T 0702/97 28-03-2001
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Verfahren zur hydrothermalen Herstellung von Kaliumsilikatlösungen
Übertragung der Einsprechendenstellung - rechtmäßig
Erfinderische Tätigkeit (ja)- Äquivalenz nur aus rückschauender Betrachtung
I. Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des europäischen Patents mit der Veröffentlichungsnummer 0 502 109. Das Patent wurde mit einem Satz von 9 Ansprüchen erteilt, wobei der einzige unabhängige Anspruch 1 lautete:
"Verfahren zur hydrothermalen Herstellung von Kaliumsilikatlösungen mit hohen SiO2 : K2O-Molverhältnissen, durch hydrothermale Umsetzung von Quarzsand mit wäßrigen Kaliumhydroxydlösungen bei Temperaturen im Bereich von 150 bis 300 C und den diesen Temperaturen entsprechenden Drücken von gesättigtem Wasserdampf in einem Druckreaktor, dadurch gekennzeichnet, daß man die hierbei erhaltenen Kaliumsilikatlösungen, die SiO2 : K2O-Molverhältnisse von weniger als 2:75 : 1 aufweisen, anschließend mit einem bei Temperaturen im Bereich von über 1100 C bis zum Schmelzpunkt getemperten Quarz umsetzt, wobei gleichfalls Temperaturen und Drücke in den genannten Bereichen eingehalten werden."
II. Gegen das Patent wurde mit der Begründung eingesprochen, daß der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
III. Von den im Verfahren befindlichen 11 Entgegenhaltungen ist die Einspruchsabteilung bei der Beurteilung der Patentfähigkeit insbesondere auf die folgenden im einzelnen eingegangen:
D2: Französische Übersetzung der JP-A-82 111 227
D3: DE-A-1 900 066
D4: GB-A-2 078 701
D7: Winnacker-Küchler, Chemische Technologie, Band 3, 4. Auflage, Seite 61 ff.
IV. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, das Verfahren gemäß Anspruch 1 könne zwar als analoges Verfahren zu dem aus D2 bekannten Verfahren zur Herstellung von hochmoduligem Natriumwasserglas gewertet werden. Dieser Äquivalenzthese stünde jedoch die Lehre gemäß D7 entgegen. Daran würde D3 auch nichts ändern. Auf der anderen Seite offenbare D4 als einziger Stand der Technik ein zweistufiges Verfahren zur Herstellung von hochmoduligem Kaliwasserglas. Gemäß D4 solle jedoch der Aufwand, den der Einsatz von Autoklaven nach sich ziehe, vermieden und stattdessen eine aktive SiO2-Quelle eingesetzt werden.
Daraus zog die Einspruchsabteilung den Schluß, daß das beanspruchte Verfahren durch die angeführten Entgegenhaltungen nicht nahegelegt werde.
V. Die Beschwerde der Einsprechenden richtete sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Einspruch zurückzuweisen.
VI. Im Beschwerdeverfahren wurden insgesamt 10. Entgegenhaltungen erstmals genannt, unter anderem die folgenden:
D12: DE-A-33 13 814
D13: CA108: 8237B (1987)
D17: WO-A-91/18834 (publiziert am 12. Dezember 1991)
D18: JP-A-59 182 225
VII. Mit der Erwiderung vom 3. Dezember 1997 reichte die Beschwerdegegnerin zwei neue Sätze von Patentansprüchen als Basis für einen 1. und 2. Hilfsantrag ein.
VIII. Am 14. Mai 1998 erhielt die Kammer von Herrn Collingwood, dem bevollmächtigten Vertreter der Beschwerdeführerin Unilever PLC, die Mitteilung, daß die Einsprechendenstellung auf die Firma Crosfield Ltd. übertragen worden sei. Als Beweis für die Übertragung wurden folgende Dokumente eingereicht:
- Vertrag vom 6. Mai 1998 zwischen Unilever PLC und Unilever NV einerseits, und Imperial Chemical Industries Ltd. und Crosfield Ltd. andererseits.
- Erklärung vom 6. Oktober 1998, unterschrieben von Herren Hugot und Mulder von der Firma Unilever PLC und Unilever NV.
Es wurde beantragt, das Beschwerdeverfahren mit der Crosfield Ltd. als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Einsprechenden fortzusetzen.
IX. In der mündlichen Verhandlung, die am 28. März 2001 vor der Kammer stattfand, stellte die Beschwerdegegnerin erstmals die Rechtswirksamkeit des Übergangs der Einsprechendenstellung der Firma Unilever PLC auf die Firma Crosfield Ltd. in Frage.
X. Die schriftlich und mündlich vorgetragenen Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Nächstliegender Stand der Technik sei die Entgegenhaltung D2, welche allgemein die Herstellung von hochmoduligem Alkaliwasserglas, speziell Natriumwasserglas, offenbart.
- Demgegenüber liege die technische Aufgabe darin, ähnlich hochmoduliges Kaliwasserglas herzustellen.
- Das Verfahren gemäß Anspruch 1 sei lediglich ein naheliegendes Analogverfahren.
- Ausgehend von D12 könne die Aufgabe darin gesehen werden, höhermoduliges Kaliwasserglas herzustellen.
- In diesem Falle lasse sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 in naheliegender Weise durch Kombination von D12 mit beispielsweise D2, bzw. D18 oder mit D4, bzw. D13 herleiten.
- D7 sei im Lichte von D12 nicht relevant.
XI. Die Beschwerdegegnerin hat folgendes vorgetragen:
- Die der Rechtsprechung, z. B. der Entscheidung T 670/95, zu entnehmenden Voraussetzungen für einen Übergang der Einsprechendenstellung von der Firma Unilever PLC auf die Firma Crosfield Ltd. seien nicht erfüllt, da das Vorliegen einer Gesamtrechtsnachfolge zweifelhaft sei. Letztere sei daher nicht berechtigt, das Beschwerdeverfahren fortzuführen.
- D2 betreffe nur die Herstellung von Natriumwasserglas.
- In D7 werde ausdrücklich festgestellt, daß Kaliumwasserglaslösungen sich nicht in gleicher Weise herstellen lassen. Ähnliches sei D17 zu entnehmen. Die Schlußfolgerung der Beschwerdeführerin sei daher auf eine rückschauende Betrachtung des Standes der Technik zurückzuführen.
- Ausgehend von D12 habe der Fachmann keine Anregung aus dem Stand der Technik, die erhaltene Kaliumwasserglaslösung weiter mit getempertem Quarz umzusetzen.
XII. Am Ende der mündlichen Verhandlung waren die Anträge wie folgt:
- Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 502 109.
- Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte festzustellen, daß die Übertragung der Einsprechendenstellung nicht rechtmäßig stattgefunden hat.
- Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte weiterhin, die Beschwerde zurückzuweisen, oder hilfsweise, das Patent im Umfang der mit dem Schreiben vom 3. Dezember 1997 eingereichten Patentansprüche gemäß 1. oder 2. Hilfsantrag aufrechtzuerhalten.
Parteistellung der Firma Crosfield Ltd.
1. Die Beschwerdegegnerin hat bestritten, daß die Firma Crosfield Ltd. im vorliegenden Fall berechtigt sei, das Beschwerdeverfahren anstelle der Firma Unilever PLC fortzuführen, weil nicht erwiesen sei, daß sie als Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglichen Einsprechenden und Beschwerdeführerin Unilever PLC auftrete.
1.1. Die Tatsache, daß in den der Kammer und der Beschwerdegegnerin vorliegenden Dokumenten nicht expressis verbis von "Gesamtrechtsnachfolge" die Rede ist, begründet für sich genommen keinen vernünftigen Zweifel daran, daß in der Tat der Geschäftsbereich, dem das vorliegende Verfahren zuzurechnen ist, auf die Firma Crosfield Ltd. übergegangen ist. Dieser Sachverhalt reicht daher für die von der Beschwerdegegnerin beantragte Feststellung, die Firma Crosfield Ltd. sei am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt, nicht aus.
Den Parteien und der Kammer liegen der Vertrag vom 6. Mai 1998 und die Erklärung vom 6. Oktober 1998 vor. Die Richtigkeit des Inhalts dieser Dokumente wurde von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten. Aus den Schreiben geht hervor, daß eine Vereinbarung getroffen wurde, bestimmte Geschäftsbereiche ("certain assets and interests") der Unilever PLC und Unilever NV auf Imperial Chemical Industries PLC und Crosfield Ltd. zu übertragen. In diesem Zusammenhang wird der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0 502 109 ausdrücklich genannt. Ferner gehört nach einem Schreiben der Firma Unilever PLC an die Umschreibestelle des Europäischen Patentamts mit dem Datum 29. Oktober 1999 der Geschäftsbereich "Alkalisilikate" zu den übertragenen Geschäftsbereichen. Somit hält es die Kammer für erwiesen, daß eine rechtmäßige Übertragung der Einsprechendenstellung hier stattgefunden hat.
1.2. Ob im vorliegenden Fall eine Gesamtrechtsnachfolge durch Crosfield Ltd. vorliegt, ist unerheblich, denn es genügt, wenn der Geschäftsbereich übertragen wurde, in dessen Interesse der Einspruch eingelegt wurde (vgl. G 4/88, ABl. EPA 1989, 480, Entscheidungsformel). Daß eine solche Übertragung hier stattgefunden hat, wurde jedoch nicht bestritten.
Die hier zu beurteilenden Umstände entsprechen nicht denen in der Sache T 670/95 vom 9. Juni 1998. Dort wurde ohne den Vortrag und Nachweis eines Tatbestandes, der eine Rechtsnachfolge im oben dargelegten Sinn begründen könnte, lediglich eine Erklärung der als Rechtsnachfolgerin genannten Firma eingereicht, sie sei Rechtsnachfolgerin der ursprünglich Einsprechenden.
1.3. Die Firma Crosfield Ltd. ist somit berechtigt, das Beschwerdeverfahren anstelle der ursprünglichen Einsprechenden Unilever PLC fortzuführen.
Hauptantrag
2. Neuheit
Ein zweistufiges hydrothermales Verfahren zur Herstellung von Kaliumsilikatlösungen ist in keiner der angeführten Entgegenhaltungen offenbart (vgl. Punkt 3 mit 3.3 unten). Die Neuheit des Gegenstandes gemäß Anspruch 1 ist daher auch unumstritten.
3. Erfinderische Tätigkeit
Anspruch 1 betrifft eine Verfahren zur hydrothermalen Herstellung von Kaliumsilikatlösungen mit hohen SiO2 : K2O-Molverhältnissen.
3.1. Die Kammer ist der Auffassung, daß D12 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, welcher allgemein Verfahren zur Herstellung von hochmoduligen Silikatlösungen offenbart (Seite 5, Zeilen 33 bis 34). In einem speziellen Beispiel wird ein rohrförmiger Reaktor mit Siliziumdioxid und Kalilauge beschickt. Das Siliziumdioxid ist ein Quarzsand der mittleren Teilchengröße von 300 m. Die Temperatur in dem Reaktor beträgt 190 C. Die am Fuße des Reaktors gebildete Silikatlösung weist ein SiO2 : K2O-Molverhältnis von 2.75 auf (Beispiel 8).
Der Beschwerdegegnerin ist zuzustimmen, daß an keiner Stelle von D12 von den beim Verfahren anzuwendenden Drücken die Rede ist. Wie sie jedoch selbst bemerkt hat, läßt die wenn auch vage Beschreibung auf Seite 9, Zeilen 12. bis 22 vermuten, daß hierbei mit Drücken oberhalb Atmosphärendruck gearbeitet wird.
3.2. Gegenüber D12 sieht die Kammer die technische Aufgabe darin, ein hydrothermales Verfahren zur Verfügung zu stellen, welches die Herstellung von Kaliumsilikatlösungen mit höheren SiO2 : K2O-Molverhältnissen ermöglicht (siehe auch Streitpatent, Seite 3, Zeilen 9 bis 14 und 30 bis 34).
3.3. Es ist unbestritten, daß Kaliumsilikatlösungen mit höheren SiO2 : K2O-Molverhältnissen als gemäß D12 durch das beanspruchte Verfahren erhältlich sind (siehe beispielsweise Streitpatent, Tabelle 2). Somit wird diese technische Aufgabe auch tatsächlich gelöst.
3.4. Die gemäß Anspruch 1 vorgeschlagenen Maßnahmen zur Lösung der gestellten Aufgabe unterscheiden sich von dem Verfahren nach D12 unter anderem darin, daß die zunächst erhaltene Kaliumsilikatlösung, die ein SiO2 : K2O-Molverhältnis von weniger als 2:75 : 1 aufweist, bei Temperaturen im Bereich von 150 bis 300 C und den diesen Temperaturen entsprechenden Drücken von gesättigtem Wasserdampf in einem Druckreaktor anschließend mit einem bei Temperaturen im Bereich von über 1100 C bis zum Schmelzpunkt getemperten Quarz umgesetzt wird (siehe auch Punkt 3.1).
3.5. Es ist unbestritten, daß der Fachmann aus D12 keine Anregung bekommt, das bekannte Verfahren in dieser Weise zu modifizieren, um das SiO2 : K2O-Molverhältnis zu erhöhen. Es bleibt jedoch zu klären, ob die vorgeschlagene Lösung der gestellten Aufgabe durch einen anderen einschlägigen Stand der Technik nahegelegt wurde.
3.5.1. Obwohl der Titel ein hydrothermales Verfahren zur direkten Synthese von Alkalimetallsilikaten ankündigt, wird in D4 die Anwendung erhöhter Drücke ausdrücklich vermieden (siehe Seite 1, Zeilen 80 bis 87). In der Tat wird das offenbarte Verfahren bei Temperaturen zwischen 60. und 110 C und atmosphärischem Druck durchgeführt (Zusammenfassung; Seite 1, Zeilen 88 bis 93 und Anspruch 1). Diese Bedingungen liegen somit außerhalb des in Anspruch 1 festgelegten Temperaturbereichs von 150 bis 300 C und der diesen Temperaturen entsprechenden Drücke von gesättigtem Wasserdampf.
Der Zusammenfassung D13 ist lediglich zu entnehmen, daß hochmodulige hochreine Kaliumwasserglaslösungen erhalten werden, wenn einer auf Temperaturen im Bereich von 90 bis 102 erhitzten Kaliumhydroxydlösung chemisch reine feinpulverisierte Kieselsäure langsam unter Rühren zugesetzt wird. Somit beinhaltet das in D13 geschilderte Verfahren auch keinen hydrothermalen Schritt, wie er in Anspruch 1 definiert ist.
Weder im Verfahren nach D4 noch nach D13 wird außerdem getemperter Quarz als Kieselsäurequelle eingesetzt.
Selbst wenn man unterstellt, daß der Fachmann dennoch die Lehre von D12 durch die von D4 oder D13 ergänzt hätte, würde also aus einer solchen Kombination nicht das Verfahren gemäß Anspruch 1 resultieren.
3.5.2. D2 betrifft ein zweistufiges hydrothermales Verfahren zur Herstellung von hochreinen Alkalisilikaten. Im ersten Schritt wird verunreinigte Kieselsäure mit Natronlauge umgesetzt, wobei das Verhältnis Kieselsäure/Natrium 2,0 bis 2,8 beträgt. Die erhaltene Alkalisilikatlösung reagiert anschließend mit hochreiner Kieselsäure, unter anderem Cristobalit (Ansprüche 1 und 5). Die Kammer stellt an dieser Stelle fest, daß in Zusammenhang mit Alkalisilikaten nur das Verhältnis Kieselsäure / Natriumoxid spezifiziert wird (siehe beispielsweise Anspruch 1; Seite 2, Absätze 1, 4 und 5; Seite 3, Absatz 1). An keiner Stelle wird ein Verhältnis von Kieselsäure zu einem anderen Alkalimetalloxid genannt. Ferner wird in D2 erwähnt, daß auch andere Hydroxyde der Alkalimetalle verwendbar sind (Seite 5, Zeilen 4 bis 5). Diese allgemeine Bemerkung, die durch keinerlei experimentelle Belege oder genauere Erklärung gestützt wird, kann im vorliegenden Fall nicht dazu anregen, das Verfahren gemäß D2 zur hydrothermalen Herstellung von Kaliumsilikatlösungen mit hohem SiO2 : K2O Molverhältnis in Betracht zu ziehen.
Der das allgemeine Fachwissen repräsentierende Inhalt des Handbuchs D7 zeigt nämlich, daß der Fachmann erhebliche Bedenken dagegen haben mußte, die für Natriumwasserglas geltende Lehre gemäß D2 mit einiger Aussicht auf Erfolg auf die Herstellung von Kaliwasserglas zu übertragen. In D7 wird ausgeführt, daß der Aufschluß von Quarzsand in Natronlauge bei Temperaturen oberhalb 170 C mit ausreichender Geschwindigkeit gelinge; Kaliwasserglas lasse sich jedoch auf diesem Weg nicht herstellen (Seite 61, letzter Absatz bis Seite 62, Absatz 2).
3.5.3. Die Kammer kann in keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften einen Anhaltspunkt dafür finden, daß der Fachmann trotz des sich aus D7 ergebenden Fachwissens unter den bekannten Verfahren zur Herstellung von hochmoduligen Natriumsilikatlösungen nach Lösungen für die hier bestehende Aufgabe der hydrothermalen Herstellung hochmuduliger Kaliumsilikatlösungen gesucht hätte.
In der nach dem Prioritätstag des Streitpatents veröffentlichten Druckschrift D17 wird ebenfalls erwähnt, daß Verfahren zur Herstellung von Natriumwasserglas mit Cristobalit bekannt seien. Der Fachmann könne jedoch aus dem Stand der Technik nicht ableiten, Cristobalit mit gutem Ergebnis zur Herstellung von Kaliwasserglas einzusetzen (Seite 2, Zeilen 19 bis 25).
Die nach D2 veröffentlichte japanische Patentanmeldung D18 hat im wesentlichen die gleiche relevante Information wie D2 zum Inhalt, nämlich die Herstellung von hochmoduligen Alkalisilikaten unter Einsatz von getempertem Quarz als Quelle hochreiner Kieselsäure (Seite 4, vorletzter Absatz). Auch in dieser Druckschrift wird unter "Alkali" konkret nur "Natrium" verstanden (siehe beispielsweise Seite 1, letzter Absatz oder Seite 5, erster Absatz); dagegen wird an keiner Stelle "Kalium" als Beispiel für "Alkali" erwähnt.
3.5.4. Die Beschwerdeführerin hat gegen die in D7 zum Ausdruck gebrachten Bedenken eingewandt, aus D12 sei bereits bekannt, sowohl hochmoduliges Natriumwasserglas als auch Kaliumwasserglas herzustellen, das ein höheres SiO2 : K2O Verhältnis aufweist als nach D7 erwartet werden konnte.
D12 betrifft die Herstellung von Silikatlösungen mit hohem SiO2/Me2O Gewichtsverhältnis (Seite 5, Zeilen 33 bis 34). Dieses Verhältnis wird unter anderem von der Konzentration der eingesetzten Alkalilösung beeinflußt (Seite 6, Zeilen 13 bis 17). Als genügend reich an SiO2 werden Natriumsilikatlösungen betrachtet, deren Gewichtsverhältnis SiO2/Na2O zwischen 2 und 2,5 liegt (Seite 5, Zeilen 12 bis 17). Diese werden durch Aufschluß von Siliziumdioxid mit Natriumlauge erhalten, die eine Konzentration an Na2O zwischen 8,9 und 28,6 Gewichtsprozent hat (Seite 6, Zeilen 27 bis 33). Ein Konzentrationsbereich für die eventuell zu verwendende Kalilauge wird nicht angegeben; es scheint jedoch derselbe Bereich in Betracht zu kommen (Seite 6, Zeilen 14. bis 27). Im Beispiel 1 wird eine Natronlauge mit einer Konzentration an Na2O von 19,6 Gewichtsprozent eingesetzt. Dabei weist die erhaltene Silikatlösung ein SiO2/Na2O Gewichtsverhältnis von 2.5 und liegt damit an der oberen Grenze der angestrebten Gewichtsverhältnisse. Im Vergleich dazu bedarf es im Beispiel 8 eine Kalilauge mit 26,7 Gewichtsprozent K2O, um eine Silikatlösung mit einem SiO2/K2O Gewichtsverhältnis von nur 1,75 zu produzieren (siehe hierzu Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 3. Dezember 1997, Seite 5, letzter Absatz bis Seite 6, Absatz 1).
Die Kammer ist daher der Auffassung, daß D12 keinen Beweis für eine Gleichstellung der Systeme SiO2/Na2O und SiO2/K2O liefert. Infolgedessen ist D12 nicht geeignet, die Bedenken in D7 auszuräumen und die postulierte Äquivalenzthese zu stützen. Auch enthält wie bereits oben erwähnt keine der weiteren im Einspruchs- und Beschwerdeverfahren genannten Druckschriften relevante Informationen in diesem Zusammenhang.
3.5.5. Schließlich spricht auch der Zeitfaktor als sekundäres Indiz zugunsten einer erfinderischen Tätigkeit.
Es ist unbestritten, daß ein Bedürfnis für hochmodulige Kaliwasserglaslösungen als technische Produkte schon immer bestanden hat. Solche Lösungen werden üblicherweise über Schmelze hergestellt, was bekanntlicherweise verschiedene Probleme nach sich zieht (siehe Streitpatent, Seite 2, Zeilen 11 bis 22). Andererseits sind die hydrothermalen Verfahren zur Herstellung von hochmoduligen Natriumwasserglaslösungen seit langem bekannt. Der früheste Beleg unter den angeführten Druckschriften ist die bereits am 28. August 1969 veröffentlichte Offenlegungsschrift D3 (siehe Seite 2, Absatz 2 bis Seite 3, Absatz 1 und Seite 4, letzter Absatz). Die im Beschwerdeverfahren extensiv diskutierten Druckschriften D2 und D18 tragen den Veröffentlichungstag von 12. Juli 1982, bzw. 17. Oktober 1984. Wenn trotzdem bis zum Prioritätstag des Streitpatents vom 23. November 1989 kein Versuch bekannt geworden ist, Kaliumsilikatlösungen mit einem höheren als gemäß D12 erzielbaren Modul durch Hydrothermalsynthese herzustellen, dann erscheint es der Kammer nicht plausibel, daß eine Übertragung der Verfahren zur hydrothermalen Herstellung von Natriumsilikatlösungen auf die zur Herstellung von Kaliwasserglas nahegelegen haben soll.
4. Infolgedessen hält es die Kammer nicht für naheliegend, die gemäß D12 erhaltene Kaliumsilikatlösung in einem zweiten Schritt mit getempertem Quarz umzusetzen, um das SiO2 : K2O-Molverhältnis dieser Lösung weiter zu erhöhen.
Die Kammer wäre nicht zu einer anderen Schlußfolgerung gekommen, wenn sie im Sinne der Beschwerdeführerin D2 oder D18 als nächstliegenden Stand der Technik herangezogen hätte.
4.1. Gegenüber D2 oder D18 würde die technische Aufgabe darin bestehen, Kaliumwasserglaslösungen mit ähnlich hohen SiO2 : K2O-Molverhältnissen herzustellen.
4.2. Wie in den Punkten 3.5.2 bis 3.5.4 bereits dargelegt ist, kann die Kammer dem Vortrag der Beschwerdeführerin jedoch nicht folgen, das Verfahren gemäß Anspruch 1 sei lediglich ein bereits durch D2 und/oder D18 selbst nahegelegtes Analogverfahren. Daher würde auch diese Betrachtungsweise zu keiner anderen Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit führen.
5. Die Ansprüche 2 bis 9 betreffen bevorzugte Ausführungsarten des Verfahrens gemäß Anspruch 1. Der entsprechend beanspruchte Gegenstand ist somit auch neu und erfinderisch. Dem Hauptantrag kann daher stattgegeben werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
- Die Übertragung der Einsprechendenstellung ist statthaft.
- Die Beschwerde wird zurückgewiesen.