T 0172/89 19-04-1990
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Verfahren zur Herstellung von Copolymerisaten aus monoethylenisch ungesättigten Mono- und Dicarbonsäuren
1) Hüls AG
2) Rhone-Poulenc Chimie
3) DSM Research
4) National Adhesives
Inventive step - technical problem not solved
Erfinderische Tätigkeit nein - Technische Aufgabe
nicht gelöst
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 82 108 648.5, die am 18. September 1982 unter Inanspruchnahme der Prioritäten aus den Voranmeldungen vom 28. September 1981 (DE 3 138 574) und vom 1. Dezember 1981 (DE 3 147 489) angemeldet worden war, ist am 13. August 1986 das europäische Patent Nr. 75 820 auf der Grundlage von zwei Ansprüchen erteilt worden. Anspruch 1 lautete:
"Verfahren zur Herstellung von Copolymerisaten, die monoethylenisch ungesättigte Mono- und Dicarbonsäuren als Monomereinheiten einpolymerisiert enthalten, durch Copolymerisation der Monocarbonsäuren mit den Dicarbonsäuren oder ggf. deren inneren Anhydriden in wäßrigem Medium in Gegenwart von wasserlöslichen Initiatoren, dadurch gekennzeichnet, daß man a) 10 bis 60 Gew.% - bezogen auf die Summe der Monomeren - Maleinsäure, Itaconsäure, Mesaconsäure, Fumarsäure, Methylenmalonsäure oder Citraconsäure, ihres Alkalimetallsalzes oder ggf. ihres Anhydrids, b) 90 bis 40 Gew.% einer monoethylenisch ungesättigten Monocarbonsäure mit 3 bis 10 C-Atomen oder ihres Alkalimetallsalzes und c) 0 bis 20 Gew.% eines sonstigen carboxylgruppenfreien monoethylenisch ungesättigten mit a) und b) copolymerisierbaren Monomeren in Gegenwart von 0,5 bis 5 Gew.-des wasserlöslichen Initiators - bezogen auf die Monomeren - in wäßrigem Medium mit einem Gesamtmonomerengehalt von 20 bis 70 Gew.% in der Weise copolymerisiert, daß man die Dicarbonsäure, ihr Salz bzw. ihr Anhydrid im wäßrigen Medium vorlegt und die Monocarbonsäure mit dem Initiator innerhalb 3 bis 10 Std. zufügt und bei 60 bis 150°C abreagieren läßt, wobei man die Monomeren a) und b) in einer Form einsetzt, in der sie während der Polymerisationsreaktion zu 20 bis 80 % neutralisiert sind und ggf. die Anhydridgruppen verseift."
II. Gegen die Erteilung haben die Einsprechende 1 am 21. April 1987, die Einsprechende 2 fernschriftlich am 6. Mai 1987 mit schriftlicher Bestätigung am 7. Mai 1987, die Einsprechende 3 am 6. Mai 1987 und die Einsprechende 4 am 12. Mai 1987 Einsprüche eingelegt und den Widerruf des Patents wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit in vollem Umfang beantragt. Zur Stütze ihres Vorbringens haben sie u. a. auf folgende Dokumente
(2) JP-51/140 986 (englische Übersetzung)
(3) JP-52/009 005 (englische Übersetzung) sowie auf das spätere genannte Dokument
(17) US-A-3 635 915 verwiesen.
III. Durch Entscheidung vom 16. Februar 1989 hat die Einspruchsabteilung das Patent widerrufen. In der Entscheidung wird zuerst festgestellt, der Gegenstand des Streitpatents, das inzwischen auf die alleinige Verwendung von Wasserstoffperoxid als Initiator eingeschränkt worden war, unterscheide sich vom Gegenstand der Dokumente (2) und (3) lediglich hierdurch. Einerseits sei nicht ersichtlich, welcher vorteilhafte Effekt durch diese Maßnahme erzielt werde, so daß nur von Bereicherung der Technik durch ein weiteres Verfahren die Rede sein könne; andererseits sei es für den Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens naheliegend, anstelle des bekannten Gemischs von Persulfat und Wasserstoffperoxid im Verhältnis 1:10 nur reines Wasserstoffperoxid zu verwenden.
IV. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die unterlegene Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) am 10. März 1989 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde erhoben und hierzu am 19. Juni 1989 eine Begründung eingereicht.
In dieser Begründung, einer weiteren Stellungnahme vom 25. Januar 1990 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 1990, zu der die ordnungsgemäß geladenen Einsprechenden (Beschwerdegegnerinnen) 2 und 3 nicht erschienen sind, hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, nur die genaue Einhaltung sämtlicher Merkmale gemäß Anspruch 1, d. h. Verwendung von 0,5 bis 5 Gew.% Wasserstoffperoxid, Zusammensetzung der Copolymerisate und Neutralisationsgrad, könne zu dem angestrebten niedrigen Restmonomergehalt führen; diese Kombination sei den genannten Entgegenhaltungen nicht zu entnehmen. So liegen die Zusammensetzungen der Copolymerisate gemäß den Beispielen 1 bis 4 des Dokuments (3) außerhalb des beanspruchten Bereichs; das gleiche gelte für den Neutralisationsgrad im Beispiel 3 des Dokuments (2). Durch die alleinige Verwendung von Wasserstoffperoxid werden salzfreie Produkte erhalten, was ökologisch vorteilhaft sei.
In diesem Sinne hat die Beschwerdeführerin am 25. Januar 1990 neue Anspruchssätze gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 und 2 sowie während der mündlichen Verhandlung gemäß Hilfsantrag 3 eingereicht.
V. In ihren schriftlichen Stellungnahmen und in der mündlichen Verhandlung traten die Beschwerdegegnerinnen diesen Ausführungen entgegen und wiesen zunächst darauf hin, der alleinige Einsatz von Wasserstoffperoxid als Initiator sei dem Dokument (2) zu entnehmen. Dort werde aber auch auf die negativen Auswirkungen dieser Maßnahme auf den Verlauf der Polymerisationsreaktion hingewiesen, was von den zahlreichen eingereichten Vergleichsbeispielen bestätigt werde. Somit stelle die Verwendung von Wasserstoffperoxid allein keine Verbesserung zu den bekannten Gemischen aus Persulfat und Wasserstoffperoxid dar, sondern bringe eine Erhöhung des Restmonomergehalts mit sich.
VI. In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin 4 zu dem im Einspruchs-, nicht aber im Beschwerdeverfahren in Form eines "Abstract" bereits genannten Dokuments
(12) JP-53/144 499 erstmals eine komplette englische Übersetzung vorgelegt und geltend gemacht, durch dessen Beispiel 7 sei Anspruch 1 des Streitpatents gemäß Hauptantrag sowie Hilfsanträgen 1 und 2 neuheitsschädlich getroffen.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang aufgrund der Ansprüche gemäß dem Hauptantrag oder den Hilfsanträgen aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerinnen hingegen beantragen die Zurückweisung der Beschwerde.
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Ein im Einspruchsverfahren, nicht aber in der Beschwerdebegründung oder den Erwiderungen hierauf genanntes Dokument, wie hier das Dokument (12) in Form seines "Abstract", gilt bei seiner späteren Nennung im Beschwerdeverfahren in der Regel, d. h. ohne Vorliegen besonderer Gründe für seine späte Heranziehung, als verspätet vorgebracht im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ. Erst recht gilt dies, wenn in einem späten Verfahrensstadium erstmals eine komplette Übersetzung eines von der Vorinstanz in gekürzter Form herangezogenen Dokuments eingeführt werden soll.
Im vorliegenden Fall sind keine überzeugenden Gründe dafür dargelegt worden, warum bei angemessener Sorgfalt das Dokument (12) nicht schon in der Beschwerdeerwiderung der Beschwerdegegnerin 4 hätte genannt und eine komplette Übersetzung davon hätte vorgelegt werden können. Dieses Dokument gilt daher als verspätet vorgebracht. Die Relevanzprüfung durch die Kammer hat ergeben, daß es nicht entscheidungserheblich ist. Es bleibt daher im folgenden unberücksichtigt.
3. Die Formulierung der Ansprüche gemäß den vier Anträgen ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden (Artikel 123 EPÜ).
Gegenüber der erteilten Fassung unterscheidet sich Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, daß die Mengen der ungesättigten Carbonsäuren a) und b) den bevorzugten Bereichen, nämlich 20 bis 45 Gew.% bzw. 80 bis 55 Gew.%, entsprechen und Wasserstoffperoxid als Initiator gewählt wird; diese Merkmale sind der ursprünglichen Beschreibung, Seite 4, Zeilen 9 bis 18, entsprechend Streitpatentschrift, Spalte 2, Zeile 63 bis Spalte 3, Zeile 8 zu entnehmen.
Gemäß Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags müssen die hergestellten Copolymerisate zusätzlich einen Restgehalt an monomerer Dicarbonsäure von unter 1,5 Gew.% enthalten; diese obere Grenze ist auf Seite 6, Zeilen 14 bis 18 der Erstunterlagen, entsprechend Spalte 4, Zeilen 17 bis 19 der Streitpatentschrift offenbart.
Gemäß dem einzigen Anspruch des zweiten Hilfsantrags werden Maleinsäure, ihr Alkalimetallsalz oder ggf. ihr Anhydrid als Monomer a) und Acrylsäure oder Methacrylsäure oder ihre Alkalimetallsalze als Monomer b) gewählt. Beide sind als bevorzugte Ausgangsverbindungen beschrieben (Seite 2, Zeile 31 bis Seite 3, Zeile 16 bzw. Spalte 2, Zeilen 16 bis 36).
Nach dem einzigen Anspruch des dritten Hilfsantrags wird die Monomermischung gemäß dem zweiten Hilfsantrag im Gewichtsverhältnis 30:70 eingesetzt; dieser spezifische Wert findet sich in den Zusammensetzungen der ursprünglichen Beispiele 5 bis 16 und 19 in der Tabelle auf Seite 10, entsprechend den Beispielen 1 bis 11 und 14 der erteilten Fassung.
4. Dokument (2), das im Einspruchsverfahren mehrmals erörtert wurde und im Vordergrund der Beschwerdebegründung stand, war von den Parteien in ihren schriftlichen Stellungnahmen im Beschwerdeverfahren unterschiedlich interpretiert worden. Erst durch den am 30. März 1990 eingegangenen Schriftsatz der Beschwerdegegnerin 4 konnte durch Hinweis auf die Korrekturen der Seiten 139 und 140 des japanischen Originaldokuments klargestellt werden, daß die von der Beschwerdegegnerin 2 am 18. Mai 1987 eingereichte englische Übersetzung dem authentischen Text entspricht. Auf diese Übersetzung wird im folgenden Bezug genommen, wenn von Dokument (2) die Rede ist.
5. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Copolymerisaten aus monoethylenisch ungesättigten Mono- und Dicarbonsäuren. Ein gattungsgemäßes Verfahren ist in Dokument (2) beschrieben; nach dem dortigen Verfahren wird Acrylsäure oder Methacrylsäure im Molverhältnis 0,3:1 bis 9:1 in eine wäßrige Lösung eines Alkalisalzes einer Dicarbonsäure, beispielsweise Maleinsäure oder Fumarsäure, getropft (Seite 3, Absatz 2). Die Polymerisation wird bei 50 bis 120°C in Gegenwart der wasserlöslichen Initiatoren Persulfat und Wasserstoffperoxid durchgeführt, die in Mengen von 0,5 bis 10 bzw. 1 bis 10 Gewichtsteilen pro 100 Gewichtsteile der Monomermischung eingesetzt werden (Seite 5, Zeilen 1 bis 8). Dabei ist es zweckmäßig, daß auf 100 Gewichtsteile Wasserstoffperoxid 10 bis 2000 Gewichtsteile Persulfat entfallen (Seite 5, Absatz 2). Gemäß Beispiel 3 wird bei einem Neutralisationsgrad von 18,2 % ein Copolymer mit einem Restmonomergehalt von 0,8 % erhalten. Obwohl solche Produkte u. a. wertvolle Inkrustierungsinhibitoren in Wasch- und Reinigungsmitteln sind (Seite 7, Absatz 1), hat ihre Herstellungsweise eine unter Umweltgesichtspunkten bedenkliche Belastung mit anorganischen Salzen zur Folge.
Die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe kann daher darin gesehen werden, ein weiteres Verfahren zur Herstellung derartiger Copolymerisate anzugeben, worin dieser Nachteil ohne Erhöhung des günstigen niedrigen Restmonomergehalts vermieden wird.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Beschwerdeführerin vor, die Monomeren a) und b) während der Polymerisationsreaktion zu 20 bis 80 % zu neutralisieren und als Initiator Wasserstoffperoxid allein einzusetzen.
6. Der beanspruchte Lösungsvorschlag ist keinem der genannten Dokumente zu entnehmen; er ist daher neu. Da die Neuheit gegenüber den im Beschwerdeverfahren befindlichen Dokumenten zuletzt unbestritten ist, erübrigen sich nähere Ausführungen hierzu.
7. Wie die Beschwerdegegnerinnen glaubhaft vorgetragen haben, wird jedoch diejenige Teilaufgabe, wonach eine Erhöhung des Restmonomergehalts zu vermeiden ist, durch die Maßnahmen im beanspruchten Verfahren gemäß dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 in Wahrheit gar nicht gelöst.
Eine direkte Nacharbeitung des Beispiels 3 des Dokuments (2) war nicht ohne weiteres durchzuführen, da die Beschreibung dieser Entgegenhaltung keine Angaben über die genaue Konstruktion, die exakte Reaktorform, den Rührer, die Rührgeschwindigkeit, die Stellung des Rührers und das Vorliegen von Reaktorprallplatten enthält (Stellungnahme der Beschwerdegegnerin 4 vom 6. November 1989, Seite 3, Punkt 4.2). Aus dem dortigen unwiderlegten Versuchsbericht geht außerdem der Einfluß anderer Parameter auf den Verlauf der Reaktion hervor, wie des Feststoffgehaltes auf die Bildung von Gel, was manche Schwierigkeiten in der Nacharbeitung des Beispiels 3 erklären könnte, oder der Art und Menge des in der verwendeten handelsüblichen Acrylsäure enthaltenden Initiators.
Um den genauen Einfluß von Wasserstoffperoxid als alleinigem Initiator auf den Restmonomergehalt feststellen zu können, wurden deshalb Vergleichsbeispiele unter identischen Reaktionsbedingungen durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde der Restmonomergehalt für Monomermischungen von Maleinsäure und Acrylsäure bei Verwendung von Persulfat/Wasserstoffperoxid-Systemen einerseits und Wasserstoff allein andererseits bestimmt. Die Tabelle 2 in der am 14. Oktober 1989 eingereichten Stellungnahme der Beschwerdegegnerin 1 zeigt, daß sich beim Übergang von den bekannten Systemen zu Wasserstoffperoxid der Restmonomer- gehalt von 1,0 auf 7,4 % und von 0,7 auf 5,6 % erhöht. Bei Verwendung von kleineren Mengen Initiator erhöht sich gleicherweise der Restmonomergehalt von 0,3 auf 5,1 % und von 0,22 auf 3,4 %, wie der Tabelle des am 15. Januar 1990 eingegangenen Versuchsberichts der Beschwerdegegnerin 1 zu entnehmen ist. Diese Daten, die seitens der Beschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung nicht bestritten wurden, zeigen eindeutig, daß bei Einsatz von Wasserstoffperoxid als alleinigem Initiator eine Erhöhung des Restmonomergehalts in Kauf genommen werden muß.
Eine, wie gezeigt, nicht tatsächlich gelöste Teilaufgabe muß bei der Untersuchung auf Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit außer Betracht bleiben (vgl. nicht veröffentlichte Entscheidung T 4/84 vom 10. Dezember 1985, Punkt 7). Es verbleibt demnach als gelöste Aufgabe des Streitpatents nur die Bereitstellung eines weiteren Verfahrens zur Herstellung der in Rede stehenden Copolymerisate unter Vermeidung einer Belastung mit anorganischen Salzen.
8. Die Lösung der letztgenannten Aufgabe durch die alleinige Verwendung als Initiator von Wasserstoffperoxid anstelle einer Kombination von Wasserstoffperoxid mit Alkalipersulfat lag jedoch nach Überzeugung der Kammer nahe, wie im folgenden dargelegt wird.
8.1. Zunächst kann sich die Kammer der restriktiven Interpretation des Dokuments (2) durch die Beschwerdeführerin nicht anschließen, wonach dort gelehrt werde, als Initiatoren seien lediglich Mischungen von Persulfat und Wasserstoffperoxid geeignet. Wenngleich dort solche Mischungen im Vordergrund stehen, wird doch ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen, die Bestandteile dieser Mischungen einzeln einzusetzen (Seite 5, Zeilen 12 bis 15 und Zeilen 23 und 25); dabei müsse allerdings mit niedrigeren Umsätzen gerechnet werden.
Dies wird durch die Lehre des Dokuments (3) bestätigt, die sich auf die Copolymerisation von Alkalimetallsalzen von Maleinsäure oder Fumarsäure mit Acrylsäure oder Methacrylsäure mittels Persulfat allein oder Mischungen von Persulfat und Wasserstoffperoxid bezieht (Anspruch). Bei Verwendung von Initiatormischungen ergibt sich ein günstigerer Verlauf der Polymerisationsreaktion, nicht jedoch verbesserte Eigenschaften der Copolymerisate (Seite 3, Absatz 3).
Vor allem aber ist die Verwendung von Wasserstoffperoxid als alleinigem Initiator in den beanspruchten Mengen dem Dokument (17) zu entnehmen. Dort wird die Copolymerisation von Maleinsäure oder deren Anhydrid mit Acrylsäure in wäßriger Lösung und in Gegenwart von Peroxiden, wie u. a. Persulfaten oder Wasserstoffperoxid, gefolgt von Teilneutralisation, beschrieben (Spalte 2, Zeilen 4 bis 27 und 51 bis 56; Spalte 3, Zeilen 28 bis 38). Hier erscheint Wasserstoffperoxid als echte Alternative zu den umweltbedenklichen Persulfaten.
8.2. In Anbetracht der bestehenden Aufgabe, nach der eine Belastung mit anorganischen Salzen ausgeschlossen werden soll, drängte sich daher dem Fachmann der Lösungsvorschlag des Streitpatents geradezu auf. Wie bereits in der Entscheidung T 192/82 vom 22. März 1984, (ABl. EPA 1984, 415) ausgeführt wurde, kann dann, wenn sich der Fachmann für die Lösung einer technischen Aufgabe zwangsläufig einer bestimmten Lösung zuwenden muß, diese Lösung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (Punkt 16 der Entscheidungsgründe); im vorliegenden Fall trifft dies um so mehr zu, als die alleinige Verwendung von Wasserstoffperoxid hinsichtlich des Restmonomergehalts schlechtere Ergebnisse mit sich bringt, somit einen technischen Rückschritt darstellt, und sonst keine Vorteile geltend gemacht worden sind.
8.3. Was den Neutralisationsgrad anbelangt, so kann diesem Parameter keine technische Bedeutung für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit beigemessen werden.
Einmal entspricht der hierfür errechnete Endwert von 18,2 % gemäß Beispiel 3 des Dokuments (2) praktisch der unteren Grenze des im Streitpatent beanspruchten Bereichs; denn, da der Neutralisationsgrad des dort eingesetzten Dinatriummaleats bei Beginn der Reaktion 100 % beträgt und im Verlauf der Reaktion auf 18,2 % gesenkt wird, durchläuft dieser Parameter den ganzen Bereich von 80 bis 20 %, ehe er sich auf seinen Endwert einstellt. Schon aus diesem Grund kann die untere Grenze des beanspruchten Bereichs keinen kritischen Wert darstellen.
Des weiteren ergibt sich aus einer Gegenüberstellung von Beispiel 2 und Vergleichsbeispiel 1 vom Dokument (2), daß der Einfluß des Neutralisationsgrads auf den Restgehalt an nicht-polymerisierter Maleinsäure im erhaltenen Copolymer dem Fachmann bekannt war. Bei Beispiel 2 beträgt der Restgehalt an Maleinsäure 8,0 für einen Neutralisationsgrad von 50 % bei Beginn und 30 % am Ende der Reaktion (Seite 11, Tabelle 1); bei Vergleichsbeispiel 1 beträgt dagegen der Restmonomergehalt 52 %, wenn überhaupt keine Neutralisation stattfindet (Seite 13, Tabelle 2). Auf dieser Grundlage kann der Fachmann ohne erfinderisches Zutun den im Einzelfall geeigneten Neutralisationsgrad ermitteln.
8.4. Die vorstehenden zur Nichtanerkennung einer erfinderischen Tätigkeit führenden Überlegungen gelten gleichermaßen für die Ansprüche 1 gemäß dem Hauptantrag sowie den Hilfsanträgen 1 und 2 des Streitpatents.
9. Die Ansprüche 2 der Anspruchssätze gemäß dem Hauptantrag und dem ersten Hilfsantrag, die bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens gemäß den entsprechenden Ansprüchen 1 betreffen, fallen ebenso wegen mangelnder Patentfähigkeit des Gegenstands der Hauptansprüche.
10. Die gleichen Erwägungen gelten für den Hilfsantrag 3, der auf die Copolymerisation der Monomeren a) und b) im spezifischen Gewichtsverhältnis 30:70 gerichtet ist.
Unerwartete Eigenschaften des erhaltenen Copolymerisats, die zu einer anderen Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit führen könnten, sind weder den Eingaben der Beschwerdeführerin zu entnehmen, noch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden, noch sonst für die Kammer ersichtlich. Vielmehr zeigen die ursprünglichen Beispiele 11 und 14 des Streitpatents (Eingabe der Beschwerdegegnerin 2 vom 7. Oktober 1989, Punkt III), daß auch dann, wenn die Monomere a) und b) im spezifischen Gewichtsverhältnis 30:70 copolymerisiert werden, die Verwendung von Wasserstoffperoxid eine Erhöhung des Restmonomergehalts mit sich bringt. Bei Einsatz von Persulfat gemäß Beispiel 14 beträgt der Restgehalt an Maleinsäure 0,03 %; demgegenüber enthält das Copolymerisat 0,04 % Restgehalt an Maleinsäure, wenn man die Copolymerisation in Anwesenheit von Wasserstoffperoxid durchführt. Dies steht völlig im Einklang mit der oben festgestellten allgemeinen Tendenz.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.