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T 0274/22 12-04-2024
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MISCHER
Tenneco GmbH
Faurecia Systèmes d'Echappement
Änderungen - zulässig (ja)
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
Beschwerdeentscheidung - Zurückverweisung an die erste Instanz (ja)
Zurückverweisung - besondere Gründe für Zurückverweisung
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent Nr. 3 216 992 nach Artikel 101 (2) und (3)(b) EPÜ zu widerrufen.
II. Die Einspruchsabteilung war unter anderem der Auffassung, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (erteilte Fassung) nicht neu gegenüber der Ausführungsform laut den Figuren 8-10 der D1 sei, und dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 ausgehend von der Ausführungsform in den Figuren 11-13 der D1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, und hat daher das Patent widerrufen.
III. Die Patentinhaberin als Beschwerdeführerin beantragt die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent wie erteilt aufrechtzuerhalten, als Hauptantrag, oder hilfsweise im Umfang der mit Schreiben vom 12. Oktober 2020 gestellten Hilfsanträge 1 bis 3, die bereits der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen.
Sie beantragt ferner die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung entsprechend der von der Kammer beabsichtigten Zurückverweisung zur Prüfung weiterer Unterlagen.
IV. Die Einsprechenden 1 und 2 als Beschwerdegegnerinnen beantragen die Beschwerde zurückzuweisen und damit den Widerruf des Patents zu bestätigen.
V. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Kammer den Parteien ihre vorläufige Auffassung mit. Die mündliche Verhandlung fand am 12. April 2024 in Anwesenheit aller Parteien statt.
VI. Der unabhängige Anspruch 1 der für diese Entscheidung relevanten Anträge hat den folgenden Wortlaut:
Hauptantrag (erteilte Fassung)
"Mischer zur Durchmischung von in einem Abgasführungskanal einer Brennkraftmaschine strömendem Abgas (A) mit in den Abgasführungskanal eingespritztem Reaktionsmittel (R), umfassend einen Mischerkörper (32) mit
- einem Reaktionsmittelaufnahmekanal (48),
- einer Abgaseintrittsöffnungsanordnung (70) mit einer Mehrzahl von zu dem Reaktionsmittelaufnahmekanal führenden Abgaseintrittsöffnungen (72, 74, 76, 78, 80),
- wenigstens einem von dem Reaktionsmittelaufnahmekanal (48) wegführenden Abgabekanal (62, 66) mit einer Abgabekanalöffnung (64, 68) zur Abgabe eines Reaktionsmittel/Abgas-Gemisches aus dem Mischerkörper (32)
wobei der Mischerkörper (32) ein plattenartiges erstes Mischerkörperteil (28) und ein plattenartiges zweites Mischerkörperteil (30) umfasst,
dadurch gekennzeichnet, dass das erste Mischerkörper-teil (28) einen den Reaktionsmittelaufnahmekanal (48) begrenzenden ersten Auswölbungsbereich (34) und beidseits des ersten Auswölbungsbereichs (34) einen mit dem zweiten Mischerkörperteil (30) verbundenen Plattenbereich (36, 38) umfasst,
und dass das zweite Mischerkörperteil (30) einen den Reaktionsmittelaufnahmekanal (48) begrenzenden zweiten Auswölbungsbereich (46) und einen den wenigstens einen Abgabekanal (62, 66) begrenzenden dritten Auswölbungsbereich (54, 56) umfasst."
Hilfsantrag 1
Wie im Hauptantrag, wobei Anspruch 1 die folgenden Änderungen aufweist (von der Kammer mit Durch- und Unterstreichung hervorgehoben):
"...- einem Reaktionsmittelaufnahmekanal (48) mit einem Reaktionsmittelaufnahmeendbereich (50) und einem Abgabeendbereich (52), ... und dass das zweite Mischerkörperteil (30) einen den Reaktionsmittelaufnahmekanal (48) begrenzenden zweiten Auswölbungsbereich (46) umfasst, dass von dem Reaktionsmittelaufnahmekanal (48) im Abgabeendbereich (52) zwei Abgabekanäle (62, 66) in im Wesentlichen entgegengesetzten Richtungen wegführen, [deleted: und] wobei das zweite Mischerkörperteil (30) für jeden Abgabekanal (62, 66) einen den [deleted: wenigstens einen ]Abgabekanal (62, 66) begrenzenden dritten Auswölbungsbereich (54, 56) umfasst, und dass im zweiten Mischerkörperteil (30) durch einen Einwölbungsbereich (60) ein im Abgabeendbereich (52) des Reaktionsmittelaufnahmekanals (48) im Wesentlichen zwischen den beiden Abgabekanälen (62, 66) angeordneter Strömungsumlenkbereich (58) bereitgestellt ist zum Umlenken von im Reaktionsmittelaufnahmekanal (48) auf den Abgabeendbereich (52) zu strömendem Reaktionsmittel (R) oder/und Abgas (A) in jeden Abgabekanal (62, 66)."
VII. Die Patentinhaberin als Beschwerdeführerin hat zu den entscheidungserheblichen Punkten im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die in Anspruch 1 des Hauptantrags definierte Erfindung sei so deutlich und vollständig offenbart, dass eine Fachperson sie ausführen könne. Der Gegenstand von Anspruch 1 aller Anträge beruhe gegenüber dem angezogenen Stand der Technik auf erfinderischer Tätigkeit. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 enthalte zulässige Änderungen.
VIII. Die Einsprechenden als Beschwerdegegnerinnen haben zu den entscheidungserheblichen Punkten im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die in Anspruch 1 des Hauptantrags definierte Erfindung sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass eine Fachperson sie ausführen könne. Der Gegenstand von Anspruch 1 aller Anträge beruhe ausgehend von dem Ausführungsbeispiel laut den Figuren 11-13 der D1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 enthalte unzulässige Änderungen.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Anwendungsgebiet der Erfindung
Die Erfindung betrifft einen Mischer für die Durchmischung des Abgases einer Brennkraftmaschine mit einem Reaktionsmittel, z.B. für die Zugabe von Harnstofflösung zu Dieselabgasen. Der Mischer besitzt einen Mischerkörper 32 aus zwei plattenartigen Mischkörperteilen 28, 30, zwischen denen ein Reaktionsmittelaufnahmekanal 48 und ein davon wegführender Abgabekanal 62, 66 angeordnet sind. Dazu ist in jedem Mischkörperteil ein Auswölbungsbereich 34, 46 ausgebildet, die beide gemeinsam den Reaktionsmittelaufnahmekanal 48 begrenzen. Beidseits an den Auswölbungsbereich 34 des ersten Mischkörperteils 28 grenzen Plattenbereiche 36, 38, die mit dem zweiten Mischkörperteil 30 verbunden sind. Auf diese Weise lassen sich die Innenvolumina zur Bereitstellung der beiden Kanäle in einfacher Weise aufbauen, siehe Absatz 0017 der Patentschrift.
3. Hauptantrag - ausreichende Offenbarung
Die Einsprechende 1 als Beschwerdegegnerin bestreitet den Befund der Entscheidung, wonach die Erfindung deutlich und vollständig offenbart sei.
3.1 In ihrer Mitteilung, Abschnitt 2, hat die Kammer dazu die folgende vorläufige Meinung geäußert:
"2. Die von der Beschwerdegegnerin Einsprechende 1 gerügte Breite ("Alternativen so vielfältig") des Anspruchs scheint der ausreichenden Offenbarung nicht entgegen zu stehen, da zumindest die Figuren der Patentschrift eine mögliche Ausführungsform des Mischers zeigen. Daher scheint die Gesamtoffenbarung die Erfindung vollständig zu offenbaren."
3.2 Während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer verwies die Beschwerdegegnerin Einsprechende 1 auf ihre schriftlichen Ausführungen. Mangels weiterer Ausführungen sieht die Kammer keinen Grund, von ihrer Sichtweise abzuweichen.
3.3 Aus diesen Gründen kann keines der Argumente der Beschwerdegegnerin Einsprechende 1 die Kammer davon überzeugen, dass die in Anspruch 1 des Hauptantrags beanspruchte Erfindung nicht ausführbar wäre. Somit offenbart die Patentschrift die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann, Artikel 100 (b) i.V.m. 83 EPÜ.
4. Hauptantrag - erfinderische Tätigkeit
Die angefochtene Entscheidung verneinte die erfinderische Tätigkeit von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ausgehend von dem Mischer in den Figuren 11-13 des Dokuments D1, siehe Absatz 4 der Entscheidungsgründe. Die Einsprechenden als Beschwerdegegnerinnen vertreten die Auffassung, dass dieser Befund der Entscheidung auch für den breiter formulierten Anspruch 1 gemäß Hauptantrag gelte.
4.1 Auch die Kammer hält den Mischer in den Figuren 11-13 der D1 für einen erfolgversprechenden Ausgangspunkt, da er die Abgase eines Dieselmotors zwischen einer stromaufwärtigen und einer stromabwärtigen Abgasbehandlungsvorrichtung 14, 16 mit eingespritzter Harnstoff-Lösung durchmischt, siehe Absatz 0003 der D1. Dazu wird ein Donut-förmiger Mischerkörper von einer plattenartigen oberen Schale 428 und einer ähnlich plattenartigen unteren Schale 430 gebildet, die an ihren Umfangsrändern 460 miteinander verschweißt sind, siehe Absatz 0095. Die obere Schale 428 enthält eine einzige, zur stromaufwärtigen Abgasbehandlungs-Vorrichtung 14 weisende Öffnung 429 zum Einlassen der Abgase sowie eine zum Außenumfang des Mischerkörpers weisende Öffnung für die Harnstoff-Einspritzeinrichtung 436. Die untere Schale 430 enthält eine nach unten weisende Öffnung 472 zum Auslassen der mit Ammoniak aus der Harnstoff-Einspritzung vermischten Abgase. Zwischen beiden Schalen befindet sich ein kreisringförmiger Zirkulationskanal, in dessen Mitte sich die Abgas-Einlassöffnung 429 und die Einspritzeinrichtung 436 befinden. Von dort strömen die mit Harnstoff vermischten Abgase über zwei halbringförmige Leitungen des Zirkulationskanals im Uhrzeigersinn bzw. im Gegenuhrzeigersinn zur Auslassöffnung 472, um von da aus zur stromabwärtigen Abgasbehandlungsvorrichtung 16 zu gelangen.
4.2 Die Patentinhaberin als Beschwerdeführerin bestreitet, dass der Eingangsbereich des Zirkulationskanals mit der Abgaseinlassöffnung 429 und dem Anschluss für die Einspritzeinrichtung 436 überhaupt als ein Reaktionsmittelaufnahmekanal angesehen werden könne. Der Eingangsbereich sei allenfalls als ein Volumen anzusehen, da das Abgas dort - anders als bei einem Kanal - keine definierte Richtung erhalte. Dessen ungeachtet werde wegen des bestimmten Artikels im Merkmal "dem Reaktionsmittelaufnahmekanal" ein einziger solcher Kanal beansprucht, während der in den Figuren 11-13 der D1 gezeigte Mischer wegen der zwei von der Abgaseintrittsöffnung wegführenden Kanalbereiche der Zirkulationsleitung allenfalls zwei Reaktionsmittelaufnahmekanäle besitze.
Aus den folgenden Gründen sieht die Kammer das anders:
4.2.1 Im Hinblick auf die Offenbarung eines Kanals in D1 trifft die Sichtweise der Beschwerdeführerin, wonach in einem Kanal ein Medium ströme und daher eine Strömungs-richtung des Mediums vorhanden sei bzw. sich einstelle, nur auf die Verwendung eines Kanals zu. Dagegen ist der Vorrichtungsanspruch 1 auf den Mischer als solchen gerichtet. Mithin muss ein Reaktionsmittelaufnahmekanal lediglich die Eignung dazu aufweisen, ein strömendes Medium wie das Reaktionsmittel aufzunehmen. Diese Eignung schränkt den Reaktionsmittelaufnahmekanal nach Auffassung der Kammer strukturell nur soweit ein, dass er mindestens eine Eingangsöffnung, mindestens eine Ausgangsöffnung und eine die Strömung ermöglichende Wand zwischen diesen Öffnungen aufweisen muss.
4.2.2 Nach Auffassung der Kammer weist der Eingangsbereich des Zirkulationskanals der D1 diese Eigenschaften auf. Dieser Bereich ergibt sich durch eine gedankliche Unterteilung des gesamten kreisringförmigen Zirkulationskanals in einen Eingangsbereich, dessen Wand von den beiden Schalen 428, 430 gebildet wird und in dessen Mitte sich die Abgaseinlassöffnung 429 und die Einspritzeinrichtung 436 befinden, und zwei stromab davon zur Auslassöffnung 472 führende halbringförmige Leitungen. Der Eingangsbereich hat etwa die Form einer Wurst. An deren beiden Enden befindet sich bei der gedanklichen Unterteilung des Zirkulationskanals jeweils eine Ausgangsöffnung, an die sich eine der beiden halbringförmigen Leitungen anschließt. Da das mit Harnstoff vermischte Abgas durch diese Leitungen und danach durch die Auslassöffnung 472 den Mischer verlässt, bildet jede halbringförmige Leitung einen anspruchsgemäßen Abgabekanal. Die Position der Ausgangsöffnungen des Eingangsbereichs entlang der Erstreckung des Zirkulationskanals, und damit der Anteil des Reaktionsmittelaufnahmekanals am gesamten Mischer, ist bei dieser gedanklichen Unterteilung frei wählbar. Denn Anspruch 1 verlangt nicht, dass ein von dem Reaktionsmittelaufnahmekanal wegführender Abgabekanal einen anderen Querschnitt oder eine andere Richtung aufweist. In den beiden Ausgangsöffnungen des Eingangsbereichs strömt das mit Ammoniak aus der Harnstoff-Einspritzung vermischte Abgas jeweils in Richtung einer der beiden halbringförmigen Leitungen, so dass sich bei Verwendung des Mischers zumindest dort auch die von der Beschwerdeführerin geforderte Strömungsrichtung entlang des Kanals einstellt. Deswegen genügt der Eingangsbereich nach Überzeugung der Kammer der von der Beschwerdeführerin an einen Kanal gestellten Anforderung, wonach ein Kanal eine definierte Strömungsrichtung herbeiführen muss.
4.2.3 Im Hinblick auf die Zahl der Reaktionsmittelaufnahme-kanäle ist Anspruch 1 im Gegensatz zur Sichtweise der Beschwerdeführerin nicht auf einen Mischer mit einem einzigen Reaktionsmittelaufnahmekanal gerichtet. Eine solche Einschränkung fehlt im Merkmal "mit einem Reaktionsmittelkanal", so dass neben dem genannten einen Kanal noch weitere - nicht im Anspruch genannten - Kanäle vorhanden sein können. Der bestimmte Artikel im Merkmal "von dem Reaktionsmittelaufnahmekanal wegführenden Abgabekanal" wiederum ist dann nur in dem Sinne zu verstehen, dass sich dieses Merkmal auf denselben Kanal wie den zuvor genannten einen Reaktionsmittelaufnahmekanal bezieht. Zwar enthalten alle in den Ausführungsbeispielen des Streitpatents gezeigten Mischer nur einen einzigen Reaktionsmittel-aufnahmekanal. Jedoch ist eine Diskrepanz zwischen den Ansprüchen und der Beschreibung nach ständiger Rechtsprechung kein hinreichender Grund, die eindeutige sprachliche Struktur eines Anspruchs zu ignorieren und ihn anders auszulegen. Daher muss nach Auffassung der Kammer das breite Merkmal "ein Reaktionsmittel-aufnahmekanal" im Lichte der Ausführungsbeispiele nicht enger, also nicht als "nur ein" oder "ein einziger Reaktionsmittelaufnahmekanal", ausgelegt werden. Das von der Beschwerdeführerin behauptete Vorhandensein zweier Reaktionsmittelaufnahmekanäle im Eingangsbereich des aus D1 bekannten Mischers ist somit unerheblich.
4.3 Bei der Auslegung des Eingangsbereichs als Reaktionsmittelaufnahmekanal enthält das erste Mischerkörperteil in Form der oberen Schale 428 einen den Reaktionsmittelaufnahmekanal begrenzenden ersten Auswölbungsbereich - den oberen Umfangsabschnitt 456 mit der Abgaseinlassöffnung 429 und der Einspritz-einrichtung 436. Außerdem enthält das zweite Mischerkörperteil in Form der unteren Schale 430 einen den Reaktionsmittelaufnahmekanal begrenzenden zweiten Auswölbungsbereich - den oberen Umfangsabschnitt 468, siehe jeweils Figur 11 des Dokuments. Zudem können die beiden halbringförmigen Leitungen stromab des Eingangsbereichs jeweils als ein von dem Reaktionsmittelaufnahmekanal in Richtung der Öffnung 472 wegführender Abgabekanal mit einer Abgabekanal-öffnung - ihrem jeweiligen Anteil an der Öffnung 472 - angesehen werden. Jeder der beiden Abgabekanäle befindet sich zwischen Auswölbungen in den beiden Schalen 428, 430 des Mischerkörpers, so dass der untere Umfangsabschnitt 466 in der unteren Schale einen den wenigstens einen Abgabekanal begrenzenden dritten Auswölbungsbereich bildet.
4.4 Zur Ermittlung der Unterscheidungsmerkmale von Anspruch 1 gegenüber dem Mischer in den Figuren 11-13 der D1 muss die Kammer darum nun prüfen, ob neben der unbestritten fehlenden Mehrzahl von Abgaseintritts-öffnungen auch - wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen - eine Verbindung der oberen Schale 428 mit der unteren Schale 430 beidseits des oberen Umfangsabschnitts 456 fehlt.
4.4.1 Diesbezüglich erstrecken sich die Umfangsränder 460, 474 der beiden kreisförmigen Schalen 428, 430 senkrecht zur Mittelachse des Mischers und sind miteinander durch eine Verschweißung am gesamten Umfang verbunden, siehe Absatz 0102 des Dokuments. Daher bildet der gesamte Umfangsrand 460 unbestritten einen Plattenbereich des ersten Mischerkörperteils, der mit dem gesamten Umfangsrand 474 des zweiten Mischerkörperteils verbunden ist. In Bezug auf den als Reaktionsmittel-aufnahmekanal angesehenen Eingangsbereich des Mischers, siehe oben, befindet sich der unterhalb der Einspritzeinrichtung 436 liegende Teil der verschweißten Umfangsränder auf der rechten Seite der Figur 11. Die Beschwerdeführerin bestreitet jedoch, dass der bezüglich der Mittelachse L1 diametral gegenüberliegende Teil der verschweißten Umfangsränder auf der linken Seite der Figur eine Verbindung der beiden Mischerkörperteile 428, 430 "beidseits" des ersten Auswölbungsbereichs 456 bewirke.
4.4.2 Die Kammer sieht das anders, da die gedankliche Unterteilung des Zirkulationskanals in einen wurstförmigen Eingangsbereich und zwei sich daran anschließende Abgabekanäle dazu führt, dass der Eingangsbereich sich in Figur 11 der D1 in der rechten Hälfte des Mischers befindet. Da die Auslassöffnung 472 in der linken Hälfte des Mischers liegt, befindet sich der links von dieser Öffnung angeordnete Teil der Umfangsränder im Vergleich zum rechten Teil (also dem unterhalb der Einspritzeinrichtung 436) auf der anderen Seite des Eingangsbereichs. Diesbezüglich teilt die Kammer nicht die Sichtweise der Beschwerdeführerin, wonach sich in D1 beide Teile auf derselben Seite des Eingangsbereichs befänden, da sie beim Durchlaufen des Kanals immer an der gleichen Seite zu sehen seien. Während der rechte Teil auch aus Sicht der Kammer beim Durchlaufen des Reaktionsmittelaufnahmekanals auf der rechten oder radial äußeren Seite liegt, wird der in Figur 11 links liegende Teil der Umfangsränder beim Durchlaufen des Reaktionsmittelaufnahmekanals überhaupt nicht erreicht. Stattdessen sorgt die gedankliche Unterteilung des Zirkulationskanals in den wurstförmigen Eingangsbereich und die beiden sich daran anschließenden Abgabekanäle dafür, dass der linke Teil der Umfangsränder beim Verlassen des Eingangsbereichs - also bei Eintritt der Strömung in die Abgabekanäle - noch gar nicht von der Strömung erreicht worden ist. Der Verweis der Beschwerdeführerin auf eine Auslegung im Lichte der Gesamtoffenbarung des Streitpatents führt zu keiner anderen Sichtweise, da eine eventuelle Diskrepanz zwischen den Ansprüchen und der Beschreibung kein hinreichender Grund ist, das breite Merkmal "beidseits...verbunden" enger auszulegen. Die beiden Teile der verschweißten Umfangsränder befinden sich somit nach Auffassung der Kammer in D1 beidseits - also links und rechts - des vom oberen Umfangsabschnitt 456 gebildeten ersten Auswölbungsbereichs.
4.4.3 Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin darin zu, dass sich der linke Teil der Umfangsränder - im Gegensatz zum rechten Teil - nicht unmittelbar neben dem Eingangsbereich befindet. Stattdessen ist der linke Teil durch den flachen zentralen Abschnitt des Mischers und den Endbereich der beiden Abgabekanäle nahe der Auslassöffnung 472 vom Eingangsbereich getrennt. Jedoch ist Anspruch 1 nicht darauf gerichtet, dass sich die beiden mit dem zweiten Mischerkörperteil verbundenen Plattenbereiche des ersten Mischerkörperteils unmittelbar beidseits des ersten Auswölbungsbereichs befinden. Eine solche Einschränkung fehlt im Merkmal "beidseits des ersten Auswölbungsbereichs verbunden", so dass auch eine erst hinter einem zwischengelagerten, nicht-verbundenen Bereich angeordnete Verbindungsstelle umfasst ist. Die fehlende Verbindung der beiden Schalen 428, 430 im flachen zentralen Abschnitt des Mischers ist daher unerheblich.
4.5 Aus diesen Gründen unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag vom Mischer laut den Figuren 11-13 der D1 einzig darin, dass eine Mehrzahl von zu dem Reaktionsmittelaufnahmekanal führenden Abgaseintrittsöffnungen vorhanden ist. In Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin kann die diesem Merkmal zugrunde liegende objektive technische Aufgabe darin gesehen werden, eine bessere Durchmischung von Abgas und Reaktionsmittel zu erhalten, siehe den ersten vollständigen Absatz auf Seite 2 der Beschwerdebegründung.
4.6 Im Hinblick auf die Lösung dieser Aufgabe, also mehrere zu dem Reaktionsmittelaufnahmekanal führende Abgas-eintrittsöffnungen, erkennt die Beschwerdeführerin an, dass deren in den Absätzen 0056 und 0069 der D1 genannte Homogenisierungswirkung als Verbesserung der Durchmischung der Abgase mit Reaktionsmittel zu verstehen ist, siehe den vierten Absatz auf Seite 6 ihrer Eingabe vom 22. Dezember 2022. Die Kammer sieht das genauso. Im Gegensatz zur Sichtweise der Beschwerdeführerin wird eine Mehrzahl solcher Öffnungen in D1 nicht nur im Zusammenhang mit den Mischern laut den Figuren 4 oder 8-10 offenbart, die wegen ihres einzigen schrauben- oder spiralartig geführten Reaktionsmittelaufnahmekanals womöglich eine andere Struktur haben. Stattdessen soll auch die Schale 428, und damit das erste Mischkörperteil des in den Figuren 11-13 gezeigten Mischers laut dem abhängigen Anspruch 16 des Dokuments solche Öffnungen besitzen ("dadurch gekennzeichnet, dass die Schale (28; 328; 428) Löcher (40; 340) mit einem Durchmesser von im Wesentlichen 5 mm oder eine Öffnung aufweist."). Im Lichte dieser Aussage wird die Fachperson nach fester Überzeugung der Kammer auch bei diesem Mischer mehrere Öffnungen für den Eintritt der Abgase vorsehen, um deren Durchmischung mit dem Reaktionsmittel zu verbessern. Im Gegensatz zur Sichtweise der Beschwerdeführerin spielt es dabei keine Rolle, dass die Abgase auch durch die größere Abgaseinlassöffnung 429 und nicht nur durch die zusätzlichen Öffnungen in den Mischer strömen, siehe den ersten Absatz auf Seite 9 ihrer Eingabe vom 22. Dezember 2022. Anspruch 1 des Hauptantrags verlangt nämlich nicht, dass die Mehrzahl der zu dem Reaktionsmittelaufnahmekanal führenden Abgaseintritts-öffnungen dieselbe Größe hat.
4.7 Selbst wenn die zusätzlichen Öffnungen sich nach Meinung der Beschwerdeführerin nur im Abstand zu der großflächig dimensionierten Abgaseinlassöffnung 429 befänden, siehe den vierten vollständigen Absatz auf Seite 3 ihrer Eingabe vom 29. Juni 2023, wären sie zu dem Volumen offen, das die Kammer als Reaktionsmittel-aufnahmekanal betrachtet, siehe oben. Denn die zusätzlichen Öffnungen befinden sich bereits bei dem Mischer mit einem einzigen spiralartig geführten Reaktionsmittelaufnahmekanal relativ nahe an der Einlassöffnung, siehe die Lage der Öffnungen 340 relativ zur Einlassöffnung 329 in Figur 8 der D1. Zudem ist der Anteil des Reaktionsmittelkanals am gesamten ringförmigen Zirkulationskanal bei der gedanklichen Unterteilung des in den Figuren 11-13 gezeigten Mischers frei wählbar, siehe oben. Daher lässt sich selbst bei von der Abgaseinlassöffnung beabstandet angeordneten zusätzlichen Öffnungen ein Eingangsbereich des Mischers wählen, der neben der Abgaseinlassöffnung 429 mindestens eine weitere Öffnung enthält.
4.8 Die Kammer schließt aus alledem, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ausgehend von der Ausführungsform in den Figuren 11-13 der D1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht, Artikel 100(a) i.V.m. Artikel 56 EPÜ.
5. Hilfsantrag 1 - Änderungen
Die Beschwerdegegnerin Einsprechende 2 bestreitet die Zulässigkeit von Änderungen im unabhängigen Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1.
5.1 Anspruch 1 basiert auf einer Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1-5, 12, 13 und 16. Darüber hinaus enthält der Anspruch die zusätzlichen Merkmale:
- die zwei Abgabekanäle führen im Abgabeendbereich von dem Reaktionsmittelaufnahmekanal weg, und
- das zweite Mischerkörperteil weist für jeden Abgabekanal einen den Abgabekanal begrenzenden dritten Auswölbungsbereich auf.
Gegen diese Merkmale erhebt die Beschwerdegegnerin den Einwand einer unzulässigen Änderung gegenüber der ursprünglich eingereichten Anmeldung.
5.2 Hinsichtlich der vom Abgabeendbereich wegführenden Abgabekanäle vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass weder der erteilte Anspruch 2 noch der erteilte Anspruch 3 offenbare, dass von dort zwei Abgabekanäle wegführen. Wegen der wortgleich erteilten Ansprüche 2 und 3 bezieht sich dieser Einwand auch auf die ursprünglich eingereichten Ansprüche 2 und 3. Die Kammer muss darum prüfen, ob die Formulierung "der wenigstens eine Abgabekanal ... im Abgabeendbereich wegführt" im ursprünglich eingereichten Anspruch 3 eine Basis für diese Änderung bildet. Das ist der Fall, da diese Formulierung im Rahmen der üblichen Anspruchs-auslegung als "der eine Abgabekanal oder die mehreren Abgabekanäle" zu verstehen ist. Da der ursprünglich eingereichte Anspruch 3 auch von Anspruch 2 abhängig ist, der auf zwei Abgabekanäle gerichtet ist, sind die "mehreren Abgabekanäle" wegen dieser Abhängigkeit als "zwei Abgabekanäle" zu verstehen. Die Änderung von "der wenigstens eine" zu "zwei" stellt somit im vorliegenden Fall keine unzulässige Erweiterung dar, so dass die Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 2 und 3 unmittelbar und eindeutig offenbart, dass zwei Abgabekanäle von dem Reaktionsmittelaufnahmekanal im Abgabeendbereich wegführen.
5.3 Hinsichtlich des dritten Auswölbungsbereichs für jeden Abgabekanal vertritt die Beschwerdegegnerin Einsprechende 2 die Auffassung, dass dieses Merkmal nur in der detaillierten Beschreibung im Zusammenhang mit mehreren anderen Merkmalen offenbart sei. Die Kammer sieht das anders, da das zweite Mischerkörperteil laut dem ursprünglich eingereichten Anspruch 13 einen den wenigstens einen Abgabekanal begrenzenden dritten Auswölbungsbereich umfasst. Erneut legt die Kammer die Formulierung "den wenigstens einen" in dem Sinne aus, dass davon mehrere Abgabekanäle umfasst sind. Darunter fallen wegen des Rückbezugs auf Anspruch 12, der wiederum von jedem der Ansprüche 1-11 abhängig ist, auch die in Anspruch 2 genannten zwei Abgabekanäle. Mithin offenbart der ursprünglich eingereichte Anspruch 13 einen dritten Auswölbungsbereich, der die beiden Abgabekanäle begrenzt. Oder anders formuliert, einen dritten Auswölbungsbereich für jeden Abgabekanal. Da die beiden Abgabekanäle laut dem ursprünglich eingereichten Anspruch 2 in im wesentlichen entgegengesetzte Richtungen wegführen, sind sie nicht identisch bzw. nicht deckungsgleich. Der dritte Auswölbungsbereich kann darum gedanklich in zwei Teilbereiche unterteilt werden, von denen jeder einen der beiden Abgabekanäle begrenzt. Somit offenbart der ursprünglich eingereichte Anspruch 13 tatsächlich eine dritte und eine vierte Auswölbung, und zwar eine für jeden der beiden Abgabekanäle. Für das Erfordernis der ursprünglichen Offenbarung ist es unerheblich, ob die dritte und vierte Auswölbung jeweils als (dritter) Auswölbungsbereich bezeichnet werden.
5.4 Hinsichtlich des dritten Auswölbungsbereichs für jeden Abgabekanal vertritt die Beschwerdeführerin außerdem die Auffassung, dass der erteilte Anspruch 1 eine Konfiguration der beiden Abgabekanäle umfasse, wobei der andere (bzw. zweite) Abgabekanal von einem flachen Bereich des zweiten Mischerkörperteils und von einem konvexen Bereich des ersten Mischerkörperteils begrenzt werde. Die Kammer teilt diese Auffassung, da der erteilte Anspruch 1 diesbezüglich keine Formulierungen enthält, die eine solche Ausgestaltung ausschließen, solange zumindest ein Teilbereich des anderen/zweiten Abgabekanals auch von einem (dritten) Auswölbungs-bereich im zweiten Mischerkörperteil begrenzt wird.
5.5 Aus diesen Gründen geht der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus, Artikel 123(2) EPÜ.
6. Hilfsantrag 1 - erfinderische Tätigkeit ausgehend von der D1
Die angefochtene Entscheidung verneinte die erfinderische Tätigkeit von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 ausgehend vom Dokument D1, siehe Absatz 4 der Entscheidungsgründe. Die Beschwerdeführerin bestreitet diesen von den Beschwerdegegnerinnen geteilten Befund der Entscheidung. Für die Frage der erfinderischen Tätigkeit von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 kommt es unter anderem darauf an, ob das als Ausgangspunkt herangezogene D1 einen Reaktionsmittelaufnahmekanal mit einem Abgabeendbereich offenbart, von wo zwei Abgabekanäle (in im Wesentlichen gegenläufige Richtungen) wegführen. Aus den folgenden Gründen ist das nicht der Fall:
6.1 Diesbezüglich war die angefochtene Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass ein der Einspritzeinrichtung 436 entlang der Mittelachse des Mischers gesehen gegenüberliegender Bereich des Umfangsabschnitts 468 des vertieften Umfangsbereichs 464 des unteren Mischkörperteils 430 einen Abgabeendbereich bildet, siehe Absatz 2.1.15 der Entscheidungsgründe. Die Beschwerdegegnerin Einsprechende 2 teilt diese Sichtweise, siehe den vorletzten Absatz auf Seite 23 ihrer Eingabe vom 7. Juli 2022.
Die Kammer sieht das anders, denn der Abgabeendbereich ist laut Anspruch 1 ein Endbereich des Reaktionsmittelaufnahmekanals. Da dieser auch aus Sicht der Einsprechenden 2 ein Volumen betrifft, siehe die obige Diskussion zum Eingangsbereich des Zirkulationskanals der D1, muss das Merkmal Abgabeendbereich wegen des Suffixes "-bereich" ebenfalls ein Volumen betreffen. Dagegen gehört der Umfangsabschnitt 468 zur Wand des Reaktionsmittel-aufnahmekanals, so dass es sich dabei statt eines Volumens um eine Fläche handelt. Diese begrenzt nach Auffassung der Kammer lediglich den Reaktionsmittel-aufnahmekanal, ohne jedoch einen Teil seines Volumens zu bilden. Zudem kann diese Wand auch keinen Abgabeendbereich bilden, da ein solcher bei einer am Verständnis orientierten Auslegung des Anspruchs dazu geeignet sein muss, das im Reaktionsmittelaufnahmekanal fließende Gemisch aus Abgas und Harnstoff an die Abgabekanäle abzugeben. Das setzt aber Öffnungen in der Wand voraus, an welche die Abgabekanäle angebunden sind. Die Einsprechende 2 hat keine solchen Öffnungen benannt, und auch die Kammer findet in D1 keinen Hinweis auf Öffnungen im Bereich des Umfangsabschnitts 468 des vertieften Umfangsbereichs 464 des unteren Mischkörperteils 430.
6.2 Auch die Sichtweise der Beschwerdegegnerin Einsprechenden 1, wonach sich die Abgabeendbereiche in D1 am Ende des ringförmigen Zirkulationskanals unmittelbar stromauf der Auslassöffnung 472 befinden, überzeugt die Kammer nicht. Da die Abgabeendbereiche ein Teil des Reaktionsmittelaufnahmekanals sein müssen, wäre in diesem Fall der gesamte Zirkulationskanal als Reaktionsmittelaufnahmekanal anzusehen. Das hätte zur Folge, dass der Reaktionsmittelaufnahmekanal entgegen dem Wortlaut von Anspruch 1 nicht über vom Abgabeend-bereich wegführende Abgabekanäle mit der als Abgabekanalöffnung anzusehenden Auslassöffnung 472 verbunden wären.
6.3 Im Zusammenhang mit dem Reaktionsmittelaufnahmekanal ist die Kammer bereits zu der Auffassung gelangt, dass sich dieser als wurstförmiger Eingangsbereich des ringförmigen Zirkulationskanals der D1 durch dessen gedankliche Unterteilung des gesamten kreisringförmigen Zirkulationskanals in den Eingangsbereich und zwei stromab davon zur Auslassöffnung 472 führende halbringförmige Leitungen ergibt, siehe oben. Bei dieser Unterteilung des Zirkulationskanals besitzt der als Reaktionsmittelaufnahmekanal anzusehende Eingangs-bereich an seinen beiden Enden jeweils eine Ausgangsöffnung für eine der beiden halbringförmigen Leitungen. Nach Auffassung der Kammer ist der Bereich des Reaktionsmittelaufnahmekanals unmittelbar stromauf jeder dieser Ausgangsöffnungen als ein Abgabeendbereich anzusehen, da das Gemisch aus Abgasen und Harnstoff von dort aus in die halbringförmigen Leitungen gelangt. Anders als von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 gefordert hätte der Reaktionsmittelaufnahmekanal dann zwei Abgabeendbereiche, von denen jeweils nur ein einziger Abgabekanal - die halbringförmige Leitung - wegführt.
6.4 Die dem Merkmal "von dem Reaktionsmittelaufnahmekanal im Abgabeendbereich zwei Abgabekanäle (in im Wesentlichen entgegengesetzten Richtungen) wegführen" zugrundeliegende objektive technische Aufgabe kann darin gesehen werden, eine alternative Ausgestaltung des Mischers anzugeben. Nach Auffassung der Kammer liegt es bei dem aus D1 bekannten Mischer wegen der Kreisringform seines Zirkulationskanals nicht nahe, den Zirkulationskanal so umzugestalten, dass sich an die beiden Enden des einen Reaktionsmittelaufnahmekanal bildenden Ringsegments jeweils zwei Abgabekanäle anschließen, die in im Wesentlichen entgegengesetzte Richtungen wegführen. Das hätte nämlich zur Folge, dass insgesamt vier zur Auslassöffnung 472 führende Abgabekanäle vorgesehen werden müssten, von denen zwar zwei Kanäle direkt zur Auslassöffnung verlaufen könnten, die anderen beiden aber wegen des Erfordernisses der entgegengesetzten Richtungen auf dem Weg zur Auslassöffnung erst um den Reaktionsmittel-aufnahmekanal herumgeführt werden müssten. Das würde den Mischer unnötig verkomplizieren, so dass es sich dabei aus Sicht der Kammer nicht um eine naheliegende Modifikation handelt.
6.5 Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ausgehend von der D1 auf erfinderischer Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ.
7. Zurückverweisung
Wie die Kammer in Abschnitt 5 ihrer Mitteilung festgehalten hat, hat die angefochtene Entscheidung die auf eine erhebliche Anzahl anderer Dokumenten als D1 basierenden Einwände gegen die erfinderische Tätigkeit nicht geprüft. Es ist mit dem vorrangigen Ziel des Beschwerdeverfahrens, die angefochtene Entscheidung gerichtlich zu überprüfen (Artikel 12(2) VOBK), nicht zu vereinbaren, diese nicht von der Einspruchsabteilung geprüften Einwände zum ersten Mal während des Beschwerdeverfahrens zu prüfen, siehe hierzu auch die geltende Rechtsprechung, RdBK 10. Auflage 2022, V.A.9.3.2.a). Nach Auffassung der Kammer stellt das im vorliegenden Fall besondere Gründe dar, die eine Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung nach Artikel 11 VOBK rechtfertigen. Zudem sind alle Parteien mit der Zurückverweisung einverstanden, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt haben.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.