T 0432/98 (Fettemulsion/BRAUN MELSUNGEN) 28-11-2001
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Isotone omega-3-fettsäurenhaltige Fettemulsion und ihre Verwendung
(01) Pharmacia Aktiebolag
(02) Fresenius AG
I. Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des auf Grundlage der europäischen Patentanmeldung Nr. 88 116 623.5 erteilten europäischen Patents Nr. 0 311 091. Das Patent in der erteilten Form enthielt 24 Patentansprüche für alle benannten Vertragstaaten, mit Ausnahme von ES und GR, bzw. 12 Patentansprüche für die Vertragstaaten ES und GR.
Anspruch 1 des erteilten Patents in der Fassung für die benannten Vertragstaaten, ausgenommen ES und GR, hatte folgenden Wortlaut:
"Isotone Fettemulsion zur parenteralen Applikation, enthaltend -3-Fettsäuren, insbesondere Eikosapentaensäure (EPA) oder ihre physiologisch unbedenklichen Ester als Bestandteile der Fettphase, dadurch gekennzeichnet, daß die Fettemulsion
- diese -3-Fettsäuren oder Ester in Reinform oder als Bestandteil von Fischölen,
- mittelkettige Triglyzeride (MCT),
- mindestens einen physiologisch unbedenklichen Emulgator,
- gegebenfalls mindestens ein -6-Fettsäuren lieferndes Pflanzenöl,
- Alpha-Tocopherol oder physiologisch unbedenkliche -Tocopherolester, sowie
- übliche Zusatz- und Hilfsstoffe enthält, wobei
- das Verhältnis von EPA oder ihren physiologisch unbedenklichen Estern zu MCT zwischen 1 : 9 und 3 : 5 liegt,
- der gesamte Fettgehalt zwischen 5 und 30 % liegt,
- der Emulgatorgehalt zwischen 5 und 12 % (bezogen auf den Fettgehalt) liegt und
- der Gehalt an -6-Fettsäuren liefernden Pflanzenölen zwischen 0 und 30 % (bezogen auf den Fettgehalt) liegt."
Der unabhängige Anspruch 13 betraf ein Verfahren zur Herstellung einer isotonen Fettemulsion zur parenteralen Applikation mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 und war dadurch gekennzeichnet, daß man diese Fettemulsion durch Vermischen der Bestandteile erhält.
Die Ansprüche 2 bis 12 waren abhängige Ansprüche, die auf besondere Ausführungsformen der Fettemulsion nach Anspruch 1 gerichtet waren. Die abhängigen Ansprüche 14 bis 24 betrafen besondere Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 13.
Die Ansprüche 1 bis 12 für ES und GR entsprachen den Verfahrensansprüchen 13 bis 24 für die übrigen benannten Vertragsstaaten.
II. Gegen die Erteilung des Patents legten unabhängig voneinander die Einsprechende 01 (Verfahrensbeteiligte nach Artikel 107, Satz 2 EPÜ) und die Einsprechende 02 (Beschwerdeführerin) auf Grundlage von Artikel 100 a) EPÜ Einspruch ein mit der Begründung, daß der Gegenstand des Patents nach Artikel 52 (1) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ im gesamten Umfang wegen fehlender Neuheit und Mangel an erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei.
III. Von den zahlreichen im Einspruchsverfahren als Nachweis für die mangelnde Patentfähigkeit eingereichten Entgegenhaltungen wird in dieser Entscheidung auf die nachfolgend genannten Bezug genommen:
(1) US-A-4 528 197;
(3) J. J. Pompeselli et al, Journal of Parent. Ent. Nutr., Vol. 8, No. 1, Seite 88, Abstract No. 30, 1984;
(6) J. J. Pompeselli et al, Gastroenterology, Vol. 91, No. 2, Seiten 305 - 312, 1986;
(7) S. C. Frost et al, Archives of Biochem. and Biophys., Vol. 211, No. 2, Seiten 537 - 546, 1981;
(8) WO-A-87/02247;
(11) DE-A-3 409 793;
(14) K. H. Bässler, Intensivmedizin 1987, 8. Int. Symposium über Probleme der Notfallmedizin und Intensivtherapie, Seiten 190 - 197, Münster 21.-23. Mai 1987;
(15) H. Brösicke et al, Beitr. Infusionstherapie klin. Ernährung, Vol. 20, Seiten 107 - 118, 1988;
(20) K. W. Jauch et al, Ernährungs-Umschau 34, Heft 3, Seite 98, 1987;
(21) W. C. Heird et al, The American Journal of Clinical Nutrition 43, Seiten 320 - 324, 1986;
(25) C. v. Schacky et al, Der Internist 25, Seiten 268 - 264, 1984;
(26) US-A-3 450 819;
(27) WO-A-86/01715.
IV. Mit der am 5. März 1998 zur Post gegebenen Entscheidung hat die Einspruchabteilung die Einsprüche nach Artikel 102 (2) EPÜ zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen gelangte die Einspruchabteilung zur Ansicht, daß die vorgelegten Beweismittel den von der Einsprechenden 02 angeführten Einspruchsgrund mangelnder Neuheit nicht stützten. Hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit vertrat die Einspruchsabteilung die Auffassung, daß der Gegenstand des Streitpatents für den Fachmann aus keiner der von ihr für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit als relevant angesehenen Entgegenhaltungen (1), (26) und (27) oder deren Kombination in naheliegender Weise herleitbar war.
V. Die Einsprechende 02 und nunmehrige Beschwerdeführerin legte gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung Beschwerde ein. Die Beschwerdegegnerin nahm in ihrer Eingabe mit Datum vom 23. Dezember 1998 zur Beschwerdebegründung Stellung und beantragte die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung.
VI. Zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung reichten beide Parteien weitere Schriftsätze ein. In ihrer Eingabe vom 25. September 2001 beantragte die Beschwerdegegnerin erneut die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung als Hauptantrag und als Hilfsantrag die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des in der Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vorgelegten Hilfsantrags. [Die Ansprüche dieses Hilfsantrags wurden auf Ersuchen der Kammer mit der Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 14. November 2001 erneut eingereicht]. Die Änderungen in Anspruch 1 dieses Hilfsantrags für die benannten Vertragsstaaten, ausgenommen ES und GR, gegenüber Anspruch 1 des Patents in der erteilten Fassung (siehe Abschnitt I oben) sind nachfolgend in Fettdruck gekennzeichnet:
"Isotone Fettemulsion zur parenteralen Applikation, enthaltend als Bestandteile der Fettphase -3-Fettsäuren als Bestandteil von hochgereinigtem Fischölkonzentrat mit einem Gehalt an Eikosapentaensäure (EPA) von 20 bis 40. % (bezogen auf die Fettsäuremethylester des Fischölkonzentrats)
- mittelkettige Triglyzeride (MCT),
- <......siehe Anspruch 1, wie erteilt......-> zwischen 0. und 30 % (bezogen auf den Fettgehalt) liegt."
VII. Eine mündliche Verhandlung fand am 28. November 2001 in Anwesenheit der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin statt. Die ordnungsgemäß geladene, nach Artikel 107, Satz 2 EPÜ am Beschwerdeverfahren beteiligte Einsprechende 01 teilte der Kammer mit Schreiben vom 28. August 2001 mit, daß sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen beabsichtige.
Im Verlauf der Diskussion des Hauptantrags entschied sich die Beschwerdegegnerin dafür, den Hauptantrag zurückzuziehen, und machte den Hilfsantrag zum einzigen verbleibenden Antrag.
VIII. Die wesentlichen Elemente der Argumentation der Beschwerdeführerin im schriftlichen und mündlichen Verfahren lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Gemäß den Angaben im Streitpatent habe die Aufgabe darin bestanden, den oxidativen Abbau der im Fischöl enthaltenen -3-Fettsäuren im Fettstoffwechsel zu verhindern, damit diese zur Bildung von Eikosanoiden mit 3-fach ungesättigter Seitenkette und damit zur Antagonisierung der unerwünschten Wirkungen 2-fach ungesättigter Eokosanoide und 4-fach ungesättiger Leukotriene möglichst vollständig zur Verfügung stehen. Des weiteren habe die Beschwerdeführerin eine Vermeidung von Fetteinlagerungen in der Leber als Aufgabe geltend gemacht. Die vorgeschlagene Lösung, die -3-Fettsäuren mit MCT zu kombinieren, sei aber bereits aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik bekannt gewesen.
So habe die Einspruchsabteilung völlig verkannt, daß in den Entgegenhaltungen (1), (26) und (27) bereits die altbekannte Stabilisierung von langkettigen Fettsäuren (nachfolgend auch als LCFAs bezeichnet) durch mittelkettige Fettsäuren (nachfolgend auch als MCFAs bezeichnet) verwendet werde, wie dies beispielsweise in der Entgegenhaltung (7) gelehrt werde. Dabei habe die Einspruchsabteilung auch übersehen, daß eine explizite Erwähnung in Form einer Aufgabenstellung für den Offenbarungsgehalt einer Veröffentlichung unwesentlich sei.
Zu den mehrfach ungesättigten langkettigen Triglyceriden (nachfolgend auch als LCTs bezeichnet) gehörten gleichermaßen Pflanzenöle und Fischöle. In (26) und (27) seien demnach neben Kombinationen von MCTs mit Pflanzenölen auch bereits Kombinationen von MCTs mit Fischölen offenbart, wobei der Begriff Fischöl nachweislich auch Lebertran einschließe. Es sei daher völlig offen, wie die Einspruchsabteilung zur Auffassung gelangen konnte, daß Kombinationen von Fischölen mit MCTs im entgegengehaltenen Stand der Technik nur beiläufig erwähnt seien.
Die Beschwerdegegnerin habe zu Unrecht geltend gemacht, daß zwischen Fischölen und Pflanzenölen große Unterschiede bestünden, die für die beanspruchte Erfindung maßgebend seien. Richtig sei vielmehr, daß sowohl -3-Fettsäuren als auch -6-Fettsäuren den gleichen Stoffwechselprozessen unterworfen seien und von den gleichen Enzymen im Körper zu den entsprechenden Folgeprodukten, wie beispielsweise Leukotrienen, Thromboxanen, oder Prostaglandinen, umgebaut würden. Der Körper behandle zunächst alle ungesättigten, essentiellen Fettsäuren gleich.
Die Beschwerdeführerin verkenne dabei nicht die Unterschiede hinsichtlich Struktur, physiologischen Aufgaben und Wirkungen zwischen den Folgeprodukten von essentiellen -3-Fettsäuren einerseits, und von essentiellen -6-Fettsäuren andererseits. Jedoch entstehe dieser Unterschied erst auf der Stufe der Folgeprodukte und deren physiologischen Wirkungen. Es müsse daher zwischen dem Fettstoffwechsel und Umbau der essentiellen Fettsäuren im Körper einerseits, um den die gleichen Enzyme konkurrierten und um den es im Streitpatent gehe, und der Wirkung der Folgeprodukte andererseits, unterschieden werden. Der Irrtum der Einspruchsabteilung liege darin, diesen Unterschied nicht erkannt zu haben. Ebenso unterliege die Beschwerdegegnerin einer Fehleinschätzung, wenn diese hinsichtlich der zu lösenden Aufgaben zwischen Pflanzenölen und Fischölen unterscheide. Denn der Unterschied bestehe nicht im Fettstoffwechsel, sondern ausschließlich in der Wirkung der Folgeprodukte. Für die Stabilisierung von LCFAs durch MCFAs und mögliche Fetteinlagerungen in der Leber sei aber der Fettstoffwechsel verantwortlich, so daß in dieser Hinsicht keine Unterschiede zwischen Pflanzenöl und Fischöl bestünden. Für den Fachmann habe daher die im Streitpatent vorgeschlagene Lösung der oben genannten Aufgaben auf der Hand gelegen.
IX. Die Beschwerdegegnerin hat dem widersprochen und sich dabei hauptsächlich auf folgende Argumente gestützt:
In keiner der Entgegenhaltungen (1), (26) und (27) sei von einer, wie immer gearteten, Stabilisierung von LCFAs durch MCFAs die Rede. Unter Stabilisierung verstehe die Beschwerdegegnerin, daß die -3-Fettsäuren für den erfindungsgemäßen Zeck im Körper zur Verfügung stünden und nicht für andere Zwecke verbraucht würden.
Gemäß (1) würden unter LCT-Emulsionen solche verstanden, die entweder aus Sojabohnenöl oder Safloröl zusammengesetzt seien. In dieser Entgegenhaltung werde eine eventuelle Blockade des retikuloendothelialen Systems (nachfolgend auch als RES bezeichnet) bei hyperkatabolen Meerschweinchen unter einer Infusion einer Emulsion aus Sojabohnenöl im Vergleich mit einer MCT Infusion bzw. einer Infusion eines synthetischen Triglycerids aus Safloröl und MCT untersucht. Die Druckschrift (1) werde vom Fachmann zur Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe jedoch nicht herangezogen, da sie keine Angaben über eine Kombination von Fischöl mit MCT enthalte oder auch nur nahelege. Zudem seien Unterschiede in der Fetteinlagerung in der Leber aus den in (1) gewonnenen Ergebnissen nicht nachzuweisen gewesen.
Bei Beispiel 8 in Entgegenhaltung (26) handle es sich um die Kombination von MCTs mit Lebertran als LCT. Dieses aus Fischlebern gewonnene fette Öl mit einem hohen Gehalt an Vitamin A und Vitamin D falle nicht unter die Kategorie Fischöle, welche durch Verarbeitung von Körpergeweben aus Kaltwasserfischen ohne deren Leber gewonnen werde.
Schließlich sei auch die Druckschrift (27) nicht relevant, da diese sich speziell mit "randomly rearranged mixtures of MCT und LCT" befasse. Gemäß (27) würden MCTs als solche weder mit Pflanzenölen noch mit Fischölen in Kombination als Emulsionen eingesetzt.
Die Beschwerdegegnerin verbleibe bei ihrer Auffassung, daß die -6-Fettsäuren im Vergleich zu -3-Fettsäuren durch Bildung von unterschiedlichen Folgeprodukten zu qualitativ und quantitativ unterschiedlichen Wirkungen im Körper führten. Daher könne von der Wirkung von überwiegend -6-Fettsäuren enthaltenden Pflanzenölen nicht ohne weiteres auf die Wirkung von überwiegend -3-Fettsäuren enthaltenden Fischölen geschlossen werden. Der Versuch der Beschwerdeführerin Kenntnisse, die -6-Fettsäuren enthaltende Pflanzenöle beträfen, unter den allgemeinen Begriff "langkettige Fettsäuren" zu subsumieren, um dann diese Kenntnisse auf die von -6-Fettsäuren völlig unterschiedliche Spezies der -3-Fettsäuren zu übertragen, müsse schon aus diesem Grunde fehlschlagen.
Gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik gemäß (1) sei die objektive, der Erfindung des angegriffenen Patents zugrundeliegende technische Aufgabe in der zur Verfügungstellung einer -3-Fettsäuren enthaltenden isotonen Fettemulsion zur parenteralen Applikation bei Patienten im Postagressionsstoffwechsel zu sehen, wobei die -3-Fettsäuren in möglichst hohem Ausmaß für die Beeinflussung der Eicosanoidsynthese zur Verfügung stehen sollten und somit die -3-Fettsäuren nicht oxidativ verstoffwechselt würden und eine Verfettung der Leber verhinderten, die Fettemulsionen also einen leberprotektiven Effekt aufwiesen.
Die in Ergänzung des Anwendungsbeispiels 3 des Streitpatents mit der Eingabe vom 18. Dezember 1987 vorgelegten experimentellen Daten belegten, daß eine Emulsion Fischöl/MCT zu signifikant geringeren Gewichten von Leber und Milz als eine Emulsion Pflanzenöl/MCT führte. Aus den Ergebnissen werde deutlich, daß der leberprotektive Effekt bei Infusion einer Fettemulsion, die Fischöl und MCT enthält, überraschenderweise gegenüber einer Fettemulsion enthaltend Pflanzenöl und MCT signifikant besser sei. Der beanspruchte Gegenstand sei daher nicht nur neu, sondern beruhe im Licht des Standes der Technik auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
X. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage der Ansprüche 1 - 24 für alle benannten Vertragsstaaten, ausgenommen ES und GR, und der Ansprüche 1 - 12 für die Vertragsstaaten ES und GR, eingereicht jeweils mit der Eingabe vom 14. November 2001.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Änderungen: Artikel 84, 123 (2) und (3) EPÜ, Regel 57a EPÜ
2. Die Änderungen in der geltenden Anspruchsfassung gegenüber der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung und dem Patent in der erteilten Form betreffen im wesentlichen die Beschränkung des Patentgegenstandes gemäß Anspruch 1 auf Fettemulsionen zur parenteralen Applikation, bei denen der Anteil an -3-Fettsäuren in der Fettphase der Emulsion ausschließlich als Bestandteil von hochgereinigtem Fischölkonzentrat mit einem Gehalt an Eikosapentaensäure (EPA) von 20 bis 40 % (bezogen auf die Fettsäuremethylester des Fischölkonzentrats) zur Verfügung gestellt wird (siehe die Abschnitte I und VI oben). Diese besondere Ausführungsform der beanspruchten Fettemulsion war Gegenstand des ursprünglich eingereichten abhängigen Anspruchs 3. Der Verfahrensanspruch 13 zur Herstellung einer isotonen Fettemulsion zur parenteralen Applikation wurde durch Beschränkung auf die besondere Ausführungsform des Verfahrens gemäß dem ursprünglich eingereichten abhängigen Anspruch 15 in gleicher Weise wie Produktanspruch 1 beschränkt. Beide unabhängigen Ansprüche finden somit ihre Stütze in den Erstunterlagen und enthalten im Vergleich mit den Ansprüchen in der erteilten Fassung zumindest ein zusätzliches technisches Merkmal, welches eine Einschränkung des Schutzumfangs bewirkt.
2.1. Die abhängigen Ansprüche 3 und 15 wurden an die geänderten unabhängigen Ansprüche 1 und 13 angepaßt. Die abhängigen Ansprüche 2, 4 bis 12, 14 und 16 bis 24 finden ihre Grundlage in den entsprechenden abhängigen Ansprüchen in den Erstunterlagen.
2.2. Für die Kammer ist somit durch die von der Beschwerdegegnerin vorgeschlagenen Änderungen in der geltenden Fassung der Ansprüche kein Verstoß gegen die Bestimmungen der Artikel 84, 123 (2) und 123 (3) EPÜ erkennbar. Da die Beschwerdeführerin dem zugestimmt hat, erübrigen sich weitere Ausführungen in dieser Hinsicht.
2.3. Die in Punkt 2.1 oben angeführten Beschränkungen entspringen zweifellos dem Bemühen der Beschwerdegegnerin, den im Einspruchsverfahren vorgetragenen Einspruchsgründen gegen die Patentfähigkeit des Patentgegenstandes Rechnung zu tragen. Die vorgenommenen Änderungen sind daher auch unter dem Gesichtspunkt der Bestimmungen von Regel 57a EPÜ zulässig.
Neuheit: Artikel 52 (1) und 54 (1) EPÜ
3. Auch falls man der Ansicht der Beschwerdeführerin und der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung folgt, wonach der Verweis in Spalte 2, Zeilen 48 - 49, der jüngeren Vorveröffentlichung (1) auf die ältere Druckschrift (26) zur Folge hat, daß die technische Lehre dieser Druckschrift (26) im patentrechtlichen Sinn als integrierter Teil des Offenbarungsgehalts der Entgegenhaltung (1) anzusehen ist, kann der fachmännische Leser auch unter Einbeziehung seines allgemeinen Fachwissens dem entgegengehaltenen Stand der Technik weder eine Fettemulsion mit allen technischen Merkmalen des Anspruchs 1 noch ein Verfahren zur Herstellung einer Fettemulsion mit allen technischen Merkmalen des unabhängigen Anspruchs 13 entnehmen.
Da im Verlaufe des gesamten vorliegenden Verfahrens der Kammer auch kein anderer Stand der Technik bekannt wurde, der den Gegenstand des Streitpatents neuheitsschädlich vorwegnähme, sieht sie keine Veranlassung von der Burteilung der Neuheit durch die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung abzuweichen.
Nächstliegender Stand der Technik
4. Die Beschwerdegegnerin gibt in der Streitpatentschrift klar zu erkennen und hat dies in ihren Einlassungen im Beschwerdeverfahren auch wiederholt vorgetragen, daß auf Grundlage der zum Prioritätszeitpunkt bekannten unterschiedlichen physiologischen Aufgaben und Wirkungen der Folgeprodukte von essentiellen -3-Fettsäuren einerseits und essentiellen -6-Fettsäuren andererseits (siehe Beschreibung, Seiten 3 - 4, insbesondere Abb. 1), die Deckung des Bedarfs an Fettemulsionen zur parenteralen Verabreichung, beispielsweise im Zustand des Postaggressionsstoffwechsels, mit einem erhöhten Anteil an -3-Fettsäuren, insbesondere Eikosapentaensäure (EPA) als Bestandteil von Fischölen, im Streitpatent im Vordergrund steht. Solche Fettemulsionen sollen demnach weniger Vorstufen für 2-fach ungesättigte Eikosanoide bzw. 4-fach ungesättigte Leokotriene, in der Praxis also weniger Linolsäure enthalten, stattdessen jedoch in erhöhtem Ausmaß Präkursoren für 3-fach ungesättigte Eikosanoide bzw. 5-fach ungesättigte Leokotriene, also -3-Fettsäuren, vorzugsweise EPA, enthalten. Ob die beanspruchten Fettemulsionen nur -3-Fettsäuren als Bestandteil von Fischölen, oder eine Kombination von solchen -3-Fettsäuren und -6-Fettsäuren enthalten, richtet sich nach den Ausführungen in der Patentschrift entsprechend danach, ob die akute Beeinflussung von Prostaglandinwirkungen durch -3-Fettsäuren oder ihre längerfristige Anwendung im Rahmen der parenteralen Ernährung im Vordergrund stehen (siehe Streitpatentschrift, insbesondere Seite 5, Zeilen 1 - 9).
4.1. Nach Ansicht der Kammer waren in der mündlichen Verhandlung beide Parteien geneigt von Entgegenhaltung (1) als nächstliegendem Stand der Technik auszugehen, demgegenüber die dem Streitpatent zugrundeliegende, objektive Aufgabe zu ermitteln sei. Die Kammer verkennt nicht, daß der Stand der Technik gemäß (1) dem Gegenstand des Streitpatents insofern nahekommt, als diese Druckschrift bereits Fettemulsionen für die parenterale Ernährung beschreibt, die sog. strukturelle Triglyceride enthalten, d. h. Triglyceride, welche in einem Molekül teilweise mit mittelkettigen und teilweise langkettigen Fettsäuren gemischt verestert sind, und demnach bei der Hydrolyse beide Typen von Fettsäuren liefern (siehe insbesondere Spalte 2, Zeile 65 bis Spalte 3, Zeile 24). In (1) wird aber auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß an Stelle der oben genannten strukturierten Triglyceride als völlig gleichwertige Alternative auch physikalische Gemische von langkettigen Triglyceriden (LCTs) und mittelkettigen Triglyceriden (MCTs) eingesetzt werden können (siehe Spalte 3, Zeilen 23 - 26, Anspruch 11).
Die Kammer verkennt darüber hinaus auch nicht, daß (1) dem Fachmann bereits ausdrücklich die Lehre vermittelt, als langkettige Fettsäurereste in den strukturierten Triglyceriden oder den physikalischen Gemischen der Triglyceride bevorzugt Reste von essentiellen Fettsäuren [zu denen sowohl mehrfach ungesättigte -3- als auch -6-Fettsäuren zählen] einzusetzen (siehe Spalte 3, Zeilen 20 - 21, Anspruch 4), kann aber nicht erkennen, daß in Entgegenhaltung (1), Fettemulsionen zur parenteralen Applikation im Vordergrund stehen, die speziell -3-Fettsäuren als Bestandteil von Fischölen mit einem hohen Gehalt an EPA enthalten, wie dies insbesondere im nunmehr geltenden einzigen Antrag der Beschwerdegegnerin der Fall ist.
4.2. Die Kammer vermag daher der Auffassung nicht zu folgen, daß im vorliegenden Fall die Lehre der Entgegenhaltung (1) als nächstliegender Stand der Technik, demgegenüber die durch das Streitpatent zu lösende Aufgabe zu ermitteln wäre, herangezogen werden soll. Bei der in den Punkten 5 und 5.1 oben geschilderten Sachlage kommt nach Ansicht der Kammer vielmehr jener umfangreiche Stand der Technik dem Patentgegenstand näher, der sich bereits mit Fettemulsionen zur parenteralen Applikation von -3-Fettsäuren, insbesondere als Bestandteil von Fischölen mit einem hohen Gehalt an EPA und Dodekahexaensäure (DHA), befaßt. Als Beispiele für diesen umfangreichen Stand der Technik seien die in der Patentschrift selbst genannten Druckschriften (siehe insbesondere Seite 5, Zeilen 10 - 34) und die von der Beschwerdeführerin im Verlaufe des Verfahrens eingereichten Entgegenhaltungen zur parenteralen Applikation von -3-Fettsäuren genannt.
4.3. So sind beispielsweise aus Entgegenhaltung (8) bereits Fettemulsionen für die parenterale Verabreichung bekannt, die ein Fischöl als Quelle für -3-Fettsäuren, insbesondere Ester der EPA und DHA, einen Emulgator und Wasser enthalten. Die Konzentration des Fischöls in der Emulsion beträgt zwischen 5 und 50 %, vorzugsweise zwischen 10 und 20 %, die des Emulgators liegt in Abhängigkeit vom Gehalt an Fischöl zwischen 0,1 und 6 %, vorzugsweise 0,4 bis 1,2 % (siehe insbesondere Seite 12, Zeile 21 bis Seite 13, Zeile 11; Seite 14, Zeilen 11 - 13, Zeilen 14 - 19, Ansprüche 1, 2 und 6). Der Gehalt an Estern der EPA im hochgereingten Fischöl kann dabei von 10 bis 100 Gewichtsprozenten betragen (siehe insbesondere Seite 13, Zeilen 1 bis 2, Anspruch 4), wobei der Anteil an -3-Fettsäureestern im Fischöl bevorzugt 30 Gewichtsprozent beträgt und aus einer Kombination von Estern der EPA und DHA besteht (siehe Ansprüche 3 und 11 bis 13). Kurz zusammengefaßt, (8) schlägt bereits vor Fettemulsionen zur parenteralen Applikation bereitzustellen, welche in der Fettphase -3-Fettsäuren als Bestandteil von hochgereinigtem Fischölkonzentrat mit einem hohen, dem in Anspruch 1 des Streitpatents entsprechenden Gehalt an Eikosapentaensäure enthalten.
Fettemulsionen zur parenteralen Applikation, die in der Fettphase -3-Fettsäuren, wie EPA UND DHA, als Bestandteil von gereinigtem Fischöl, neben Wasser und einem Emulgator erhalten, sind beispielsweise auch in der in den Zeilen 29 - 34 des Streitpatents bereits gewürdigten Entgegenhaltung (11) beschrieben (siehe insbesondere den letzten Absatz beginnend auf Seite 3 bis Seite 4 vorletzter Absatz, Beispiele 1 bis 3).
Aufgabe und Lösung
5. In Anbetracht des angeführten Standes der Technik kann die Bereitstellung von Fettemulsionen zur parenteralen Verabreichung mit einem erhöhten Anteil an essentiellen -3-Fettsäuren, insbesondere EPA und DHA als Bestandteil von Fischölen, entgegen dem Vortrag der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung, nicht mehr als Teil der vom Streitpatent zu lösenden Aufgabe angesehen werden. Vielmehr ist die objektive Aufgabe einem solchen nächstliegenden Stand der Technik gegenüber zu bestimmen.
5.1. Bei Verabreichung von sog. "ungeschützten" -3-fettsäurehaltigen Emulsionen, wie beispielsweise den im nächstliegenden Stand der Technik gemäß (8) beschriebenen, sieht es die Beschwerdegegnerin als nachteilig an, daß einerseits ein erheblicher Anteil der im Fischöl enthaltenen -3-Fettsäuren im Energiestoffwechsel verwertet, also oxidiert wird, und daher zur Bildung von dreifach ungesättigten Eikosanoiden für den Aufbau von komplexen Lipoiden, wie beispielsweise TXA3, PGI3, PGE3 , und damit zur Antagonisierung der unerwünschten Wirkungen 2-fach ungesättigter Eokosanoide und 4-fach ungesättiger Leukotriene nicht mehr zur Verfügung steht und daß andererseits unerwünschte Fetteinlagerungen in der Leber mit der Gefahr von Leberschädigungen auftreten können. Dem hat die Beschwerdeführerin grundsätzlich auch nicht widersprochen.
5.2. Der Entgegenhaltung (8) als nächstliegendem Stand der Technik gegenüber kann die zu lösende Aufgabe dementsprechend darin gesehen werden, Fettemulsionen zur parenteralen Applikation bereitzustellen, welche in der Fettphase -3-Fettsäuren als Bestandteil von hochgereinigtem Fischölkonzentrat mit einem hohen Gehalt an Eikosapentaensäure enthalten, die aber bei der Verabreichung in einem geringeren Umfang durch oxidativen Abbau im Fettstoffwechsel als Energielieferant verwertet, d. h. in einem größeren Umfang zur Bildung der gewünschten Eikonasoide zur Verfügung stehen, und gleichzeitig einen leberprotektiven Effekt aufweisen.
5.3. Zur Lösung dieser Aufgabe wird im Streitpatent im wesentlichen eine isotone Fettemulsion zur parenteralen Applikation vorgeschlagen, deren Fettphase eine Kombination bestehend aus -3-Fettsäuren als Bestandteil von hochgereinigtem Fischkonzentrat mit einem Gehalt an EPA von 20 bis 40 % und mittelkettigen Triglyceriden enthält.
5.4. Die Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, in Anwendungsbeispiel 2 des Streitpatents (siehe Seite 8, Zeile 40 bis Seite 9, Zeile 14) gezeigt zu haben, daß im Tierversuch die Oxidation von EPA bei der Infusion von Fischölemulsionen mit gleichzeitigem MCT-Anteil (Gruppen III und IV) signifikant geringer war als bei Fischölemulsionen, die kein MCT enthielten (Gruppen I und II).
Ebenso hat sie geltend gemacht, in Anwendungsbeispiel 3 (siehe Seite 9, Zeilen 15 - 48 und Abb. 2a bis 2c) gezeigt zu haben, daß im Tierversuch bei der Verabreichung einer Fettemulsion aus Fischöl und MCT-Öl im Verhältnis 1 :
1. (Gruppe III) signifikant geringere Gewichte von Leber und Milz beobachtet wurden, als bei alleiniger Zufuhr einer Fischölemulsion oder einer Fettemulsion aus Fischöl und Safloröl im Verhältnis 1. : 1 (Gruppen I und II).
Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung nach Auffassung der Kammer teilweise berechtigte, fachlich begründete und fundierte Bedenken gegen die Art der Durchführung und die Aussagekraft der oben angeführten Vergleichsversuche geäußert. Die Beschwerdegegnerin hat dem widersprochen. Da die Beschwerdeführerin die geltend gemachten Effekte an sich jedoch nicht grundsätzlich angezweifelt hat und in ihrer Rolle als Einsprechende selbst auch keine eigenen Versuche als Gegenbeweise vorgelegt hat, geht die Kammer in Ermangelung des Nachweises des Gegenteils davon aus, daß die Aufgabe tatsächlich gelöst wurde.
Erfinderische Tätigkeit: Artikel 52 (1) und 56 EPÜ
6. Es ist daher zu untersuchen, ob die im Streitpatent vorgeschlagene Lösung auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
6.1. Dem Fachmann, der sich im Stand der Technik nach einer Lösung der gestellten Aufgabe umsah, war am Prioritätstag des Streitpatents bereits bekannt, daß es in vielen Fällen vorteilhaft ist, bei vollständiger oder teilweiser parenteraler Ernährung Fettemulsionen zu verabreichen, deren Fettphase strukturierte Triglyceride, d. h. Triglyceride, die mit langkettigen und mittelkettigen Fettsäureresten gemischt verestert sind, oder als gleichwertige Alternative physikalische Gemische von LCTs und MCTs enthält. Dabei kann der Ansicht der Beschwerdegegnerin nicht gefolgt werden, daß diese Lehre im Stand der Technik am Prioritätstag des Streitpatents auf die Verabreichung von Kombinationen von LCTs, die als essentielle Fettsäuren im wesentlichen ausschließlich oder zumindest überwiegend mehrfach ungesättigten -6-Fettsäuren, beispielsweise Pflanzenöle, enthalten mit MCTs beschränkt war.
6.2. Entgegenhaltung (1) befaßt sich mit Fettemulsionen zur parenteralen Ernährung zur Verbesserung des Protein-Anabolismus in hyperkatabolen Subjekten. Wie bereits in Punkt 5.1 oben erwähnt wurde, vermittelt (1) dem Fachmann bereits ausdrücklich die allgemeine Lehre, in solchen Fällen Fettemulsionen zu verabreichen, die als langkettige Fettsäurereste in den strukturierten Triglyceriden oder den physikalischen Gemischen von LCTs und MCTs bevorzugt Reste von essentiellen Fettsäuren enthalten, wobei kein Unterschied zwischen essentiellen -3- und -6-Fettsäuren gemacht wird ("Preferably a long chain fatty acid residue is an essential fatty acid residue", siehe Spalte 3, Zeilen 20 - 21, Anspruch 4). Aus (1) ist der Schluß zu ziehen, daß bei Verabreichung von Mischungen aus langkettigen (LCFAs) und mittelkettigen Fettsäuren (MFCAs) im Gegensatz zur alleinigen Verabreichungen von essentiellen LCFAs kein oder zumindest ein wesentlich geringerer schädlicher Einfluß auf das RES, dessen wichtige Bestandteile die Leber und Milz sind, festzustellen war (siehe insbesondere Spalte 9, Zeile 40 bis Spalte 11, Zeile 10).
6.3. Als Fettemulsionen, die für den in (1) genannten Zweck besonders geeignet sind, wird in Spalte 4, Zeilen 48 - 49, auf das ältere Dokument (26) verwiesen. Daraus muß der Fachmann zunächst den Schluß ziehen, daß die in (26) genannten Fettemulsionen auch für die parenterale Ernährung geeignet sind. In Entgegenhaltung (26) werden Kombinationen von Triglyceriden, die mit gesättigten Fettsäuren mit Kettentlängen unter 12. Kohlenstoffatomen verestert sind (MCTs), mit Triglyceriden von langkettigen polyungesättigten Fettsäuren mit mindestens 2 Doppelbindungen (LCTs) beschrieben, wobei diese sowohl in Form ihrer physikalischen Gemische oder als synthetische Ester vorliegen können (siehe Spalte 2, Zeilen 34 - 71, insbesondere Zeilen 44 - 47, 67 - 70).
Ausdrücklich wird in (26) auch darauf hingewiesen, daß die mehrfach ungesättigten Fettsäuren in Form von Ölen, welche diese enthalten, eingesetzt werden können (siehe insbesondere Spalte 3, Zeilen 1 - 5). Zwar werden in den Zeilen 4 und 5 als typische Beispiele für solche Öle Safloröl, Maisöl, Baumwollsamenöl und Sojaöl genannt, jedoch ist die Lehre von (26) nicht auf die ausdrücklich erwähnten ungesättigten Öle beschränkt, sondern empfiehlt ausdrücklich den Gebrauch anderer allgemein bekannte Öle mit einem Gehalt an höher ungesättigten Fettsäuren von mehr als 40 % (siehe Spalte 7, Zeilen 66 - 69), wie dies beispielweise den Merkmalen des Anspruchs 1 entspricht, wo bereits der Anteil an EPA-Estern im gereinigten Fischöl allein bis zu 40 % betragen kann.
Dementsprechend sind in (26) neben einer Reihe von Beispielen von Kombinationen von LCTs in Form von Pflanzenölen, die einen unterschiedlichen Anteil an essentiellen -6-Fettsäuren enthalten, mit MCTs, zumindest in den Beispielen 8 und 9, auch bereits Kombinationen von LCTs, die einen hohen Anteil an -3-Fettsäuren enthalten, mit MCTs beschrieben. Die Beschwerdeführerin hat im Verlaufe des Verfahrens hinreichend nachgewiesen, daß die Ansicht der Einspruchsabteilung, wonach das in Beispiel 8 genannte "cod liver oil" nicht den Fischölen mit einem hohen Anteil an EPA und DHA zuzurechnen sei, so nicht haltbar ist.
Der Vollständigkeit halber soll auch nicht unerwähnt bleiben, daß die Lehre von (26) in Spalte 2, Zeilen 37 - 38, bereits auf die materielle Abnahme von Fettablagerungen in den Körpergeweben bei Verabreichung der in (26) offenbarten Fettemulsionen hinweist.
6.4. Die Kammer will sich dem Argument der Beschwerdegegnerin nicht verschließen, daß die im abhängigen Anspruch 6 von (27) erwähnten Mischungen von MCT-Ölen und LCT-Ölen, zumindest insoweit EPA enthaltendes Fischöl betroffen ist, nicht unter die in Anspruch 1 angeführte Formel fallen. Jedoch sieht sich die Kammer veranlaßt, darauf hinzuweisen, daß Anspruch 1 auf eine Behandlungsmethode zur Vermeidung von Katabolismus und zur Behandlung von ernsten metabolischen Streßzuständen, wie diese beispielsweise in Patienten nach traumatischen und septischen Ereignissen, d. h. in Postaggressionszuständen, induziert werden, gerichtet ist. Gemäß Anspruch 3 kann diese Behandlungsmethode in einer besonderen Ausführungsform auch mit Gemischen von LCTs und MCTs durchgeführt werden, wobei die in den Ansprüchen 3 und 4 angeführten prozentualen Zusammensetzungen von MCT zu LCT für den Fachmann nur dann sinnvoll erscheinen, wenn es sich tatsächlich um MCT/LCT Gemische handelt. Zudem kann der fachkundige Leser die in Anspruch 1 gewählte Formulierung "method which comprises administering" als nicht anderes interpretieren als einen Hinweis darauf, daß die Behandlungsmethode nicht auf die Verabreichung von strukturellen Lipiden der in Anspruch 1 angegebenen allgemeinen Formel beschränkt sein soll. Der fachmännische Leser, der mit dem Stand der Technik gemäß (1) und (26) vertraut ist, kann zumindest nicht ausschließen, daß die Unteransprüche 3 bis 6 auf besondere Ausführungsformen der in Anspruch 1 genannten Behandlungsmethode mittels Mischungen von MCTs und LCTs gerichtet sind, sei es in Form von strukturierten Triglyceriden oder physikalischen Gemischen, beispielsweise den in Anspruch 6 angeführten speziellen Mischungen Von MCT-Ölen mit LCT-Ölen, wie Maisöl, Erdnußöl, Safloröl, Sojabohnenöl, Sonnenblumenkernöl, aber auch Fischöl.
7. Auf jeden Fall ergibt sich aus dem oben in den Punkten 7.1 bis 7.4 angeführten Stand der Technik, daß der Fachmann zum Prioritätszeitpunkt unter dem Oberbegriff "LCT" oder "LCT-Öle" nicht nur -6-fettsäurenhaltige Triglyceride, sondern auch Fischöle verstanden hat und bereits die Anregung erhalten hat, -3-Fettsäuren liefernde Öle, u. a. Fischöle, mit MCT zur Bereitstellug von Fettemulsionen für die parenterale Applikation zu kombinieren. Die verbleibende Frage ist, ob er dies auch in der Erwartung, damit die bestehende Aufgabe zu lösen, tatsächlich getan hätte (siehe auch T 2/83, ABl. EPA 1984, 265). Der Stand der Technik enthält nach Ansicht der Kammer genügend zielführende Hinweise, die den Fachmann in dieser Erwartung bestärkten, so daß es für ihn zumindest naheliegend war, die bestehende Aufgabe durch die oben angeführte Kombination zu lösen, auf jeden Fall aber die Lösung der Aufgabe mit Aussicht auf Erfolg zu versuchen.
7.1. Was den Schutz der -3-Fettsäuren gegen Oxidation betrifft, vermitteln die Entgegenhaltungen (7), (14) und (15) eine einheitliche technische Lehre. So entnimmt der Fachmann beispielsweise aus Dokument (14) den Hinweis, daß ein unter MCT/LCT-Infusion beobachteter Triglyceridanstieg seine Ursache darin haben könnte, daß die Oxidation der langkettigen Fettsäuren durch die mittelkettigen gehemmt wird, so daß sie in größerem Umfang veestert werden (siehe insbesondere Seite 192, letzter Absatz).
Ähnliche Hinweise sind auch aus (15) zu entnehmen, wo es auf Seite 115, Zeilen 10 - 15, heißt: "Besonders interessant ist die Frage, ob bei der Verwendung eines MCT/LCT Gemischs die Oxidation der langkettigen Triglyceride zugunsten einer rascheren und vollständigeren Verbrennung der mittelkettigen Triglyceride des Gemischs eingeschränkt wird oder ob die oxidative Verwertung mittel- und langkettiger Triglyceride additiv erfolgt." Auf Seite 117, Zeilen 1 - 5, wird dazu folgende Schlußfolgerung gezogen: "Die Ergebnisse zeigen, daß nach Bolusgabe bzw. nach Infusionsbeginn die Verbrennung der mittelkettigen Triglyceride rasch einsetzt, schneller und in größerem Ausmaß abläuft als bei langkettigen Triglyceriden, und die gefundenen Oxidationsraten von der gleichzeitigen Kohlehydratzufuhr abhängig sind."
Schließlich weist die Entgegenhaltung (7) ebenfalls darauf hin, daß mittelkettigen Fettsäuren in Triglyceriden der Rattenmilch bevorzugt gegenüber langkettigen Fettsäuren oxidiert werden und dieser Mechanismus langkettige Fettsäuren gegen Oxidation schützt und dadurch deren Einbau in komplexe Lipide, die beispielsweise für das Wachstum erforderlich sind, ermöglicht. Die Kammer übersieht nicht, daß sich die Versuche in (7) auf die orale Verabreichung beziehen, jedoch kann der Fachmann bei einem Vergleich mit den Ergebnissen in (14) und (15), die sich auf parenterale Verabreichung beziehen, auf zumindest vergleichbare Effekte bei oraler und parenteraler Applikation schließen.
7.2. Insofern die Lösung der Aufgabe den leberprotektiven Effekt betrifft, vermitteln u. a. die Entgegenhaltungen (3), (6) und (20) und (21) eine einheitliche technische Lehre.
Entgegenhaltung (3) befaßt sich mit einer Untersuchung, bei der im Rahmen einer vollständigen parenteralen Ernährung (TPE) bei Leberinsuffiienz 50 % der verabreichten Kalorien als Nicht-Proteinkalorien entweder in Form von LCT oder einer physikalische Mischung MCT/LCT (1 : 1) verabreicht wurden. Die in (3) berichteten Ergebnisse zeigen, daß in der Gruppe, welche als Fettemulsion eine Mischung aus MCT/LCT erhielt, die Morphologie der Leber einen normalen, unauffälligen Befund ergab, während die Verabreichung einer LCT-Emulsion zu signifikanten Fetteinlagerungen in der Leber führte.
Ähnliche Ergebnisse werden in Entgegenhaltung (6) berichtet. Demnach wurde in Tierversuchen eine verbesserte Morphologie der Leber beobachtet, wenn eine Fettemulsion bestehend aus einer MCT/LCT Kombination im Gegensatz zu einer LCT Emulsion verabreicht wurde. Die dafür angeführte Erklärung ist die Auslösung eines Immundefekts durch Überladung des RES mit Lipiden bei alleiniger Verabreichung von LTC (siehe insbesondere Seite 311, linke Spalte, beginnend mit Textzeile 7).
In Entgegenhaltung (20) wird berichtet, daß Infusionen mit MCT/LCT Kombinationen zu einem geringeren Transaminaseanstieg (hepatische Lipideinlagerungen) führten, als reines LCT oder Glukose allein, und daß mit einer 20%igen MCT/LCT Emulsion das physiologische Lipidmuster am besten erhalten bzw. wiederereicht wird. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen die Autoren von (21), die bei Verabreichung einer MCT/LCT Emulsion ebenfalls über geringere hepatische Fetteinlagerungen als bei der Gabe von Dextrose oder einer reinen LCT Emulsion berichten (siehe insbesondere Seite 321, linke Spalte, Zeilen 10 - 17).
7.3. Die Beschwerdegegnerin hat an den oben angeführten Ergebnissen mehrfach bemängelt, daß die spezifische Zusammensetzung des jeweils eingesetzten LCT nicht angegeben sei bzw. daß sich die Ergebnisse auf Versuche bezögen, bei denen die LCTs in Form von -6-Fettsäuren liefernden Pflanzenölen verabreicht wurden.
7.4. Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung das allgemeine Fachwissen bestätigt, wonach LCTs im Fettstoffwechsel ganz allgemein vor der Oxidation in der inneren Mitochondrienmembran mit Carnitin verestert werden, während MCTs, die mittelkettige gesättigte Fettsäuren enthalten, direkt in der Leber abgebaut werden und daß dieser Unterschied von der Kettenlänge (lang- oder mittelkettig) abhängig ist, von anderen Parametern der jeweiligen LCFA, wie Anzahl und Lage der Doppelbindungen jedoch unabhängig ist (siehe beispielsweise (1), Spalte 1, Zeile 65 bis Spalte 2, Zeile 10).
Neben dem obengenannten ersten Kriterium existiert ein zweites, welches für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der Kammer besonders wichtig erscheint. Die Anzahl und Lage der Doppelbindungen, je nachdem ob es sich um die Familie der essentiellen -6-Fettsäuren oder die Familie der essentiellen -3-Fettsäuren handelt, ist für die Natur der Folgeprodukte, wie beispielsweise der Bildung von TXA2, PGI2, PGE2 einerseits, und TXA3, PGI3, PGE3 andererseits verantwortlich. Hier ist aber für die vorliegende Entscheidung wichtig, daß beide Familien von essentiellen Fettsäuren von den gleichen Enzymen zu den oben angeführten Folgeprodukten umgebaut werden. Die -6-Fettsäuren und -3-Fettsäuren konkurrieren dabei um dieselben Enzyme und die Unterschiede entstehen erst auf der Stufe der Folgeprodukte (siehe (25): insbesondere Seite 269, linke Spalte bis rechte Spalte, Zeile 11).
7.5. Der mit diesem Wissen ausgerüstete Fachmann konnte daher mit guten Gründen erwarten, daß bei Zusatz von MCTs zu LCTs oder MCFAs zu LCFAs, unabhängig davon, ob es sich dabei hauptsächlich um die Familien der -6-Fettsäuren oder der -3-Fettsäuren handelt, qualitativ gleichwertige oder zumindest sehr ähnliche Effekte erzielt werden. Die Beschwerdegegnerin hat im Verlaufe des Verfahrens keine überzeugenden Gründe oder Nachweise vorgelegt, die den Fachmann von dieser Erwartung hätten abhalten können. Der Fachmann erhielt im vorliegenden Fall klare Hinweise in Richtung der beanspruchten Erfindung und es war dann nur mehr erforderlich, das zu erwartende Ergebnis durch entsprechende Versuche experimentell zu bestätigen. Die Notwendigkeit ein zu erwartendes Ergebnis experimentell zu bestätigen, kann das Vorhandensein einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen.
7.6. Die Beschwerdegegnerin hat geltend gemacht durch Vergleichversuche gezeigt zu haben, daß eine Fischöl/MCT Emulsion gegenüber einer Pflanzenöl/MCT Emulsion durch einen überraschenden technischen Effekt (geringere Fetteinlagerung in der Leber) gekennzeichnet sei und darin ein Anzeichen für erfinderische Tätigkeit zu sehen sei. Dabei wurden dem Anwendungsbeispiel 3 des Streitpatents (Gruppen I bis III, siehe Punkt 6.3 oben) ein zweite Versuchsreihe angefügt, bei der eine Fettemulsion aus Sojabohnenöl und MCT-Öl (Gruppe IV) und eine Fettemulsion Sojabohnenöl (Gruppe V) mit einer Fettemulsion aus Fischöl und MCT-Öl gemäß Gruppe III in Anwendungsbeispiel 3 des Streitpatents verglichen wurden.
Abgesehen davon, daß nach ständiger Rechtsprechung der Kammern (siehe z. B. T 296/87, ABl. EPA 1990, 195, insbesondere Punkt 8.4.1) eine geltend gemachte überlegene Wirkung dann keine erfinderische Tätigkeit begründen kann, wenn sie sich aus naheliegenden Versuchen ergibt [wie es hier der Fall ist, siehe Punkt 8.5. oben], hat die Beschwerdeführerin zur Überzeugung der Kammer ausführlich dargelegt und begründet, daß in Ermangelung jeglicher Angaben in den Versuchsreihen I bis III und IV bis V der entsprechenden Lebergewichte vor Verabreichung der jeweiligen Emulsion, d. h. des eigentlichen Bezugspunkts der Fetteinlagerung in der Leber über eine Gewichtsbestimmung, die vorgelegten Vergleichsversuche keinerlei verläßliche, geschweige denn für Dritte verifizierbare Ergebnisse zu liefern, imstande wären.
8. Nach alledem ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik und beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Da über jeden Antrag nur in seiner Gesamtheit entschieden werden kann, muß auch auf die mögliche Patentierbarkeit der übrigen Ansprüche und der Ansprüche für die Vertragsstaaten ES und GR nicht mehr eingegangen werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.