T 0175/84 (Kombinationsanspruch) 22-09-1987
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1. Falls sich aus dem Wortlaut eines Anspruchs nichts anderes ergibt, ist bei der Prüfung eines Anspruchs auf erfinderische Tätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, daß ausschließlich die gleichzeitige Anwendung aller seiner Merkmale beansprucht wird.
2. Andererseits ist bei festgelegtem Wortlaut eines Anspruchs eine weitergehende Festlegung, wie dieser Anspruch im Sinne einer Bestimmung seines Schutzbereichs gemäß Artikel 69 EPÜ und dem zugehörigen Protokoll auszulegen sei, nicht Sache der Prüfungs-, Einspruchs- und Beschwerdeinstanzen des Europäischen Patentamts.
3. Die Beschwerdekammer kann deshalb den diesbezüglichen Antrag einer Einsprechenden sowie die hierzu von der Patentinhaberin abgegebene Erklärung nur zur Akte geben und zur Kenntnis nehmen.
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Interpretation eines Anspruchs, hier: eines Kombinanationsanspruchs
I. Auf die unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 12. August 1978 am 15. März 1979 eingegangene Patentanmeldung 79 100 790.9 war das europäische Patent 8 603 mit einem auf eine Leitungskupplung gerichteten unabhängigen und vier abhängigen Ansprüchen erteilt worden. Der Hinweis auf die Erteilung wurde am 26. Mai 1982 bekanntgemacht.
Zwei zulässige Einsprüche wurden am 24. bzw. 25. Februar 1983 erhoben.
Auf diese hin hat die Einspruchsabteilung das Patent durch Entscheidung vom 30. Mai 1984 mit der Begründung widerrufen, daß die im erteilten Anspruch 1 angegebene Kombination von Merkmalen nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe und auch die übrigen Ansprüche nichts Erfinderisches erkennen ließen.
Als Stand der Technik wurden dabei folgende Druckschriften in Betracht gezogen:
(D1) US-A- 3 124 405
(D2) DE-A- 2 041 982
(D3) DE-A- 2 215 221
(D4) DE-A- 2 046 267
(D5) DE-U- 1 765 044
(D5) DE-B- 1 266 055
(D6) DE-B- 2 625 893
II. Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 21. Juli 1984 unter Zahlung der betreffenden Gebühr eingelegte Beschwerde der Patentinhaberin.
Eine Beschwerdebegründung ging am 4. Oktober 1984 ein.
III. Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens stellte die Kammer in einem Bescheid des Berichterstatters zunächst fest, daß die von der Einsprechenden II entgegengehaltene, oben mit D7 bezeichnete DE-B-Druckschrift nicht veröffentlicht sei, und ersetzte sie durch die inhaltsgleiche vorveröffentlichte DE-A-Druckschrift.
(D7) DE-A- 2 625 893.
In der Eingabe vom 11. Juli 1986 verwies die Beschwerdegegnerin I (Einsprechende I) nachträglich noch auf
(D8) DE-B- 1 149 424.
Diese Druckschrift wurde von der Kammer gemäß Artikel 114 (1) EPÜ aufgegriffen.
Die anderen in den Einspruchsschriftsätzen entgegengehaltenen, in der Einspruchsentscheidung aber nicht erwähnten, weniger relevanten Druckschriften haben auch im anschließenden Beschwerdeverfahren keine Rolle mehr gespielt.
IV. Auf den genannten und einen weiteren Bescheid der Kammer hin präzisierte die Beschwerdeführerin den Anspruch 1 unter zusätzlicher Einschränkung eines Merkmals, so daß dieser wie folgt lautet:
"Leitungskupplung zum Durchverbinden von zwei elektrischen Leitungen (1, 12) gleicher Aderzahl, die aus einer Kontaktbuchsen (4, 5) enthaltenden Dose und einem Steckerstifte (15, 16) aufweisenden Stecker mit einer genauen Passform besteht, bei denen die Verbindungsstellen zwischen den Leitern (7, 8, 17, 18) der Adern 2, 3, 13, 14) und den Kontaktbuchsen (4, 5) bzw. Steckerstiften (15, 16) jeweils dicht von einem massiven, um die Verbindungsstelle herumgespritzten Schutzkörper (9, 11) aus einem fest mit dem Mantel der Leitungen (1, 12) verschweißbaren Isoliermaterial umgeben sind, bei welcher der Stecker ein ringförmiges Bauteil zum Abdichten im Bereich der Passform aufweist, und bei welcher Mittel zur Vermeidung einer unbeabsichtigten Trennung von Stecker und Dose vorgesehen sind, gekennzeichnet durch die Kombination folgender Merkmale:
a) die Dose weist eine topfförmige Erweiterung (10) zur Aufnahme des in Form eines massiven, die mit den Leitern (17, 18) verbundenen Enden der Steckerstifte (15, 16) dicht umgebenden Stutzens 19) verlängerten Steckers auf, wobei der Stutzen (19) nach dem Zusammenstecken von Dose und Stecker von der Erweiterung (10) umschlossen ist;
b) das ringförmige Bauteil zum Abdichten ist als im Bereich des Stutzens (19) angebrachter O-Ring (20) ausgebildet;
c) der Stecker ist im Bereich des Stutzens (19) mit mindestens zwei um 180 Grad am Umfang gegeneinander versetzten Nasen (21, 22) ausgerüstet und die Dose weist im Bereich der Erweiterung (10) Ausnehmungen (23, 24) zur Aufnahme der Nasen (21, 22) des Steckers auf.
d) Bei mindestens einem der Kupplungsteile Dose oder Stecker sind auf den über eine größere Länge als für die Verbindung mit den Kontakbuchsen (4, 5) bzw. Steckerstiften (15, 16) erforderlichen abisolierten Leitern (7, 8, 17, 18) mit deren Oberflächen verklebte, bis über die Isolierung der Leiter (7, 8, 17, 18) ragende Schrumpfschläuche (26, 27) derart angebracht, daß sie mit einem Ende unter Freilassung der Enden der Kontaktbuchsen (4, 5) bzw. Steckerstifte (15, 16) an den Leitern (7, 8, 17, 18) und mit dem anderen Ende an der Isolierung derselben jeweils flächenförmig dicht anliegen;
e) Die Schrumpfschläuche (26, 27) und die Adern (2, 3, 13, 14) sind durch Auftragen eines Haftvermittlers auf ihre Oberflächen vor der Anbringung des Schutzkörpers (9, 11) fest mit diesem verklebt."
V. Nach Spalte 2 Zeile 49 bis 61 soll mit diesem Gegenstand die Aufgabe gelöst werden, eine Leitungskupplung zum Verbinden zweier elektrischer Leitungen anzugeben, die einfach herstellbar und zu handhaben ist, die eine einfache und schnelle Verbindung der beiden Kupplungsteile ermöglicht, die weiterhin sicherstellt, daß in den Innenraum der Kupplung keine Feuchtigkeit eindringen kann, und mit der insbesondere gewährleistet ist, daß Feuchtigkeit nicht an Kontakte gelangen kann, die sich am freien Ende der Leitungen befinden, ohne daß für die Leitungskupplung eine besondere Kapselung erforderlich ist.
VI. Ihre Auffassung, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf erfinderische Tätigkeit beruht, begründet die Beschwerdeführerin in ihren Eingaben im Beschwerdeverfahren sowie in der auf Antrag der Beschwerdegegnerin I vom 29. Mai 1987 anberaumten mündlichen Verhandlung am 22. September 1987 im wesentlichen wie folgt:
Der gegenüber dem erteilten Anspruch 1 präzisierte und eingeschränkte Patentanspruch 1 betrifft eine einheitliche Merkmalskombination zur Löung einer einheitlichen Aufgabe. Für diese Kombination habe sich jedes Element als wichtig erwiesen. Ein Elementen- oder oder Äquivalentenschutz werde daher nicht angestrebt.
Obwohl von einer Anzahl an sich bekannter Merkmale Gebrauch gemacht werde, rege der Stand der Technik nicht dazu an, aus den vielen Möglichkeiten, die der Fachmann habe, just die Merkmale a) bis c) und e) auszuwählen und zusammen mit dem entscheidenden neuen, auch durch D8 nicht angeregten Merkmal d) zu verbinden und in einer Leitungskupplung nach dem Oberbegriff anzuwenden. Dies auch deshalb nicht, weil die damit gelöste speziellere Aufgabe, Feuchtigkeit unter allen denkbaren Umständen vom fernen Ende der Leitungen abzuhalten, in keiner der Entgegenhaltungen angesprochen sei.
VII. Die Beschwerdegegnerinnen begründeten ihre gegenteilige Auffassung im wesentlichen wie folgt:
Die Merkmale a) bis c) und e) sowie der wesentliche Gehalt von d) seien jeweils an sich bekannt und, da sie alle unabhängig voneinander verschiedene Teilaufgaben lösten, sei es naheliegend, sie zur Lösung eines entsprechenden Aufgabenkomplexes miteinander zu verbinden. Das Neue am Merkmal d) sei nicht erfindungswesentlich, jedenfalls nicht als solches in den Unterlagen dargestellt oder selbst wenn es als offenbart gelte, vermittle jedenfalls nach ihrer Ansicht auch dieses neue Teilmerkmal nichts Erfinderisches und mache daher den Gesamtgegenstand nicht patentfähig.
Im übrigen machten die Beschwerdegegnerinnen formale Mängel des Anspruchs 1 geltend.
Die Beschwerdegegnerinnen äußerten ferner die Befürchtung, daß die Patentinhaberin ihrem Patentanspruch 1, wenn das Patent aufrechterhalten werde, entgegen seiner Kombinationsfassung eine durch diese Fassung nicht gedeckte, erweiternde Interpretation geben werde.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung vom 30. Mai 1984 aufzuheben und das angegriffene Patent aufrechtzuerhalten mit Patentanspruch 1 und Beschreibungseinfügungen A und B eingegangen am 20. Mai 1987, sowie den erteilten Anspruchen 2 - 5, der Beschreibung Spalte 1 Zeile 18 bis Spalte 3 Zeile 3 und Spalte 3 Zeile 27 bis Spalte 5 Zeile 35 und den Zeichnungen (1 Blatt) wie veröffentlicht.
IX. Die Beschwerdegegnerinnen beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin I beantragt ferner hilfsweise, in der Entscheidungsformel oder in der Begründung der Entscheidung klarzustellen, daß sich der Patentschutz nur auf die Summe aller im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale erstreckt und daß eine Erweiterung des erteilten Patentanspruchs durch Weglassen des in Merkmal e) angegebenen Haftvermittlers oder eines der anderen Merkmale unzulässig ist.
Zu letzterem Hilfsantrag gibt die Beschwerdeführerin die Erklärung zu Protokoll, daß der Schutzumfang auf alle Merkmale der Patentansprüche beschränkt sein soll; durch Fortlassen oder Ändern eines der Merkmale ist der Schutz umfang verlassen.
X. Auf die Erklärung der Absicht seitens der Kammer, das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten und auf die Frage, ob auf eine formelle Mitteilung mit der Aufforderung zur Stellungnahme innerhalb eines Monats nach Regel 58(4) EPÜ verzichtet wird, erklärten die Parteien sinngemäß, daß sie hierauf verzichten.
1.Die Bechwerde entspricht Artikel 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Gegen die geltenden Unterlagen bestehen keine formalen Bedenken.
Insbesondere wurde der Anspruch 1 nur klarstellend und einschränkend, also in zulässigem Umfang, geändert:
2.1 Seine sämtlichen Merkmale sind en ursprünglichen Unterlagen zu entnehmen. Dies gilt auch für das Teilmerkmal, daß die Schrumpfschläuche die Enden der Kontaktbuchsen bzw. Steckerstifte freilassen Dieses Teilmerkmal ergibt sich sowohl aus der Zeichnung als auch aus der Angabe in der Beschreibung, daß anschließend an das Aufschrumpfen die jeweiligen Kontakte an die Adern angeschlossen werden können.
Ein Einwand nach Artikel 100 c) EPÜ entsprechend Artikel 123(2) EPÜ wäre daher nicht gerechtfertigt.
2.2 Merkmal a) ist eine Präsizierung des Merkmals a) des erteilten Anspruchs 1, das Merkmal c) eine Zusammenfassung der früheren Merkmale c) und d), das Merkmal d) eine eingeschränkte Version des Merkmals e) des erteilten Anspruchs 1; alle übrigen Merkmale sind sachlich unverändert geblieben.
Der Anspruch entspricht somit auch Artikel 123(3) EPÜ.
2.3 Anfängliche Bedenken der Beschwerdegegnerin I in dieser Hinsicht finden keine Stütze im EPÜ.
3. Von beiden Beschwerdegegnerinnen wurde mangelnde Abgrenzung des Anspruchs 1 von dem seinem Gegenstand am nächsten kommenden Ausgangspunkt, D1 oder von einem noch mehr seiner Merkmale zeigenden Stand der Technik, D2, geltend gemacht.
Soweit diese Darlegungen nicht im Zusammenhang mit der strittigen Frage der erfinderischen Tätigkeit, sondern nur im Zusammenhang mit der Formvorschrift nach Regel 29(1) a/b EPÜ zu sehen sind, möchte die Kammer hierzu folgendes bemerken:
3.1 Ein Einwand nach Regel 29 oder nach dem übergeordneten Artikel 84 EPÜ ist kein Einspruchsgrund nach Artikel 100 EPÜ.
3.2 Die amtsseitige Prüfung des Einwands gemäß Artikel 114(1) EPÜ ergibt, daß dieser Einwand unbegründet ist. Wenn beispielsweise das Merkmal a) so interpretiert wird, wie es lautet, wie es der Beschreibung entspricht und wie es die Patentinhaberin ausdrücklich betont, so ist es nicht mehr, jedenfalls nicht ohne Fehlinterpretation, auf das aus D1 Bekannte lesbar (siehe auch Abschnitt 5.3). Ebenso ist der Oberbegriff nicht ohne Fehlinterpretation auf D2 lesbar, so daß es unerheblich ist, ob z.B. das Merkmal b) hieraus an sich bekannt ist.
4. Die Einsprüche waren de facto nur auf Gründe nach Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 52(1) und 56 EPÜ gestützt.
Das Vorliegen anderer Patentierungsvoraussetzungen, z.B. der Neuheit (Artikel 54), wurde weder bestritten noch braucht hierauf seitens der Kammer eingegangen zu werden, weil diese Voraussetzungen offensichtlich gegeben sind.
5. Die Prüfung der Beschwerde durch die Kammer hinsichtlich des Einspruchsgrundes, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, hat zu dem Ergebnis geführt, daß dieser Einspruchsgrund nach den vor genommenen Änderungen des Anspruchs 1 nicht mehr vorliegt, und hierfür waren folgende Erwägungen maßgebend:
5.1. Falls sich aus dem Wortlaut eines Anspruchs nichts anderes ergibt, ist bei der Prüfung seines Gegenstandes auf erfinderische Tätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, daß ausschließlich die gleichzeitige Anwendung aller seiner Merkmale beansprucht wird. Ein Weglassen oder Ändern eines seiner Merkmale, etwa im Sinne eines nicht genannten Äquivalents, kann von der prüfenden Instanz nicht in Betracht gezogen werden. Im besonderen gilt dies, wenn schon der Wortlaut des Anspruchs eine "Kombination" angibt.
Schon der erteilte Anspruch war expressis verbis ein Kombinationsanspruch. Das Weglassen eines Merkmals würde daher beispielsweise gegen Artikel 123 (3) EPÜ verstoßen und wäre schon deswegen im Rahmen des Einspruchs- bzw. Beschwerdeverfahrens unzulässig.
Ein Ändern eines Merkmals im Sinne eines in den ursprünglichen Unterlagen nicht genannten Äquivalents würde außerdem gegen Artikel 123 (2) EPÜ verstoßen.
In diesem Sinne ist die Kammer mit allen beteiligten Parteien der Auffassung, daß der Anspruch 1 nicht anders als durch seinen Wortlaut bestimmt, ausgelegt werden darf.
5.2. Andererseits ist bei festgelegtem Wortlaut eines Anspruchs eine weitergehende Festlegung, wie dieser Anspruch im Sinne einer Bestimmung seines Schutzbereiches gemäß Artikel 69 EPÜ und dem zugehörigen Protokoll auszulegen sei, nicht Sache der Prüfungs-, Einspruchs- und Beschwerdeinstanzen des Europäischen Patentamts.
Die Beschwerdekammer kann deshalb den diesbezüglichen Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin I sowie die hierzu von der Beschwerdeführerin abgegebene Erklärung nur zur Akte geben und zur Kenntnis nehmen und ihrerseits ohne Vorgriff auf Artikel 69 und das Auslegungsprotokoll erklären, daß Gegenstand der Prüfung im Rahmen dieses Einspruchs- Beschwerdeverfahrens nur die Kombination aller Merkmale des Anspruchs 1, ohne Weglassung und ohne Änderung, ist.
5.3 Eine Leitungskupplung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 und mit teilweise dem Merkmal a) entsprechender Dose und Stecker ist aus D1 bekannt.
Anders als in D1, ist jedoch gemäß dem Merkmal a), wortlautgerecht und sinnentsprechend interpretiert, der Stecker als "massiver Stutzen" ausgebildet, d.h. ohne die in D1 (Figur 4) gezeigte zusätzliche, einen Ringhohlraum (24) einschließende Hülse, und die Dose "umschließt" den so ausgebildeten massiven Steckerstutzen, ohne daß diese Dose ihrerseits (15 in Figur 2 von D1) wieder von einem Teil des Steckers (23) umschlossen wäre, wie dies nach Figur 5 von D1 der Fall ist.
Andererseits hat die Kamemr, auch ohne daß eine Druckschrift zitiert wird, keinen Zweifel daran, daß dem Merkmal a) kein Neuheitswert an sich zukommt.
Das Merkmal b) ist bei einer wasserdichten Leitungskupplung, die durch "brechende" Kraft trennbar ist, was eine von Merkmal a) abweichende Dosen- und Steckerkonstruktion bedingt, aus D2 an sich bekannt.
Das Merkmal c) ist bei einer Leitungskupplung, insbesondere zur Verwendung in Kraftfahrzeugen, wo Erschütterungen auftreten, aus D3, sowie bei einer anderen Leitungskupplung, insbesondere einer koaxial ausgebildeten, aus D4 an sich bekannt. Wasserdichtigkeit ist hierbei nicht angegeben.
Das Merkmal d) ist in vergleichbarem Zusammenhang nur teilweise an sich bekannt, und zwar insoweit, als nach D8 bei einem feuchtigkeitsgeschützten Stecker auf den über eine gewisse Länge abisolierten Leitern über die Isolierung dieser Leiter ragende Schrumpfschläuche derart angebracht sind, daß sie mit einem Ende an der Isolierung flächenförmig dicht anliegen. Da nach D8 die Schrumpfschläuche mit ihrem anderen Ende einen beträchtlichen, nämlich den ganzen innerhalb des Steckers liegenden Teil der Steckerstifte überziehen, ist der Teil des Merkmals d) neu, welcher sich mit dem Freilassen der Enden der Kontakbuchsen bzw. Steckerstifte befaßt. Ferner ist zwar zu unterstellen (siehe Figur 3), daß die an den abisolierten Leiterstücken eingeschnürten Schrumpfschläuche wenigstens stellenweise an den Leitern anliegen; keineswegs müssen sie dort aber über ihren ganzen Umfang flächenförmig dicht anliegen. D5 und D6 wurden ebenfalls zitiert, offenbaren aber im gegebenen Zusammenhang nicht mehr Relevantes als D8.
Das Merkmal e) stellt die Anwendung einer aus D7 bei einer anders gearteten feuchtigkeitsgeschützten Leitungskupplung im Prinzip an sich bekannte Maßnahme dar.
5.4 Die Anwendung, bei einem bekannten Gegenstand, von dem ausgegangen wird, einer bei einem anderen Gegenstand an sich bekannter Maßnahme liegt grundsätzliche nahe, wenn hierbei dieselbe Aufgabe gelöst bzw. dieselbe Wirkung ausgenützt wird.
Dieser Grundsatz gilt auch für die Anwendung einer Mehrzahl getrennt an sich bekannter Maßnahmen, sofern hierbei jeweils nur die betreffende Einzelaufgabe gelöst bzw. Einzelwirkung erzielt wird.
5.5 Inwieweit dieser Grundsatz auch für den vorliegenden Fall gilt, d.h., für welche Einzelmerkmale dies gilt und bis zu welcher Unterkombination der im Anspruch 1 angegebenen Merkmale die Anwendung dieses Grundsatzes ebenfalls zum Ergebnis führt, daß diese Unterkombination nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht, bedarf keiner Entscheidung.
Wegen der im obigen Abschnitt 5.1 genannten Beschränkung auf eine Kombination braucht nur diese auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer erfinderischen Tätigkeit geprüft werden.
5.6. Der beanspruchten Kombination kann, wie diese Prüfung ergeben hat, eine erfinderische Tätigkeit jedenfalls mindestens deswegen nicht abgesprochen werden, weil keine der entgegengehaltenen Druckschriften es durch irgendeinen Hinweis oder bei zusätzlicher Berücksichtigung der allgemeinen Kenntnisse des Fachmanns naheliegt, die aus D1 bekannte wasserdichte Leitungskupplung durch folgende gleichzeitig anzuwendende Maßnahmen zu modifizieren:
a) die aus D1 bekannt Ineinanderschachtelung (Figur 5) von Dosenkörper (Figur 2) und Steckerkörper (Figur 4) wird durch eine einfache Dosen-Stutzen-Konstruktion ersetzt;
b) Die Ringnut/Ringwulst-Dichtung (D1) wird durch einen aus D2 an sich bekannten O-Ring ersetzt;
c) Die Verriegelung durch Halbschalen (D1, Figur 6) wird durch aus D3 oder D4 an sich bekannte Nasen-/Ausnehmungen-Paare ersetzt;
d) Die Leitungsenden werden, wie aus D8 an sich bekannt, durch Schrumpfschläuche und zusätzliche Verklebung mit den Leitungsenden abgedichtet, jedoch - entgegen der Lehre von D8 - derart, daß die Enden der Kontaktbuchsen und Steckerstifte freibleiben und die Schrumpfschläuche jeweils flächenförmig dicht an den Leitern selbst anliegen;
e) auch der Schutzkörper wird, wie aus D7 an sich bekannt, mit den übrigen Teilen durch einen vorher aufgetragenen Haftvermittler verklebt.
5.7 Als zusätzliches Indiz, daß diese beanspruchte Kombination bekannter und an sich bekannter Merkmale sowie eines - in d) enthaltenen - und durch keine der Entgegenhaltungen angeregten Merkmals sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, kann gelten, daß auch die Aufgabenstellung ein neues Element enthält.
Nach der Beschreibung verhindert die Kombination nach dem Anspruch 1, daß auch dann, wenn Feuchtigkeit bereits bis ins Innere der Dosen- oder Steckerkonstruktion vorgedrungen sein sollte, diese nicht in die Leitung selbst, sei sie als verdichtete Litze oder als Volldraht ausgebildet, vordringen und darin, z.B. durch Kapillar- und Pumpeffekte, bis an ihr fernes Ende und so an dort befindliche empfindliche Kontakte gelangen kann.
Auch seitens der Beschwerdegegnerinnenen wurde bestätigt, daß dies eine in bestimmten Einsatzgebieten, für die in der Beschreibung ein Beispiel angegeben ist, wichtige Spezialaufgabe darstellt.
Es erscheint glaubhaft und unbestritten, daß gerade die beanspruchte Kombination diese in keiner der Entgegenhaltungen angesprochene Spezialaufgabe löst. Ferner erscheint es glaubhaft, daß gerade das neue Teilmerkmal in d), daß die Schrumpfschläuche unter Freilassung der Kontaktbuchsen bzw. Steckerstifte an den abisolierten Leitern flächenförmig dicht anliegen, einen Beitrag zu dieser Lösung der besagten Spezialaufgabe liefert und daneben noch fertigungstechnische und wirtschaftliche Vorteile bietet.
5.8. Nach alledem ergibt sich der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik und gilt daher als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend.
Dieser Anspruch hat daher Bestand, und Entsprechendes gilt für die von ihm abhängigen Ansprüche 2 bis 5.
6. Aus diesen Gründen ist die auf Artikel 102 (1) EPÜ gestützte angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß Artikel 102 (3) EPÜ zu beschließen.
Der vorherige Erlaß einer Mitteilung und Aufforderung nach Regel 58 (4) EPÜ kann im Hinblick auf die Rechtsprechung (vgl. z.B. T 219/83, ABl 1986, 211) unterbleiben, zumal die Parteien hierauf verzichtet haben.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Vorinstanz mit der Auflage zurück verwiesen, das angegriffene Patent in geändertem Umfang mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Patentanspruch 1 und Beschreibungseinfügungen A und B eingegangen am 20. Mai 1987, erteilte Ansprüche 2 bis 5, Beschreibung Spalte 1 Zeile 18 bis Spalte 3 Zeile 3 und Spalte 3 Zeile 27 bis Spalte 5 Zeile 35 und ein Blatt Zeichnungen wie veröffentlicht.