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W 0004/08 01-10-2008
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Einspannfutter
I. Die Einheitlichkeit der internationalen Patentanmeldung PCT/EP2007/001597 mit 8 Ansprüchen wurde von der Internationalen Recherchenbehörde (IRB) in Hinblick auf das während der Recherche gefundene Dokument D1: US-A-4 234 277, d. h. "a posteriori", beanstandet. Die IRB hat in dem am 2. Juli 2007 abgesandten Bescheid zur Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Gebühren gemäß Artikel 17(3)a) und Regel 40.1 PCT festgestellt, dass die Anmeldung zwei Gruppen von Erfindungen enthält und zwar: Ansprüche 1-4, 7, 8: Tiefenanschlag.
Ansprüche 5, 6: Elastischer Ring.
II. Der Anspruch 1 der Anmeldung lautet wie folgt:
"1. Einspannfutter (1) für ein drehend angetriebenes Maschinenwerkzeug, mit einem zentralen hohlzylindrischen Grundkörper (2), der ein Antriebsende (3) für die Maschinenspindel (4) und ein gegenüberliegendes Einsteckende (5) für den Schaft (6) eines Maschinenwerkzeugs aufweist; der Grundkörper (2) wird umgeben von einer Schiebehülse (7), die in eine Richtung unter Federvorlast (8) steht; die Schiebehülse (7) ist zwischen zwei Endstellungen (9, 10) verlagerbar; die Schiebehülse (7) besitzt eine umlaufende Innennut (11) dort, wo die Innennut (11) in derjenigen Endstellung (10), die in Richtung gegen die Federvorlast (8) erreicht wird, mit einem Wandungsdurchbruch (12) des Grundkörpers (2) fluchtet sowie einen umlaufenden Innenbund (13) dort, wo der Innenbund (13) in derjenigen Endstellung (9), die in Richtung der Federvorlast (8) erreicht wird, mit demselben Wandungsdurchbruch (12) fluchtet; in dem Wandungsdurchbruch (12) sitzt ein Klemmkörper (14) dessen Radialabmessung größer als die Wandstärke des Grundkörpers (2) zuzüglich eines eventuell vorliegenden Radialspiels (15) zwischen dem Innenbund (13) der Schiebehülse (7) und dem Außendurchmesser des Grundkörpers (2) ist, dadurch gekennzeichnet, dass der hohlzylindrische Grundkörper (2) innen kreiszylindrisch hohl zur Aufnahme eines kreiszylindrischen Schafts (6) des Maschinenwerkzeugs ist und dass der Klemmkörper (14) bei fluchtend ausgerichtetem Innenbund (13) der Schiebehülse (7) sowohl als axiale wie auch als drehmomentfeste Einspannvorrichtung des kreiszylindrischen Schafts (6) dadurch dient, dass er in die innere kreiszylindrisch Ausnehmung des Grundkörpers hineinragt."
III. Die Feststellung mangelnder Einheitlichkeit wurde wie folgt begründet: Der Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 1 der internationalen Anmeldung sowie der Gegenstand der abhängigen Patentansprüche 2 und 3 seien nicht neu gegenüber dem Inhalt der D1. Die besonderen technischen Merkmale des abhängigen Anspruchs 4 entsprächen nicht den besonderen technischen Merkmalen des vom Anspruch 1 abhängigen Anspruchs 5, da sie unterschiedliche Aufgaben lösten. Das Erfordernis der Einheitlichkeit nach Regel 13 PCT sei somit nicht erfüllt.
IV. Daraufhin hat die Anmelderin mit Schreiben vom 1. August 2007 unter Widerspruch nach Regel 40.2(c) PCT eine zusätzliche Recherchengebühr entrichtet. Sie hat beantragt, die Einheitlichkeit der Patentanmeldung anzuerkennen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei aus D1 nicht bekannt. Wie sich aus dem geltenden Patentanspruch 1 und der zugehörigen Beschreibung ergäbe, sei lediglich 1 Klemmkörper vorgesehen, so dass der Werkzeugschaft demzufolge auch nur von einer einzigen Seite geklemmt werde. Das Einspannfutter gemäß D1 spanne hingegen das Werkzeug symmetrisch ein. Die Merkmale des abhängigen Anspruch 5 seien erstrebenswert, um bei Maschinenwerkzeugen mit einem sehr dünnen Werkzeugschaft von etwa 3 bis 4 mm und sehr hochtourig drehenden Maschinen infolge der einseitigen Einspannung des Werkzeugschafts im Einspannfutter ein Schwirren zu vermeiden. Bei der symmetrischen Einspannung der D1 sei ein Schwirren nicht zu befürchten.
V. Mit Mitteilung vom 13. November 2007 bestätigte ein "interner" Überprüfungsausschuss der IRB die Auffassung der IRB hinsichtlich mangelnder Einheitlichkeit. Der interne Überprüfungsausschuss stellte fest, dass der Anspruch 1 nicht auf einen einzigen Klemmkörper eingeschränkt sei, so dass der von der IRB erhobenen Einwand mangelnder Neuheit gerechtfertigt sei. Die Aufforderung zur Zahlung der zusätzlichen Gebühren sei somit berechtigt gewesen. Die Anmelderin wurde aufgefordert, für eine weitere Prüfung des Widerspruchs eine Widerspruchsgebühr zu entrichten.
VI. Die Anmelderin hat am 13. Dezember 2007 die Widerspruchsgebühr entrichtet.
1. Der Widerspruch entspricht Regel 40.2 c) und e) PCT; er ist daher zulässig.
2. Die Internationale Recherchenbehörde hat die Einheitlichkeit der in den Ansprüchen der internationalen Anmeldung definierten Erfindung nicht "a priori" beanstandet. Dagegen hat sie die Auffassung vertreten, der Gegenstand der Ansprüche 1 bis 3 sei im Hinblick auf die Druckschrift D1 nicht neu, so dass sich die übrigen Ansprüche auf zwei verschiedene Erfindungen bezögen (Uneinheitlichkeit "a posteriori").
3. Die Kammer stimmt der Auffassung der Internationalen Recherchenbehörde zu, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber der D1 nicht neu ist. Aus dieser Druckschrift (vgl. Figuren 1 bis 4) ist nämlich bereits ein Einspannfutter (12) für ein drehend angetriebenes Maschinenwerkzeug bekannt, mit einem zentralen hohlzylindrischen Grundkörper (18), der ein Antriebsende (20) für die Maschinenspindel (22) und ein gegenüberliegendes Einsteckende für den Schaft (26) eines Maschinenwerkzeugs aufweist; der Grundkörper (18) wird umgeben von einer Schiebehülse (32), die in eine Richtung unter Federvorlast (44) steht; die Schiebehülse (32) ist zwischen zwei Endstellungen (vgl. Fig. 2 und 4) verlagerbar; die Schiebehülse (32) besitzt eine umlaufende Innennut (40) dort, wo die Innennut (40) in derjenigen Endstellung (gemäß Fig. 4), die in Richtung gegen die Federvorlast (44) erreicht wird, mit einem Wandungsdurchbruch (80) des Grundkörpers (18) fluchtet sowie einen umlaufenden Innenbund (42) dort, wo der Innenbund (42) in derjenigen Endstellung (gemäß Fig. 2), die in Richtung der Federvorlast (44) erreicht wird, mit demselben Wandungsdurchbruch (80) fluchtet; in dem Wandungsdurchbruch (80) sitzt ein Klemmkörper (Kugel 30) dessen Radialabmessung größer als die Wandstärke des Grundkörpers (18) zuzüglich eines vorliegenden Radialspiels zwischen dem Innenbund (42) der Schiebehülse (32) und dem Außendurchmesser des Grundkörpers (18) ist, wobei der hohlzylindrische Grundkörper (18) innen kreiszylindrisch hohl zur Aufnahme eines kreiszylindrischen Schafts (26) des Maschinenwerkzeugs ist und dass der Klemmkörper (30) bei fluchtend ausgerichtetem Innenbund (42) der Schiebehülse (32) sowohl als axiale wie auch als drehmomentfeste Einspannvorrichtung des kreiszylindrischen Schafts (26) dadurch dient, dass er in die innere kreiszylindrische Ausnehmung (24) des Grundkörpers hineinragt.
Zwar weist das bekannte Einspannfutter drei Klemmkörper (Kugel 30, vgl. Fig. 3) auf. Der Wortlaut des Anspruchs 1 schließt jedoch nicht aus, dass mehrere Klemmkörper vorhanden sein können. Die vom Anmelder unter Bezugnahme auf die Beschreibung angestrebte einschränkende Auslegung des Anspruchs 1, nachdem ein einziger Klemmkörper vorhanden sei, ist nicht gerechtfertigt. Abgesehen davon, dass dieses Merkmal in der Beschreibung nicht explizit erwähnt wird und daher lediglich implizit der spezifischen Ausführungsform zu entnehmen wäre (worauf nicht näher eingegangen wird), ist die Kammer vielmehr der Auffassung, dass sich alle technischen Merkmale, durch die sich der beanspruchte Gegenstand vom Stand der Technik unterscheiden soll, im Anspruch 1 selbst befinden müssen.
4. Da Anspruch 1 nicht in dem vom Anmelder angesprochenen Sinn eingeschränkt ausgelegt werden kann, ist die Argumentation, wonach die Merkmale des abhängigen Anspruchs 5 bei einer einseitigen Einspannung des Werkzeugschafts im Einspannfutter erstrebenswert seien, um ein Schwirren zu vermeiden, für diese Entscheidung irrelevant.
5. Nachdem festgestellt wird, dass auf Grund des bei der Recherche aufgefundenen Standes der Technik gemäß D1 der Gegenstand des Anspruchs 1 prima facie als nicht patentierbar anzusehen ist, ist es zu untersuchen, ob die in den übrigen, abhängigen Ansprüchen angegebenen Erfindungen noch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen (Regel 13.1 PCT; siehe PCT Richtlinien für Internationale Recherche und Vorläufige Prüfung, PCT/GL/ISPE/1, Abs. 10.08). Dabei ist es nach Regel 13.2 PCT zu prüfen, ob die verbleibenden Erfindungen noch zu einer durch "besondere technische Merkmale" verbundenen Gruppe gehören. Dies setzt voraus, dass der Gegenstand der abhängigen Ansprüche auf das Vorhandensein besonderer technischen Merkmale geprüft wird (siehe z.B. W 44/88, Gründe Nr. 2.5 und W 41/92, Gründe Nr. 3.8).
6. Der Gegenstand des Anspruchs 2 ist aus D1 bekannt, weil diese Druckschrift offenbart, dass der Wandungsdurchbruch (80) von einem Tiefenanschlag (52) des Einspannfutters ausgehend mit einer vorbestimmten Maß zum Tiefenanschlag (52) beabstandet ist (vgl. Spalte 3, Zeilen 35-38 der D1). Somit enthält der Anspruch 2 keine besonderen technischen Merkmale.
7. Der Gegenstand des auf Anspruch 2 rückbezogenen Anspruchs 3 ist auch aus D1 bekannt. Tatsächlich wird dort der Tiefenanschlag (52) von einem den Grundkörper (12) quer durchsetzenden Stift (52) gebildet, der vor dem Kopfende der Maschinenspindel (22) angebracht ist. Somit enthält auch der Anspruch 3 keine besonderen technischen Merkmale.
8. Es ist unstrittig, dass das zusätzliche Merkmal des auf Anspruch 2 rückbezogenen Anspruchs 4, dass der Tiefenanschlag von einer kopfseitigen Durchmesserstufe im Grundkörper gebildet wird, aus D1 nicht bekannt ist. Dieses Merkmal kann daher als besonderes technisches Merkmal im Sinne der Regel 13.2 PCT angesehen werden. Im Gegensatz zu der Ausgestaltung des Tiefenanschlags als einen den Grundkörper quer durchsetzenden Stift gemäß D1 wird bei der Ausgestaltung gemäß dem Anspruch 4 kein zusätzliches Teil benötigt. Das besondere technische Merkmale gemäß dem Anspruch 4 löst somit die technische Aufgabe, eine alternative Ausbildung des Tiefenanschlags zu finden, bei der kein zusätzliches Teil benötigt wird.
9. Es ist ferner unstrittig, das auch die zusätzlichen Merkmale des auf Anspruch 1 rückbezogenen Anspruchs 5, dass der Grundkörper an seinem Einsteckende eine umlaufende Innennut zur Aufnahme eines Ringes aus elastomerem Material aufweist, aus D1 nicht bekannt sind. Diese Merkmale bewirken eine Zentrierung für den Werkzeugschaft (vgl. Seite 4, Zeilen 10, 11 der Anmeldung) und eine Dämpfung der Schwingungen des rotierenden Werkzeugs (vgl. Seite 8, Zeile 30 - Seite 9, Zeile 13). Sie lösen somit die technische Aufgabe, den Werkzeugschaft zu zentrieren und die Schwingungen des rotierenden Werkzeugs zu dämpfen.
9.1 Da die besonderen technischen Merkmalen der Ansprüche 4 und 5 strukturell unterschiedlich sind sowie unterschiedliche Aufgaben lösen, kommt die Kammer in Übereinstimmung mit der IRB zu dem Schluss, dass es keinen technischen Zusammenhang zwischen diesen zwei Erfindungen besteht, der in einem oder mehreren gleichen oder entsprechenden besonderen technischen Merkmalen zum Ausdruck kommt (Regel 13.2 PCT). Die mangelnde Einheitlichkeit wurde somit von der IRB zu Recht festgestellt.
9.2 Die Aufforderung zur Zahlung der zusätzlichen Recherchengebühr für die zweite Erfindung war somit berechtigt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Der Widerspruch wird zurückgewiesen.