5.2. Anwendung der von der Großen Beschwerdekammer begründeten Rechtsprechung
5.2.5 Angabe der Qualifikation, des Namens und des Gegenstands
Der zugelassene Vertreter muss beantragen, dass die mündlichen Ausführungen durch die Begleitperson gemacht werden dürfen. Im Antrag sind der Name und die Qualifikation anzugeben und der Gegenstand der beabsichtigten mündlichen Ausführungen zu nennen.
In T 1668/14 stellte die Kammer fest, dass die Frage, ob einer Begleitperson überhaupt gestattet werden kann, sich über andere als zuvor angekündigte Angelegenheiten zu äußern, in G 4/95 nicht ausdrücklich behandelt wurde. Da da EPA jedoch nach seinem Ermessen entscheiden kann, dass eine vorgeschlagene Begleitperson überhaupt nicht gehört werden darf, liegt es nahe, dass sich dieses Ermessen auch auf die Art der zulässigen Eingaben erstreckt. Die Kammer befand deshalb, dass die Entscheidung, ob sich eine Begleitperson zu anderen als zuvor angekündigten Angelegenheiten äußern darf, im Ermessen des EPA liegt und dieses Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der in G 4/95 dargelegten Grundsätze auszuüben ist. Eine Genehmigung sollte nur erteilt werden, wenn klar ist, dass die Gegenpartei dadurch nicht unerwartet benachteiligt wird.
In T 2135/08 ließ die Kammer die mündlichen Ausführungen von drei technischen Sachverständigen nicht zu, denn sie befand, dass keines der in G 4/95 aufgestellten Kriterien i, ii und iii erfüllt sei, unter anderem weil der Antragsteller es – selbst in der mündlichen Verhandlung – versäumte, die Qualifikation dieser drei Personen und den Gegenstand ihrer vorgeschlagenen Ausführungen anzugeben.
In T 302/02 wurde es dem Sachverständigen verwehrt, sich zu äußern. Wenn einem Sachverständigen gestattet werde, sich zu einem Gegenstand zu äußern, ohne dass dieser vorher näher spezifiziert wurde, würde dies die anderen Verfahrensbeteiligten benachteiligen, weil sie sich nicht angemessen vorbereiten könnten, was dem Sinn und Zweck der Entscheidung G 4/95 zuwiderlaufen würde. Derartige Ausführungen sollten nur gestattet werden, wenn keiner der Verfahrensbeteiligten etwas dagegen einzuwenden hat.
In T 2552/11 verweigerte die Kammer Herrn J. das Wort. Die Erklärung des Beschwerdeführers (Einsprechenden), Herr J. werde sich "nur zu den vom Einsprechenden angeführten Dokumenten des Stands der Technik äußern", war sehr allgemein und für den Beschwerdegegner (Patentinhaber) nicht ausreichend, um sich angemessen vorbereiten zu können.
In T 919/07 war in den schriftlichen Anträgen betreffend die mündlichen Ausführungen von Begleitpersonen nicht ausgeführt, was solche Ausführungen zu den aktenkundigen Beweismitteln beitragen könnten; die Kammer entschied in Ausübung ihres Ermessens, dass die Begleitpersonen nur dann gehört werden sollten, wenn die Kammer ihnen gegebenenfalls Fragen stellen wollte.
In T 1624/20 stand in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, dass der Beschwerdeführer (Einsprechende) unter Anführung der in G 4/95 genannten Kriterien einen Einwand gegen das Recht von Herrn S. erhoben hatte, das Wort zu ergreifen. Die Einspruchsabteilung hatte diesen dazu autorisiert und hatte sich dabei auf die Kriterien von G 4/95 gestützt. Sie war der Auffassung, dass die Qualitäten von Herrn S. als "Erfinder und Forschungsingenieur, Sachveständiger, Angestellter des C-TEC Constellium Technology Center" im Antrag des Beschwerdegegners ausreichend präzisiert worden waren. Die Einspruchsabteilung befand, dass eine Angabe der akademischen Qualifikationen von Herrn S. nicht unerlässlich sei. So gebe es der Kammer zufolge in G 4/95 keinen Hinweis darauf, dass die Angabe der akademischen Qualifikationen, der Erfahrung in der Industrie oder eines Lebenslaufs verpflichtend sei. Der Beschwerdeführer hat somit keine überzeugenden Beweise dafür vorgelegt, dass die Einspruchsabteilung ihr Ermessen nicht korrekt oder in unangemessener Weise ausgeübt und damit die Grenzen ihres Ermessens überschritten hätte. Im Übrigen sei die Frage, ob Herr S. der Sozietät des Vertreters des Beschwerdegegners (und nicht der Sozietät des Beschwerdegegners) angehöre, in dieser Hinsicht ohne Bedeutung.
In T 2112/22 hatte der Vertreter beantragt, dass eine als deutscher Patentassessor qualifizierte Begleitperson mündlich vortragen dürfe. Die Kammer stellte fest, dass die Begleitperson nicht in der Liste der zugelassenen Vertreter eingetragen war, und zwar deutscher Patentassessor, nicht jedoch gemäß Art. 134 (8) EPÜ als nationaler Rechtsanwalt eines Vertragsstaats zugelassen war. Die Begleitperson war auch kein technischer Experte auf dem relevanten technischen Gebiet. Die Kammer erinnerte daran, dass kein Rechtsanspruch auf mündliche Ausführungen besteht. Auch darf eine Begleitperson nicht alle bzw. fast alle wesentlichen Ausführungen anstelle eines Vertreters vortragen, ohne dass es dafür besondere Gründe geben würde, wie etwa die Ausbildung künftiger zugelassener Vertreter. Die Kammer berücksichtigte bei der Ausübung des ihr zustehenden Ermessens, dass zwar der Antrag rechtzeitig gestellt und darin der Name und die Qualifikation der Begleitperson genannt waren, der Gegenstand der beabsichtigten mündlichen Ausführungen jedoch nur unkonkret angegeben war. Die Kammer erteilte schließlich der Begleitperson das Wort während der mündlichen Verhandlung, soweit sie es zur Ergänzung des Vortrags des Vertreters für notwendig erachtete.