erfüllen, würde das in Verbindung mit den definierten Polyestern beanspruchte NCO:OH-Äquivalentverhältnis unbedeutend machen. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß Anspruch 1 als die anzuwendende Polyesterkomponente ausschließlich den Einsatz von einem oder mehreren der darin definierten Polyester umfaßt, und daß somit, im Gegensatz zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, ein Verfahren, das den Einsatz von sonstigen Polyestern beinhaltet, die Neuheit des beanspruchten Verfahrens nicht vorwegnehmen kann.
2.5. Der in den Beispielen der Druckschrift (1) beschriebene Decklack 2 beinhaltet die in Tabelle 2 näher angegebene Zusammensetzung, welche die Polyester I, II, IV und V enthält. Außerdem sind in den Beispielen die zur Herstellung der eingesetzten Polyester verwendeten Bestandteile und Mengenverhältnisse angegeben. Die ebenfalls angegebenen physikalischen Eigenschaften der eingesetzten Polyester (siehe Seiten 5 und 6) lauteten wie folgt:
Polyester I: "Säurezahl 10 mg KOH/g, Molekulargewicht 5500 g/mol, Festkörper 60. % in Solvesso 150:Butylglykol 4:1."
Polyester II: "Festkörper 55 % in Solvesso 150, Molekulargewicht 5000 (GPC), Tg 20 C, OH-Zahl 17-22 mg KOH/g, Säurezahl 3 mg KOH/g."
Polyester IV: "Säurezahl 5 mg KOH/g, Viskosität 4000 mPas, Festkörper 65 % in Solvesso 150:Ethylglykolacetat 8:2, OH-Zahl 20 mg KOH/g."
Polyester V: "Festkörper 40 % in Solvesso 200, Säurezahl 2 mg KOH/g, Molekulargewicht ca. 7000-8000, OH-Zahl 20-25 mg KOH/g, Tg 70 C."
2.6. Aus diesen Angaben geht hervor, daß das Molekulargewicht des Polyesters IV nicht genannt wird, und daß es unklar ist, ob die genannten Molekulargewichte der übrigen eingesetzten Polyester zahlenmittlere oder gewichtsmittlere Werte darstellen.
2.7. In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdeführerin eingeräumt, daß auch die Beschreibung des Streitpatents keinerlei Hinweise zur entgültigen Klärung dieser Sachlage gibt. Sie hat jedoch geltend gemacht:
i) daß die Herstellung des Polyesters IV nach einer üblichen Methode unter Verwendung der in der Druckschrift (1) für diesen Polyester angegebenen Ausgangszusammensetzung ein Produkt mit einem zahlenmittleren Molekulargewicht von 8.500 und einem gewichtsmittleren Molekulargewicht von 19.500. ergeben habe,
ii) daß der Polyester V dem in den Beispielen des Streitpatents verwendeten Polyester 1 entspreche und im übrigen die Druckschrift (1) und das Streitpatent dem gleichen Anmelder gehörten, und
iii) daß es daher auf der Basis des Konzeptes des Abwägens der Wahrscheinlichkeit glaubhaft sei, daß die Molekulargewichte der Polyester I, II, IV und V zahlenmittlere Werte darstellten.
2.8. Bezüglich des von der Beschwerdeführerin bestimmten Molekulargewichts von Polyester IV weist die Kammer jedoch darauf hin, daß dieser Polyester zwar von der Beschwerdeführerin nach einer üblichen Methode unter Verwendung der in der Druckschrift (1) für diesen Polyester angegebenen Ausgangszusammensetzung hergestellt wurde, dies jedoch nicht bedeutet, daß das dabei erhaltene Produkt tatsächlich dem bei der Herstellung des Decklackes 2 verwendeten Polymer IV entspricht. Es gehört nämlich zum allgemeinen Fachwissen des Polymerfachmannes, daß zahlenmittlere Molekulargewichte und gewichtsmittlere Molekulargewichte von Polyestern stark von den bei ihrer Herstellung verwendeten Reaktionsbedingungen, wie Temperatur, Reaktionszeit, Umsetzungsgrad, Katalysator und Mischgeschwindigkeit abhängen. Weil in der Druckschrift (1) jegliche Angabe der Reaktionsbedingungen zur Herstellung der in den Beispielen verwendeten Polyester fehlt, ist nach Auffassung der Kammer eine genaue Nacharbeitung und somit eine zweifelsfrei richtige Bestimmung der zahlenmittleren Molekulargewichte nicht möglich.
Außerdem ist nach Auffassung der Kammer eine angebliche Identität des in der Druckschrift (1) beschriebenen Polyesters V mit dem in den Beispielen des Streitpatents verwendeten Polyester I für die Neuheitsprüfung nicht relevant, weil für die Neuheit des beanspruchten Gegenstandes der Offenbarungsgehalt der Druckschrift (1) allein zu berücksichtigen ist.
Auch die von der Beschwerdeführerin gemachten Wahrscheinlichkeitsüberlegungen bei der Neuheitsermittlung sind nicht gerechtfertigt. Bei der Beweiswürdigung, ob ein beanspruchter Gegenstand unmittelbar und eindeutig aus einer Druckschrift hervorgeht, muß nach Überzeugung der Kammer ein wesentlich strengerer Maßstab als nur die Abwägung der Wahrscheinlichkeit angelegt werden, nämlich der "der zweifelsfreien Erkenntnis". Daraus folgt, daß bei Vorliegen eines begründeten Zweifels daran, wie das Ergebnis der Ermittlung des Offenbarungsgehalts der Druckschrift (1) aussehen kann, der auf diese Druckschrift gestützte Neuheitseinwand scheitern muß (siehe z. B. die nicht im Amtsblatt des EPA veröffentlichten Entscheidungen T 793/93 und T 464/94).
2.9. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gegenüber der Lehre der Druckschrift (1) neu ist, weil daraus nicht eindeutig hervorgeht, daß die zur Herstellung des Decklackes 2 eingesetzten Polyester denen des Streitpatents entsprechen.
3. Weiterhin ist nun zu untersuchen, ob die Gegenstände der Patentansprüche auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.
3.1. Es ist unbestritten, daß die Druckschrift (1) den nächstkommenden Stand der Technik darstellt.
3.2. Nach den Angaben im Streitpatent (siehe Seite 2, Zeilen 40 bis 49) zeigten die nach dem Verfahren der Druckschrift (1) hergestellten Beschichtungen eine unbefriedigende Härte, nämlich eine Bleistifthärte HB (siehe Druckschrift (1), Tabelle 3).
Anderseits wird in dem Streitpatent ausgeführt, daß beim Einsatz von hydroxylgruppenhaltenden Polyestern und blockierten Polyisocyanaten in Mengen, die einem Äquivalentverhältnis von NCO- zu OH-Gruppen innerhalb des im Anspruch 1 beanspruchten Bereichs entsprechen, Beschichtungsmittel erhalten werden, die zu Beschichtungen mit hoher Härte (d. h. eine Bleistifthärte von H bis 2H bzw. eine Knoop-Härte größer als 17) bei gleichzeitig guter Verformbarkeit (T-Bend-Werte von 0) und Lösungsmittelbeständigkeit führen (siehe insbesondere Seite 4, Zeilen 39 bis 43, Tabellen 3 und 4, sowie Seite 12, Zeile 51 bis Seite 13, Zeile 9).
3.3. Gegenüber diesem nächsten Stand der Technik bestand daher die Aufgabe, ein Bandlackierverfahren zur Beschichtung von metallischen Gegenständen bereitzustellen, deren resultierende Beschichtungen gleichzeitig eine hohe Härte, Flexibilität und Lösungsmittelbeständigkeit aufweisen.
3.4. Zur Lösung dieser Aufgabe wird das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents vorgeschlagen, wobei die im Anspruch definierten Polyester und Polyisocyanate in solchen Mengen eingesetzt werden, daß das NCO:OH-Äquivalentverhältnis zwischen 2,0:1 und 7:1 liegt.
3.5. Aufgrund der Angaben im Streitpatent, die - wie oben unter Punkt 3.2 angegeben - zeigen, daß nach dem beanspruchten Verfahren Beschichtungen mit hoher Härte (Bleistifthärte H bis 2H und Knoop-Härte höher als 17) bei gleichzeitig guter Verformbarkeit und Lösungsmittelbeständigkeit erhalten werden, während einerseits bei einer zu geringen Menge an eingesetztem blockierten Polyisocyanat die Verformbarkeit der resultierenden Beschichtung nur gering ist, und anderseits bei einer zu hohen Menge an eingesetztem blockierten Polyisocyanat zwar die Verformbarkeit der resultierenden Beschichtungen gut ist, jedoch die Lösungsmittelbeständigkeit und im steigenden Maße die Härte schlechter werden, erscheint es der Kammer glaubhaft, daß die oben angegebene Aufgabe tatsächlich mit dem beanspruchten Verfahren gelöst wird. Dies wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.
3.6. Es bleibt somit zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, im Hinblick auf die zu lösende Aufgabe ein Verfahren gemäß dem vorliegenden Anspruch 1 des Streitpatents, insbesondere die Verwendung von den darin definierten Polyestern und Polyisocyanaten im angegebenen Äquivalentverhältnisbereich, in Betracht zu ziehen.
3.7. Die Druckschrift (1) beschreibt ein Verfahren zum Beschichten von metallischen Gegenständen im Bandlackierverfahren, bei dem die primäre Aufgabe, spritzstrukturähnliche Oberflächen zu erzielen, dadurch gelöst wird, daß man unter Verwendung von Polyestern und blockierten, oligomeren Polyisocyanaten auf das Metallband eine Grundierung A und einen Decklack B aufträgt, und dabei in der Grundierung A eine geringe Menge eines Polyethylenwachses einsetzt (siehe Seite 2, Zeilen 1 bis 3, Seite 2, Zeile 49 bis Seite 3, Zeile 3, sowie Seite 3, Zeile 31 bis Seite 4, Zeile 5). Jegliche konkreten Hinweise auf einzuhaltende NCO:OH-Äquivalentverhältnisse in Form einer technischen Lehre fehlen jedoch. Nach Auffassung der Kammer geht daher von dieser Druckschrift allein keine Anregung aus, zur Lösung der oben definierten Aufgabe die im Anspruch definierten Polyester und Polyisocyanate in den beanspruchten NCO:OH-Äquivalentverhältnissen einzusetzen.
3.8. Bezüglich dieser beanspruchten NCO:OH-Äquivalentverhältnisse hat die Beschwerdeführerin auf die von ihr mit der Beschwerdebegründung eingereichten Berechnungen hingewiesen, die angeblich zeigten, daß zur Herstellung des Decklackes 2 solche Mengen an Polyester und Polyisocyanat eingesetzt worden seien, daß das Äquivalentverhältnis NCO:OH im beanspruchten Bereich zwischen 2:1 und 7:1 liege.
Die Kammer ist jedoch der Auffassung, daß aufgrund der Tatsache, daß die nach den Beispielen der Druckschrift (1) hergestellten Decklacke lediglich eine unbefriedigende Bleistifthärte (HB) zeigen (siehe Tabelle 3), der Fachmann keinerlei Grund hatte, zur Lösung der oben gegenüber diesem Stand der Technik definierten Aufgabe, welche die Erzielung von Beschichtungen mit einer Bleistifthärte H bis 2H beinhaltet (siehe die Punkte 3.2 und 3.5 oben), Berechnungen zur Ermittlung des zur Herstellung des Decklackes 2 eingesetzten NCO:OH-Äquivalentgewichtsverhältnisses durchzuführen.
Die betreffenden Berechnungen, die übrigens unter Anwendung verschiedener Annahmen durchgeführt wurden (siehe unter Punkt VI oben, 3. und 5. Absatz), sind daher offensichtlich im Rahmen einer rückschauenden Betrachtungsweise, die unzulässigerweise von der Kenntnis der beanspruchten Erfindung Gebrauch macht, vorgebracht worden. Sie sind daher für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht relevant.
3.9. Die Beschwerdeführerin vertrat auch den Standpunkt, aus der Druckschrift (5) gehe hervor, daß man durch die Verwendung eines optimalen NCO:OH-Äquivalentverhältnisses Beschichtungen mit gleichzeitig hoher Flexibilität und Härte erzielen könne, und daß das Auffinden solcher Äquivalentverhältnisse daher für den Fachmann naheliegend gewesen sei.
3.10. Die von der Druckschrift (5) vermittelte technische Lehre bezüglich der Verwendbarkeit in einem Verfahren zum Beschichten von metallischen Gegenständen im Bandlackierverfahren von einem optimalen Gewichtsverhältnis der eingesetzten hydroxylgruppenhaltigen Polyester zu den eingesetzten Vernetzungsmitteln von 6:1 bis 0,5:1 bezieht sich jedoch auf bestimmte Polyester, welche niedrige, nicht-spezifizierte Molekulargewichte und hohe OH-Zahlen von wenigstens 50, bevorzugt 150 bis 350, haben und auf geeignete Vernetzungsmittel, wie Aminoplaste, Phenoplaste, Polyisocyanate und blockierte Polyisocyanate (siehe Seite 2, 2. Absatz bis Seite 3, 2. Absatz; Seite 9, 2. Absatz; Seite 12, Zeile 26 bis Seite 13, Zeile 6; und die Ansprüche 5 und 6). Nirgendwo ist dieser Druckschrift zu entnehmen, daß durch den Einsatz von sonstigen Polyestern in Kombination mit bestimmten blockierten, oligomeren Polyisocyanaten und unter Verwendung von definierten Äquivalentverhältnissen wie in Anspruch 1 des Streitpatents angegeben Beschichtungen mit gleichzeitig hoher Härte und Flexibilität und zusätzlich noch einer guten Lösungsmittelstabilität zu erzielen sind. Die Druckschrift (5) bietet daher nach Überzeugung der Kammer, für sich oder in Kombination mit Druckschrift (1), dem Fachmann keine Anregung, zur Lösung der oben definierten Aufgabe die Herstellung der gewünschten Beschichtungen gemäß dem beanspruchten Verfahren durchzuführen.
3.11. In diesem Zusammenhang weist die Kammer darauf hin, daß nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern eine Erfindung nicht schon dann naheliegend ist, wenn ein Fachmann aufgrund des Standes der Technik zur Lehre der Erfindung hätte kommen können, sondern nur, wenn er sie aufgrund eines hinlänglichen Anlasses in Erwartung der Lösung der vorliegenden Aufgabe auch tatsächlich vorgeschlagen hätte ("could/would approach"). Wie aus dem Obenstehenden hervorgeht, fehlt im vorliegenden Fall ein solcher Anlaß.
3.12. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 des Streitpatents dem Fachmann durch den Stand der Technik nicht nahegelegt wird.
Ansprüche 2 bis 4 betreffen besondere Ausführungsformen des im Anspruch 1 beanspruchten Verfahrens, Anspruch 5 betrifft Gegenstände, die nach einem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4 erhalten wurde, und Anspruch 6 betrifft die Verwendung solcher Gegenstände. Sie haben daher zusammen mit dem Anspruch 1 ebenfalls Bestand.
4. Die von der Beschwerdeführerin beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr kann nach Regel 67 EPÜ von der Kammer nur angeordnet werden, wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Im Hinblick auf den Ausgang dieses Beschwerdeverfahrens erübrigt es sich daher auf den betreffenden Antrag einzugehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.