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T 0615/93 15-02-1995
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Bodenbelagsanordnung zur begeh- und befahrbaren Abdeckung von Baumscheiben
I. Auf die am 6. Juni 1986 angemeldete und am 30. Dezember 1986 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 86 810 246.8 ist am 8. Januar 1992 das europäische Patent Nr. 0 206 990 erteilt worden.
Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung hat folgenden Wortlaut:
"Bodenbelagsanordnung zur begeh- und befahrbaren Abdeckung von Baumscheiben, dadurch gekennzeichnet, dass die Anordnung zwei im Abstand voneinander angeordnete Beton-Fundamente (1) und mindestens ein darauf beidseitig abgestütztes armiertes Betonträgerelement (5) umfasst, und dass an beiden Enden des Betonträgerelementes (5) vertikale Platten (3) die Fundamente (l) um die Höhe des Betonträgerelementes (5) überragen, wobei die Ebenen der einander zugewandten Flächen (6) der Platten (3) beidseits eines Baumstamms (7) in annähernd gleichem Abstand von diesem angeordnet sind und der dem Baumstamm (7) zugekehrte Rand (8) des Betonträgerelementes (5) Abstand vom Baumstamm (7) hat."
II. Gegen das erteilte Patent hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit der Gegenstände der Ansprüche 1 und 2 beantragt.
Zur Stützung ihres Vorbringens hat sie unter anderem auf folgende Entgegenhaltungen verwiesen:
(D1) US-A-2 174 035
(D2) FR-A-587 108
(D3) DE-C-813 410
(D4) US-A-4 308 688
(D7) FR-A-606 995.
Mit Einreichung der Beschwerdebegründung bzw. mit Eingang vom 20. Juni 1994, also nach Ablauf der Einspruchsfrist, verweist sie noch auf folgende Entgegenhaltungen:
(D8) DE-U-7 614 443
(D9) "Untersuchung und Bewertung von Baumscheibenabdeckungen", Diplomarbeit von J. Willmes, Abschnitt 4.2.2 System Dyckerhoff und Abschnitt 4.3.4 System Buderus
(D10) Preisliste von Dyckerhoff & Widmann
(D11) Vorbenutzung gemäß "Anlagen 3.1 und 3.2"
III. Mit Entscheidung vom 12. Mai 1993 hat die Einspruchsabteilung den Einspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß lediglich die Entgegenhaltungen (D4) und (D7) Baumscheiben beträfen, wobei diese die gemäß der Erfindung zu vermeidenden Nachteile aufwiesen; die übrigen Druckschriften würden keinerlei Bezug zu Baumscheiben beinhalten und keinerlei Kombination der zitierten Druckschriften würde den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents ergeben.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 6. Juli 1993 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 8. September 1993 eingegangen.
Die Beschwerdeführerin beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
V. In der Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VerfOBK vom 10. Oktober 1994 wurde die vorläufige Auffassung zum Ausdruck gebracht, daß die erst im Beschwerdeverfahren genannten Entgegenhaltungen (D9), (D10) und (D11) mangels ausreichender Substantiierung bzw. Relevanz ihrer Gegenstände nicht in dem Verfahren zugelassen werden könnten; dies treffe jedoch nicht auf (D8) zu, da diese den relevanten Stand der Technik beschreibe.
VI. Es wurde am 15. Februar 1995 mündlich verhandelt.
VII. Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes vorgebracht:
- Die Zusammenschau der Lehren nach (D8) als nächstkommender Stand der Technik und nach (D3) führe im wesentlichen zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Streitpatent. Was die Anordnung von lediglich zwei im Abstand voneinander vorgesehenen Beton- Fundamenten betreffe, so liege es im Ermessen des Fachmanns, zur Abstützung des Betonträgerelements auf jeder Seite ein durchgehendes Fundament oder mehrere Einzelfundamente anzuordnen.
Ferner sei (D4) zu beachten, die eine Baumscheibenabdeckung mit einer Rahmenkonstruktion und einem diese tragenden Fundament (64) zeige. Dort seien auch im Übergangsbereich zum Gehsteig mit diesem bündige vertikale Platten eines Rahmens mit L- förmigem Querschnitt vorgesehen, so daß eine gute Begehbarkeit bzw. Befahrbarkeit der Baumscheibenabdeckung bei zentralsymmetrischer Anordnung zum Baumstamm gegeben sei. Der Rahmen bestehe zwar aus faserverstärktem Kunststoff, jedoch sei der Aufbau der Baumscheibenabdeckung aus Beton bereits durch (D8) bekannt.
- Im Austausch eines für einen bestimmten Zweck geeigneten Materials gegen ein anderes Material, das zur Verwendung für den gleichen Zweck bekannt sei, könne keine erfinderische Maßnahme gesehen werden, wie dies durch die Leitsätze der Entscheidungen T 021/81, ABl. EPA 1983, 15, T 130/89, ABl. EPA 1991, 514 und T 513/90, ABl. EPA 1994, 154 bestätigt werde. Der Fachmann werde daher bei der durch (D4) bekannten Bodenbelagsanordnung anstelle eines Fundamentes aus Kunststoff bei Bedarf ein solches aus Beton verwenden.
Sollten sich bei Notwendigkeit der Wegnahme der Baumscheibenabdeckung, z. B. für einen Eingriff im Wurzelbereich des Baumes, bei der Abdeckung nach (D8) Schwierigkeiten ergeben, so biete (D4) hierfür die Lösung an, vertikale Platten bündig mit dem Betonträgerelement vorzusehen. Ausgehend von (D8) führe somit die Einbeziehung der Lehre nach (D4) den Fachmann ebenfalls ohne erfinderische Überlegung zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents.
VIII. Die Beschwerdegegner (Patentinhaber) haben dem Vorbringen der Beschwerdeführerin widersprochen und dabei im wesentlichen folgendes geltend gemacht:
- Mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 werde neben den in der Mitteilung der Kammer genannten Wirkungen noch der weitere Erfolg erzielt, daß die Betonträgerelemente zum Zwecke des Eingriffs im Wurzelbereich oder zum Auswechseln eines Baumes mit geringem Aufwand zu entfernen seien, wie dies auf Seite 2, Zeilen 26 ff. des Streitpatents dargelegt sei.
- Bei dem Straßen-Bordkanten-Aufbau gemäß (D3) seien nicht zwei im Abstand voneinander angeordnete Beton- Fundamente vorgesehen, sondern ein auf der Unterseite durch ein Schotterbett durchgehend abgestützter Fahrbahnbelag. Im übrigen betreffe (D3) kein Betonträgerelement als Bestandteil einer Baumscheibenabdeckung und in vorgegebener Anordnung relativ zum Baumstamm, wobei außerdem ein bündiger Übergang zwischen Gehsteig und Fahrbahnbelag nicht vorliege.
- (D4) betreffe eine Baumscheibenabdeckung aus Kunststoff, die unmittelbar auf dem Untergrund aufliege. Der Rahmen stelle eine verlorene Schalung und kein Fundament dar; die Kunststoffplatten würden flächig aufliegen, so daß die Bodenverdichtung nicht reduziert werde.
- Die Entgegenhaltung weise generell von der Erfindung weg, wie die Kritik des Standes der Technik in dieser Druckschrift zeige.
- Keine der von der Beschwerdeführerin genannten Kombinationen von Entgegenhaltungen führe in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1, so daß das Patent aufrechtzuerhalten sei.
Die Beschwerdegegner beantragen gemäß Hauptantrag, die Beschwerde zurückzuweisen und, hilfsweise, die Aufrechterhaltung des Patents mit dem in der mündlichen Verhandlung überreichten einzigen Anspruch.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Hauptantrag
2. Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)
Die Ansprüche in der erteilten Fassung lagen bereits der Entscheidung T 147/90 - 3.2.3 zugrunde. Wie aus Abschnitt 2 der o. g. Entscheidung hervorgeht, ist die Frage der Zulässigkeit der in den Unterlagen gemäß dem Patent vorgenommenen Änderungen im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ von der damals zuständigen Kammer bereits dahingehend entschieden worden, daß diese Änderungen zulässig sind.
Die Kammer ist an diese rechtliche Beurteilung gebunden (Artikel 111 (2) EPÜ).
Ganz unabhängig davon bedarf Anspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung einer sprachlichen Richtigstellung: anstelle von "armierte" sollte dort "armiertes" stehen.
3. Neuheit
3.1. Die Prüfung der erst im Beschwerdeverfahren genannten Entgegenhaltungen führt zu folgendem Ergebnis:
(D8) beschreibt eine Bodenbelagsanordnung zur begeh- und befahrbaren Abdeckung von Baumscheiben, die mehrere im Abstand voneinander angeordnete Fundamente und mindestens ein darauf beidseitig abgestütztes armiertes Betonträgerelement umfaßt, wobei der dem Baumstamm zugekehrte Rand des Betonträgerelements Abstand vom Baumstamm hat.
Da (D8) über die im Verfahren vor der Vorinstanz als relevant angesehene (D7) hinaus die Abstützung der Betonträgerelemente über Fundamente zeigt, wird diese Entgegenhaltung als nächstkommender Stand der Technik trotz verspäteter Nennung in dem Verfahren zugelassen.
(D9) stellt, wie von der Beschwerdeführerin selbst angegeben, keine Vorveröffentlichung dar. Die auf (D9) gestützte behauptete offenkundige Vorbenutzung betrifft den Einbau einer Betonbaumscheibenabdeckung auf dem Viktualienmarkt bzw. dem Olympiagelände in München vor 15. Jahren. Es ist von der Beschwerdeführerin nicht ausgeführt und auch nicht ersichtlich, durch wen und zu welchem Zeitpunkt eine Vorbenutzung stattgefunden hat und inwiefern eine diesbezügliche Vorbenutzung offenkundig gewesen sein könnte; außerdem fehlen Angaben über die Art der Abstützung der Betonträgerelemente auf dem Untergrund.
Die behauptete offenkundige Vorbenutzung ist somit nicht in ausreichendem Maße substantiiert und daher in dem Verfahren nicht zuzulassen (Artikel 114 (2) EPÜ).
(D10) betrifft eine Preisliste der Fa. Dyckerhoff & Widmann der Ausgabe vom 1. März 1964. Die Abbildung auf Seite 19 (Überschrift: DYWIDAG Betonwaren) unten, mit der Bezeichnung "Baumringe mit Falz für Rost oder ohne Falz" zeigt einen Betonring mit einer an der unteren Innenwandung vorgesehenen umlaufenden Schulter, die offenbar zur Abstützung eines Rostes dient. Der Entgegenhaltung sind weder Angaben über die Art des Rostes noch über das Vorhandensein von Betonträgerelementen und deren Abstützung sowie deren Anordnung im Hinblick auf den Baumstamm, noch über die Anordnung von vertikalen Platten zu entnehmen. (D10) ist somit mangels Relevanz ihres Gegenstandes in dem Verfahren nicht zuzulassen (Artikel 114 (2) EPÜ).
Die eingereichten Unterlagen zu der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung nach (D11) enthalten eine Bestätigung ("Anlage 3.1") der Fa. Dyckerhoff & Widmann darüber, daß Baumschutzteile gemäß einer beiliegenden, nicht näher benannten Zeichnung seit dem Jahre 1970 im Betonwerk München-Riem gefertigt und vertrieben werden und in München am Viktualienmarkt und am Olympiapark eingebaut sind.
Gemäß der "Anlage 3.2" sind der Abbildung "Baumschutzteile-trapezförmig" zwar Einzelheiten einer Bodenbelagsanordnung zur Abdeckung von Baumscheiben zu entnehmen; es ist jedoch in der "Anlage 3.1" nicht in eindeutiger Weise auf die Zeichnung gemäß "Anlage 3.2" Bezug genommen. Im übrigen lassen weder die vorgelegte Bestätigung noch die beiliegende Zeichnung die Umstände der behaupteten Vorbenutzung, insbesondere Zeit, Ort, Identität von Verkäufer und Empfänger sowie die Umstände der Offenkundigkeit, erkennen.
Daraus folgt, daß die behauptete offenkundige Vorbenutzung gemäß (D11) nicht als erwiesen angesehen werden kann und daher in dem Verfahren nicht zuzulassen ist (Artikel 114 (2) EPÜ).
3.2. Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich im Hinblick auf die als nächstkommender Stand der Technik anzusehende Entgegenhaltung (D8), daß der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist. Die übrigen im Einspruchs- und im Beschwerdeverfahren diskutierten Entgegenhaltungen sind hinsichtlich des Gegenstandes des Anspruchs 1 ebenfalls nicht neuheitsschädlich. Da die Frage der Neuheit im Beschwerdeverfahren nicht strittig ist, erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestand zwischen den Parteien Einigkeit darüber, daß (D8) - und nicht, wie in einem früheren Verfahrensstadium angenommen, (D7) - den nächstkommenden Stand der Technik beschreibt (vgl. vorstehenden Abschnitt 3.1).
Anspruch 1 unterscheidet sich von der Offenbarung nach (D8) dadurch, daß die Mehrzahl von im Abstand voneinander angeordneten Fundamenten Beton-Fundamente sind und ihre Zahl zwei beträgt und daß an beiden Enden des Betonträgerelements vertikale Platten die Fundamente um die Höhe des Betonträgerelements überragen, wobei die Ebenen der einander zugewandten Flächen der Platten beidseits eines Baumstamms in annähernd gleichem Abstand von diesem angeordnet sind.
4.2. Die bei einer Bodenbelagsanordnung gemäß (D8) durch die vorstehend genannten unterschiedlichen Merkmale gelöste Aufgabe ist darin zu erblicken, einen gut begehbaren bzw. befahrbaren Übergang zwischen dem Bodenträgerlelement und dem angrenzenden Gehsteig unter Vermeidung einer Bodenverdichtung und auf einfache Weise zu erzielen sowie eine symmetrische, auf den Baumstamm ausgerichtete Baumscheibenabdeckung zu schaffen, wobei ein einfaches Entfernen des Bodenträgerelements möglich sein soll.
Diese Aufgabe wird - nach Sicht der Kammer und von der Beschwerdeführerin unbestritten - durch die Merkmale nach Anspruch 1 in vollem Umfang gelöst. Insbesondere ermöglicht die Anordnung von vertikalen Platten an beiden Enden des Betonträgerelements, daß dieses Element für Arbeiten im Wurzelbereich des Baumes in einfacher Weise abgehoben werden kann.
4.3. (D3) befaßt sich mit einer Straßen-Bordkante, wobei die Fahrbahn (a) gegen den Bürgersteig (b) durch die Bordkante (c), die von einzelnen Bordsteinen (c1, c2 ...) gebildet wird, begrenzt ist.
Es ist klar ersichtlich, daß gemäß (D3) kein bündiger Übergang zwischen Fahrbahn und Gehsteig vorliegt; dies ist das Ergebnis einer gezielten Planung, da im allgemeinen ein leicht befahrbarer Übergang zwischen Fahrbahn und Gehsteig zum Schutz der Fußgänger verhindert werden soll. Der Aufgabenaspekt der leichten Befahrbarkeit des Übergangs im Bordsteinbereich ist durch (D3) somit nicht gelöst.
Des weiteren ist die Fahrbahn (a) - entsprechend dem Betonträgerelement gemäß Anspruch 1 des Streitpatents - nicht über zwei im Abstand voneinander angeordnete Betonfundamente getragen, sondern weist an ihrer Unterseite eine durchgehende, vollflächige Abstützung auf, was bei einer Ausbildung der Fahrbahn (a) als Betonträgerelement einer Baumscheibenabdeckung ohne Zweifel zu einer Verdichtung des Bodens des Baumscheibenbereichs führen würde. Damit wird ein weiterer, wesentlicher Gesichtspunkt der zugrundeliegenden Aufgabe nicht gelöst.
Schließlich erscheint es zweifelhaft, ob der Fachmann (D3) überhaupt näher untersuchen würde, da die Entgegenhaltung keinerlei Hinweis zu der Problematik bei einer Baumscheibenabdeckung, insbesondere den Forderungen nach einer leichten Begehbarkeit und Befahrbarkeit, der Vermeidung einer für den Pflanzenwuchs schädlichen Bodenverdichtung sowie der Zielsetzung eines leichten Abhebens des Betonträgerelements zum Zwecke von Gärtnerarbeiten im Baumscheibenbereich erkennen läßt.
4.4. Die von der Beschwerdeführerin in ihrer Argumentation mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Anspruchs 1 hauptsächlich herangezogene Entgegenhaltung (D4) befaßt sich mit einer Baumscheibenabdeckung, bestehend aus rostartig ausgebildeten, aus faserverstärktem Kunststoff aufgebauten Abdeckungsplatten.
Die Abdeckungsplatten liegen unmittelbar auf dem z. B. aus Sand, Steinen oder Kies bestehenden Untergrund auf, was insbesondere bei Begehung oder Befahrung der Abdeckungsplatten zu einer Verdichtung des darunter liegenden Erdreichs führt. Der fakultativ vorgesehene Kunststoffrahmen 60 mit dem Fußteil 64 (vgl. Figuren 3 und 4 mit Erläuterung) wirkt als Form zum Umgießen mit Beton, wobei der Rahmen zu einem permanenten Bestandteil der umgebenden Betonstruktur wird (vgl. Spalte 4, Absätze 2 und 3 von (D4)). Es sind keine Maßnahmen vorgesehen, um ein leichtes Abnehmen der Platten zur Ausführung von Arbeiten im Wurzelbereich zu ermöglichen. Nach Sicht der Kammer ist dies wegen des mit Beton vergossenen Kunststoffrahmens ohne aufwendige Arbeiten auch nicht möglich.
4.5. Die Beschwerdeführerin argumentiert, bei Notwendigkeit des leichten Abnehmens der Betonträgerplatten gemäß (D8) biete (D4) die Lösung an, vertikale Platten bündig mit dem Betonträgerelement vorzusehen. Der Fachmann verwende für eine bestimmte Aufgabe grundsätzlich das am besten geeignete Mittel; er werde daher bei der durch (D4) bekannten Bodenbelagsanordnung anstelle eines Fundaments aus Kunststoff bei Bedarf ein solches aus Beton verwenden.
Zu diesem Vorbringen ist folgendes zu bemerken:
Es ist zu bezweifeln, ob der Fachmann überhaupt eine Zusammenschau der Entgegenhaltungen (D8) und (D4) näher in Betracht ziehen würde, da die beiden Konstruktionen neben der Verwendung unterschiedlicher Materialien für die Abdeckungsplatten, nämlich einerseits Beton und andererseits faserverstärkter Kunststoff, auch unterschiedliche Abstützungsarten für die Abdeckungsplatten aufweisen, nämlich eine freitragende Lagerung mit Plattenabstützung ausschließlich im Plattenrandbereich bei (D8) bzw. eine vollflächige Auflage der Platten auf dem Untergrund bei (D4).
Sollte dennoch eine Übertragung des Konzeptes gemäß (D4) auf die Baumscheibenabdeckung gemäß (D8) in Erwägung gezogen werden, so müßte die zentrale Lehre nach (D4), die in der als besonders vorteilhaft dargestellten Ausbildung der Abdeckplatten aus faserverstärktem Kunststoff (vgl. z. B. Spalte 1, Zeilen 49 bis 59 und Spalte 4, Zeilen 38 bis 50 von (D4)) zu erblicken ist, mitübertragen werden, da es nicht fachmännischer Vorgehensweise entspricht, einzelne Merkmale aus dem konstruktiven und funktionellen Zusammenhang, in dem sie offenbart sind, herauszunehmen. Es ist ohne weiteres ersichtlich, daß man bei einer derartigen Übertragung nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen würde.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß bei der Darstellung des Standes der Technik in (D4) (vgl. Figur 1 mit zugehöriger Erläuterung) Ausführungsformen von Baumscheibenabdeckungen, bei denen Beton Verwendung findet, als mit diversen Nachteilen behaftet dargestellt werden, so daß dem Fachmann dort die Lehre vermittelt wird, solche Ausführungsformen zu vermeiden und statt dessen Baumscheibenabdeckungen aus Kunststoff gemäß der Darstellung der Erfindung nach (D4) zu wählen.
Die Lehre der (D4) weist somit insgesamt in eine andere Richtung und kann daher nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 hinführen.
Die Argumentation der Beschwerdeführerin stützt sich somit nicht auf die tatsächlichen Lehren der Entgegenhaltungen (D3), (D4) und (D8), sondern ist vielmehr das Ergebnis einer unzulässigen Interpretation dieser Druckschriften aus der Kenntnis der Erfindung heraus.
4.6. Die übrigen im Einspruchs- und im Beschwerdeverfahren genannten Druckschriften wurden in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht mehr diskutiert. Sie führen nach Überzeugung der Kammer auch nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1.
4.7. Zusammenfassend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit beruht und daß dieser Anspruch somit Rechtsbestand hat.
Anspruch 2 kann sich dem Anspruch 1 als abhängiger Anspruch anschließen, da er dessen Gegenstand weiter ausbildet.
5. Der Umstand, daß (D8) dem Gegenstand des Anspruchs 1 näher kommt als der dem Oberbegriff des Anspruchs 1 entsprechende Stand der Technik, gibt keine Veranlassung zu einer Änderung des Anspruchswortlauts im Hinblick auf Regel 29 (1) EPÜ, da weder diese Bestimmung noch Artikel 84 EPÜ einen der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 EPÜ bilden.
Auch gibt der Umstand, daß die objektiv gelöste Aufgabe nicht mit der im Streitpatent angegebenen Aufgabe übereinstimmt, keinen Anlaß zur Änderung der Beschreibung. Da die im Einspruchs- bzw. Beschwerdeverfahren angezogenen Entgegenhaltungen nicht zur Beschränkung des Schutzbegehrens geführt haben, ist es der Kammer im Hinblick auf die Artikel 102 (2) und 111 (1) EPÜ verwehrt, Änderungen der erteilten Unterlagen vorzunehmen, die der Klarstellung dienen.
6. Bei dieser Sachlage ist das Streitpatent in der dem Hauptantrag der Beschwerdegegner zugrundeliegenden Fassung aufrechtzuerhalten.
Hilfsantrag
7. Da bereits der Hauptantrag einen patentfähigen Gegenstand aufweist, erübrigen sich bei dieser Sachlage weitere Ausführungen zum Hilfsantrag.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.