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T 1777/14 27-09-2017
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Verfahren zur galvanischen Abscheidung von Hartchromschichten
Zulässigkeit der Beschwerde - (ja)
Zulässigkeit der Beschwerde - Beschwerdeschrift
Zulässigkeit der Beschwerde - Antrag, in dem Beschwerdegegenstand festgelegt wird
Zulässigkeit der Beschwerde - Beschwerdebegründung
Änderungen - zulässig (ja)
Erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Alternative
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 2 180 088 zu widerrufen. Das Patent betrifft ein Verfahren zur galvanischen Abscheidung von Hartchromschichten.
II. In der angefochtenen Entscheidung kam die Einspruchsabteilung u.a. zu dem Schluss, dass der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit erfülle, und zwar insbesondere im Hinblick auf folgende Dokumente:
E1: DE 199 53 318 A1
E3: GB 1 551 340
Darüber hinaus genüge Anspruch 1 von Hilfsantrag VI, eingereicht mit Schreiben vom 23. Juli 2013 (vgl. Punkt 1 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung), nicht dem Erfordernis nach Artikel 123(2) EPÜ.
Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung wurde u.a. auch noch folgendes Dokument zitiert:
E4: Mandich, N.V., und Snyder, D.L., Electrodeposition of Chromium, in: Schlesinger, M. und Paunovic, M., (Hrsg.), Modern Electroplating, 4. Auflage (2000), Seiten 289 bis 293.
III. Im Beschwerdeverfahren reichte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) mit Schreiben vom 25. Juli 2017 u.a. einen als "Hilfsantrag VIII" bezeichneten Antrag ein.
IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer erklärte die Beschwerdeführerin diesen Hilfsantrag VIII zu ihrem einzigen Antrag.
V. Der einzige unabhängige Anspruch des Antrags der Beschwerdeführerin lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur galvanischen Abscheidung einer Hartchromschicht auf einer Substratoberfläche, aufweisend die Verfahrensschritte:
- Kontaktieren der zu beschichtenden Substratoberfläche mit einem zur galvanischen Abscheidung geeigneten chromhaltigen Elektrolyten;
- Anlegen einer Spannung zwischen der zu beschichtenden Substratoberfläche und einer Gegenelektrode zur galvanischen Abscheidung einer Hartchromschicht auf der Substratoberfläche,
wobei die Abscheidung in einem gegenüber der Umgebung im Wesentlichen gasdichten Behälter erfolgt, wobei zumindest während des Anlegens der Spannung in dem im Wesentlichen gegenüber der Umgebung gasdichten Behälter ein Unterdruck eingestellt wird und wobei Substratoberfläche und chromhaltiger Elektrolyt mit einer Relativgeschwindigkeit von > 1 m/s bis 5 m/s zueinander bewegt werden, dadurch gekennzeichnet, dass auf eine erste abgeschiedene Hartchromschicht eine zweite Hartchromschicht abgeschieden wird, wobei zur Abscheidung der ersten Hartchromschicht ein Pulsstrom zwischen Substratoberfläche und Gegenelektrode angelegt wird und zur Abscheidung der zweiten Hartchromschicht auf der ersten Hartchromschicht ein Gleichstrom angelegt wird, wobei eine Druckdifferenz zum Umgebungsdruck von zwischen 20 mbar und 200 mbar eingestellt wird und wobei zur Abscheidung der ersten Hartchromschicht eine Pulsspannung mit einer Frequenz von 5 Hz bis 5000 Hz, bevorzugt zwischen 50 Hz und 1000 Hz angelegt wird und wobei zur Abscheidung der Hartchromschicht eine Stromdichte zwischen 25 A/dm**(2)und 1000 A/dm**(2), bevorzugt zwischen 50 A/dm**(2)und 500 A/dm**(2)eingestellt wird und wobei der chromhaltige Elektrolyt eine Leitfähigkeit K von 200 mS/cm bis 550 mS/cm bei 20°C aufweist."
Die Ansprüche 2 bis 4 sind von Anspruch 1 abhängig und beschreiben bevorzugte Ausführungsformen des beanspruchten Verfahrens.
VI. Die Beschwerdeführerin trug im Wesentlichen wie folgt vor:
Zulässigkeit der Beschwerde
Die Erfordernisse der Regel 99(1)c) und 99(2) EPÜ seien erfüllt. Die Beschwerde sei daher zulässig.
Änderungen
Das Merkmal der Leitfähigkeit sei auf Seite 5 der ursprünglichen Unterlagen offenbart. Die dort erwähnten Temperatur- bzw. pH-Bereiche würden als optional dargestellt, weshalb der Leitfähigkeitsbereich auch ohne die Temperatur- und pH-Bereiche in Anspruch 1 aufgenommen werden könne. Das Erfordernis nach Artikel 123(2) EPÜ sei daher erfüllt.
Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich vom Verfahren nach dem nächstliegenden Stand der Technik E1 durch die Relativgeschwindigkeit, die Druckdifferenz und die Leitfähigkeit. Durch die Unterscheidungsmerkmale werde gewährleistet, dass das beanspruchte Verfahren für hohe Durchsätze im industriellen Maßstab geeignet sei. Weder E3, noch E4, noch der im Streitpatent zitierte Stand der Technik könnten den beanspruchten Gegenstand nahelegen. Das Erfordernis nach Artikel 56 EPÜ sei daher erfüllt.
VII. Die Beschwerdegegnerin trug im Wesentlichen wie folgt vor:
Zulässigkeit der Beschwerde
Das Erfordernis nach Regel 99(1)c) EPÜ sei nicht erfüllt, da in der Beschwerdeschrift nicht der Gegenstand der Beschwerde angegeben sei. Auch sei das Erfordernis nach Regel 99(2) EPÜ nicht erfüllt, da die Beschwerdebegründung keine Gründe enthalte, weshalb die angefochtene Entscheidung aufzuheben sei.
Änderungen
Das Erfordernis nach Artikel 123(2) EPÜ sei nach dem Einzelfall zu beurteilen. Das Merkmal der Leitfähigkeit sei zwar auf Seite 5 der ursprünglichen Unterlagen offenbart, dort jedoch nur im Zusammenhang mit der Temperatur und dem pH des Elektrolyten. Da zweifelsohne ein Zusammenhang zwischen Leitfähigkeit, Temperatur und pH bestehe, könne das Merkmal der Leitfähigkeit nicht isoliert von den offenbarten Temperatur- und pH-Werten in Anspruch 1 aufgenommen werden. Auch werde im ursprünglichen Anspruch 6 der auf Seite 5 erwähnte Temperaturbereich als bevorzugt beansprucht und in den Ausführungsbeispielen in diesem Temperaturbereich gearbeitet. Dies sei ein weiterer Hinweis darauf, dass der auf Seite 5 angegebene Leitfähigkeitsbereich nicht losgelöst von dem dort angegebenen Temperaturbereich in Anspruch 1 aufgenommen werden dürfe. Das Erfordernis nach Artikel 123(2) EPÜ sei zudem nicht erfüllt, weil das Merkmal "bei 20**(o)C" in den ursprünglichen Unterlagen bei der Angabe der Leitfähigkeit nur in Klammern gesetzt offenbart sei.
Erfinderische Tätigkeit
Nächstliegender Stand der Technik sei E1. Der Gegenstand von Anspruch 1 unterscheide sich hiervon durch die Relativgeschwindigkeit und die Druckdifferenz zum Umgebungsdruck. Zudem offenbare E1 nicht eindeutig Leitfähigkeitswerte im beanspruchten Bereich, auch wenn in den Beispielen des Patents und in E1 ähnliche Elektrolyte verwendet würden. Es sei nicht glaubhaft, dass durch die Unterscheidungsmerkmale eine Verbesserung gegenüber E1 erreicht werde. Die zu lösende Aufgabe liege daher in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens. Es habe nahegelegen, die in E3 erwähnte Druckdifferenz zum Umgebungsdruck im Verfahren nach E1 anzuwenden. Aus Absatz [0014] des Streitpatents gehe hervor, dass im Stand der Technik eine Relativgeschwindigkeit von 0,4 m/s angewandt werde. Es habe daher nahegelegen bei >1m/s bis 5 m/s zu arbeiten. Die Leitfähigkeitswerte im beanspruchten Bereich hätten durch das allgemeine Fachwissen, nachgewiesen durch E4, nahegelegen.
VIII. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage des mit Schreiben vom 25. Juli 2017 als Hilfsantrag VIII eingereichten Anspruchssatzes.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, andernfalls die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
1. Zulässigkeit der Beschwerde
1.1 Streitig unter den Parteien ist, ob die Beschwerde die Voraussetzungen der Regel 99 Abs. (1) lit. c) und Abs. (2) EPÜ erfüllt.
1.2 Das Erfordernis nach Regel 99(1)c) EPÜ
Gemäß dieser Vorschrift muss die Beschwerdeschrift einen Antrag enthalten, in dem der Beschwerdegegenstand festgelegt ist. Dieser Vorschrift ist regelmäßig Genüge getan, wenn in der Beschwerdeschrift erklärt wird, dass "Beschwerde eingelegt wird". Durch diese Erklärung wird der Beschwerdegegenstand dahin gehend festgelegt, dass die rechtlichen Wirkungen, die von der Entscheidung ausgehen, rückgängig gemacht werden sollen (siehe insbesondere T 358/08, Punkt 5 der Entscheidungsgründe und Joos/Schmitz in Stauder/Luginbühl (Hrsg.), Europäisches Patentübereinkommen, 6. Auflage 2013, Art 108, Rn 18). Die konkrete Fassung, in der ein Patentinhaber sein Patent aufrecht erhalten wissen will, kann dann noch im Rahmen der Beschwerdebegründung nach Regel 99(2) EPÜ beantragt werden, die die Gründe für die Aufhebung bzw. den Umfang der beantragten Abänderung enthalten soll.
Im vorliegenden Fall wird in der Beschwerdeschrift erklärt, dass "[g]egen oben genannte Entscheidung [...] hiermit das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt [wird]". Aus den oben genannten Gründen enthält die Beschwerdeschrift somit einen Antrag, in dem der Beschwerdegegenstand festgelegt wird. Das Erfordernis nach Regel 99(1)c) EPÜ ist somit erfüllt.
1.3 Das Erfordernis nach Regel 99(2) EPÜ
Dieses Erfordernis ist ebenfalls erfüllt. Insbesondere legt die Beschwerdeführerin, entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin, in der Beschwerdebegründung dar, weshalb die angefochtene Entscheidung aufzuheben sei (siehe insbesondere den ersten Absatz auf Seite 2 der Beschwerdebegründung: "Dieser Einschätzung widerspricht die Patentinhaberin" und die sich daran anschließende Darlegung der Gründe).
1.4 Die Beschwerde ist daher zulässig.
2. Zulassung des Antrags der Beschwerdeführerin
Der Antrag wurde nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung eingereicht. Seine Zulassung stand damit im Ermessen der Kammer (Artikel 13(1),(3) VOBK). Die Kammer konnte keine Grund erkennen, diesen Antrag nicht zum Verfahren zuzulassen. Insbesondere erschien er auf den ersten Blick geeignet, den im Verfahren diskutierten Einwänden Rechnung zu tragen und die Beschwerdegegnerin trat seiner Zulassung nicht entgegen. Er warf auch keine Fragen auf, deren Behandlung der Kammer bzw. der Beschwerdegegnerin ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten war. Die Kammer ließ den Antrag daher zum Verfahren zu.
3. Änderungen
3.1 Die Beschwerdegegnerin trägt vor, dass das Erfordernis nach Artikel 123(2) EPÜ nach dem Einzelfall zu beurteilen sei und dass das Merkmal betreffend die Leitfähigkeit zwar auf Seite 5 der ursprünglichen Unterlagen offenbart sei, dort jedoch nur im Zusammenhang mit der Temperatur und dem pH des Elektrolyten. Da zweifelsohne ein Zusammenhang zwischen Leitfähigkeit, Temperatur und pH bestehe, könne das Merkmal der Leitfähigkeit nicht isoliert von den auf Seite 5 offenbarten Temperatur- und pH-Werten in Anspruch 1 aufgenommen werden.
3.2 Es ist der Beschwerdegegnerin darin zuzustimmen, dass für die Beurteilung des Erfordernisses nach Artikel 123(2) EPÜ grundsätzlich die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Im vorliegenden Fall bemerkt die Kammer, dass die Merkmale im dritten vollständigen Absatz auf Seite 5 der ursprünglichen Unterlagen unmittelbar und eindeutig als optional dargestellt werden (vgl. "Die zu beschichtende Substratoberfläche kann... kontaktiert werden, wobei.... aufweisen kann."; Hervorhebung durch die Kammer). Die Kammer kann daher der Beschwerdegegnerin nicht darin folgen, dass die streitigen Merkmale betreffend die Kontaktierungstemperatur und den pH einerseits und die Merkmale im vierten vollständigen Absatz auf Seite 5 betreffend die Leitfähigkeit "einen spezifischen Chromelektrolyten" beschreiben. Es ist zwar allgemeines Fachwissen, dass ein Zusammenhang zwischen pH und Temperatur einerseits und Leitfähigkeit andererseits besteht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass im Falle einer optionalen Angabe eines Bereichs für den pH, welche wie hier gefolgt wird von einer optionalen Angabe der Leitfähigkeit, beide Bereiche als untrennbar voneinander offenbart anzusehen sind. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf die ursprünglich eingereichten Ansprüche 6 und 7, aus denen unmittelbar und eindeutig hervorgeht, dass die angegebenen Temperatur- und pH-Bereiche bevorzugt, d.h. fakultativ, sind. Dass diese Bereich als bevorzugt und damit fakultativ dargestellt werden, ist, entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin, ein eindeutiger Hinweis darauf, dass der auf Seite 5 angegebene Leitfähigkeitsbereich losgelöst von den dort angegebenen Temperatur- und pH-Bereichen in Anspruch 1 aufgenommen werden kann. Ebenso stellt die Tatsache, dass in den Beispielen des Patents bei 70**(o) gearbeitet wird, wie dies die Beschwerdegegnerin vorträgt, hierfür kein Hindernis dar.
3.3 Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin sei das Erfordernis nach Artikel 123(2) EPÜ nicht erfüllt, da das Merkmal "bei 20**(o)C" in den ursprünglichen Unterlagen bei der Angabe der Leitfähigkeit nur in Klammern gesetzt offenbart sei.
Es ist zwar festzustellen, dass in der entsprechenden Passage auf Seite 5 der ursprünglichen Unterlagen die Temperaturangabe in der Tat in Klammern gesetzt ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Fachmann dieser Passage nicht unmittelbar und eindeutig entnimmt, dass der Elektrolyt eine Leitfähigkeit im offenbarten Bereich bei der genannten Temperatur aufweist. Die Beschwerdegegnerin hat im übrigen auch nicht dargetan, weshalb das Streichen der Klammern in der Temperaturangabe zu einem Gegenstand führe, der ursprünglich nicht offenbart sei.
3.4 Was die weiteren Merkmale von Anspruch 1 betrifft, so ist es unter den Parteien unstreitig, dass diese unmittelbar und eindeutig den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 bis 5 entnommen werden können. Die Kammer schließt sich dieser Sichtweise an. Insbesondere geht zudem aus der allgemeinen Offenbarung auf Seite 4, zweiter und dritter vollständiger Absatz, unmittelbar und eindeutig hervor, dass die im ursprünglich eingereichten Anspruch 3, welcher nur vom ursprünglichen Anspruch 1 abhängig ist, enthaltenen Merkmale auch in Kombination mit den Merkmalen des ursprünglichen Anspruchs 2 offenbart sind. Die vorliegenden abhängigen Ansprüche 2 bis 4 finden ihre Grundlage in den ursprünglichen Ansprüchen 6 bis 8.
3.5 Das Erfordernis von Artikel 123(2) EPÜ ist daher erfüllt.
3.6 Da der einzige unabhängige Anspruch 1 alle Merkmale des erteilen unabhängigen Anspruchs 1 enthält, ist auch das Erfordernis nach Artikel 123(3) EPÜ erfüllt.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1 Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur galvanischen Abscheidung von Hartchromschichten.
4.2 E1 wird unstreitig als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Dieses Dokument (siehe insbesondere Beispiel 1 auf Seiten 6 und 7) offenbart ein Verfahren zur galvanischen Abscheidung von Hartchromschichten. Es steht ebenfalls außer Streit, dass sich der Gegenstand von Anspruch 1 von E1 durch drei Merkmale unterscheidet, nämlich die Relativgeschwindigkeit von > 1 m/s bis 5 m/s, die Druckdifferenz zum Umgebungsdruck zwischen 20 mbar und 200 mbar und die Leitfähigkeit von 200 mS/cm bis 550 mS/cm bei 20**(o)C.
4.3 Gemäß dem Patent bestand die zu lösende Aufgabe darin, ein Verfahren zur Abscheidung von Hartchromschichten anzugeben, mit welchem sich bei hoher Abscheidegeschwindigkeit Hartchromschichten mit hoher Korrosionsbeständigkeit und guten mechanischen Eigenschaften abscheiden lassen (Absatz [0018]) bzw. mit welchem Hartchromschichten erhalten werden können, welche auch bei hohen Abscheidestromdichten im Wesentlichen frei von Poren oder Fehlstellen sind (Absatz [0020]). Die Beschwerdeführerin macht darüber hinaus geltend, dass das erfindungsgemäße Verfahren dazu geeignet sei, im großindustriellen Maßstab hohe Durchsatzraten zu gewährleisten.
4.4 Gemäß Anspruch 1 des Antrags der Beschwerdeführerin wird vorgeschlagen, diese Aufgabe durch ein Verfahren zur galvanischen Abscheidung einer Hartchromschicht zu lösen, welches gekennzeichnet ist durch eine Relativgeschwindigkeit von > 1 m/s bis 5 m/s, eine Druckdifferenz zum Umgebungsdruck zwischen 20 mbar und 200 mbar und eine Leitfähigkeit von 200 mS/cm bis 550 mS/cm bei 20**(o)C.
4.5 Hinsichtlich des Erfolgs der Lösung ist festzustellen, dass die im Patent angegebenen Beispiele und Vergleichsbeispiele einen solchen Erfolg nicht nachweisen können, da sich die Beispiele nicht durch die Relativgeschwindigkeit, die Druckdifferenz und die Leitfähigkeit von den Vergleichsbeispielen unterscheiden, sondern durch andere Merkmale (vgl. Pulsstrom in den Beispielen 1 und 2 für die erste Hartchromschicht und kein Pulsstrom in den Vergleichsbeispielen). Darüber hinaus ist es nicht glaubhaft, dass eine verbesserte Korrosionsbeständigkeit und verbesserte mechanische Eigenschaften gegenüber E1 erreicht werden, da auch in letzterem Dokument eine rissfreie erste Hartchromschicht erreicht wird und die zweite Hartchromschicht Risse aufweist (Seite 10, Zeilen 13 bis 18), die gemäß dem Patent und dem Vortrag der Beschwerdeführerin als vorteilhaft angesehen werden (vgl. Absatz [0011] des Streitpatents). Es ist auch nicht glaubhaft, dass eine Verbesserung hinsichtlich der Geeignetheit für hohe Durchsätze im großindustriellen Maßstab erreicht würde, wie dies die Beschwerdeführerin vorträgt, da eine solche Geeignetheit unstreitig von der Höhe der Stromdichte abhängig ist und die in E1 verwendeten Stromdichte von 60 A/dm**(2) in den beanspruchten Bereich von 25 bis 1000 A/dm**(2) fällt.
Es ist daher nicht glaubhaft, dass eine Verbesserung hinsichtlich der in 4.3 supra erwähnten Eigenschaften gegenüber E1 erreicht wird. Die Aufgabe ist daher umzuformulieren und besteht in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens zur galvanischen Abscheidung von Hartchromschichten.
4.6 Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin hätte die vorgeschlagene Lösung vor dem Hintergrund der in E3 offenbarten Lehre, des in E4 dargestellten allgemeinen Fachwissens und des im Streitpatent in Absatz [0014] erwähnten Standes der Technik nahe gelegen.
4.6.1 In E3 werden Elektrolyt und Substrat relativ zu einander bewegt (Seite 1, Zeilen 37 bis 55). Wie hoch diese Relativgeschwindigkeit ist, wird jedoch nicht angegeben. E3 offenbart einen Druckunterschied zum Umgebungsdruck von 152 mbar (Seite 1, Zeilen 61 bis 70: 0,85 atm).
4.6.2 In E4, Abbildung 1, wird die Leitfähigkeit von Chromsäure dargestellt. Die entsprechende Kurve durchläuft zwischen ca. 80 g/l und ca. 200 g/l bzw. zwischen ca. 800 und ca. 1000 g/l Werte für die Leitfähigkeit im beanspruchten Bereich von 200 mS/cm bis 550 mS/cm (0,2 bis 0,55 Ohm-cm).
4.6.3 Darüber hinaus wird in Absatz [0014] des Streitpatents auf eine Patentanmeldung Bezug genommen. An dieser Stelle des Streitpatents heißt es in der Tat, dass in dem in der zitierten Patentanmeldung offenbarten Verfahren Elektrolyt und Substrat mit einer Relativgeschwindigkeit von 0,4 m/s zueinander bewegt würden.
4.6.4 Selbst unter der Annahme, dass diese Patentanmeldung diesen Wert offenbarte, was von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird, und selbst wenn der Fachmann, wie von der Beschwerdegegnerin vorgetragen, die Lehren aus E3, E4 und der in Absatz [0014] erwähnten Patentanmeldung kombinierte, würde er nicht zum beanspruchten Gegenstand gelangen, da dieser eine Relativgeschwindigkeit von > 1m/s bis 5 m/s erfordert, d.h. er müsste nicht nur E1 mit den drei erwähnten Lehren kombinieren, sondern müsste zudem noch die in Absatz [0014] des Streitpatents erwähnte Relativgeschwindigkeit mehr als verdoppeln. Einen solchen Hinweis gibt es im zitierten Stand der Technik nicht. Zudem ist es zweifelhaft, ob der vor die (wenn auch wenig ambitionierte) Aufgabe des Bereitstellens eines alternativen Verfahrens gestellte Fachmann die drei unterschiedlichen Lehren mit dem Verfahren von E1 kombiniert hätte, da kein Nachweis vorliegt, dass es allgemein üblich bzw. Teil des allgemeinen Fachwissens war, in den beanspruchten Bereichen der Relativgeschwindigkeit und des Druckunterschieds zu arbeiten.
4.6.5 Aus den genannten Gründen lag es im Hinblick auf den zitierten Stand der Technik nicht nahe, zum Gegenstand von Anspruch 1 zu gelangen.
4.7 Das Erfordernis nach Artikel 56 EPÜ ist daher für den Gegenstand von Anspruch 1 erfüllt. Dies trifft ebenso auf den Gegenstand der abhängigen Ansprüche 2 bis 4 zu.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zurück verwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang auf der Grundlage des einzigen Antrags, eingereicht als Hilfsantrag VIII mit Schreiben vom 25. Juli 2017, und einer anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.