T 0138/97 26-04-2001
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Monofilamente aus synthetischen Polymeren
I. Das europäische Patent Nr. 0 391 249 mit der Anmeldenummer 90 105 980.8, das auf Monofilamente aus synthetischen Polymeren gerichtet ist, wurde mit Wirkung vom 1. Juni 1994 für die Vertragsstaaten CH, DE, ES, FR, IT und LI erteilt. Die Priorität der Voranmeldung CH 1209/89 vom 3. April 1989 wurde in Anspruch genommen. Der Anspruch 1 lautete wie folgt:
"Monofilamente aus synthetischen Polymeren zur Herstellung von Siebdruckgeweben, enthaltend Farbstoffe und UV-Absorber, gekennzeichnet durch einen Remissionsgrad < 10 % im Wellenlängenbereich zwischen 340-460 nm."
Die Ansprüche 2 bis 6 betrafen Ausführungsformen der Monofilamente nach Anspruch 1.
II. Am 27. Februar 1995 wurde Einspruch eingelegt, mit dem Antrag, das Patent aufgrund von Artikel 100 a) EPÜ wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit zu widerrufen. Der Einspruch war unter anderem auf folgenden Stand der Technik gestützt:
D1 US-A-4 749 611
D2 Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, 4. Auflage (1979), Verlag Chemie, Band 18, Seite 558,
D6 Ullmanns Encyclopedia of Industrial Chemistry, 5. Auflage (1985), VCH Verlagsgesellschaft Weinheim, Vol. A2, Seite 402,
D11 M. J. Wampetich, "Die Spinnfärbung von Polyester-eine Alternative", Chemiefasern/Textilindustrie, Dezember 1978, Seiten 1046-50.
III. Mit Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 19. November 1996 wurde der Einspruch zurückgewiesen. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß das Patent in der erteilten Fassung gegenüber dem zitierten Stand der Technik neu und erfinderisch sei.
Neuheit wurde gegenüber D1 anerkannt, da Anspruch 1 nach Artikel 69 (1) EPÜ dahingehend auszulegen sei, daß sich der Remissionsgrad unter 10 % auf den gesamten Wellenlängenbereich von 340-460 nm beziehe. Die Monofilamente von D1 zeigten einen Remissionsgrad unter 10. % nur in einem Teil des interessierenden Wellenlängenbereich.
Auch die erfinderische Tätigkeit wurde ausgehend von D1 als nächstliegendem Stand der Technik anerkannt, da der gesamte herangezogene Stand der Technik keine Anregung vermittle, wie Remissionsgrade unter 10 % erzielt werden können, ohne die mechanischen Eigenschaften und die Transparenz der Monofilamente nachteilig zu beeinflussen, was die Einspruchsabteilung als die zu lösende Aufgabe ansah.
Anspruch 1 erschöpfe sich auch nicht in einer Beschreibung der der Erfindung zu Grunde liegenden Aufgabe. Beschreibung und Ansprüche 2 bis 6, insbesondere die Verwendung von polymerlöslichen Farbstoffen gäben ausreichende Hinweise zu ihrer Lösung. Es liege im Hinblick auf die anderen im Verfahren genannten Dokumente auch keine Einbahnstraßensituation vor, die es nahegelegt hätte, die in D1 genannten Pigmente durch polymerlösliche Farbstoffe zu ersetzen.
IV. Am 29. Januar 1997 legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende), unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr, gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde ein, die am 27. März 1997 begründet wurde. Die Begründung wurde mit Schreiben vom 20. März 2001 ergänzt.
V. In der mündlichen Verhandlung am 26. April 2001 zog die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin), nach Diskussion der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit des erteilten Anspruchs 1, ihren bisherigen Hauptantrag auf Aufrechterhaltung des Patentes in der erteilten Fassung zurück und hielt als einzigen Antrag den in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung als Hilfsantrag eingereichten Satz mit 5 Ansprüchen aufrecht. Ferner reichte sie eine geänderte Beschreibungsseite 2 ein.
Anspruch 1 dieses Antrages hatte folgenden Wortlaut:
"Monofilamente aus synthetischen Polymeren zur Herstellung von Siebdruckgeweben, enthaltend Farbstoffe und UV-Absorber, gekennzeichnet durch einen Remissionsgrad < 10 % im Wellenlängenbereich zwischen 340-460 nm, wobei die Monofilamente in der Masse 0.1 bis 2.0. Gew. % eines polymerlöslichen Farbstoffes und 0.1 bis 0.5 Gew. % eines UV-Absorbers enthalten."
Die Ansprüche 2 bis 5 entsprachen den erteilten Ansprüchen 3 bis 6.
VI. Die Beschwerdeführerin hatte zu diesem Anspruchssatz keine Neuheitseinwände. Ihre Position zur erfinderischen Tätigkeit kann wie folgt zusammengefaßt werden:
a) Monofilamente aus synthetischen Polymeren zur Herstellung von Siebdruckgeweben seien aus D1, als nächstliegendem Stand der Technik, bekannt. In Figur 1 seien Monofilamente erläutert, deren Remissionsgrad im Bereich von 340-375 nm und 425-460 nm unterhalb von 10 % liege. D1 erwähne die Verwendung von Pigmenten zur Anfärbung der Filamente, nicht jedoch von polymerlöslichen Farbstoffen.
b) Die im Streitpatent verwendete Spinnfärbung sei üblich und in D11 auch für polymerlösliche Farbstoffe beschrieben. Aus D2 könne abgeleitet werden, daß polymerlösliche Farbstoffe besser absorbierten als Pigmente und somit zu niedrigeren Remissionswerten führten. Darüber hinaus seien polymerlösliche Farbstoffe gegenüber Pigmentfarbstoffen vorteilhaft bezüglich der mechanischen Eigenschaften, der Transparenz und des Absorptionsverhaltens. So sei D6 zu entnehmen, daß in amorphen Thermoplasten durch Verwendung von polymerlöslichen Farbstoffen die Transparenz beibehalten werden könne. Eine hohe Transparenz sei synonym mit einem niedrigen Remissionsgrad und vermittle daher die Anregung, solche polymerlöslichen Farbstoffe für Monofilamente zu verwenden.
Da dem Fachmann zur Einfärbung von Synthesefasern nur Pigmente und polymerlösliche Farbstoffe zur Verfügung stünden, befinde sich der Fachmann in einer "Einbahnstraßensituation", die ihn zwangsläufig zu polymerlöslichen Farbstoffen führe.
Es sei daher durch den Stand der Technik nahegelegt, die Pigmente aus D1 gegen polymerlösliche Farbstoffe auszutauschen. Somit beruhten die beanspruchten Monofilamente nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VII. Die Position der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefaßt werden:
D1 als nächstliegender Stand der Technik und der weiter nachgewiesene Stand der Technik gäben keine Anregung, wie bei Monofilamenten für Siebdruckgewebe Remissionswerte unter 10 % erreicht werden könnten. D1 stelle zur Lösung des Unterstrahlungsproblems nur auf Pigmente ab. In D11 würden Pigmente und polymerlösliche Farbstoffe lediglich zum Spinnfärben verwendet, jedoch keine Monofilamente für Siebdruckgewebe hergestellt, die mit einem verbesserten Unterstrahlungsschutz ausgestattet werden sollen. In D6 würden überhaupt keine Fasern beschrieben und die dort beschriebene Transparenz durch polymerlösliche Farbstoffe sei eine von der Remission verschiedene Eigenschaft. Aus D2 gehe hervor, daß eine weitere Zerkleinerung der Pigmente keine zusätzliche Absorption bringe. Es liege daher auch keine "Einbahnstraßensituation" vor.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatentes.
IX. Die Beschwerdegegnerin beantragte (einziger Antrag), das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche 1-5 wie in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung als Hilfsantrag eingereicht (Anlage zur angefochtenen Entscheidung)
- Beschreibung: Seite 2 wie in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer überreicht,
Seite 3 wie erteilt.
X. Mit Wirkung vom 14. Mai 2001 wurde das Patent von der Rhône-Poulenc Viscosuisse SA auf die Rhodia Industrial Yarns AG übertragen.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Artikel 123 (2) und (3) EPÜ
2. Anspruch 1 besteht aus einer Zusammenfassung der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 2 und schränkt dabei die Art und Menge des Farbstoffes und die Menge des UV-Absorbers ein. Die Ansprüche 2 bis 5 entsprechen den ursprünglich eingereichten bzw. erteilten Ansprüchen 3 bis 6.
Daher können die Ansprüche 1 bis 5 den ursprünglichen Unterlagen entnommen werden und führen auch nicht zu einer Erweiterung des Schutzbereiches. Sie erfüllen somit die Voraussetzungen von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.
Neuheit
3. Die Neuheit der Ansprüche wurde nicht bestritten und die Kammer sieht auch keine Gründe, einen gegenteiligen Standpunkt zu vertreten. Daher wird der beanspruchte Gegenstand nach Artikel 54 EPÜ als neu angesehen.
4. Aufgabe und Lösung
4.1. Das angegriffene Patent betrifft Monofilamente aus synthetischen Polymeren.
4.2. Solche Monofilamente sind aus dem Dokument D1 bekannt, das in Übereinstimmung mit der Auffassung der Parteien und der Einspruchsabteilung als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden kann.
4.3. D1 beschreibt Siebdruckgewebe, hergestellt aus farbigen, synthetischen, transparenten Monofilamentfasern, die ein synthetisches faserbildendes Material, 0.01 bis 0.1 Gew.-% Titandioxid, sowie 0.5 bis 1.0 Gew.-% UV-Absorber und Farbpigmente enthalten (Anspruch 1). D1 beschäftigt sich insbesondere mit der Fehlbelichtung oder Unterstrahlung ("halation") bei der Herstellung von Siebdruckgeweben als Folge des Reflexionsverhaltens der Monofilamente, wenn das Gewebe mittels einer photoempfindlichen Schicht mit einem Muster versehen werden soll (Spalte 1, Zeilen 29-35, 16-18). Der Wellenlängenbereich bei der Musterbelichtung beträgt üblicherweise 340 bis 440 nm und umfaßt daher den ultravioletten und sichtbaren Wellenlängenbereich (Spalte 2, Zeilen 26 bis 30).
Nach D1 war es bekannt, daß eine Fehlbelichtung verhindert werden kann, wenn der Lichtreflexionsgrad (light reflection ratio; Remissionsgrad) in jedem (zur Musterbelichtung verwendeten) Wellenlängenbereich weniger als 20 % beträgt (Spalte 1, Zeilen 59-68). Aus Figur 1 geht hervor, daß einige der nach D1 hergestellten Monofilamente einen Remissionsgrad von < 10 % im Wellenlängenbereich von etwa 340-375 und 425 bis 460 nm aufweisen (siehe Monofilamente mit der Bezeichnung I und J). Ein niedriger Gehalt an UV-Absorbern und Pigmenten hat eine gute Transparenz zufolge (Spalte 4, Zeilen 19-24).
Die bekannten Monofilamente weisen jedoch für anspruchsvolle Siebdruckschablonen immer noch zu hohe Remissionswerte auf, da sie bei der Reproduktionswiedergabe unscharfe Konturen hinterlassen (Streitpatent, Seite 2, Zeilen 24-25). Auch die Herstellung der Monofilamente selbst ist bei einem zu hohen Anteil an Pigmenten schwierig, da insbesondere bei den feineren Titern untolerierbar viele Fadenbrüche auftreten (Streitpatent, Seite 2, Zeilen 24-27).
4.4. Die technische Aufgabe kann also darin gesehen werden, Monofilamente mit einem niedrigen Remissionsgrad im Wellenlängenbereich von 340 bis 460 nm bereitzustellen, die den Unterstrahlungsschutz für Siebdruckschablonen bei guter Transparenz weiter verbessern, wobei möglichst wenig Pigmente verwendet werden sollen.
4.5. Diese Aufgabe soll erfindungsgemäß nach Anspruch 1 dadurch gelöst werden, daß die Monofilamente einen Remissionsgrad < 10 % zwischen 340 und 460 nm aufweisen, wobei die Monofilamente in der Masse 0.1 bis 2.0 Gew.-% eines polymerlöslichen Farbstoffes und 0.1 bis 0.5 Gew.-% eines UV-Absorbers enthalten.
4.5.1. Wie die Beispiele 1-4 des Streitpatentes unbestritten belegen, zeigen die Monofilamente bei Einsatz von nur 0,45 Gew.-% eines polymerlöslichen Gelb- und Rotfarbstoffes und 0,5 Gew.-% eines UV-Absorbers (Beispiele 1 und 3) oder auch zusammen mit 0,03 Gew.-% Titandioxid (Beispiele 2 und 4) also im beanspruchten Mengenbereich einen Remissionsgrad von < 10 % im gesamten Wellenlängenbereich von 340 bis 460 nm (Seite 3, Tabelle) im Vergleich zu Proben, die ohne Farbstoff (Vergleichsbeispiel 5) oder ohne Farbstoff und ohne UV-Absorber (Vergleichsbeispiel 6) hergestellt wurden. Daß diese Remissionswerte im gesamten Wellenlängenbereich unter 10 % liegen, wurde ferner mit einem ebenfalls unbestrittenen Versuchsbericht, als Annex I eingereicht mit Schreiben vom 23. September 1996, bestätigt. Hierbei wurde im Vergleich zur Tabelle des Streitpatentes der Remissionsgrad bei einer höheren Meßdichte (10 nm gegenüber 20 nm) bestimmt.
Auch lassen sich die Untersuchungsergebnisse der Beispiele 1 bis 4 und des Versuchsberichtes ohne weiteres mit denen von Kurve I und J der Figur 1 gemäß D1 vergleichen, da in beiden Fällen die gleiche Eigenschaft im identischen Wellenlängenbereich mit vergleichbaren Mengen an Farbstoff und UV-Absorbern bestimmt wurde. Hiernach ergibt sich, daß der Remissionsgrad der beanspruchten Monofilamente im Wellenlängenbereich von 340 bis 460 nm und zwar im gesamten Bereich deutlich unter 10 % liegt, während die besten bekannten Remissionwerte von D1 im Wellenlängenbereich von 375 bis 425 nm, also im hier kritischen Bereich, deutlich 10 % überschreiten.
4.5.2. Neben dem niedrigeren Remissionsgrad wird auch eine hohe Transparenz der Monofilamente erzielt, was einen wirksamen Unterstrahlungsschutz bei der Herstellung von Siebdruckgeweben ermöglicht (Streitpatent, Seite 3, Zeilen 1-2, und 50-53).
4.5.3. Im Hinblick auf die vorstehenden Gründe ist somit zur Überzeugung der Beschwerdekammer glaubhaft belegt, daß die beanspruchten Maßnahmen zu einer effektiven Lösung des technischen Problems führen.
Erfinderische Tätigkeit
5. Es bleibt noch zu untersuchen, ob der Fachmann, ausgehend von Monofilamenten für die Herstellung von Siebdruckgeweben gemäß D1 und mit der Aufgabe konfrontiert, ihren Remissionsgrad herabzusetzen, ohne ihre Transparenz zu beeinträchtigen, aufgrund der vorhandenen Dokumente in naheliegender Weise zur beanspruchten Lösung dieser Aufgabe gekommen wäre.
5.1. In D1 werden für die Herstellung der Monofilamente nur Farbpigmente zusammen mit UV-Absorbern eingesetzt, mit denen Remissionswerte unter 10 % nicht im gesamten Wellenlängenbereich von 340-460 nm erreicht werden (Figur 1, Kurven I und J). Ferner erhält der Fachmann aus D1 keine Anregung, wie der Remissiongrad weiter verringert werden könnte. Obwohl nach Ansicht der Beschwerdeführerin der Einsatz von Pigmenten in Monofilamenten wegen ihres ungünstigen Einflusses auf die mechanischen Eigenschaften weniger empfehlenswert sei, findet der Fachmann in D1 keinen Hinweis, polymerlösliche Farbstoffe, die lange vor dem Prioritätstag von D1 bekannt waren, zur Lösung der Aufgabe einzusetzen.
Da die Lehre von D1 dem Fachmann somit keine Anregung vermittelt, zur Verbesserung der relevanten technischen Effekte polymerlösliche Farbstoffen in Monofilamentfasern zu verwenden, wird der Anspruchsgegenstand des Streitpatents aufgrund von D1 allein nicht nahegelegt.
5.2. Die weiteren Argumente der Beschwerdeführerin laufen nun im wesentlichen darauf hinaus, daß sich die Verwendung von polymerlöslichen Farbstoffen anstelle der Pigmente auf Grund des Standes der Technik für den Fachmann angeboten hätte. Diese Argumente halten einer näheren Überprüfung nicht stand, wie sich aus folgendem ergibt:
5.2.1. D11 beschreibt die Spinnfärbung von Polyesterfasern als eine Alternative zu anderen Färbeverfahren. Dabei werden vier mögliche Verfahren aufgelistet (Seite 1047, mittlere Spalte, Zeilen 4 bis 16):
1. Einführung von Pigmenten oder ausgewählten, in der Polesterschmelze löslichen Farbkörpern zu Beginn der Polykondensation,
2. Anpuderung von polyesterlöslichen Farbstoffen auf normales Polyestergranulat,
3. Granulatmischverfahren, d. h. Verarbeiten von Gemischen aus granulierten Farbstoffpräparaten mit normalem Polyestergranulat,
4. Injizieren von Farbstoffpräparaten in den Polyesterschmelzestrom.
Zur Spinnfärbung stehen also verschiedene Verfahren zur Verfügung, die mit polymerlöslichen Farbstoffen zu einer hohen Homogenität der Schmelze und der Färbung führen, wobei auch Rot-Gelb Gemische genannt werden (Seite 1047, rechte Spalte, letzter Absatz in Verbindung mit Seite 1049, linke Spalte zweiter Absatz). Dabei wird die Möglichkeit, in den Verfahren 1 und 4 auch Pigmente zu verwenden, konkret erwähnt. Verfahren 2 ist sowohl für die Färbung von Stapelfasern als auch von Filamentgarnen geeignet (Seite 1047, rechte Spalte, letzter Absatz).
Daß also polymerlösliche Farbstoffe neben Pigmenten zur Spinnfärbung von Synthesefasern, etwa aus Polyester, eingesetzt werden, ist unbestritten lange vor dem Prioritätstag und dem Veröffentlichungstag von D1 (7. Juni 1988) bekannt gewesen. Jedoch befaßt sich D11 nicht mit Monofilamenten für die Herstellung von Siebdruckgeweben und dem dabei auftretenden Unterstrahlungsproblem. Insbesondere wird hier nicht angeregt, daß der Fachmann zur Lösung dieses Problems polymerlösliche Farbstoffe einsetzen könnte. Daß sich polymerlösliche Farbstoffe homogen im Polymer verteilen lassen, läßt noch nicht erwarten, daß dadurch der Remissiongrad wesentlich herabgesetzt und damit der Unterstrahlungschutz bei der Herstellung von Siebdruckschablonen verbessert werden könnte, da ein Zusammenhang zwischen Homogenität der Farbstoffverteilung und Remissionsgrad der Monofilamente weder ersichtlich noch durch den Stand der Technik belegt ist.
Es bestand daher für den Fachmann keinerlei Veranlassung, D11 zur Lösung des Unterstrahlungsproblems bei der Herstellung von Siebdruckgeweben in Betracht zu ziehen. Selbst wenn der Fachmann D11 in Betracht gezogen hätte, bestand hier kein Anlaß, zur Lösung der oben definierten Aufgabe die in D1 angewandten Pigmente durch polymerlösliche Farbstoffe zu ersetzen.
5.2.2. In D6 werden zur Färbung von amorphen Thermoplasten Anthrachinon-Farbstoffe beschrieben, die darin löslich sind, so daß Transparenz beibehalten werden kann (Seite 402, rechte Spalte). Zwar sind Anthrachinon-Farbstoffe im Streitpatent als geeignete Farbstoffe erwähnt (Seite 2, Zeilen 37-38), jedoch beschäftigt sich D6 weder mit Fasern und schon gar nicht mit Monofilamenten für die Herstellung von Siebdruckgeweben und dem hierbei auftretenden Unterstrahlungsproblem, so daß schon aus diesem Grunde ein Austausch der Farbstoffe nicht nahegelegt ist.
Auch die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß die aus D6 bekannte Transparenz von polymerlöslichen Farbstoffen mit dem Remissionsgrad synonym sei und sich deshalb diese als Ersatz für Pigmente angeboten hätten, wird weder durch Beweismittel belegt, noch durch den vorhandenen Stand der Technik bestätigt.
Bereits in der Streitpatentschrift sind Remissionsgrad und Transparenz als zwei von einander verschiedene Eigenschaften genannt, die die beanspruchten Fasern erfüllen müssen (Seite 2, Zeilen 28-30; Seite 3, Zeilen 1. und 2 sowie 50 bis 53).
Dieser Unterschied zwischen Transparenz und Remissionsgrad (Reflexionsverhältnis) wird auch durch D1, Figur 2 erläutert, nach der ein steigender Gehalt an Pigmenten und UV-Absorber den Remissionsgrad herabsetzt (Spalte 4, Zeilen 6 bis 19), während eine hohe Transparenz dadurch erreicht wird, daß der Gehalt an UV-Absorbern und Pigmenten so klein wie möglich gehalten wird (Spalte 4, Zeilen 19 bis 24). Eine höhere Transparenz und niedrigere Remissionswerte können daher durch Erhöhung bzw. Absenkung des Pigmentgehaltes nicht gleichzeitig erreicht werden. Eine gute Transparenz läßt daher keinen zwingenden Rückschluß auf einen niedrigen Remissionsgrad zu, da hier zwei Eigenschaften betrachtet werden, die sich gegenläufig verhalten.
Daher läßt sich auch aus D6 nicht ableiten, daß der Einsatz von polymerlöslichen Farbstoffen in Monofilamenten zu Remissionswerten unter 10 % im gesamten interessierenden Wellenlängenbereich führen würde.
5.2.3. D2 beschreibt die Abnahme der Absorption im Verhältnis zur Verminderung der Teilchengröße von Pigmenten. Für sehr kleine Teilchen wird die Absorption jedoch unabhängig von der Teilchengröße (Seite 558, linke Spalte, Zeilen 7-8).
D2 enthält somit keine Lehre bezüglich polymerlöslicher Farbstoffe. Selbst wenn man letztere, wie die Beschwerdeführerin, als Pigmente mit sehr kleiner Teilchengröße betrachten könnte, dann führt D2 von der Verwendung polymerlöslicher Farbstoffe eher weg, da bei sehr kleinen Teilchen die Absorption unabhängig von der Teilchengröße wird und somit keine weitere Verbesserung der Remission mehr zu erwarten war.
5.2.4. Auch das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argument, es liege eine Einbahnstraßensituation vor, da der Fachmann, der die aus D1 bekannten Monofilamente zu solchen mit niedrigerer Remission weiterentwickeln soll, keine andere Möglichkeit habe, als polymerlösliche Farbstoffe zu ihrer Färbung zu verwenden, greift nicht durch.
Zum einen erwähnen weder D1, noch D11, D6, D2 oder ein anderes im Verfahren genanntes Dokument, daß mit polymerlöslichen Farbstoffen eine Herabsetzung des Remissiongrades unter 10 % und damit eine Verbesserung des Unterstrahlungsschutzes bei Einsatz in Monofilamenten erreichbar ist, so daß diese relevante Eigenschaft der polymerlöslichen Farbstoffen nicht als bekannt angesehen werden kann (siehe T 192/82, ABl. EPA 1984, 415).
Zum anderen sind auch keine Beweismittel für die Behauptung vorgebracht worden, daß die Verwendung von polymerlöslichen Farbstoffen die einzige Alternative sein soll, um den Remissionsgrad von Monofilamenten weiter herabzusetzen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß nach D1 der Remissionsgrad nicht nur durch die Farbpigmente sondern auch durch geringe Mengen Titandioxid herabgesetzt werden kann, wie aus Figur 3 hervorgeht (Spalte 4, Zeilen 31 bis 44). Es ist daher nicht auszuschließen, daß es auch andere Mittel als die beanspruchten polymerlöslichen Farbstoffe geben kann, um den Remissionswert der Monofilamente unter 10 % herabzusetzen. Der Beweislast für ihre Behauptung hat sich die Einsprechende (Beschwerdeführerin) aber nicht entledigt (siehe T 219/83, ABl. EPA 1986, 211).
Keines der zitierten Dokumente bietet somit einen Anhaltspunkt für die Lösung der obengenannten Aufgabe.
5.2.5. Die vorstehenden Erwägungen stehen auch in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, nach der es nicht ausschlaggebend ist, ob ein Fachmann den Gegenstand des Streitpatent hätte ausführen können, etwa weil ihm polymerlösliche Farbstoffe zur Spinnfärbung zur Verfügung standen, sondern vielmehr, ob er es in der Hoffnung auf eine Lösung der zugrundeliegenden Aufgabe bzw. gerade in der Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils (hier Erzielung eines geringeren Remissionsgrades und damit eines verbesserten Unterstrahlungsschutzes) auch getan hätte.
Damit ist es aber auch nicht naheliegend, zur Lösung des relevanten technischen Problems, die in D1 als vorteilhaft angesehenen Pigmente durch die in D11 und D6 genannten polymerlöslichen Farbstoffe auszutauschen.
5.3. Zusammenfassend ergibt sich, daß die Lösung des technischen Problems sich nicht in naheliegende Weise aus dem Stand der Technik ableiten läßt. Daher beruht der Gegenstand von Anspruch 1, und aus den gleichen Gründen derjenige der abhängigen Ansprüche 2 bis 5 auf einer erfinderischen Tätigkeit in Sinne von Artikel 56 EPÜ.
6. Die während der mündlichen Verhandlung eingereichte Beschreibungsseite 2 unterscheidet sich von der erteilten Version dadurch, daß die Zeilen 9 und 10 der geänderten Anspruchsfassung angepaßt worden sind. Die Beschwerdeführerin hat gegen diese Änderung keinen Einwand erhoben. Die Kammer schließt sich dem an.
7. Daraus folgt, daß der Antrag gewährbar ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche 1-5 wie in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung als Hilfsantrag eingereicht (Anlage zur angefochtenen Entscheidung)
- Beschreibung: Seite 2 wie in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer überreicht,
Seite 3 wie erteilt.