T 0911/04 10-02-2005
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Antrag auf mündliche Verhandlung übersehen - Entscheidung zu Lasten des Antragstellers ohne mündliche Verhandlung.
Wesentlicher Verfahrensmangel (ja)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr (ja)
I. Gegen die Erteilung des europäischen Patents 0 787 475 hatte die Beschwerdeführerin am 8. Oktober 2002 Einspruch eingelegt und in einem als Seite 1 beigefügten Begleitschreiben mit selben Datum beantragt: "As a matter of precaution oral proceeding is hereby requested."
II. Mit der Entscheidung vom 28. Mai 2004 wies die Einspruchsabteilung den Einspruch ohne mündliche Verhandlung zurück.
III. Mit Schreiben vom 11. Juni 2004 teilte die Einspruchsabteilung der Einsprechenden mit, daß der Antrag auf mündliche Verhandlung übersehen worden sei.
IV. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin am 16. Juli 2004 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde erhoben und in der am 28. September 2004 eingegangenen Beschwerdebegründung beantragt, den Beschluß der Einspruchsabteilung aufzuheben und den Einspruch zur weiteren Behandlung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, sowie die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist das in Artikel 116 EPÜ niedergelegte Recht auf mündliche Verhandlung ein wesentliches Verfahrensrecht der Parteien (vgl. T 19/87, Nr. 5, ABl. EPO 1988, 268; T 299/86, Nr. 2, Leitsätze veröffentlicht im ABl. 1988, 88). Es setzt einen eindeutigen und vorbehaltslosen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung voraus (T 299/86, Nr. 2; T 433/87, Nr. 2; T 352/89, Nr. 2,1). Liegt ein solcher eindeutiger Antrag vor, so darf das betreffende Organ ohne vorherige Anberaumung einer mündlichen Verhandlung keine Entscheidung erlassen, die gegen die antragstellende Partei gerichtet ist (T 93/88, Nr. 2 im Anschluß an T 19/87; und T 668/89). Da Artikel 116 (1) Satz 1 EPÜ eine zwingende Vorschrift ist - es sei denn es liegt ein Ausnahmefall nach Artikel 116 (1) Satz 2 vor -steht die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht im Ermessen des zur Entscheidung berufenen Organs (hier: Einspruchs- abteilung).
3. Wie auch die Einspruchsabteilung in ihrem Schreiben vom 11. Juni 2004 eingeräumt hat lag zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung ein eindeutiger Antrag auf mündliche Verhandlung der Einsprechenden vor. Diesen hat die Einspruchsabteilung übersehen. Die Akte enthält kein schriftliches Dokument, das als Widerruf dieses Antrags angesehen werden könnte.
4. Deshalb durfte die Einspruchsabteilung ihre Entscheidung nicht ohne Anberaumung einer mündlichen Verhandlung treffen. Die Entscheidung ist aus diesem Grunde aufzuheben und der Beschwerde ist stattzugeben.
5. Dieser Sachverhalt, der nach gefestigter Rechtssprechung der Kammern einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt, führt auch zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird zur Fortsetzung des Einspruchsverfahrens an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.