Artikel 34
Referenz: ABl. EPA 2025, A34
Online-Veröffentlichungsdatum: 30.4.2025
EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 7. April 2025 über die Erstellung der Niederschrift über als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlungen mithilfe künstlicher Intelligenz
Im Mai 2025 wird das EPA ein Pilotprojekt für die Erstellung der Niederschrift über als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlungen (nachstehend "mündliche Verhandlungen") vor Prüfungs- und Einspruchsabteilungen mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) starten. Durch den Einsatz von KI unter Anwendung eines menschenzentrierten Ansatzes soll die Qualität der Niederschriften über mündliche Verhandlungen weiter verbessert und ihre Bereitstellung effizienter werden. Im Laufe der Zeit und nach einer Bewertung des Pilotprojekts wird das EPA diese Praxis schrittweise auf alle mündlichen Verhandlungen vor Prüfungs- und Einspruchsabteilungen sowie vor der Eingangsstelle und der Rechtsabteilung ausweiten.
1. Erstellung der Niederschrift über mündliche Verhandlungen mithilfe von KI
Das EPA nutzt KI und Technologien des maschinellen Lernens mit dem Ziel, die Qualität und Effizienz des Patenterteilungsverfahrens zu steigern. Bislang wurden diese Technologien vorwiegend in den Bereichen Klassifizierung, Recherche und maschinelle Übersetzung eingesetzt. Um von den kontinuierlichen technologischen Entwicklungen bei der KI zu profitieren, beabsichtigt das EPA, die Anwendung auf andere Bereiche des Patenterteilungsverfahrens auszuweiten. Ab Mai 2025 wird das EPA KI-Technologie einsetzen, um die Prüfer bei der Erstellung von Niederschriften über mündliche Verhandlungen zu unterstützen.
Nach dem EPÜ ist die Niederschrift über eine mündliche Verhandlung ein schriftliches Protokoll, das von der zuständigen Abteilung erstellt wird. Die Abteilung wird weiterhin nach Maßgabe von Regel 124 (1) EPÜ eine Niederschrift erstellen, die den wesentlichen Gang der mündlichen Verhandlung und die rechtserheblichen Erklärungen der Beteiligten enthält. Auch werden das zweite Mitglied und der Vorsitzende weiterhin die Niederschrift durch ihre Unterschrift oder andere geeignete Mittel als authentisch bestätigen (Regel 124 (3) EPÜ). Das Format der Niederschrift über mündliche Verhandlungen bleibt also unverändert. Gemäß dem menschenzentrierten Ansatz des EPA beim Einsatz von KI-Technologie bleibt die Verantwortung für den Inhalt der Niederschrift vollständig bei der zuständigen Abteilung.
2. Tonaufzeichnung mündlicher Verhandlungen
Damit die Prüfer die Möglichkeiten von KI-Tools bei der Erstellung von Niederschriften voll ausschöpfen können, wird das EPA den Ton der mündlichen Verhandlungen vollständig aufzeichnen. Die Abteilung wird dann die Transkriptionen der Aufzeichnungen verwenden, um die Niederschrift über mündliche Verhandlungen mithilfe von KI-Technologie zu erstellen.
Entsprechend der ständigen Praxis bleibt die Ton- und/oder Videoaufzeichnung von als Videokonferenz oder in den Räumlichkeiten des EPA durchgeführten mündlichen Verhandlungen durch andere Teilnehmende als Bedienstete des EPA untersagt. Dasselbe gilt für jegliche Form der Übertragung der mündlichen Verhandlung.1 Die zuständige Abteilung wird die Teilnehmenden der mündlichen Verhandlung vor der mündlichen Verhandlung über die Aufzeichnung informieren.
Die Aufzeichnung und ihre Transkription sind vorbereitende Unterlagen im Sinne der Regel 144 b) EPÜ. Sie dienen dazu, es der zuständigen Abteilung zu ermöglichen, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung mithilfe von KI zu erstellen. Daher wird weder die Tonaufzeichnung selbst noch ihre Transkription in die Akte der betreffenden Anmeldung oder des Patents aufgenommen. Aus diesem Grund werden sie auch den Verfahrensbeteiligten nicht zur Verfügung gestellt. Die Tonaufzeichnung und ihre Transkription werden gelöscht, sobald die Niederschrift über die mündliche Verhandlung den Verfahrensbeteiligten übermittelt wurde.
Anträge auf Berichtigung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird die zuständige Abteilung weiterhin gemäß der ständigen Praxis und der Rechtsprechung behandeln.2
3. Umfang des Pilotprojekts
Das Pilotprojekt beginnt mit im Mai 2025 anberaumten mündlichen Verhandlungen vor ausgewählten Prüfungs- und Einspruchsabteilungen. Es wird voraussichtlich bis Ende 2025 laufen. Nach Abschluss des Pilotprojekts und einer Bewertung der Durchführung wird die Praxis schrittweise auf alle mündlichen Verhandlungen vor Prüfungs- und Einspruchsabteilungen sowie vor der Eingangsstelle und der Rechtsabteilung ausgedehnt.
1 Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 7. April 2025 über die Tonaufzeichnung mündlicher Verhandlungen zum Zweck der Erstellung der Niederschrift über mündliche Verhandlungen mithilfe künstlicher Intelligenz (ABl. EPA 2025, A32). Siehe auch Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt E-III, 10.1.
2 Siehe auch Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt E-III, 10.4.