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W 0001/99 28-04-1999
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Neue Dokumente in der Überprüfung des Widerspruchs - nicht berücksichtigt
Rückzahlung aller Gebühren
I. Der Anmelder reichte die internationale Patentanmeldung PCT/DE 97/.... am 8. August 1997 mit 10 Ansprüchen ein. Die unabhängigen Ansprüchen 1 und 2 haben folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zur selektiven Ausbildung von Kontaktmetallisierungen auf Anschlußflächen eines Substrats, ....
"2. Verfahren zur Ausbildung von Lotmaterialformstücken, ....
Die abhängigen Ansprüche 3 - 10 beziehen sich auf Anspruch 1 oder 2.
II. Mit Bescheid vom 29. Mai 1998 hat das EPA in seiner Funktion als die mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragte Behörde (im folgenden "IPEA" genannt) dem Anmelder mitgeteilt, daß seine internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung nicht genüge, da die Anmeldung zwei Erfindungen beträfe (Regel 13.1, 13.2 und 13.3. PCT). Gleichzeitig wurde der Anmelder aufgefordert, die Ansprüche einzuschränken oder die Prüfungsgebühr in Höhe von DEM 3000,- für eine zusätzliche Erfindung zu zahlen (Artikel 34 (3) a) und Regel 68.2 PCT). Dieser Bescheid wird im folgenden "die Zahlungsaufforderung" genannt.
In der Zahlungsaufforderung stellte die IPEA fest, daß in der Anmeldung zwei Erfindungen beansprucht wurden:
1. Gegenstand des Anspruchs 1 und Ansprüche 3 -10 in bezug auf Anspruch 1; und
2. Gegenstand des Anspruchs 2 und Ansprüche 3 -10 in bezug auf Anspruch 2.
Ihrer Ansicht nach seien die gemeinsamen Merkmale der Ansprüche 1 und 2 aus EP-A-.... (im folgenden Dokument D1 benannt) bekannt. Deswegen hätten die obengenannten Erfindungen 1 und 2 keinen gemeinsamen Gegenstand, welcher einen Beitrag über den Stand der Technik hinaus leiste (Regel 13.1 PCT).
Die IPEA teilte weiterhin mit, daß sie einen internationalen vorläufigen Prüfungsbericht über die obengenannte erste Gruppe von Erfindungen erstellen würde, wenn nicht innerhalb der vorgesehenen Frist von einem Monat keine Erwiderung des Anmelders eingehen würde.
III. Der Anmelder zahlte mit Schreiben vom 18. Juni 1998 die zusätzliche Gebühr unter Widerspruch gemäß Regel 68.3 c) PCT und begründete diesen wie folgt:
a) Aus D1 sei ein Verfahren zur Herstellung von Multichip-Modulen bekannt, bei dem zur Ausbildung eines Lotmaterialmusters ein .... Lotmaterial auf die Kontaktstellen einer ersten Vorrichtung aufgebracht worden sei. Nachfolgend seien ....
b) Demgegenüber bestehe sowohl beim Gegenstand des Anspruchs 1 als auch beim Gegenstand des Anspruchs 2 die Erfindung einheitlich darin, das Aufschmelzen des Lotmaterials zur Ausbildung der Kontaktmetallisierung....
IV. Am 31. Juli 1998 bestätigte die Überprüfungsstelle der IPEA die Feststellung mangelnder Einheitlichkeit und forderte den Anmelder auf, die Widerspruchsgebühr zu entrichten.
In der Mitteilung über das Ergebnis der Überprüfung des Widerspruchs stützte die IPEA diesen Einwand nicht auf das in der Zahlungsaufforderung genannte Dokument D1, sondern ausschließlich auf die vorher nicht genannten Dokumente
D2: ....
D3: ....
V. Der Anmelder entrichtete am 31. August 1998 die Widerspruchsgebühr.
1. Der Widerspruch ist zulässig.
2. Im vorliegenden Fall hat die IPEA die Zahlungsaufforderung nur damit begründet, daß die gemeinsamen Merkmale der unabhängigen Ansprüche 1 und 2 aus Dokument D1 bekannt sind. Weder eine Angabe wo in D1 diese gemeinsamen Merkmale zu finden waren, noch ein Hinweis um welche Merkmale es sich handelte, wurde in der Zahlungsaufforderung angegeben.
2.1. Fordert die IPEA den Anmelder gemäß Artikel 34 (3) a) PCT wegen mangelnder Einheitlichkeit der Erfindung zur Einschränkung der Ansprüche oder zur Zahlung zusätzlicher Gebühren auf, so hat sie nach Regel 68.2 PCT die Gründe anzugeben, aus denen nach ihrer Auffassung die Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit nicht genügt. Die PCT-Richtlinien für die internationale vorläufige Prüfung sehen dabei vor, daß in der Zahlungsaufforderung nach Regel 68.2 PCT eine logisch aufgebaute, technische Begründung mit den hauptsächlichen Überlegungen zu enthalten hat, auf denen die Beanstandung der Uneinheitlichkeit der Erfindung beruht (vgl. PCT-Richtlinien, VI-5.5).
2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung (siehe insbesondere die Entscheidung W 4/94 (ABl. EPA 1996, 73)) liegt kein Verstoß gegen die Begründungspflicht vor, solange für den Anmelder der maßgebliche Grund für die Zahlungsaufforderung erkennbar ist.
2.3. Im vorliegenden Fall hat der Anmelder in seinem Widerspruch die Lehre aus D1 mit dem Gegenstand der beiden unabhängigen Ansprüchen 1 und 2 verglichen. Der Anmelder konnte daher die in der Zahlungsaufforderung genannten Gründe erkennen und dazu sachlich Stellung nehmen. Daher wird die Begründung in der Zahlungsaufforderung als ausreichend angesehen.
3. Einheitlichkeit
3.1. Ein Teil der vorliegenden Anmeldung betrifft ein Verfahren zur .... Ausbildung von Kontaktmetallisierungen auf Anschlußflächen eines Substrats. Dieses Verfahren entspricht der ersten Erfindung in der Zahlungsaufforderung (vgl. Punkt II oben) und wird vom Anspruch 1 definiert. Der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 2, der der zweiten Erfindung in der Zahlungsaufforderung entspricht, definiert ein Verfahren zur Ausbildung von Lotmaterialformstücken ....
3.1. Die gemeinsamen Merkmale der Ansprüche 1 und 2 sind:
A) ....
B) ....
C) ....
D) ....
3.2. Aus dem Dokument D1 ist ein Verfahren zur Herstellung von Kontaktmetallisierungen bekannt, bei dem ....
3.3. Somit sind zwar Merkmale A) und B) aus D1 bekannt, wohingegen Merkmale C) und D) gegenüber D1 neu sind. Nach Ansicht der Kammer fallen daher Merkmale C) und D) unter dem im Regel 13.2 PCT definierten Begriff "besondere technische Merkmale", womit die Erfordernisse der Einheitlichkeit der Erfindung nach Regel 13.1 PCT erfüllt sind. Die in der Zahlungsaufforderung enthaltene Begründung ist daher nicht zutreffend.
4. In ihrem Ergebnis bei der Überprüfung des Widerspruchs nach Regel 68.3 e) PCT hat die Überprüfungsstelle der IPEA sich nicht auf die in der Zahlungsaufforderung genannten Gründe gestützt, sondern ausschließlich auf neue Dokumente, die dort nicht genannt waren.
Schon in der Entscheidung W 4/93 (ABl. EPA 1994, 939) hat die Beschwerdekammer entschieden, daß die in Regel 68.3. e) PCT geforderte Überprüfung der Berechtigung einer Zahlungsaufforderung zur Zahlung einer zusätzlichen Gebühr ausschließlich auf der Grundlage der in der Zahlungsaufforderung enthaltenen Gründe im Lichte der vom Anmelder in seiner Widerspruchsbegründung vorgebrachten Tatsachen und Argumente durchzuführen sei. Demgemäß beschränkte sich die Kammer in der obengenannten Entscheidung ausschließlich auf die in der Zahlungsaufforderung und im Widerspruch vorgebrachten Tatsachen und Argumente. Die von der IPEA verspätet, d. h. erst im Rahmen der Überprüfung nach Regel 68.3 e) PCT vorgebrachten, neuen, Tatsachen und Argumente, wurden daher nicht berücksichtigt.
Aufgrund der oben genannten Rechtslage sieht sich die Kammer im vorliegenden Fall nicht in der Lage, die Begründung der Überprüfungsstelle zu berücksichtigen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Dem Widerspruch wird stattgegeben.
2. Die Rückzahlung der zusätzlich bezahlten Prüfungsgebühr und der Widerspruchsgebühr wird angeordnet.