European Patent Office
1999

7 - Juli

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Beilagen / Sonderausgaben
Beilage to OJ 1/1999
Beilage to OJ 2/1999
Beilage to OJ 5/1999
Sonderausgabe Nr. 1
Sonderausgabe Nr. 2

    Seiten 437-440

    Referenz: ABl. EPA 1999, 437

    Online-Veröffentlichungsdatum: 26.7.1999

    VERWALTUNGSRAT
    Beschlüsse des Verwaltungsrats

    Beschluß des Verwaltungsrats vom 16. Juni 1999 zur Änderung der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen

    DER VERWALTUNGSRAT DER EUROPÄISCHEN PATENTORGANISATION,

    gestützt auf das Europäische Patentübereinkommen ("EPÜ"), insbesondere auf Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe b,

    auf Vorschlag des Präsidenten des Europäischen Patentamts,

    nach Stellungnahme des Ausschusses "Patentrecht"

    BESCHLIESST:

    Artikel 1

    1. In den zweiten Teil der Ausführungsordnung zum EPÜ wird unter der Überschrift "Biotechnologische Erfindungen" das nachstehende Kapitel VI mit den Regeln 23b, 23c, 23d und 23e eingefügt:

    "Kapitel VI

    Biotechnologische Erfindungen

    Regel 23b

    Allgemeines und Begriffsbestimmungen

    (1) Für europäische Patentanmeldungen und Patente, die biotechnologische Erfindungen zum Gegenstand haben, sind die maßgebenden Bestimmungen des Übereinkommens in Übereinstimmung mit den Vorschriften dieses Kapitels anzuwenden und auszulegen. Die Richtlinie 98/44/EG vom 6. Juli 1998* über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen ist hierfür ergänzend heranzuziehen.

    (2) "Biotechnologische Erfindungen" sind Erfindungen, die ein Erzeugnis, das aus biologischem Material besteht oder dieses enthält, oder ein Verfahren, mit dem biologisches Material hergestellt, bearbeitet oder verwendet wird, zum Gegenstand haben.

    (3) "Biologisches Material" ist jedes Material, das genetische Informationen enthält und sich selbst reproduzieren oder in einem biologischen System reproduziert werden kann.

    (4) "Pflanzensorte" ist jede pflanzliche Gesamtheit innerhalb eines einzigen botanischen Taxons der untersten bekannten Rangstufe, die unabhängig davon, ob die Bedingungen für die Erteilung des Sortenschutzes vollständig erfüllt sind,

    a) durch die sich aus einem bestimmten Genotyp oder einer bestimmten Kombination von Genotypen ergebende Ausprägung der Merkmale definiert,

    b) zumindest durch die Ausprägung eines der erwähnten Merkmale von jeder anderen pflanzlichen Gesamtheit unterschieden und

    c) in Anbetracht ihrer Eignung, unverändert vermehrt zu werden, als Einheit angesehen werden kann.

    (5) Ein Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren ist im wesentlichen biologisch, wenn es vollständig auf natürlichen Phänomenen wie Kreuzung oder Selektion beruht.

    (6) "Mikrobiologisches Verfahren" ist jedes Verfahren, bei dem mikrobiologisches Material verwendet, ein Eingriff in mikrobiologisches Material durchgeführt oder mikrobiologisches Material hervorgebracht wird.

    Regel 23c

    Patentierbare biotechnologische Erfindungen

    Biotechnologische Erfindungen sind auch dann patentierbar, wenn sie zum Gegenstand haben:

    a) biologisches Material, das mit Hilfe eines technischen Verfahrens aus seiner natürlichen Umgebung isoliert oder hergestellt wird, auch wenn es in der Natur schon vorhanden war;

    b) Pflanzen oder Tiere, wenn die Ausführung der Erfindung technisch nicht auf eine bestimmte Pflanzensorte oder Tierrasse beschränkt ist;

    c) ein mikrobiologisches oder sonstiges technisches Verfahren oder ein durch diese Verfahren gewonnenes Erzeugnis, sofern es sich dabei nicht um eine Pflanzensorte oder Tierrasse handelt.

    Regel 23d

    Ausnahmen von der Patentierbarkeit

    Nach Artikel 53 Buchstabe a werden europäische Patente insbesondere nicht erteilt für biotechnologische Erfindungen, die zum Gegenstand haben:

    a) Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen;

    b) Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des menschlichen Lebewesens;

    c) die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken;

    d) Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier zu verursachen, sowie die mit Hilfe solcher Verfahren erzeugten Tiere.

    Regel 23e

    Der menschliche Körper und seine Bestandteile

    (1) Der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, können keine patentierbaren Erfindungen darstellen.

    (2) Ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers oder ein auf andere Weise durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, kann eine patentierbare Erfindung sein, selbst wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist.

    (3) Die gewerbliche Anwendbarkeit einer Sequenz oder Teilsequenz eines Gens muß in der Patentanmeldung konkret beschrieben werden."

    2. Regel 28 Absatz 6 der Ausführungsordnung zum EPÜ erhält folgende Fassung:

    "(6) Abgeleitetes biologisches Material im Sinne des Absatzes 3 ist jedes Material, das noch die für die Ausführung der Erfindung wesentlichen Merkmale des hinterlegten Materials aufweist. Die in Absatz 3 vorgesehenen Verpflichtungen stehen einer für die Zwecke von Patentverfahren erforderlichen Hinterlegung eines abgeleiteten biologischen Materials nicht entgegen."

    Artikel 2

    Dieser Beschluß tritt am 1. September 1999 in Kraft.

    Geschehen zu München am 16. Juni 1999

    Für den Verwaltungsrat

    Der Präsident

    Sean FITZPATRICK

     

    * Siehe ABl. EPA 1999, 101.

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