W 0014/08 02-09-2008
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Lageveränderliche Werkstückauflage für eine Maschine und Bearbeitungsanlage mit einer entsprechenden Werkstückauflage
I. Die Einheitlichkeit der internationalen Patentanmeldung PCT/EP2007/005992 mit 23 Ansprüchen wurde von der Internationalen Recherchenbehörde (IRB) im Hinblick auf das während der Recherche gefundene Dokument
D1: US-A-5 740 699,
d. h. "a posteriori", beanstandet. Die IRB hat im Bescheid vom 25. Oktober 2007 zur Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Gebühren gemäß Artikel 17 (3) a) und Regel 40.1 PCT festgestellt, dass die Anmeldung fünf Gruppen von Erfindungen enthält und zwar:
Ansprüche 1-5, 20: Werkstückauflage nach Anspruch 1, wobei der Werkstücktisch auf genau drei Lagerelementen gelagert ist.
Ansprüche 6-12: Werkstückauflage nach Anspruch 1, mit einer besonderen Ausführung der Lagerelemente.
Anspruch 13: Werkstückauflage nach Anspruch 1, wobei der Werkstücktisch auf einem federnden Element gelagert ist.
Ansprüche 14-19: Werkstückauflage nach Anspruch 1, wobei die Führung ein elastischer Körper ist.
Ansprüche 21-23: Bearbeitungsanlage mit einer Werkstückauflage nach Anspruch 1 und einem Bearbeitungswerkzeug zur Bearbeitung eines Halbleitermaterials.
II. Die Feststellung mangelnder Einheitlichkeit wurde in der am 25. Oktober 2007 abgesandten Aufforderung zur Zahlung zusätzlichen Gebühren wie folgt begründet:
Der gemeinsame Gegenstand der Gruppen von Erfindungen sei eine Werkstückauflage gemäß dem Anspruch 1. Da jedoch dem Gegenstand des Anspruchs 1 die Neuheit im Hinblick auf D1 fehle, seien die Erfindungen nicht durch eine einzige gemeinsame erfinderische Idee verbunden, so dass das Erfordernis der Einheitlichkeit nicht erfüllt sei. Die durch die Erfindungen gelösten Aufgaben seien unterschiedlich.
III. Daraufhin hat die Anmelderin mit Schreiben vom 20. November 2007 unter Widerspruch nach Regel 40.2 (c) PCT vier zusätzliche Recherchengebühren entrichtet und als vorsorgliche Maßnahme bereits die Widerspruchsgebühr entrichtet. Sie hat beantragt, die Einheitlichkeit der Patentanmeldung anzuerkennen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die in der Anmeldung enthaltenen Ansprüche eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen würden, nämlich die erfinderische Idee, die dem Gegenstand des Anspruchs 1 zugrundeliege. Weiterhin hat sie beantragt, falls die Überprüfung durch die Internationale Recherchenbehörde ergeben sollte, dass die Aufforderung nur teilweise oder in vollem Umfang berechtigt war, den Widerspruch der Beschwerdekammer vorzulegen und von dieser prüfen zu lassen.
IV. Mit Mitteilung vom 1. Februar 2008 bestätigte ein "interner" Überprüfungsausschuss der IRB die Auffassung der IRB hinsichtlich mangelnder Einheitlichkeit und stellte fest, dass die Aufforderung zur Zahlung der zusätzlichen Gebühren berechtigt war. Die Anmelderin wurde aufgefordert, für eine weitere Prüfung des Widerspruchs eine Widerspruchsgebühr zu entrichten.
V. Mit Mitteilung vom 18. März 2008 wurde der Anmelderin mitgeteilt, dass ihr Widerspruch der Technischen Beschwerdekammer 3.2.06 vorgelegt wurde.
1. Der Widerspruch entspricht Regel 40.2 c) und e) PCT; er ist daher zulässig.
2. Die IRB hat die Einheitlichkeit der in den Ansprüchen der internationalen Anmeldung definierten Erfindung nicht "a priori" sondern "a posteriori" beanstandet. Eine Beanstandung wegen fehlender Einheitlichkeit "a posteriori" setzt voraus, dass "a priori" eine einzige Gruppe von Erfindungen vorlag, und dass auf Grund des bei der Recherche aufgefundenen Standes der Technik wenigstens eine Erfindung aus dieser Gruppe vom Recherchenprüfer als offensichtlich nicht patentierbar angesehen wird (vgl. G 2/89, insbesondere Punkt 8.2; W 16/00, Punkt 3; PCT Richtlinien, III, 10.04).
3. Die IRB hat die Auffassung vertreten, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei im Hinblick auf die Druckschrift D1 nicht neu und dass sich die übrigen Ansprüche auf fünf verschiedene Erfindungen bezögen.
Nach Ansicht der Kammer stellt D1 jedoch kein offensichtliches Hindernis für die Bejahung der Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 dar.
Dieses Dokument (vgl. Fig. 1) offenbart eine als ausziehbarer Handgelenkmechanismus bezeichnete Einrichtung (10), welche wenigstens drei auf einer Basis (12) aufliegende Lagerelemente (16a, 16b, 16c) zur Lagerung einer Endplatte (14) auf der Basis (12) aufweist, wobei wenigstens eines dieser Lagerelemente längenverstellbar ausgebildet ist, um die Endplatte (14) kippen zu können und die Lage der Endplatte entlang einer Achse (Achse C in Fig. 1) verändern zu können (siehe Spalte 2, Zeilen 46 bis 67), wobei eine Führung (32, 42) vorhanden ist, die Querkräfte aufnimmt und damit eine Bewegung der Endplatte (14) in Richtungen parallel zur Endplatte (14) verhindert aber eine Kippung um die wenigstens eine Achse und eine Bewegung der Endplatte in einer Richtung (c) senkrecht zur Endplatte zulässt (siehe Spalte 3, Zeilen 1 bis 8).
In ihre Neuheitsanalyse hat die IRB diese Einrichtung (10) als Werkstückauflage angesehen und deren Endplatte (14) als Werkstücktisch mit einer Auflagefläche identifiziert. Bei der aus D1 bekannten Einrichtung handelt es sich jedoch um einen ausziehbaren Handgelenkmechanismus für einen Roboterarm (vgl. Spalte 1, Zeilen 9-17; vgl. Anspruch 1), bei der die Endplatte (14) als Aufnahme für einen Endeffektor, z.B. eine Handhabungsvorrichtung (Bezugszeichen 260 in Fig. 3), dienen kann. Ein solcher Handgelenkmechanismus stellt für den Fachmann in der Regel keine Werkstückauflage mit einem Werkstücktisch für eine Maschine dar; er würde einen solchen Mechanismus eigentlich als entfernten Stand der Technik einstufen. Die IRB hat ferner nicht begründet, ob die bekannte Einrichtung als Werkstückauflage mit einem Werkstücktisch für eine Maschine geeignet sein könnte. Da die Endplatte (14) nur schematisch in Fig. 1 dargestellt ist und D1 keine weiteren Angaben über die Endplatte enthält, außer dass sie zum Aufnehmen eines Endeffektors geeignet ist und somit die Aufnahme eines Werkzeuges ermöglicht, ist aus der Offenbarung von D1 nicht unmittelbar herzuleiten, dass die Endplatte auch als Werkstücktisch geeignet ist und daher auch nicht, dass die Einrichtung (10) tatsächlich als Werkstückauflage für eine Maschine dienen kann.
4. Die Behauptung der IRB betreffend die Offenbarung der Merkmale von Anspruch 1 in D1 ist daher nicht überzeugend. Die Mitteilung des internen Überprüfungsausschusses, welcher den Einwand der mangelnden Neuheit von Anspruch 1 im Hinblick auf D1 bestätigt, enthält keine zusätzlichen Elemente, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten.
5. Da alle Ansprüche die Merkmale der Werkstückauflage nach Anspruch 1 betreffen, besteht zwischen ihnen natürlich auch ein technischer Zusammenhang. Die Aufforderung zur Zahlung zusätzlicher Recherchengebühren war daher nicht gerechtfertigt. Daher müssen diese Gebühren zurückgezahlt werden.
6. Abschließend ist festzustellen, dass die Kammer nach Regel 40.2 c) PCT lediglich zu prüfen hatte, ob die von der IRB in der Zahlungsaufforderung vom 25. Oktober 2007 angeführten Gründe im Lichte des Widerspruchsvorbringens zutreffend waren, und nicht von Amts wegen untersucht werden konnte, ob ein Einwand mangelnder Einheitlichkeit aus anderen als den angegebenen Gründen gerechtfertigt gewesen wäre, z. B. nach Berücksichtigung weiterer bei der Recherche gefundener Druckschriften.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Rückzahlung der entrichteten zusätzlichen Gebühren für vier Erfindungen und der Widerspruchsgebühr wird angeordnet.