T 0086/10 (Rückzahlung der Beschwerdegebühr) 04-08-2010
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Verfahren und Vorrichtung für ein Verbinden von voneinander durch eine Fuge getrennten Estrichbereichen
I. Die für sich selbst handelnde Einsprechende (im Folgenden: Beschwerdeführerin), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach deutschem Recht, reichte am 14. Januar 2010 einen Schriftsatz ein, in dem sie die Einlegung einer Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 07. Januar 2010 über die Zurückweisung ihres Einspruchs gegen das Europäische Patent Nr. 1 343 944 (im Folgenden: Streitpatent) erklärte, und zahlte am 10. Februar 2010 die Beschwerdegebühr.
II. Mit Bescheid vom 19. Februar 2010, der der Beschwerdeführerin am selben Tage per Telefax und am 24. Februar 2010 im Wege der Postzustellung zuging, wies die Kammer die Beschwerdeführerin auf die Unzulässigkeit der Beschwerde hin (Artikel 108 EPÜ und Regel 101 (1) EPÜ):
1. Die Unterschrift auf der Beschwerdeschrift vom 13. Januar 2010, eingegangen am 14. Januar 2010, ist nicht lesbar und lässt nicht erkennen, ob die Beschwerde von einem für die Beschwerdeführerin Vertretungsberechtigten (z.B. ihrem Geschäftsführer) oder sonst bevollmächtigten Angestellten im Sinne von Artikel 133 (3) EPÜ eingereicht worden ist. Die Beschwerdeschrift ist damit nicht ordnungsgemäß unterzeichnet im Sinne von Artikel 108 EPÜ in Verbindung mit Regel 50 (3) EPÜ. Damit die Beschwerdeschrift ihren ursprünglichen Eingangstag behalten kann, werden Sie gebeten, die anliegende Fotokopie innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Mitteilung ordnungsgemäß unterschrieben und gegebenenfalls unter Beifügung einer Vollmacht zurückzusenden. Anderenfalls gilt die Beschwerdeschrift als nicht eingereicht (Regel 50 (3) Satz 3 EPÜ).
2. Für den Fall, dass die Beschwerdeführerin den unter 1. bezeichneten Mangel fristgemäß beseitigen sollte, weißt die Beschwerdekammer vorsorglich auf das Bestehen zweier weiterer Mängel hin:
2.1 Die Beschwerdeschrift vom 13. Januar 2010 enthält lediglich einen Antrag auf mündliche Anhörung sowie einen solchen auf beschleunigte Bearbeitung. Sie enthält dagegen keinen Antrag, in dem der Beschwerdegegenstand festgelegt wird (Artikel 108 EPÜ in Verbindung mit Regel 99 (1) c) EPÜ). Die Beschwerde wäre daher voraussichtlich als unzulässig zu verwerfen (Artikel 108 Satz 3 EPÜ in Verbindung mit Regel 101 (1) EPÜ), sofern dieser Mangel nicht vor Ablauf der Beschwerdefrist nach Artikel 108 EPÜ von zwei Monaten nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung beseitigt werden sollte.
2.2 Ferner dürfte die in der Beschwerdeschrift vom 13. Januar 2010 enthaltene Begründung nicht den Erfordernissen einer Beschwerdebe gründung gemäß Artikel 108 EPÜ in Verbindung mit Regel 99 (2) EPÜ genügen, da nicht in substantiierter Weise dargelegt zu sein scheint, aus welchen Gründen die angefochtene Entscheidung nach Auffassung der Beschwerdeführerin aufzuheben sein soll. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern muss die Beschwerdebegründung die rechtlichen und tatsächlichen Gründe angeben, aus denen sich die Unrichtigkeit der angefochtenen Entschei dung ergibt. Ein Beschwerdeführer muss seine Argumente so deutlich und genau vorbringen, dass die Kammer und die Gegenpartei ohne eigene Ermittlungen unmittelbar verstehen können, warum die Entscheidung falsch sein soll und auf welche Tatsachen der Beschwerdeführer seine Argumente stützt (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 5. Auflage 2006, Seite 714 f.). Die Beschwerde wäre daher voraussichtlich als unzulässig zu verwerfen (Artikel 108 Satz 3 EPÜ in Verbindung mit Regel 101 (1) EPÜ), sofern dieser Mangel nicht vor Ablauf der Beschwerdebe gründungfrist nach Artikel 108 EPÜ von vier Monaten nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung beseitigt werden sollte.
2.3 Die Beschwerdeführerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu den unter 2.1 und 2.2 genannten Mängeln innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung dieser Mitteilung. Unbeschadet von dieser Frist sind die Fristen nach Artikel 108 EPÜ, die für die Beseitigung der genannten Mängel maßgeblich sind.
III. Auf diesen Bescheid beantragte der Patentinhaber (im Folgenden: Beschwerdegegner) mit Schriftsatz vom 06. April 2010 die Verwerfung der Beschwerde als unzulässig. Die Beschwerdeführerin erwiderte nicht.
IV. Mit Bescheid vom 26. Mai 2010 stellte die Kammer den Rechtsverlust gemäß Regel 112 (1) EPÜ fest, da die Beschwerdeschrift mangels (nachgereichter) Unterschrift gemäß Regel 50 (3) Satz 3 EPÜ als nicht eingereicht und die Beschwerde als nicht eingelegt gelte.
V. Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin zunächst mit Schriftsatz vom 27. Mai 2010 die Aufhebung dieses Bescheides und verwies zur Begründung darauf, dass der Unternehmensinhaber seit einiger Zeit schwer erkrankt und am 11. März 2010 verstorben wäre. Von der Beschwerde und dem Bescheid der Kammer vom 19. Februar 2010 habe ansonsten keine andere Person bei der Beschwerdeführerin Kenntnis gehabt.
VI. Nach einer telefonischen Rücksprache mit dem Berichterstatter erklärte die Beschwerdeführerin sodann mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010, die Beschwerde zurückzuziehen.
Zugleich ersuchte sie um Prüfung der Möglichkeit der Rückzahlung der Beschwerdegebühr und bezog sich zur Begründung auf die im vorangegangenen Schrift geschilderten "besonderen Umstände".
1. Die Erklärung der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 31. Mai 2010, die Beschwerde zurückzuziehen, ist als eine Rücknahme der Beschwerde zu qualifizieren.
1.1 Die Rücknahme der Beschwerde ist ohne Zustimmung der Kammer oder des Beschwerdegegners wirksam (vgl. J 19/82, ABl. EPA 1984, 6, 8 u. LS - teilweise Zurücknahme einer Beschwerde) und führt zur Beendigung des Beschwerdeverfahrens in der Sache selbst. Zugleich endet die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß Artikel 106 (1) Satz 2 EPÜ und die angefochtene Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 07. Januar 2010 wird rechtskräftig.
1.2 Die Rücknahme der Beschwerde beendet das Beschwerdeverfahren indes nicht im Hinblick auf Anträge, deren Gegenstand sich durch die Rücknahme der Beschwerde nicht erledigt hat.
Von der Verfahrensbeendigung nicht erfasst ist deshalb der von der Beschwerdeführerin zusammen mit der Beschwerderücknahme gestellte Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr, als den die Kammer das Ersuchen der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 31. Mai 2010 wertet (vgl.: T 41/82, ABl. EPA 1982, 256, 257 u. LS II - Rückzahlung der Beschwerdegebühr; T 89/84, ABl. EPA 1984, 562, LS I - Rückzahlung der Beschwerdegebühr; J 12/86, ABl. EPA 1988, 83, LS - Hülsenschneider; T 773/91 v. 25.03.1992, EG 4; J 37/97 v. 15.10.1998, EG 2).
2. Soweit somit der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr noch rechtshängig ist, ist er jedoch zurückzuweisen, da die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage für die begehrte Rückzahlung gemäß Regel 103 EPÜ nicht erfüllt sind.
2.1 Gemäß Regel 103 (1) a) EPÜ wird die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nur angeordnet, wenn der Beschwerde stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht. Ist auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Rückzahlung nicht möglich (std. Rspr., z.B. T 41/82, ABl. EPA 1982, 256, LS I - Rückzahlung der Beschwerdegebühr; T 120/98 v. 24.09.1998, EG 3). Vorliegend fehlt es schon an der ersten Voraussetzung, nämlich der (wenigstens teilweisen) Stattgabe der Beschwerde.
2.2 Der zweite Rückzahlungstatbestand nach Regel 103 (1) b) EPÜ scheidet ebenfalls aus, da die Beschwerde nicht vor Einreichung der Beschwerdebegründung und vor Ablauf der Frist für deren Einreichung am 17. Mai 2010 zurückgenommen worden ist, sondern erst mit Eingang des Schriftsatzes der Beschwerdeführerin vom 31. Mai 2010 am 02. Juni 2010.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Das Beschwerdeverfahren ist beendet.
2. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.