T 0142/84 (Erfinderische Tätigkeit) 08-07-1986
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1. Wird bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit die Frage nach der technischen Aufgabe und ihrer Lösung gestellt, so braucht in einer Vorveröffentlichung auf demselben begrenzten Fachgebiet die darin gelöste Aufgabe nicht ausdrücklich angegeben zu sein, um feststellen zu können, dass im Hinblick auf die Offenbarung dieser Vorveröffentlichung keine Erfinderische Tätigkeit vorliegt.
2. Ein hochrelevantes Dokument, das eine Kombination der Merkmale offenbart, die den kennzeichnenden Teil eines zweiteiligen Anspruches bilden, kann in Ausübung des Ermessens nach Artikel 114(2) EPÜ (unter Berücksichtigung der dazu angestellten Überlegungen in der Sache T 271/84) auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist im Beschwerdeverfahren zugelassen werden.
Erfinderische Tätigkeit/Aufgabe und Lösung
Einführung einer hochrelevanten neuen Entgegenaltung im Beschw.Verf.
Beschwerdeverfahren/Einführung einer neuen Entgegenhaltung
I. Das europäische Patent Nr. 9 373 wurde am 21. April 1982 auf die europäische Patentanmeldung Nr. 79 301 883.9 erteilt, die am 13. September 1979 unter Inanspruchnahme der Priorität der Gebrauchsmusteranmeldung Nr. 78 282 14U vom 22. September 1978 in der Bundesrepublik Deutschland (DE) eingereicht worden war.
II. Die Einsprechende legte am 20. Januar 1983 gegen das europäische Patent Einspruch ein und beantragte dessen Widerruf wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit. Der Einspruch wurde auf 10 Veröffentlichungen einschließlich der im Recherchenbericht genannten Entgegenhaltung DE-A-2 752 091 gestützt.
III. Mit der Zwischenentscheidung nach Artikel 106 (3) EPÜ vom 16. April 1984 hat die Einspruchsabteilung das Patent mit den Änderungen, die aufgrund der in der Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ vom 15. November 1983 genannten Unterlagen vorgenommen wurden, und mit zwei neuen Patentansprüchen aufrechterhalten. Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Befestigungselement für einen Sicherheitsgurt, das folgende Teile aufweist: eine Zunge (1), einen Rastbügel (2), in welchem ein Durchgang (14) zur Aufnahme der Zunge (1) vorgesehen ist, ein Verriegelungselement (20), das sich quer zum Durchgang (14) zwischen einer Verriegelungsstellung, bei der eine Verriegelungsfläche (27a, 27b) senkrecht in den Durchgang (14) reicht, um in eine entsprechende Verriegelungsfläche (3a, 3b) auf der Zunge (1) einzugreifen und die Zunge (1) im Durchgang (14) festzuhalten, und einer Freigabestellung bewegen kann, bei der die Zunge aus dem Durchgang (14) herausgezogen werden kann, ein erstes Federmittel (30) zum Vorspannen des Verriegelungselements (20) in seine verriegelte Stellung, einen federbelasteten Druckknopf (6), der längs des Durchgangs (14) beweglich ist und auf Druck das Verriegelungselement (20) in die Freigabestellung bewegt, wobei das Verriegelungselement mit Rampenausbildungen (39a, 39b) auf dem Druckknopf (6) zusammenwirkt, die es in seine Freigabestellung bewegen, wenn der Druckknopf (6) niedergedrückt wird, einen federvorgespannten Auswerfer (17), der die Zunge (1) auswirft, wenn der Druckknopf (6) niedergedrückt wird, und ein zweites Federmittel (45), das den Druckknopf in die nichtgedrückte Stellung zurückbringt, damit das erste Federmittel (30) das Verriegelungselement (20) in seine voll verriegelte Stellung bewegen kann, wenn der Druckknopf (6) nicht völlig freigegeben ist, gekennzeichnet durch eine Blockiereinrichtung (43), die mit dem Druckknopf (6) fest verbunden und so angebracht ist, daß sie in den Weg des Verriegelungselements (20) gleitet, wenn dieses (20) in voll verriegelter Stellung ist und der Druckknopf (6) in seine volle Freigabestellung zurückgleitet, um die Rückführung des Verriegelungselements (20) in seine Freigabestellung zu blockieren, wenn der Druckknopf (6) nicht gedrückt ist, wobei der Auswerfer (17) unter das Verriegelungselement (20) gleitet, wenn die Zunge (1) ausgeworfen wird, um das Verriegelungselement (20) in seiner Freigabestellung zu halten, bis die Zunge (1) wieder eingeschoben wird."
IV. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) legte am 17. Juni 1984 unter Entrichtung der entsprechenden Gebühr gegen die Entscheidung Beschwerde ein und reichte die Beschwerdebegründung am 27. August 1984 nach. In dieser Beschwerdebegründung bezog sie sich auf vier neue Entgegenhaltungen, nämlich
US-A-4 100 657
GB-A-1 275 571
US-A-3 763 523
US-A-3 955 056.
Die Beschwerdeführerin macht im wesentlichen geltend, daß es für den Fachmann naheliegend wäre, die Lehre so richtungweisender Veröffentlichungen wie der Druckschriften US-A-3 376 523 und US-A-3 955 056 mit der Lehre der Entgegenhaltung US-A-4 100 657 zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu kombinieren, zumal die Entgegenhaltung US-A-4 100 657 nicht nur die meisten Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1, sondern auch die beiden Kombinationsmerkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 und die Hauptaufgabe offenbare, die mit der vorliegenden Erfindung gelöst werden solle.
V. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) bestritt dies und legte mit Schreiben vom 30. November 1984 einen geänderten Anspruch 1 vor, in dem deutlicher zum Ausdruck gebracht wird, daß das Zusammenwirken zwischen der Verriegelungsfläche des Verriegelungs elements und der entsprechenden Verriegelungsfläche auf der Zungesenkrecht zur Bewegungsrichtung der Zunge in dem Durchgang verläuft und daß die Rampenausbildungen das Verriegelungselement tatsächlich bewegen und nicht nur dessen Bewegung ermöglichen.
VI. Die Beschwerdegegnerin zog ferner die Zulässigkeit der von der Beschwerdeführerin zusammen mit ihrer Beschwerdebegründung eingereichten neuen Entgegenhaltungen in Zweifel. Sie räumte zwar ein, daß die Zulassung der neuen Entgegenhaltungen nach Artikel 114 EPÜ ganz im Ermessen der Kammer liege, meinte jedoch, daß die für die verspätete Vorlage angegebene Begründung (die Einsprechende habe erst drei Wochen vor Einreichung ihrer Beschwerdebegründung von den Entgegenhaltungen erfahren) sehr fadenscheinig sei.
VII. Auf einen Bescheid der Kammer hin wies die Beschwerdegegnerin auf zwei frühere Entscheidungen der Technischen Beschwerdekammern und auf eine Entscheidung des englischen Court of Appeal (Berufungsgericht) hin.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der von ihr angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents in vollem Umfang. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und die Aufrechterhaltung des Patents mit den Änderungen, die sich entweder aus den in der Mitteilung nach Regel 58 (4) vom 15. November 1983 genannten Unterlagen (Hauptantrag) oder aus den mit Schreiben vom 30. November 1984 gemachten Vorschlägen (Hilfsantrag) ergeben.
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist somit zulässig.
2. Was die Zulässigkeit der neuen Entgegenhaltungen betrifft (die eindeutig nach Ablauf der Einspruchsfrist von 9 Monaten zusammen mit der Beschwerdebegründung eingereicht worden sind), wird darauf hingewiesen, daß die Entgegenhaltung US-A-4 100 657 ein hochrelevantes Dokument ist, das die Kombination der Merkmale offenbart, die den kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag bilden. Außerdem dient es nicht als Ausgangspunkt für einen neuen Angriff auf die Patentierbarkeit der beantragten Befestigung, sondern ist vielmehr das fehlende Glied in der Argumentationskette, die von der Einsprechenden zur Stützung ihrer Einspruchsgründe vorgelegt worden war; auf dieses fehlende Glied hatte die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Zwischen entscheidung abgehoben.
Die Kammer räumt zwar ein, daß die Einführung neuer Unterlagen nach Ablauf der Einspruchsfrist von 9 Monaten (je nach Relevanz der Unterlagen und nach Verfahrensstadium) unter Umständen abgelehnt werden kann, hat jedoch im vorliegenden Beschwerdeverfahren beschlossen, die Entgegenhaltung US-A-4 100 657 in Anbetracht der obigen Ausführungen zuzulassen. Da die Entgegenhaltung überdies, wie oben ausgeführt, nicht als Ausgangspunkt für einen neuen Angriff auf die Patentierbarkeit der beanspruchten Befestigung dient, hält es die Kammer nicht für erforderlich, die Sache zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen. Auf die Frage der Zulässigkeit der anderen zusammen mit der Beschwerdebegründung eingereichten Entgegenhaltungen braucht nicht eingegangen zu werden, da die Beschwerde auch ohne sie erfolgreich ist.
3. Nach Prüfung des genannten Stands der Technik ist die Kammer davon überzeugt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 und des Hilfsanspruchs 1 neu ist. Da dies zu keinem Zeitpunkt bestritten worden ist, braucht auch hierauf nicht näher eingegangen zu werden.
4. Der Oberbegriff des Anspruchs 1 des Hauptantrags enthält nur Merkmale, die in Verbindung miteinander zum Stand der Technik gehören, wie er sich aus der Entgegenhaltung DE-A-2 752 091 ergibt (siehe insbesondere die auf S. 14, Zeilen 9 - 11 beschriebene Alternativausführung).
Dem vorliegenden Patent zufolge gilt es bei Befestigungen dieser Art, drei Teilaufgaben zu lösen, nämlich den Widerstand gegen die Einführung der Zunge in den Rastbügel möglichst gering zu halten, um das Anschnallen zu erleichtern, ein unbeabsichtigtes Ausrasten infolge eines Verschleißes oder Versagens eines Bauteiles zu verhindern und eine sogenannte "Scheinverriegelung" möglichst auszuschließen, bei der die Zunge lediglich an dem Verriegelungs element anliegt, ohne voll darin einzurasten. Was z. B. die zweite Teilaufgabe anbelangt, so muß der Verschluß möglicherweise Sicherheitsnormen entsprechen, die vorschreiben, daß sich die Zunge nicht von selbst aus dem Schloß lösen darf, wenn der Verschluß im Extremfall einer Kraft von 60 g ausgesetzt wird. Dies entspricht dem höchsten Punkt einer Beschleunigungs-/Bremskurve, wenn das Schloß einen heftigen Stoß, z. B. bei einem sehr schweren Autounfall, erhält. Gefährlich würde es auch, wenn z. B. die Feder bricht, die das Verriegelungselement in die verriegelte Stellung spannt. Bei diesen Teilaufgaben geht es um einander widersprechende Anforderungen: Einerseits muß ein starkes Federelement vorgesehen werden, um ein selbständiges oder versehentliches Lösen zu verhindern, andererseits darf jedoch der Widerstand gegen das Einschieben der Zunge in das Schloß unter normalen Betriebsbedingungen nicht zu groß werden. Was die dritte Aufgabe anbelangt, so sollte zwischen dem Verriegelungselement und dem Druckknopf nach Möglichkeit etwas Spiel vorhanden sein, damit bei einer Sperre der Auswärtsbewegung des Druckknopfes das Verriegelungselement nicht daran gehindert wird, in seine voll verriegelte Stellung zu gleiten.
5. Diese drei Teilaufgaben werden von den Merkmalen im kennzeichnen den Teil des Anspruchs 1 gelöst.
6. Da man in Fachkreisen laufend bemüht ist, Mängel zu beseitigen, die beim Gebrauch eines Gegenstands auftreten, kann die Aufgabenstellung der vorliegenden Anmeldung nicht als Beitrag zum erfinderischen Gehalt der Lösung angesehen werden. Wenn der Fachmann, der an der Entwicklung von Verschlüssen für Sicherheitsgurte arbeitet, nicht das technische Wissen zur Lösung der aufgetretenen Schwierigkeiten besitzt, so kann von ihm erwartet werden, daß er im einschlägigen Stand der Technik nach Bauteilen recherchiert, die dieselbe Funktion erfüllen, aber den Anforderungen besser entsprechen.
Bei seiner Suche wäre er auf die Entgegenhaltung US-A-4 100 657 gestoßen, bei der ein flaches, mit dem Druckknopf fest verbundenes Teil (22) so angebracht ist, daß es sich in den Weg des in vollverriegelter Stellung befindlichen Verriegelungselements (17) schiebt, wenn der Druckknopf in seine Freigabestellung zurückgleitet; dies wird aus den Abbildungen 3A und 3B ohne weiteres deutlich. Nur wenn der Druckknopf voll niedergedrückt ist, kann sich das Verriegelungselement (17) in seine Freigabestellung bewegen.
Der Auswerfer schiebt sich ebenfalls unter das Verriegelungselement, wenn die Zunge ausgeworfen wird, so daß es in der Freigabestellung gehalten wird, bis die Zunge wieder eingeschoben wird.
Der Fachmann würde durch diese Entgegenhaltung auf die Idee gebracht, die in der Entgegenhaltung DE-A-2 752 091 offenbarte abgeschrägte Rampe mit einem Sperrelement in Form einer daran angrenzenden, waagrecht verlaufenden Rampenfläche zu versehen, wie sie aus dem flachen Teil der Entgegenhaltung US-A-4 100 657 bekannt ist; dieses Sperrelement käme gegenüber den Gleitbolzen des Verriegelungselements nach der ersteren Entgegenhaltung zu liegen, wenn diese in ihre Endstellung gleiten, die der Verriegelungsstellung des Verriegelungselements entspricht. Auf diese Weise würde eine unkontrollierte Aufwärtsbewegung des Verriegelungselements und damit die Gefahr eines versehentlichen Lösens, z. B. durch einen seitlichen Stoß, verhindert. Außerdem wäre zwischen dem Verriegelungselement und dem Druckknopf etwas Spiel vorhanden, so daß keine Gefahr einer Scheinverriegelung bestünde. Auch würde ein Versagen von Bauteilen wie z. B. der ersten Feder, die auf das Verriegelungselement der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung DE-A-2 752 091 einwirkt, nicht mehr dazu führen, daß dieses die Zunge freigibt; die damit verbundenen verhängnisvollen Folgen würden vermieden. Außerdem läßt das Merkmal des Auswerfers, das im letzten Satz des kennzeichnenden Teils zusätzlich erwähnt wird, keinen erfinderischen Beitrag erkennen, da auch dieses Merkmal aus der Entgegenhaltung US-A-4 100 657 bekannt ist; der Fachmann würde sofort erkennen, daß damit eine Befestigung erzielt werden kann, die einen minimalen Widerstand gegen das Einschieben der Zunge leistet. Es wäre somit für den Fachmann naheliegend, diese Lehren zu der Lösung zu kombinieren, die Gegenstand des Anspruchs ist; diesem muß daher die in Artikel 56 EPÜ geforderte erfinderische Tätigkeit abgesprochen werden.
Anspruch 1 ist somit im Hinblick auf Artikel 52 (1) EPÜ nicht gewährbar.
7. Was den Hilfsanspruch 1 anbelangt, so ist darauf hinzuweisen, daß alle Merkmale des Oberbegriffs mit Ausnahme der senkrechten Ebene des Verriegelungselements aus der Entgegenhaltung DE-A-2 752 091 bekannt sind. Darin wird eindeutig eine zylindrische Verriegelungsfläche auf dem Verriegelungselement (9) offenbart, die senkrecht zur Bewegungsrichtung der Zunge (1) im Durchgang (8) eingreift; und auch die Rampenausbildungen (19) wirken mit den Mitteln auf dem Verriegelungselement (Gleitbolzen 22) zusammen, um dieses in seine Freigabestellung zu bewegen oder zu führen. Wer die Verriegelungsfläche und damit natürlich die entsprechende Zungenfläche so abändern will, daß sie in einer zur Bewegungsrichtung im Durchgang senkrechten Ebene liegen, hat dafür viele Möglichkeiten zur Auswahl, da es auf dem Gebiet der Sicherheitsgurtschlösser zahllose plattenähnliche Verriegelungselemente gibt, aus denen im Hinblick auf die Entgegenhaltung US-A-4 000 548, Spalte 4, Zeilen 48 bis 52 nur eine Auswahl getroffen zu werden braucht.
Da der kennzeichnende Teil des Hilfsanspruchs 1 gegenüber dem Hauptanspruch 1 keine zusätzlichen Merkmale aufweist, ist auch diesem Anspruch aus den unter Nummer 6 bereits genannten Gründen eine erfinderische Tätigkeit abzusprechen. Der Hilfsanspruch 1 ist damit im Hinblick auf Artikel 52 (1) EPÜ ebenfalls nicht gewährbar.
8. Die von der Beschwerdegegnerin zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit vorgebrachten weiteren Argumente sind nicht so überzeugend, daß sie diese Feststellung umstoßen könnten.
8.1. Die Beschwerdegegnerin hat natürlich recht mit ihrer Behauptung, die bloße Tatsache, daß es dem Fachmann keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten würde, ein entscheidendes Merkmal eines Anspruchs bereitzustellen, lasse nicht (zwangsläufig) darauf schließen, daß keine erfinderische Tätigkeit vorliege. Wenn jedoch dieses Merkmal aus einer Veröffentlichung auf demselben Fachgebiet bekannt ist und dieselbe Aufgabe löst, dann ist der Umstand, daß es für einen Fachmann kein unüberwindliches Problem wäre, das bekannte Merkmal auf eine aus einer zweiten Veröffentlichung bekannte Vorrichtung anzuwenden, ein Beweis dafür, daß sich die beiden Veröffentlichungen nicht widersprechen (s. T 02/81, ABl. EPA 1982, 401) und daß keine erfinderische Tätigkeit vorliegt. Die gelöste Aufgabe braucht im Stand der Technik nicht ausdrücklich angegeben zu sein.
8.2. Die Beschwerdegegnerin bezieht sich ferner auf die frühere Entscheidung T 39/82, ABl. EPA 1982, 423. Damals wurde festgestellt, daß untersucht werden müsse, ob sich die Aufgabe, die mit einer bekannten Maßnahme in einem bekannten Fall gelöst worden war, von der Aufgabenstellung in dem zu entscheidenden Fall unterscheide. Da sich die Aufgabenstellungen in den beiden Fällen grundsätzlich voneinander unterschieden, konnte es für den Fachmann nicht naheliegend sein, die bekannte Maßnahme in anderem Zusammenhang zu verwenden.
Da jedoch mit den bekannten Merkmalen der Entgegenhaltung US-A-4 100 657 dasselbe Ziel verfolgt wird wie im vorliegenden Fall, ist nicht zu leugnen, daß kein grundsätzlicher Unterschied zwischen den beiden Aufgabenstellungen besteht und daß dieser Stand der Technik dem Fachmann einen Hinweis für die Anwendung der bekannten Merkmale im vorliegenden Fall liefert.
8.3. Diese Argumentation steht in vollem Einklang mit der in der genannten Entscheidung des englischen Court of Appeal (Killick ./. Pye - (1958) R.P.C. 377) vorgeschlagenen Prüfung anhand der Aufgabe und ihrer Lösung, die von den Beschwerdekammern übernommen und weiterentwickelt worden ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung wird aufgehoben.
2. Das europäische Patent Nr. 9383 wird widerrufen.