T 0579/16 (Berichtigung der Bezeichnung der Einsprechenden) 18-01-2017
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Zulässigkeit des Einspruchs
Identität der Einsprechenden innerhalb der Einspruchsfrist - nein
Antrag auf Berichtigung der Bezeichnung der Einsprechenden nach Regel 139 Satz 1 EPÜ - begründet
"Unverzüglichkeit" der Stellung des Antrags nach Regel 139 Satz 1 EPÜ - ja
I. Die Beschwerde der Einsprechenden/Beschwerdeführerin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 10. Dezember 2015, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent EP 2088166 der Evonik Degussa GmbH (Patentinhaberin/Beschwerdegegnerin) gemäß Regel 77(1) EPÜ als unzulässig verworfen wurde, weil die Identität der Einsprechenden aus den bis zum Ablauf der Einspruchsfrist vorgelegten Dokumenten nicht eindeutig feststellbar gewesen sei.
II. Der Einspruch wurde mittels des Formulars 2300 am 29. März 2012 eingelegt. Das Formular enthält u. a. die Angabe Einsprechender: "BYK-Chemie GmbH" (nachfolgend "BYK") mit vollständiger Adresse in Wesel. Das Kästchen für "Gemeinsamer Einspruch ..." ist nicht angekreuzt. Auf Seite 2 des Formblatts ist das Kästchen für "Tatsachenvorbringen (Regel 76(2)(c) EPÜ) erfolgt mit angehängtem Dokument" angekreuzt und weiter auf Seite 4 unter "B Beigefügte Dokument-Dateien B-1 1. Tatsachen und Argumente" der Eintrag "L011869EP_Einspruchsbegründung-pdf ..." enthalten.
Der Anhang "Tatsachenvorbringen (Regel 76(2)(c) EPÜ) ...", auf den im Formblatt hingewiesen wird, enthält auf der ersten Seite oben u.a. die Angabe "Einsprechende: BASF Coatings GmbH" (nachfolgend "BASF"). Darunter folgt die Überschrift "EINSPRUCHSBEGRÜNDUNG" und sodann die Angabe von Tatsachen und Argumenten.
III. Die Patentinhaberin hat mit einem Schreiben vom 14. August 2012 zur Erwiderung auf den Einspruch vorgetragen, der Einspruch sei unzulässig, da die im Formular 2300 als Einsprechende bezeichnete "BYK" innerhalb der Einspruchsfrist keine Einspruchsbegründung eingereicht habe und außerdem die wahre Identität der Einsprechenden aufgrund der sich widersprechenden Angaben im Formular 2300 und in der Einspruchsbegründung innerhalb der Einspruchsfrist nicht eindeutig feststellbar sei.
IV. In ihrem Antwortschreiben vom 10. September 2012 hat die Einsprechende ausgeführt, dass die "BYK" im Formblatt 2300 korrekt und eindeutig als Einsprechende angegeben sei und die irrtümliche Angabe oberhalb der Überschrift "Einspruchsbegründung" keine wirksame Bezeichnung der Einsprechenden darstelle und führt zur Stützung dieser Meinung weitere Argumente an.
Sie weist ferner darauf hin, dass gemäß Regel 77(1) EPÜ die Einspruchsabteilung den Einspruch als unzulässig verwirft, wenn der Einspruch Artikel 99(1) oder Regel 76(2)c) EPÜ nicht entspricht. In anderen Fällen von Mängeln teile die Einspruchsabteilung gemäß Regel 77(2) EPÜ diese dem Einsprechenden mit und fordere ihn auf, innerhalb einer zu bestimmenden Frist die festgestellten Mängel zu beseitigen. Eine derartige Mängelrüge sei zu recht nicht ergangen.
V. Die Einspruchsabteilung hat mit Mitteilung vom 4. Juli 2014 erstmals zur Zulässigkeit des Einspruchs Stellung genommen. Sie hat die Argumente der Einsprechenden zur Identifizierbarkeit der "BYK" als wahre Einsprechende zurückgewiesen und mitgeteilt, dass auf der Grundlage der innerhalb der Einspruchsfrist eingereichten Dokumente und des bisherigen Vortrags bei Ablauf der Einspruchsfrist weder für das Europäische Patentamt (EPA) noch für die Patentinhaberin erkennbar gewesen sei, wer genau die Einsprechende war. Daher sei der Einspruch nach vorläufiger Auffassung wegen fehlender Identität der Einsprechenden unzulässig.
Die Einspruchsabteilung hat in ihrer Mitteilung auch darauf hingewiesen, dass eine fehlerhafte, aber der zweifelsfreien Feststellung der Identität der Einsprechenden nicht entgegenstehende Namensangabe jederzeit, auch nach Ablauf der Einspruchsfrist nach Regel 139 Satz 1 EPÜ berichtigt werden könne. In der Mitteilung wurde eine Frist von zwei Monaten zur Stellungnahme gewährt.
VI. Mit Schreiben vom 11. September 2014 hat die Einsprechende daraufhin einen Antrag auf Berichtigung der "oberhalb "Einspruchsbegründung" enthaltenen Angabe" nach Regel 139 EPÜ gestellt. Sie hat weiterhin ihre Argumente, warum die "BYK" als Einsprechende aufgrund der innerhalb der Einspruchsfrist vorgelegten Unterlagen identifizierbar war, bekräftigt. Zwar hätten die Mitteilung des EPA an die Patentinhaberin über die Einlegung von Einsprüchen sowie die Empfangsbescheinigung des EPA über den Erhalt des Einspruchs, die beide die "BYK" als Einsprechende nennen, keinen Entscheidungscharakter, jedoch hätten die anwaltlichen Vertreter der Einsprechenden unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes davon ausgehen können, dass offensichtlich die "BYK" für das EPA identifizierbar gewesen sei.
VII. In der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 10. Dezember 2015 hat die Einsprechende Anlagen 1 bis 4 vorgelegt, die aus Ausdrucken von e-mails, bzw. einem Schreiben zwischen der "BYK" und den patentanwaltlichen Vertretern über die Beauftragung zur Einlegung des vorliegenden Einspruchs bestehen. Die Einspruchsabteilung hat den Einspruch als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat die Einspruchsabteilung ausgeführt, dass die Identität der Einsprechenden aufgrund der bis zum Ablauf der Einspruchsfrist vorgelegten Dokumenten nicht eindeutig feststellbar sei. Die Korrekturmöglichkeit nach Regel 139 Satz 1 EPÜ sei nur in Fällen der Falschbezeichnung der Einsprechenden gegeben, nicht aber in Fällen, in denen - wie vorliegend - die Identität der Einsprechenden bis zum Ablauf der Einspruchsfrist nicht festgestellt werden kann. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen der Regel 139 EPÜ und somit auch die Tatsache, ob es sich bei der Nennung der "BASF" als Einsprechende in der Einspruchsbegründung tatsächlich um ein Versehen gehandelt habe, komme es daher nicht mehr an. Die als Beweis in der mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen A1 bis A4 seien für die Beurteilung der Korrekturmöglichkeit nach Regel 139 Satz 1 EPÜ daher irrelevant. Die Abteilung habe daher keine Veranlassung gehabt, sie nach Artikel 114(2) EPÜ in das Verfahren zuzulassen.
VIII. Gegen diese Entscheidung hat die Einsprechende/Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt. Zusammen mit der Beschwerdebegründung hat sie die von der Einspruchsabteilung nicht in das Verfahren zugelassenen Anlagen A1 bis A4 erneut eingereicht. Zur Begründung der Beschwerde hat sie im wesentlichen folgendes ausgeführt: Da im Formular 2300 das Kästchen "Gemeinsamer Einspruch" nicht markiert worden ist, sei eindeutig, dass die "BYK" alleinige Einsprechende ist. In dem dem Formular angehängten Dokument sei oberhalb des Begriffs "Einspruchsbegründung" irrtümlich die "BASF" statt der "BYK" als Einsprechende genannt. Eine Adresse der "BASF" sei an keiner Stelle angegeben worden. Unter der im Formular 2300 angegebenen Weseler Adresse sei nur die "BYK", nicht aber die "BASF" anzutreffen. Die auf Seite 1 der Anlage zum Formular 2300 oberhalb der Überschrift "Einspruchsbegründung" enthaltenen Angaben, einschließlich der irrtümlich als Einsprechende bezeichneten "BASF", seien nicht Teil der Einspruchsbegründung und damit nicht Teil des Tatsachenvorbringens. Dem Formular komme gegenüber der die "Einspruchsbegründung" enthaltenden Anlage eine höhere Aussagekraft zu, weil nur das Formular unterschrieben sei und nur die "BYK" im Formular mit Adresse genannt ist.
Die mit der Beschwerdebegründung erneut eingereichten und von der Einspruchsabteilung nicht in das Verfahren zugelassenen Anlagen A1 bis A4 belegten die ursprüngliche Absicht, die "BYK" als Einsprechende zu benennen. Falls die Zulässigkeit des Einspruchs nicht anerkannt werden könne, sei jedenfalls der Antrag auf Berichtigung der Einsprechendenbezeichnung nach Regel 139 Satz 1 EPÜ begründet. Die nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern zulässigerweise nachträglich eingereichten Anlagen A1 bis A4 belegten eindeutig die ursprüngliche Absicht, die "BYK" als Einsprechende zu benennen. Die Beschwerdeführerin nimmt dabei insbesondere auf die Entscheidungen G 1/12, T 445/08 und T 615/14 Bezug.
IX. Die Patentinhaberin/Beschwerdegegnerin hat sich in ihrer Beschwerdeerwiderung der Begründung der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Nichtzulassung der nachgereichten Anlagen A1 bis A4, der Bewertung des Einspruchs als unzulässig wegen fehlender Feststellbarkeit der Identität der Einsprechenden sowie des Fehlens der Voraussetzungen für eine Berichtigung der Einsprechendenbezeichnung nach Regel 139 Satz 1 EPÜ angeschlossen.
X. In einem Zusatz zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 3. November 2016 hat die Kammer ihre vorläufige und nicht bindende Auffassung mitgeteilt. Sie hat ausgeführt, dass (a) die Begründung der Einspruchsabteilung, dass die Identität der Einsprechenden innerhalb der Einspruchsfrist nicht hinreichend sicher feststellbar sei, aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden sei und die insoweit von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente keinen Bestand haben könnten. Dagegen könne (b) die Entscheidung der Einspruchsabteilung hinsichtlich der (Nicht-)Zulassung der zum Nachweis der Einsprechendenstellung in der mündlichen Verhandlung eingereichten Anlagen A1 bis A4 sowie (c) der (Nicht-)Anwendbarkeit der Regel 139 EPÜ keinen Bestand haben, da insoweit eine nicht ordnungsgemäße Ermessensausübung durch die Einspruchsabteilung zugrunde liege.
Die Kammer hat weiterhin darauf hingewiesen, dass sie beabsichtigt, die mit der Beschwerdebegründung im Einklang mit Artikel 12(1)a) VOBK (erneut) eingereichten Anlagen A1 bis A4 auch wegen deren "prima facie" Relevanz in das Verfahren zuzulassen, indem sie die Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung hinsichtlich der Nichtzulassung der Anlagen in das Verfahren durch eine eigene Ermessensentscheidung ersetzt, und damit von der Möglichkeit nach Artikel 12(4) VOBK, die Anlagen allein wegen deren Nichtzulassung im erstinstanzlichen Verfahren im Beschwerdeverfahren nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen, keinen Gebrauch macht.
XI. Sowohl die Beschwerdegegnerin (Schreiben vom 30. November 2016) als auch die Beschwerdeführerin (Schreiben vom 12. Dezember 2016) haben sich hierzu geäußert.
Die Beschwerdegegnerin rügt insbesondere die verspätete Einreichung der Anlagen A1 bis A4 erst während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung sowie unter Bezug auf die Entscheidung T 603/15, dass der Antrag nach Regel 139 EPÜ nicht "unverzüglich" gestellt worden sei.
Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin, die beantragt, dieses neue Vorbringen der Beschwerdegegnerin als verspätet nicht in das Verfahren zuzulassen und führt Argumente an, warum aus ihrer Sicht der Antrag nach Regel 139 EPÜ "unverzüglich" gestellt worden sei.
XII. Am 18. Januar 2017 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Zur Frage der Identifizierbarkeit der Einsprechenden auf der Grundlage der innerhalb der Einspruchsfrist vorgelegten Unterlagen verwies die Beschwerdeführerin auf ihr schriftsätzliches Vorbringen, während die Beschwerdegegnerin sich insoweit den Ausführungen der Kammer in dem Ladungsbescheid anschloss. Die Beschwerdeführerin meinte, die von der Beschwerdegegnerin im Hinblick auf die "Unverzüglichkeit" des Antrags nach Regel 139 EPÜ zitierte Entscheidung T 603/15 betreffe einen mit dem vorliegenden nicht vergleichbaren Sachverhalt und berief sich auf die in ihrem Schreiben vom 12. Dezember 2016 genannten Argumente. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei für die Frage, ob der im Schreiben vom 11. September 2014 gestellte Antrag nach Regel 139 EPÜ "unverzüglich" erfolgte, auf die Mitteilung der Einspruchsabteilung vom 4. Juli 2014 abzustellen, mit der Folge, dass damit die "Unverzüglichkeit" gegeben wäre. Die Beschwerdegegnerin meinte unter Bezugnahme auf die Entscheidung T 603/15 (Punkt 3.3.2. der Gründe), das rechtliche Kriterium der "Unverzüglichkeit" sei von Beschwerdekammer stets zu prüfen. Maßgebend sei hierfür, dass bereits in der Einspruchserwiderung vom 14. August 2012 auf die fehlerhafte Bezeichnung der Einsprechenden hingewiesen worden sei, so dass der über zwei Jahre später gestellte Antrag nach Regel 139 EPÜ nicht mehr "unverzüglich" erfolgte.
Auf Nachfragen der Kammer bestätigte die Beschwerdeführerin, dass eine Mitteilung der Einspruchsabteilung nach Regel 77(2) EPÜ (s.o. IV) nicht ergangen sei, was von der Beschwerdegegnerin unwidersprochen blieb.
XIII. Die Beschwerdeführerin beantragte,
die angegriffene Entscheidung aufzuheben,
die Zulässigkeit des Einspruchs anzuerkennen,
nach Anerkennung der Zulässigkeit des Einspruchs die Angelegenheit an die erste Instanz zur Diskussion der sachlichen Einspruchsgründe zurückzuverweisen,
die von der Einspruchsabteilung nicht in das Verfahren zugelassenen Anlagen A1 bis A4 in das Beschwerdeverfahren zuzulassen,
sollte die Zulässigkeit des Einspruchs nicht anerkannt werden, die Bezeichnung "BASF Coatings GmbH" auf der Seite 1 der Anlage zum Formular 2300 in "BYK-Chemie GmbH" nach Regel 139 Satz 1 EPÜ zu berichtigen,
falls die Beschwerdekammer eine Berichtigung nach Regel 139 EPÜ nicht als gewährbar ansehen sollte, diese Frage wegen der dann bestehenden Diskrepanz zur Entscheidung T 615/14 zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung der Großen Beschwerdekammer vorzulegen.
XIV. Die Beschwerdegegnerin beantragte,
die Anträge der Beschwerdeführerin und die Beschwerde zurückzuweisen.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Einwände gegen die Zulässigkeit der im Namen der BYK-Chemie GmbH eingelegten Beschwerde wurden nicht erhoben.
Feststellung der Identität des Einsprechenden nach Artikel 99(1) in Verbindung mit Regel 76(2)(a) EPÜ
2. Die Einspruchsabteilung hat in der angefochtenen Entscheidung den Einspruch nach Artikel 99(1), Regel 77(1) EPÜ verworfen, weil die Identität der Einsprechenden aus den bis zum Ablauf der Einspruchsfrist vorgelegten Dokumenten nicht eindeutig feststellbar sei. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerdebegründung ihre zu dem hier relevanten Punkt bereits im Verfahren vor der Einspruchsabteilung angeführten Argumente lediglich wiederholt, jedoch insoweit keine neuen Gründe für die Zulässigkeit des Einspruchs vorgebracht.
3. In dem Zusatz zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 3. November 2016 hat die Kammer in einer vorläufigen Stellungnahme u.a. mitgeteilt, dass die Begründung der Einspruchsabteilung, dass die Identität der Einsprechenden innerhalb der Einspruchsfrist nicht hinreichend sicher feststellbar ist, aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden sei und die insoweit von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente keinen Bestand haben könnten. Sie hat hierzu folgendes ausgeführt:
"Die Einspruchsabteilung hat ausgeführt, dass die Identität der Einsprechenden aus den bis zum Ablauf der Einspruchsfrist vorgelegten Dokumenten nicht eindeutig feststellbar sei. Entgegen der Ansicht der Einsprechenden hätten die Angaben im Formular 2300 keinen Vorrang vor den Angaben in den übrigen Bestandteilen des Einspruchs, insbesondere in dem Anhang "EINSPRUCHSBEGRÜNDUNG" zum Formular 2300. Insoweit treffe es nicht zu, dass - wie die Beschwerdeführerin meint - die auf Seite 1 der Anlage zum Formular 2300 oberhalb der Überschrift "Einspruchsbegründung" enthaltenen Angaben, einschließlich der irrtümlich als Einsprechende bezeichneten "BASF Coatings GmbH" (nachfolgend "BASF"), nicht Teil der Einspruchsbegründung und damit nicht Teil des Tatsachenvorbringens seien. Dass die "BASF" keinen Sitz an der im Formular 2300 angegebenen Adresse in Wesel habe, sage objektiv nichts darüber aus, dass der Einspruch im Namen der "BYK-Chemie GmbH" (nachfolgend "BYK") eingelegt werden sollte. Die Angabe einer Adresse oder deren Fehlen sei kein ausreichendes Kriterium, das bei widersprüchlichen Angaben auf die Identität der Einsprechenden schließen lasse. Entgegen der Ansicht der Einsprechenden habe das EPA auch weder mit der Empfangsbescheinigung vom 29. März 2012 noch mit der Aufforderung an die Patentinhaberin vom 7. Mai 2012, sich zum Einspruch der "BYK" zu äußern, rechtsverbindlich signalisiert, dass die Einsprechende damit eindeutig bezeichnet wäre. Diese Begründung der Einspruchsabteilung ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden und trägt im wesentlichen die Entscheidung, dass die Identität der Einsprechenden innerhalb der Einspruchsfrist nicht hinreichend sicher feststellbar ist."
4. Der Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 12. Dezember 2016 als Erwiderung auf den Ladungszusatz der Kammer und auf die Stellungnahme hierzu seitens der Beschwerdegegnerin vom 30. November 2016 enthält zur Frage der Feststellung der Identität der Einsprechenden aus den bis zum Ablauf der Einspruchsfrist vorgelegten Dokumenten keinen Vortrag. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdeführerin hierzu grundsätzlich auf ihren schriftlichen Vortrag in der Beschwerdebegründung verwiesen und zwei ihrer dort genannten Argumente nochmals erwähnt. Es handelt sich hierbei um das Vorbringen, dass die "BASF Coatings GmbH" in der Anlage zum Formular 2300 oberhalb der Überschrift "Einspruchsbegründung" genannt, und somit weder Teil der Einspruchsbegründung noch des Tatsachenvorbringens sei sowie um den Umstand, dass die "BASF Coatings GmbH" keine Niederlassung an der in dem Formular 2300 genannten Adresse der "BYK" habe. Da jedoch auch diese Argumente - wie ausgeführt - Gegenstand der angefochtenen Entscheidung, der schriftlichen Beschwerdebegründung und der vorläufigen Stellungnahme der Kammer in ihrem Ladungsbescheid waren, sieht die Kammer auch nach nochmaliger Prüfung keinen Anlass, von ihrer in dem Ladungsbescheid geäußerten Auffassung abzuweichen.
5. Die Beschwerde der Einsprechenden hat daher, soweit sie sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung richtet, dass die Identität des Einsprechenden nach Artikel 99(1) in Verbindung mit Regel 76(2)(a) EPÜ aufgrund der innerhalb der Einspruchsfrist vorgelegten Dokumente nicht festgestellt werden kann, keinen Erfolg.
Antrag auf Berichtigung der Bezeichnung "BASF Coatings GmbH" nach Regel 139 Satz 1 EPÜ
6. Die Beschwerdeführerin hat im erstinstanzlichen Verfahren erstmals mit Schreiben vom 11. September 2014 und nochmals hilfsweise in ihrer schriftlichen Beschwerdebegründung beantragt, die Bezeichnung "BASF Coatings GmbH" auf der Seite 1 der Anlage zum Formular 2300 in "BYK-Chemie GmbH" nach Regel 139 Satz 1 EPÜ zu berichtigen.
7. Die Grosse Beschwerdekammer (GBK) hat in der Entscheidung G 1/12 (ABl. EPA 2014, A114, Frage 3, Nr. 32 bis 36 und Nr. 39 der Gründe) entschieden, dass Regel 139 Satz 1 EPÜ Anwendung finden kann, wenn der Name des Beschwerdeführers falsch angegeben war und die beantragte Berichtigung den "Wechsel" des Beschwerdeführers umfasst (GBK, a.a.O., Nr. 32 der Gründe). In der Entscheidung T 615/14 vom 27. Oktober 2015 hat die dortige Beschwerdekammer ausgeführt, dass die in der Entscheidung G 1/12 gegebene Begründung für die Anwendbarkeit der Regel 139 Satz 1 EPÜ für die Berichtigung der Bezeichnung der Einsprechenden in entsprechender Weise gilt. Danach findet Regel 139 Satz 1 EPÜ allgemein auf alle beim Europäischen Patentamt eingereichten Unterlagen, einschließlich des Einspruchs, Anwendung (T 615/14, Nr. 1.4 der Gründe).
8. Die Kammer hält die in der Entscheidung T 615/14 für die Übertragbarkeit der in der Entscheidung G 1/12 für die Anwendbarkeit der Regel 139 Satz 1 EPÜ hinsichtlich der Berichtigung des Beschwerdeführers genannten Begründung auf die Frage der Berichtigung der Bezeichnung der Einsprechenden für richtig und schließt sich dieser Begründung auch für das vorliegende Beschwerdeverfahren an. Dies gilt auch für die - zu verneinende - Frage, ob Regel 139 Satz 1 EPÜ als "lex generalis" hinter die speziellen Regeln für das Beschwerde- bzw. Einspruchsverfahren zurücktritt (vgl. G 1/12, Nr. 39 der Gründe, T 615/14, Nr. 1.7.1 der Gründe).
9. Die somit für die hilfsweise beantragte Berichtigung der Bezeichnung "BASF Coatings GbmH" in "BYK-Chemie GmbH" anwendbare Regel 139 Satz 1 EPÜ lautet:
"Sprachliche Fehler, Schreibfehler und Unrichtigkeiten in den beim Europäischen Patentamt eingereichten Unterlagen können auf Antrag berichtigt werden." (Hervorhebung durch die Kammer)
10. In der Entscheidung G 1/12 (Nr. 37 der Gründe) hat die GBK die von der Rechtsprechung der Beschwerdekammern entwickelten Grundsätze wie folgt zusammengefasst:
a) Die Berichtigung muss der ursprünglichen Absicht entsprechen. Beispielsweise kann sich ein Anmelder, der eine bei der ursprünglichen Anmeldung nicht beabsichtigte Benennung hinzufügen möchte, nicht auf Regel 88 Satz 1 EPÜ 1973 berufen (J 8/80, ABl. EPA 1980, 293, insbesondere Nr. 7 der Entscheidungsgründe). Die Möglichkeit der Berichtigung darf nicht dazu benutzt werden, einem Beteiligten, der seine Meinung geändert oder seine Pläne weiter ausgestaltet hat, die Durchsetzung seiner neuen Vorstellungen zu ermöglichen (J 8/80, a. a. O., Nr. 6 der Entscheidungsgründe; J 6/91, ABl. EPA 1994, 349). Zu berücksichtigen ist die wirkliche und nicht die mutmaßliche Absicht des Beteiligten.
b) Ist die ursprüngliche Absicht nicht sofort erkennbar, so trägt der Antragsteller die Beweislast, an die hohe Anforderungen gestellt werden müssen (J 8/80, a. a. O., Nr. 6 der Entscheidungsgründe).
c) Der zu berichtigende Fehler kann eine unrichtige Angabe sein oder sich aus einer Auslassung ergeben.
d) Der Berichtigungsantrag muss unverzüglich gestellt werden.
zu a) und b):
11. Die ursprüngliche Absicht der Beschwerdeführerin, den Einspruch im Namen der "BYK" einzulegen, war aufgrund der widersprüchlichen Angaben im Formblatt 2300 ("BYK")einerseits und in der Anlage "Einspruchsbegründung" ("BASF") andererseits nicht sofort, jedenfalls nicht innerhalb der Einspruchsfrist, erkennbar.
Dabei kann bereits unmittelbar aus der Entscheidung G 1/12 abgeleitet werden, dass Beweismittel zum Nachweis der ursprünglichen Absicht bei Einreichung des Einspruchs auch später im Verfahren nachgereicht werden können. In G 1/12 (Nr. 37(b) der Gründe) wird klargestellt, dass der Antragsteller die Beweislast trägt und sodann auf J 8/80 verwiesen, wonach die Berichtigung einer Bestimmung eines Vertragsstaates auf der Grundlage später eingereichter Beweise betreffend die ursprüngliche Absicht des Vertreters zulässig ist. Diese Rechtsprechung wurde in der Entscheidung T 445/08 vom 26. März 2015 (aus diesem Verfahren resultiert die Vorlage zu G 1/12) bestätigt (siehe T 615/14, Nr. 1.7.3 der Gründe). Die Aussage in T 615/14 (Nr. 1.7.5 der Gründe), dass die ursprüngliche Absicht bei Einreichung des Einspruchs auch aufgrund von nach Ablauf der Einspruchsfrist eingereichter Beweise bei der Prüfung nach Regel 139 Satz 1 EPÜ festgestellt werden kann, hält die vorliegende Kammer für überzeugend und schließt sich dieser Auffassung für das vorliegende Beschwerdeverfahren an.
12. Die Beschwerdeführerin hat zunächst während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung und dann - was die Kammer für die hier zu treffende Entscheidung für wesentlich hält (siehe unten Punkt 13.) - nochmals mit der Beschwerdebegründung die Anlagen A1 bis A4 eingereicht. Diese aus e-mails (A1 bis A3) und einem Schreiben (A4) bestehenden Unterlagen belegen den Auftrag der "BYK" an die anwaltlichen Vertreter der Einsprechenden, Einspruch gegen das Streitpatent einzulegen (A1), die Annahme des Auftrags durch die anwaltlichen Vertreter (A2), Vereinbarungen zur Durchführung einer Recherche nach Einspruchsmaterial (A3) und die Übersendung der Einspruchsschrift an die "BYK" (A4). Nach Auffassung der Kammer bestehen allein aufgrund dieser Unterlagen keine begründeten Zweifel daran, dass es von Anfang an dem wirklichen Willen der anwaltlichen Vertreter entsprach, den Einspruch im Namen der "BYK" einzulegen. Durch den eindeutigen und unmissverständlichen Aussagegehalt dieser Unterlagen sind auch die insoweit geforderten hohen Anforderungen an die Beweislast erfüllt.
13. Die Anlagen 1 bis 4 sind mit der Beschwerdebegründung (erneut) gemäß Artikel 12(1)a) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK) eingereicht worden und erfüllen die Voraussetzungen nach Absatz 2 dieser Vorschrift, wonach die Beweismittel anzuführen und nach Absatz 2a) beizufügen sind, auf die Bezug genommen wird. Da die Anlagen somit zum frühest möglichen Zeitpunkt im Beschwerdeverfahren eingereicht und - wie ausgeführt - nach Auffassung der Kammer auch "prima facie" hoch relevant für die Beurteilung der tatsächlichen ursprünglichen Absicht der Vertreter der Einsprechenden bei Einreichung des vorliegenden Einspruchs und somit für dessen Zulässigkeit sind, sind insoweit Gründe, die Anlagen nicht in das Verfahren zuzulassen und zu berücksichtigen, nicht erkennbar. Die Kammer beabsichtigt daher nicht, von dem ihr nach Artikel 12(4) VOBK eingeräumten Ermessen, die Anlagen als Beweismittel nicht zuzulassen, wenn diese, was hier der Fall ist, z. B. im erstinstanzlichen Verfahren nicht zugelassen worden sind, Gebrauch zu machen. Die Kammer hält diese Ermessensentscheidung um so mehr für geboten, da die Entscheidung der Einspruchsabteilung, die Anlagen A1 bis A4 nicht in das Verfahren zuzulassen, auf einer nicht rechtsfehlerfreien Ausübung des Ermessens beruht, wie die Kammer in ihrem Ladungszusatz vom 3. November 2016 festgestellt hat.
14. Da die Kammer die Anlagen A1 bis A4 aufgrund deren Einreichung mit der Beschwerdebegründung nach Artikel 12(1)a),(2) und (4) VOBK in das Verfahren zulässt, kommt es für die hier zu treffende Entscheidung auf die zwischen den Beteiligten streitigen Fragen, ob die Einreichung der Anlagen A1 bis A4 erst während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung verspätet war und ob die Nichtzulassung der Anlagen durch die Einspruchsabteilung auf einer ermessensfehlerhaften Entscheidung beruhte, nicht an.
zu c):
15. Der zu berichtigende Fehler besteht hier in der unrichtigen Angabe der "BASF Coatings GmbH" in der die "Einspruchsbegründung" enthaltenden Anlage zum Formblatt 2300 statt der beabsichtigten, und somit mit der Angabe in diesem Formblatt übereinstimmenden Bezeichnung "BYK-Chemie GmbH" als Einsprechende.
zu d):
16. Schließlich ist erforderlich, dass der Berichtigungsantrag nach Regel 139 Satz 1 EPÜ "unverzüglich" gestellt worden ist. Soweit ersichtlich, enthalten weder das Europäische Patentübereinkommen noch nachgeordnete Verwaltungsvorschriften, wie insbesondere die Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt, Hinweise, wie dieser Rechtsbegriff auszulegen ist. Soweit in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern diese Voraussetzung für einen Antrag nach Regel 139 Satz 1 EPÜ erörtert wird, wird lediglich der Begriff "unverzüglich" (vgl. J 10/87, ABl. EPA 1989, 323, Nr. 13. (iii) und Nr. 14 (iii) der Gründe) bzw. "without undue delay" (J 16/08 vom 31. August 2009, Nr. 13 der Gründe) genannt, ohne diesen Rechtsbegriff zu definieren. Auch die in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zitierte Entscheidung T 603/15 vom 25. Mai 2016 (Nr. 3.3.2 bis 3.4 der Gründe) benennt den dort maßgeblichen Zeitraum von vier Jahren für nicht mehr "unverzüglich", jedoch auch ohne diesen Begriff näher zu definieren. Die Entscheidung J 16/08 (a.a.O.) enthält jedoch den Hinweis, dass für die Beurteilung der "Unverzüglichkeit" die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (Nr. 13 der Gründe).
17. Allerdings definiert das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch in § 121(1) betreffend die Anfechtung von Willenserklärungen und somit in einer einem Berichtigungsantrag nach Regel 139 Satz 1 EPÜ nicht wesensfremden Vorschrift, den Begriff "unverzüglich" als "ohne schuldhaftes Zögern". Entscheidend für die Unverzüglichkeit ist danach nicht die objektive, sondern die subjektive Zumutbarkeit des alsbaldigen Handelns. Es kommt also neben den nach der Entscheidung J 16/08 zu berücksichtigenden Einzelfallumständen auf die Kenntnisse und persönliche Sichtweise des zum Handeln Verpflichteten an. Auch wenn eine unmittelbare Anwendung des Artikels 125 EPÜ hier nicht gerechtfertigt erscheint, da schon zweifelhaft ist, ob es sich bei der Definition des Begriffs "unverzüglich" als "ohne schuldhaftes Zögern" um einen in den Vertragsstaaten anerkannten allgemeinen Verfahrensgrundsatz handelt, ist die Kammer jedoch auch nicht gehindert, diese Bedeutung in dem vorliegenden Verfahren zugrunde zu legen (vgl. hierzu J 2/08 vom 27. Mai 2009, Nr. 48 der Gründe).
18. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe kommt die Kammer zu der Schlussfolgerung, dass der mit Schriftsatz der Einsprechenden vom 11. September 2014 gestellte Berichtigungsantrag nicht als nicht "unverzüglich" anzusehen ist.
19. Bei den hier vorliegenden widersprüchlichen Angaben zur Person der Einsprechenden bei Einreichung des Einspruchs und bis zum Ablauf der Einspruchsfrist (Regel 76(2)a) EPÜ) hätte erwartet können, dass die Einspruchsabteilung gemäß Regel 77(2) EPÜ eine Mitteilung erlässt mit der Aufforderung, diesen Mangel innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu beseitigen. Eine solche Mitteilung ist, wie die Einsprechende in ihrem Schreiben vom 10. September 2012 ausführt, aus ihrer Sicht, wonach kein Zweifel an der Identität der Einsprechenden bestand, "zu Recht" nicht ergangen. Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer bestätigt, eine Mitteilung nach Regel 77(2) EPÜ auch nach dem Schreiben vom 10. September 2012 nicht erhalten zu haben. Eine erste Äußerung seitens der Einspruchsabteilung zur Frage der Identität der Einsprechenden und Zulässigkeit des Einspruchs erfolgte erst mit der Mitteilung vom 4. Juli 2014, die auch einen Hinweis auf die Möglichkeit, einen Berichtigungsantrag nach Regel 139 Satz 1 EPÜ zu stellen, enthielt.
20. In Erwiderung auf diese Mitteilung stellte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 11. September 2014 einen Antrag auf Berichtigung der Angabe "BASF Coatings GmbH" in "BYK-Chemie GmbH" nach Regel 139 EPÜ. Der Antrag wurde danach noch vor Ablauf von zwei Monaten nach dem Hinweis der Einspruchsabteilung und somit sogar noch innerhalb der von der Einspruchsabteilung in ihrer Mitteilung gewährten Frist zur Stellungnahme gestellt. Nach Auffassung der Kammer ist dadurch die Voraussetzung der "Unverzüglichkeit" der Antragstellung im Hinblick auf die Mitteilung der Einspruchsabteilung erfüllt, was auch von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten wird.
21. Die Beschwerdegegnerin bestreitet jedoch, dass für die "Unverzüglichkeit" auf den Hinweis der Einspruchsabteilung auf Regel 139 Satz 1 EPÜ in der Mitteilung vom 4. Juli 2014 abzustellen sei und meint, ein Anlass für die Stellung des Berichtigungsantrags hätte bereits zu einem wesentlich früheren Verfahrensstadium bestanden, nämlich als Reaktion auf die in der Einspruchserwiderung aufgrund der abweichenden Bezeichnungen geäußerten Zweifel an der Identität der Einsprechenden. Danach wäre der mit Schreiben vom 11. September 2014, also ca. zwei Jahre später gestellte Antrag nach Regel 139 EPÜ nicht mehr als "unverzüglich" anzusehen.
22. Die Kammer vermag sich dieser Ansicht der Beschwerdegegnerin unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls nicht anzuschließen. Die Einsprechende durfte aus subjektiver Sicht, nachdem sie selbst in ihrem Schreiben vom 10. September 2012 ausgeführt hatte, eine Mitteilung nach Regel 77(2) EPÜ sei - aus ihrer Sicht - zu Recht nicht ergangen und dieses Vorbringen bis zur Mitteilung der Einspruchsabteilung vom 4. Juli 2014 unbeantwortet blieb, davon ausgehen, dass vorerst kein Anlass für weitere Anträge, insbesondere eines Antrags nach Regel 139 Satz 1 EPÜ bestand. Zu dieser Sichtweise mag auch beigetragen haben, dass die "BYK" als Einsprechende in der Empfangsbescheinigung vom 29. März 2012 und in der Aufforderung an die Patentinhaberin vom 7. Mai 2012, sich zum Einspruch der "BYK" zu äußern, angegeben wurde, wobei diesen Mitteilungen ohne Zweifel keine rechtlich verbindliche Bedeutung zukommt, was die Einspruchsabteilung zutreffend festgestellt und auch die Beschwerdeführerin selbst eingeräumt hat. Nach Auffassung der Kammer kann unter Berücksichtigung der genannten Umstände der Einsprechenden kein aus subjektiver Sicht schuldhaftes Zögern bei der Stellung des Antrags nach Regel 139 Satz 1 EPÜ mit Schreiben vom 11. September 2014 vorgeworfen werden.
23. In diesen dargelegten Umständen des vorliegenden Falles sieht die Kammer auch einen entscheidenden Unterschied zu dem der Entscheidung T 603/15 vom 25. Mai 2016 zugrundeliegenden Sachverhalt. Anders als im vorliegenden Fall hat dort nicht nur die Patentinhaberin in der Beschwerdeerwiderung (entspricht vorliegend der Einspruchserwiderung vom 14. August 2012), sondern nur einen Tag später auch die Beschwerdekammer auf den Mangel der Identität der Beschwerdeführerin hingewiesen. Wie dargelegt, fehlt es hier jedoch an einer solchen, der genannten Mitteilung der Beschwerdekammer in dem zitierten Verfahren entsprechenden Mitteilung der Einspruchsabteilung in einem vergleichbar frühen Verfahrensstadium (vgl. T 603/15, Nr. 3.3.2. der Gründe). Der in dem Verfahren T 603/15 erst ca. vier Jahre später gestellte Antrag auf Berichtigung der irrtümlichen Angabe im Formblatt 2300 nach Regel 139 Satz 1 EPÜ wurde von der dortigen Kammer daher völlig zu Recht als nicht "unverzüglich" angesehen. In Anbetracht dieser für die hier zu beantwortende Frage der Unverzüglichkeit des Antrags nach Regel 139 Satz 1 EPÜ nicht unwesentlichen Unterschiede zwischen dem der Entscheidung T 603/15 und dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalt steht die hier getroffene Entscheidung nicht im Widerspruch zu den im Verfahren T 603/15 getroffenen Feststellungen.
24. Auch unter Berücksichtigung des von der Rechtsprechung entwickelten Kriteriums der Rechtssicherheit kann die Kammer nicht zu dem Schluss kommen, dass der Berichtigungsantrag aufgrund der Tatsache, dass er nicht rechtzeitig gestellt wurde, zurückzuweisen wäre. Bei der Frage, ob ein Berichtigungsantrag rechtzeitig gestellt wurde, meint die Kammer, dass einerseits der Schutz von Anmeldern, die echte Fehler beheben wollen, und andererseits die Interessen Dritter, die sich auf veröffentlichte Informationen verlassen, berücksichtigt werden müssen. Die Kammer kommt zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall keine Irreführung der Öffentlichkeit stattgefunden hatte, und daher Dritte durch die Stattgabe des Berichtigungsantrags nicht benachteiligt wurden. Spätestens ab Kenntnisnahme des Schreibens der Einsprechenden vom 10. September 2012 war für die Patentinhaberin und die Öffentlichkeit klar, wer Einsprechende sein sollte. Eine Benachteiligung dadurch, dass der Antrag erst im September 2014 gestellt wurde, ist daher nicht erkennbar. Auch in dieser Hinsicht besteht ein Unterschied zu dem der Entscheidung T 603/15 zugrundeliegenden Sachverhalt, wo über mehrere Jahre nicht überzeugend dargelegt wurde, was die wahre Absicht bei der Einreichung des Einspruchs gewesen war.
25. Eine zulässige Berichtigung nach Regel 139 Satz 1 EPÜ ist rückwirkend (G 1/12, a.a.O., Nr. 37, letzter Satz der Gründe), so dass der Einspruch bei Vorliegen der übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen als zulässig erachtet wird (vgl G 1/12, a.a.O., Nr. 38 der Gründe).
26. Da somit der Antrag nach Regel 139 Satz 1 EPÜ in dem vorliegenden Verfahren nicht nur als grundsätzlich zulässig, sondern auch tatsächlich für begründet erachtet wird, ist der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vorlage der Frage an die Grosse Beschwerdekammer gegenstandslos.
27. Nachdem dem Antrag auf Berichtigung nach Regel 139 Satz 1 EPÜ stattgegeben wird und der Einspruch insoweit rückwirkend als zulässig anzusehen ist (s.o. Nr. 24), wird die Angelegenheit an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung über den Einspruch zurückverwiesen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angegriffene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Dem Antrag auf Berichtigung der Bezeichnung "BASF Coatings GmbH" auf der Seite 1 der Anlage zum Formular 2300 in "BYK-Chemie GmbH" wird stattgegeben.
3. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.