T 0851/18 (Gültigkeit des Formblattes EPA Form 1010) 12-04-2019
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STATOR FÜR EINE REIBUNGSKUPPLUNG
Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr - nein
Beschwerdegebühr entrichtet - nein
Verstoss gegen Art. 6(1) EMRK wegen Erschwerung des Zugangs zu einer gerichtlichen Instanz - nein
Gültigkeit des Formblattes EPA Form 1010
Vorlage an die Grosse Beschwerdekammer - nein
Ausnahme von Dokumenten von der Akteneinsicht - begrenzt
I. Gegenstand des Verfahrens sind die Beschwerden sowohl der Patentinhaberin (im Folgenden: Beschwerdeführerin (Patentinhaberin)) als auch der Einsprechenden (im Folgenden: Beschwerdeführerin (Einsprechende)) gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 26. Januar 2018, der zufolge das Europäische Patent Nr. 2 742 252 in der Fassung des ersten Hilfsantrags den Erfordernissen des Europäischen Patentübereinkommens genüge.
II. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) vom 15. März 2018 ist am 22. März 2018 beim Europäischen Patentamt eingegangen. Am selben Tag ist - zum Zwecke der Zahlung der Beschwerdegebühr - ein Abbuchungsauftrag unter Verwendung des Formblattes EPA-Form 1010 einge-gangen.
III. Mit Schreiben vom 4. April 2018, teilte das Amt der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) mit, dass Abbuchungsaufträge unter Verwendung des Formblattes EPA-Form 1010 seit dem 1. Dezember 2017 nicht mehr akzep-tiert würden. Das Amt hat den Abbuchungsauftrag vom 15. März deshalb nicht ausgeführt. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat die Beschwerdegebühr unter dem Datum des 11. April 2018 gezahlt.
IV. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer haben die Parteien unter anderem die folgenden Anträge gestellt:
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat Wiederein-setzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr beantragt. Außerdem hat sie beantragt, ihre Schriftsätze vom 5. Juni 2018 (Wiedereinsetzungsantrag) und vom 12. März 2019 sowie die diesen Schriftsätzen beigefügten Anlagen von der Akteneinsicht auszunehmen. Dabei beantragt sie in erster Linie die genannten Schriftsätze und Anlagen insgesamt von der Akteneinsicht auszunehmen, hilfsweise, nur die Anlagen insgesamt von der Aktenein-sicht auszunehmen und die Akteneinsicht in die beiden Schriftsätze nur nach deren Anonymisierung zu gewähren, sowie weiter hilfsweise, Akteneinsicht in die Schrift-sätze und Anlagen nur nach deren Anonymisierung zu gewähren.
Hilfsweise hat sie beantragt, festzustellen, dass die Zahlung der Beschwerdegebühr rechtzeitig erfolgt ist.
Hilfsweise hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) weiter beantragt, der Großen Beschwerdekammer die Frage vorzulegen, ob die derzeit geltende Gebührenordnung, und insbesondere die Vorschriften über das laufende Konto, im Einklang mit den Vorschriften des EPÜ, insbesondere Art. 113(1) EPÜ sowie im Einklang mit Art. 6(1) der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grund-freiheiten (EMRK) stehe.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt die Zurückweisung von Haupt- und Hilfsanträgen in einer Zwischenentscheidung.
V. Zur Begründung ihres Antrags auf Feststellung, dass die Zahlung der Beschwerdegebühr fristgerecht erfolgt sei, beruft sich die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) auf die - unstreitig fristgerechte - Einreichung des Abbuchungsauftrags auf dem Formblatt EPA-Form 1010. Sie vertritt die Auffassung, dadurch sei die Beschwerdege-bühr als gezahlt anzusehen. Sie verweist darauf, auf diesem Wege ihren unbedingten Willen zur Zahlung der Gebühr zum Ausdruck gebracht zu haben und beruft sich auf die Entscheidungen T 152/82, T 170/83 und J 30/90. Das Amt müsse die fristgerechte Übermittlung eines Abbuchungsauftrags auf dem Formblatt EPA-Form 1010 als Zahlung der Beschwerdegebühr anerkennen. Dies gelte in dem vorliegenden Fall umso mehr, als das beim EPA geführte Konto der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) zum Zeitpunkt der Erteilung des Abbuchungsauftrags hinreichend gedeckt gewesen sei und das Amt als Treuhänder für die dort eingezahlten Beträge fungiere.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) ist zudem der Auffassung, das Amt dürfe die Möglichkeit zur Zahlung der Beschwerdegebühr nicht auf automatische Abbuchungs-aufträge beschränken, die in einem elektronisch zu verarbeitenden Format (XML) eingereicht wurden. Dies verstoße gegen Art. 113(1) und 125 EPÜ sowie Art. 6 (1) EMRK, da auf diese Weise der Zugang zu den Beschwerde-kammern als gerichtlicher Instanz der Europäischen Patentorganisation in unverhältnismäßiger Weise erschwert werde. Sie hält, soweit die Kammer ihr in insoweit nicht folgt, eine entsprechende Vorlage an die Große Beschwerdekammer für geboten.
Der mit der Rechtsänderung verfolgte Zweck, den für die Bearbeitung von Abbuchungsaufträgen erforderlichen Aufwand beim EPA zu reduzieren, sei zwar nachvollzieh-bar. Dieser Zweck rechtfertige jedoch nicht die vom Amt nunmehr installierte "Alles-oder-nichts-Lösung", der zufolge - je nach Sachverhalt - das Recht an der Patentanmeldung, die Rechtsstellung als Einsprechende oder das Recht, Beschwerde zu erheben, stets verliere, wer ab dem Stichtag 1. Dezember 2017 den elektronischen Auftrag nicht verwende. In diesem Zusammenhang rügt die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) auch das Fehlen einer Übergangsfrist sowie einer Regelung, die - vergleichbar der Regelung in Art. 7(3) der Gebührenord-nung - den Zahlungseingang auch nach Ablauf der Frist ermöglicht und verweist darauf, die am 1. Dezember 2017 in Kraft getretene Rechtsänderung sei ihr erst am 6. November 2017 bekannt gegeben worden.
Sie vertritt weiter die Auffassung, das Amt hätte, nachdem es in dem vorliegenden Fall die Verwendung des veralteten Formblatts erkannt hatte, einen anderen, schnelleren Weg als den Postweg wählen müssen, um sie auf den drohenden Fristablauf hinzuweisen.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) meint, mit der Beschränkung auf den elektronischen Abbuchungsauftrag nehme das EPA ihr die Möglichkeit und damit auch das Recht, die Beschwerdefrist auszunutzen. Denn es sei nunmehr nicht mehr möglich, den Abbuchungsauftrag unmittelbar vor Fristablauf per Telefax einzureichen.
VI. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat sich die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) auf ein Fehlver-halten einer Mitarbeiterin berufen, die die Beschwerde-begründung sowie das Formular EPA-Form 1010 einem bei der Beschwerdeführerin beschäftigten zugelassenen Vertreter zur Unterschrift vorgelegt und nach Unter-zeichnung durch diesen beim EPA eingereicht habe. Auch dieser habe allerdings nicht als zugelassener Vertreter sondern als Angestellter der Beschwerdeführerin (Patent-inhaberin) gehandelt. Bei der Anwendung der Regelungen über die Wiedereinsetzung sei zu beachten, dass es vorliegend um den Zugang zu einer gerichtlichen Instanz gehe. Art. 6(1) EMRK, der verlange, dass dieser nicht in unverhältnismäßiger Weise erschwert werde, sei deshalb zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin (Patentin-haberin) beruft sich in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung Nr. 24062/13 des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), Marc Bauer v. Deutschland vom 1. September 2016).
VII. Ihren Antrag, die im einzelnen genannten Schriftstücke von der Akteneinsicht auszunehmen, hat die Beschwerde-führerin (Patentinhaberin) damit begründet, diese enthielten persönliche Daten ihrer Angestellten, für die lediglich eine Einwilligung zur Nutzung in dem vorliegenden Verfahren, nicht aber zu deren Veröffent-lichung erteilt worden sei. Diese Daten dürften deshalb aus der zur online-Akteneinsicht freigegebenen Akte nicht ersichtlich sein. Sie hat sich dabei auf die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union (DSGVO, Verordnung (EU) 2016/679, ABl. L 119, 4. Mai 2016, ber. ABl. L 127, 23. Mai 2018) berufen.
VIII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat vorgetragen, dass es sich bei der Verwendung des veralteten Formulars nicht um einen isolierten Fehler in einem ansonsten funktionierenden System der Beschwerdeführerin (Patent-inhaberin) handele. Außerdem hat sie die Auffassung vertreten, verantwortlich für den Fehler sei der zugelassene Vertreter, der die Beschwerdeschrift und den Abbuchungsauftrag unterschrieben und beim Europäischen Patentamt eingereicht habe. Sie verweist insoweit auf die Entscheidung T 1561/05. Da der Vertreter der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) verantwortlich sei, komme das Kriterium des "einmaligen Versehens" nach der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer in der Sache R 18/13 nicht in Betracht.
IX. Der Feststellung der rechtzeitigen Zahlung der Beschwerdegebühr widerspricht die Beschwerdeführerin (Einsprechende) mit dem Argument, die Mitteilung des Präsidenten des Amtes über die bevorstehende Rechts-änderung sei seit dem 18. Oktober 2017 auf der Inter-netseite des Amtes abrufbar gewesen. Die Beschwerde-führerin (Patentinhaberin) könne sich deshalb nicht darauf berufen, ihr sei die Änderung erst am 6. November bekannt gegeben worden. Außerdem sei die Gebühr in dem vorliegenden Fall erst im März 2018 zu zahlen gewesen. Jedenfalls bis dahin habe sie genügend Zeit gehabt, die Änderung zur Kenntnis zu nehmen.
X. In der mündlichen Verhandlung vom 12. April 2019 hat die Kammer antragsgemäß vorab über den Wiedereinsetzungs-antrag der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) sowie ihre Anträge auf Feststellung der rechtzeitigen Zahlung der Beschwerdegebühr, auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer und auf Ausnahme der genannten Dokumente von der Akteneinsicht mündlich verhandelt und insoweit eine Zwischenentscheidung getroffen.
1. Die in Artikel 122 (1) EPÜ genannten Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht erfüllt. Der darauf gerichtete Antrag war deshalb zurückzuweisen.
1.1 Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat im Einzelnen dargelegt und durch Vorlage eidesstattlicher Versich-erungen ihrer Mitarbeiter untermauert, dass und warum eine ihrer Mitarbeiterinnen ein nicht mehr gültiges For-mular für die Erteilung des Abbuchungsauftrags verwendet hat. Allerdings ergibt sich aus den Erklärungen und dem Inhalt der Akte im Übrigen auch, dass die Beschwerde und der Abbuchungsauftrag letztlich von einem bei der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) angestellten Euro-päischen Vertreter unterzeichnet wurden.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat weiter vorgetragen, die unterschriebenen Dokumente seien sodann an die Mitarbeiterin zurückgegeben und von dieser eingereicht worden.
1.2 Die Kammer sieht keine Veranlassung, den von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) geschilderten Ablauf in Frage zu stellen. Dies gilt auch soweit sie vorgetragen hat, der bei ihr angestellte zugelassene Vertreter habe die Dokumente lediglich unterzeichnet und nicht auch beim Amt eingereicht.
1.3 Die Kammer teilt allerdings nicht die Auffassung der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin), dieser Sachverhalt rechtfertige die Feststellung, dass sie trotz Aufwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht dazu in der Lage war, die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr zu wahren. Denn aufgrund der Tatsache, dass sowohl die Beschwerde-schrift als auch der Abbuchungsauftrag von einem bei ihr angestellten zugelassenen Vertreter unterzeichnet wurden, führt - unabhängig davon, ob diese Dokumente anschließend von dem zugelassenen Vertreter selbst oder von einer Hilfskraft beim Amt eingereicht wurden - dazu, dass sich der zugelassene Vertreter den Inhalt der Erklärung zu eigen gemacht hat. Auf den Fehler einer Hilfskraft, die die Dokumente vorbereitet und zur Unterschrift vorgelegt hat, kommt es deshalb nicht an.
1.4 Zur Anwendung kommt vielmehr der in der Entscheidung Großen Beschwerdekammer R 18/13 zum Ausdruck gebrachte Grundsatz, wonach die Verantwortung für die Richtigkeit einer von einer Hilfskraft ausgeführten Handlung (hier Berechnung einer Frist) dann auf den zugelassenen Vertreter übergeht, wenn dem Vertreter die betreffende Akte zur Bearbeitung vorgelegt wird (vgl.: R 18/13, Entscheidung vom 17. März 2014, Ziffer 21 der Gründe; zu den Sorgfaltspflichten des Vertreters, dem eine Akte zur Bearbeitung vorgelegt wird, vgl. auch: T 1561/05 vom 17. Oktober 2006, Ziffern 2.2 bis 2.3.2). Dieser Grundsatz ist trotz der von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) zutreffend dargelegten Unterschiede im Sachverhalt auf die vorliegende Situation übertragbar. Denn es macht für die Verantwortung des zugelassenen Vertreters keinen Unterschied, ob sein Versehen zur Versäumung einer Frist, der Verwechslung zweier Verfahren oder der Verwendung eines ungültigen Formulars geführt hat.
1.5 Der Verantwortung des zugelassenen Vertreters steht auch nicht entgegen, dass sich die Bearbeitung durch den Vertreter im vorliegenden Fall auf die Unterzeichnung der Beschwerdeschrift und des Abbuchungsauftrags beschränkt hat. Im Gegenteil: Gerade vor Unterzeichnung nicht selbst verfasster Schriftstücke hat sich der Vertreter von deren Richtigkeit zu überzeugen. Dies gilt für den Abbuchungsauftrag umso mehr, als auch dem Vertreter die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Dokumente noch nicht allzu lang zurückliegende Rechts-änderung bewusst gewesen sein muss. Dies folgt aus dem durch die eidesstattliche Versicherung ihrer Mitarbei-terin untermauerten Vortrag der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin), wonach sie ihre Mitarbeiter in mehreren sogenannten Mittwochsbesprechungen rund um den 1. Dezember 2017 auf die Änderung in dem Verfahren zur Erteilung von Abbuchungsaufträgen hingewiesen hat.
1.6 Aus demselben Grund folgt die Kammer auch nicht der Argumentation der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin), zu den Pflichten des Vertreters gehöre im Falle der Vorlage eines (vorab ausgefüllten) Formulars jedenfalls nicht die Überprüfung, ob ihm das richtige Formular vorgelegt werde. Auch insoweit bestand angesichts der Änderung der Rechtslage eine erhöhte Sorgfalts- und Prüfungspflicht.
1.7 Gründe, warum der zugelassene Vertreter nicht in der Lage war, dieser Sorgfalts- und Prüfungspflicht nachzukommen, hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) trotz eines entsprechenden Hinweises der Kammer in der Ladungsmit-teilung vom 20. November 2018 weder in ihrem Schriftsatz vom 12. März 2019 noch in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgetragen.
1.8 Angesichts dessen greift auch das Argument der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) nicht, der bei ihr angestellte zugelassene Vertreter habe die Dokumente nicht in seiner Eigenschaft als zugelassener Vertreter, sondern als ihr Angestellter unterzeichnet. Denn abge-sehen von der Frage, ob ein anderer, weniger strenger Sorgfaltsmaßstab gilt, wenn ein bei einer Partei angestellter zugelassener Vertreter nicht in dieser Eigenschaft, sondern "nur" als ihr Angestellter handelt, kann die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt im Sinne von Art. 122(1) EPÜ nicht festgestellt werden, solange keine Gründe vorgetragen sind, die den Fehler - sei es in der einen oder in der anderen Funktion - entschuldbar erscheinen lassen können.
1.9 Die Kammer ist schließlich davon überzeugt, dass auch die in der von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Nr. 24062/13, Marc Brauer v. Deutschland vom 1. September 2016 aufgestellten Grundsätze die Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist im vorliegenden Fall nicht rechtfertigen können.
Der Gerichtshof hat dort zwar seine Rechtsprechung bekräftigt, dass das in Artikel 6 EMRK verankerte "Recht auf ein Gericht" auch das Recht auf Zugang zum Gericht umfasst und dass Zugangsbeschränkungen - wie etwa die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Rechts-mittels, also z.B. Fristen - verhältnismäßig sein müssen (Ziffer 34 dieser Entscheidung).
Allerdings beruhte die Feststellung eines Verstoßes gegen Artikel 6 EMRK in diesem Fall nicht darauf, dass die Zugangshürde durch das deutsche Recht unverhältnis-mäßig hoch gewesen wäre. Das Gericht kam vielmehr zu dem Schluss, dass die besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls im Ergebnis eine andere Entscheidung über die Wiedereinsetzung erfordert hätten - oder, anders gesagt, dass die Nichtbeachtung dieser besonderen Umstände bei der Wiedereinsetzungsentscheidung des Bundesgerichtshofs zu einer unverhältnismäßigen Erschwerung des Zugangs zum Gericht geführt habe (Ziffer 38 ff, insbesondere Ziffer 43). Besondere Umstände, wegen derer der bei der Beschwerdeführerin (Patent-inhaberin) beschäftigte zugelassene Vertreter in dem konkreten Fall außerstande gewesen sei, die gebotene Sorgfalt aufzuwenden, sind im vorliegenden Fall aber gerade nicht vorgetragen worden.
2. Der Hilfsantrag auf Feststellung der rechtzeitigen Zahlung der Beschwerdegebühr ist ebenfalls nicht begründet.
2.1 Die Kammer vermag der Argumentation der Beschwerde-führerin (Patentinhaberin), das Europäische Patentamt sei verpflichtet, einen zum Beispiel per Telefax rechtzeitig eingereichten sowie inhaltlich klar und eindeutigen Abbuchungsauftrag stets als wirksame Zahlung der Beschwerdegebühr akzeptieren, nicht zu folgen.
2.1.1 In ihrer - von der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) in ihrem Schriftsatz vom 8. Oktober 2018 zitierten - Entscheidung vom 4. Juli 2018 (T 590/18) hat die Kammer bereits festgestellt, dass der Präsident des Euro-päischen Patentamtes grundsätzlich berechtigt war, die Modalitäten der Zahlung per Abbuchungsauftrag wie geschehen zu verändern. Sie hat dazu in Ziffer 2.6.1 der Gründe dieser Entscheidung das Folgende ausgeführt:
,,Die Art und Weise, in der Gebühren an das Europäische Patentamt entrichtet werden können, ist in Artikel 5 der Gebührenordnung geregelt. Nach Absatz (1) dieser Vorschrift gilt, dass die an das Amt zu zahlenden Gebühren durch Einzahlung oder Überweisung auf ein Bankkonto des Amtes in Euro zu entrichten sind. Absatz(2) regelt darüber hinaus, dass der Präsident des Amtes die Entrichtung von Gebühren auf andere Art als in Absatz 1 vorgesehen zulassen kann. Es existieren somit die durch die Absatz 1 zwingend vorgegebene Einzahlungsmöglichkeiten und solche, die durch eine Entscheidung des Präsidenten des Amtes nach Absatz 2 zusätzlich eröffnet werden können.
Innerhalb dieses Systems stellt sich die Möglichkeit zur Einreichung der Beschwerdegebühr mittels eines Abbuchungsauftrags als zusätzliche, vom EPÜ nicht zwingend geforderte Zahlungsart dar. Aus dieser Feststellung folgt ohne Weiteres, dass ein solcher vom Präsidenten des Amtes zusätzlich eröffneter Zahlungsweg durch eine Entscheidung des Präsidenten des Amtes auch wieder geschlossen oder - wie im vorliegenden Fall geschehen - in der Weise modifiziert werden kann, dass nur noch in einer bestimmten Form übermittelte Abbuchungsaufträge anerkannt werden."
2.1.2 Aus diesen Grundsätzen - an denen die Kammer festhält - folgt auch, dass das Amt nicht verpflichtet ist, einen zum Beispiel per Telefax rechtzeitig eingereichten sowie inhaltlich klar und eindeutigen erteilten Abbuchungs-auftrag stets als wirksame Zahlung der Beschwerdegebühr akzeptieren.
2.1.3 Eine Verpflichtung, per Telefax übermittelte Abbuchungs-aufträge anzuerkennen, kann die Beschwerdeführerin auch nicht aus der Entscheidung T 152/82 vom 5. September 1983, (ABl. EPA 1984, 301) herleiten.
Diese Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Dort ging es um die Frage, ob ein eindeutig als solcher erkennbarer Auftrag zur Abbuchung der Beschwerdegebühr, in dem ein zu niedriger Betrag angegeben war, gleichwohl als Auftrag zur Abbuchung der Beschwerdegebühr in richtiger Höhe aufzufassen war. Dies hat die Kammer mit dem Argument bejaht, dass die "Vor-schriften über das laufende Konto" in der damals gülti-gen Fassung (VLK a.F.) gewahrt waren, weil dort die An-gabe eines Betrages nicht vorgeschrieben war (T 152/82, a.a.O., Ziffer 7 der Entscheidungsgründe).
Der dem vorliegenden Fall zugrundeliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem der T 152/82 dadurch, dass hier die Vorschriften über die Erteilung eines Abbuchungsauftrags gerade nicht eingehalten wurden, weil der Auftrag entgegen Ziffer 5.1.2 in der am 1. Dezember 2017 in Kraft getreten Fassung (VLK n.F., vgl. Zusatzpublikation 5, ABl. EPA 2017) nicht in einem elektronisch verarbeitbaren Format (XML) eingereicht wurde.
2.1.4 Auch die Entscheidung T 170/83 vom 12. September 1984 (ABl. EPA 1984, 605) spricht nicht für die Position der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin). Denn auch diese Entscheidung befasst sich lediglich mit der Frage, ob der dort zu beurteilende Abbuchungsauftrag "die notwen-digen Angaben über den Zweck der Zahlung" im Sinne von Ziffer 6.3 VLK a.F. enthielt. Die Formvorschrift der Ziffer 6.2 VLK a.F., wonach der Auftrag in schriftlicher bzw. fernschriftlicher Form zu übermitteln war, wurde hingegen ausdrücklich als wesentliches Erfordernis angesehen (T 170/83, a.a.O., Ziffer 3 der Entscheidungs-gründe). Der Entscheidung kann deshalb gerade nicht entnommen werden, dass das Amt auf die Einhaltung der zum 1. Dezember 2017 eingeführten Formvorschrift 5.1.2 VLK n.F. nicht bestehen darf.
2.2 Auch die weiteren, von der Beschwerdeführerin (Patent-inhaberin) in diesem Verfahren vorgebrachten Argumente stehen dieser Bewertung nicht entgegen.
2.2.1 Insbesondere führt die Verpflichtung, den Abbuchungs-auftrag mittels eines elektronisch verarbeitbaren Formats (XML) zu übermitteln, nicht zu einer unverhält-nismäßigen Erschwerung des Zugangs zu den Beschwerde-kammern als gerichtlicher Instanz der Europäischen Patentorganisation und verstößt deshalb - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) - auch nicht gegen Art. 113(1) und 125(1) EPÜ sowie gegen Art. 6(1) der EMRK.
2.2.2 Ein Verstoß gegen Art. 6(1) EMRK ist bereits deshalb nicht gegeben, weil die Zahlung per Abbuchungsauftrag - wie oben dargelegt - lediglich eine vom Amt nach Art. 5(2) der Gebührenordnung freiwillig eröffnete weitere Möglichkeit zur Gebührenzahlung darstellt.
2.2.3 Im Übrigen ist es bereits fraglich, ob durch die Eröffnung der Möglichkeit, die Gebühr mittels eines grundsätzlich rund um die Uhr möglichen, web-basierten Abbuchungsauftrags zu zahlen, eine faktische Verkürzung der Fristen überhaupt eintritt. Denn "systembedingte Fristverkürzungen", also solche Zeiten, die vom Gebührenzahlern sicherheitshalber einzuplanen sind, waren und sind jeder Zahlungsmethode immanent. Dies gilt insbesondere für die beiden obligatorischen Zahlungswege der Banküberweisung und der Direkteinzahlung nach Artikel 5(1) Gebührenordnung, die an die Öffnungs- und Arbeitszeiten der Banken gebunden sind (vgl.: T 590/18, a.a.O., Ziffer 2.6.2 der Entscheidungsgründe).
2.2.4 Aber auch, wenn man mit der Beschwerdeführerin (Patent-inhaberin) in der Pflicht zur Nutzung des XML-Formats eine Beschränkung der Zahlungsmöglichkeiten sehen wollte, wäre dies nicht unverhältnismäßig, weil diese - nach dem oben Gesagten - nur eine ohnehin überobliga-torische Zahlungsweise betrifft.
2.2.5 Zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit der Regelung bedarf es deshalb - entgegen der Argumentation der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) - auch nicht einer Regelung ähnlich der des Art. 7(3) der Gebührenordnung, der zufolge ein Zahlungseingang auch noch nach Fristab-lauf als rechtzeitig angesehen werden kann, wenn der Zahlungspflichtige nachweist, dass er die Zahlung in Form der Überweisung rechtzeitig bewirkt hat. Denn zum einen betrifft dies einen nach Art. 5(1) der Gebühren-ordnung vorgeschriebenen Zahlungsweg, so dass daraus nicht ohne weiteres eine Verpflichtung abgeleitet werden kann, auch für den zusätzlich eröffneten Weg der Zahlung per Abbuchungsauftrag vergleichbare Sicherungsmechanis-men vorzusehen. Zum anderen besteht auch für den unverschuldet gescheiterten Abbuchungsauftrag per XML-Format die Möglichkeit der Heilung. Denn Ziffer 5.5 VLK n.F. sieht für die Zahlung per Abbuchungsauftrag eine Verlängerung der Zahlungsfrist für den Fall vor, dass einer der zulässigen Einreichungswege für Abbuchungsauf-träge gemäß Nummer 5.1.2 VLK n.F. beim EPA nicht verfüg-bar ist. Weiter sieht Nummer 5.5 VLK n.F. vor, dass sich die Zahlungsfristen bei einer allgemeinen Nichtverfüg-barkeit elektronischer Kommunikationsdienste oder einer ähnlichen Ursache im Sinne der Regel 134 (5) EPÜ oder der Regel 82quater.1 PCT gemäß dieser Bestimmungen verlängern.
Die Kammer sieht in diesen Regelungen ein ausgewogenes System, dass insbesondere auch die Interessen poten-tieller Beschwerdeführer in angemessener Weise berück-sichtigt.
2.2.6 Soweit sich die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) auf das Fehlen einer Übergangsfrist beruft und dazu vor-trägt, die Mitteilung des Präsidenten von 27. September 2017, mit der die Rechtsänderung zum 1. Dezember 2017 bekannt gemacht worden sei, sei bei ihr erst am 6. November 2017 eingegangen, kann sie damit jedenfalls für den am 15. März 2018 erteilten Abbuchungsauftrag ebenfalls keinen Erfolg haben.
Die Kammer teilt vielmehr die Auffassung der Beschwerde-führerin (Einsprechenden), dass die Neuregelung zumin-dest bis dahin hätte umgesetzt werden können. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der eidesstattlichen Versicherung der in diesem Fall tätigen Mitarbeiterin der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin), wonach diese ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in mehreren soge-nannten Mittwochs-Besprechungen auf die Änderung der Zahlungsbedingungen sowohl vor als auch nach dem Stich-tag 1. Dezember 2017 hingewiesen habe.
2.2.7 Die Zahlung gilt schließlich auch nicht als bewirkt, weil die Serviceleitung des Amtes deshalb unzureichend war, weil es die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) auf die Verwendung des veralteten Formulars lediglich auf dem Postweg und damit zeitverzögert hingewiesen wurde.
Ziffer 5.1.3 VLK n.F. lautet "Das EPA teilt dies dem Verfahrensbeteiligten als Serviceleistung mit." Daraus folgt, dass - was auch die Beschwerdeführerin (Patentin-haberin) in Ziffer III.8 ihres Schriftsatzes vom 5. Juni 2018 anerkennt - kein Anspruch auf einen solchen Hinweis besteht. Die von der Beschwerdeführerin (Patent-inhaberin) angeführte Entscheidung J 30/90 vom 6. Juni 1991 (ABl. EPA 1992, 516) ist für den vorliegen-den Fall nicht relevant. In dieser Entscheidung geht es um die Frage, ob das Europäische Patentamt nur für die-jenigen in einer internationalen Anmeldung benannten Staaten "Bestimmungsamt" sein kann, für die das EPÜ am internationalen Anmeldetag bereits in Kraft getreten war. Sie betrifft folglich einen anderen Sachverhalt.
3. Der Antrag, die oben genannte Frage der Großen Beschwer-dekammer vorzulegen, war ebenfalls zurückzuweisen.
3.1 Mit ihrer Vorlagefrage möchte die Beschwerdeführerin wissen, "ob die derzeit geltende Gebührenordnung, und insbesondere die Vorschriften über das laufende Konto, im Einklang mit den Vorschriften des EPÜ, insbesondere Art. 113(1) EPÜ, sowie im Einklang mit Art. 6 (1) der Europäischen Konvention der Menschenrechte stehen."
3.2 Die Kammer hatte sich in dem Verfahren T 590/18 bereits mit einem ähnlichen Vorlageantrag zu befassen. Die dortige Beschwerdeführerin begehrte eine Vorlage mit der "Fragestellung", "Festzustellen, ob die Handhabung des Europäischen Patentamts unzulässig ist, die Entrichtung von amtlichen Gebühren durch Erteilung eines Abbuchungsauftrags nur deshalb nicht zu akzeptieren, weil der Abbuchungsauftrag in Papierform eingereicht wird."
3.3 Bereits in diesem Verfahren hatte die Kammer festge-stellt, dass sich die Möglichkeit zur Änderung der Zahlungsbedingungen unmittelbar aus Artikel 5(2) der Gebührenordnung und damit letztlich aus dem EPÜ ergibt. Eine Vorlage kam deshalb nicht in Frage (T 590/18, a.a.O., Ziffer 4.1 der Entscheidungsgründe). Dies gilt auch für die in dem vorliegenden Fall gestellt Frage.
4. Der Antrag auf Ausschluss der genannten Schriftsätze und der mit ihnen eingereichten Anlagen von der Aktenein-sicht hat insoweit Erfolg, als die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) weiter hilfsweise beantragt hat, diese Dokumente lediglich in anonymisierter Form zur Aktenein-sicht bereit zu stellen.
4.1 Auf die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union (DSGVO) kann sich die Beschwerdeführerin allerdings nicht mit Erfolg berufen, da diese für die Europäische Patentorganisation nicht bindend ist. Artikel 2(2)a) DSGVO lautet: "Diese Verordnung findet keine Anwendung ... auf die Verarbeitung personen-bezogener Daten im Rahmen einer Tätigkeit, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fällt".
4.2 Vielmehr gelten die Richtlinien für den Schutz personen-bezogener Daten im Europäischen Patentamt vom 1. April 2014 (abrufbar unter http://documents.epo.org/projects/babylon/eponet.nsf/0/AC4179D70D826A22C1257ED0002B1AFB/$File/Service_Regulations_de.pdf). Ergänzend gelten Artikel 1(2)a) des Beschlusses der Präsidentin des Europäischen Patentamts vom 12. Juli 2007 über von der Akteneinsicht ausgeschlossene Unterlagen (ABl. EPA 2007, Sonderausgabe Nr. 3, J.3, S. 125) sowie die diesem Beschluss zugrunde liegenden Regelungen in Artikel 128(4) sowie Regel 144 d) EPÜ.
Regel 144 d) EPÜ enthält dabei den Grundsatz für den Ausschluss von Schriftstücken: Diese können "vom Präsidenten des EPA von der Einsicht ausgeschlossen werden, weil die Einsicht in diese Schriftstücke nicht dem Zweck dient, die Öffentlichkeit über die europäische Patentannmeldung oder das europäische Patent zu unterrichten." In der Rechtsprechung der Beschwerde-kammern wurde daraus die Notwendigkeit einer zwei-stufigen Prüfung abgeleitet. Auf der ersten Stufe ist zu fragen, ob das fragliche Schriftstück dem Zweck dient, die Öffentlichkeit über Anmeldung oder Patent zu informieren. Wenn dies der Fall ist, kommt ein Aus-schluss nicht in Frage. Wenn diese Frage verneint wird, schließt sich die zweite Frage nach der Beeinträchtigung persönlicher oder wirtschaftlicher Interessen an (vgl. T 2522/10, Entscheidung vom 28. Januar 2014, Ziffer 10 der Gründe; im Grunde schon genauso: T 1839/11, Entscheidung vom 29. Juni 2012, Leitsatz 1, Ziffern 3.2 bis 3.6 der Entscheidungsgründe). Allerdings genügt insoweit nicht die bloß abstrakte Beeinträchtigung hypothetischer persönlicher oder wirtschaftlicher Interessen (T 379/01, Entscheidung vom 24. März 2004, Leitsatz und Ziffern 4 und 5 der Entscheidungsgründe).
4.3 Die Anwendung dieser Grundsätze führt auf der ersten Prüfungsstufe zu der Feststellung, dass die fraglichen Schriftstücke grundsätzlich von der öffentlichen Akteneinsicht ausgenommen werden können. Denn Name, Geburtsdatum und die Angaben über das Beschäftigungs-verhältnis der in den vorliegenden Fall involvierten Mitarbeiter der Beschwerdeführerin dienen nicht der Information der Öffentlichkeit über die Anmeldung bzw. das Patent.
4.4 Zur Beantwortung der sich anschließenden Frage, ob - im Sinne des zitierten Beschlusses der Präsidentin des Europäischen Patentamts - persönliche oder wirtschaft-liche Interessen die Ausnahme von Dokumenten von der Akteneinsicht rechtfertigen, bedarf es einer Abwägung zwischen den Interessen der betroffenen Personen an der Integrität ihrer Daten und dem Interesse der Öffentlich-keit an der Akteneinsicht. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Sensibilität für den Schutz personenbezogener Daten - wie sie beispielsweise in der DSGVO zum Ausdruck kommt - seit der Entscheidung T 379/01 gewachsen ist. Der durch die DSGVO zum Ausdruck gebrachte hohe Stellenwert des Schutzes personenbe-zogener Daten fließt somit in die Interessenabwägung ein. Für die Annahme einer nicht bloß abstrakten Beeinträchtigung hypothetischer persönlicher oder wirtschaftlicher Interessen genügt es deshalb - auch wenn die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) dies nicht ausdrücklich vorgetragen hat -, dass es sich auf das berufliche Fortkommen der Mitarbeiter der Beschwerde-führerin (Patentinhaberin) nachteilig auswirken kann, wenn ihr (Fehl-)Verhalten in dem vorliegenden Fall öffentlich wird.
4.5 Andererseits besteht ein Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an Informationen, die für das Verständnis der Anmeldung oder des Patents von Bedeutung sind, sondern auch daran, die einer Entscheidung zugrundeliegenden Tatsachen zu erfahren, das heißt zum Beispiel nachvoll-ziehen zu können, unter welchen tatsächlichen Umständen eine Kammer einem Wiedereinsetzungsantrag stattgibt. Dazu zählt auch die im vorliegenden Fall wichtige Frage, ob und in welchem Umfang ein Fehler, der von einer Hilfskraft begangen wurde, sei er für sich genommen entschuldbar oder nicht, eine Wiedereinsetzung recht-fertigen kann, wenn ein zugelassener Vertreter die von der Hilfskraft vorbereiteten Dokumente unterzeichnet hat.
4.6 Unter Abwägung dieser Interessen ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beschränkung der Aktenein-sicht auf anonymisierte Fassungen der relevanten Doku-mente einen gerechten Ausgleich darstellt. Dabei hat sie berücksichtigt, dass - auch nach dem Vortrag der Be-schwerdeführerin (Patentinhaberin) - persönliche oder wirtschaftliche Interessen lediglich durch die Veröf-fentlichung der personenbezogenen Daten ihrer Mitarbei-ter beeinträchtigt sein können, nicht aber durch das Bekanntwerden der Abläufe im Hause der Beschwerde-führerin (Patentinhaberin), die zur Verwendung des Formblattes EPA-Form 1010 geführt haben. Eine voll-ständige Ausnahme der betreffenden Unterlagen war daher zum Schutz der persönlichen und wirtschaftlichen Inter-essen der Beteiligten nicht erforderlich, hätte es aber unmöglich gemacht, sich durch Akteneinsicht ein voll-ständiges Bild von dem vorliegenden Fall zu machen.
5. Eine (Schluss-)Entscheidung ergeht nach einer weiteren mündlichen Verhandlung über die Beschwerde der Beschwer-deführerin (Einsprechenden).
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Gebühr für die Beschwerde der Beschwerdeführerin
(Patentinhaberin) gilt als nicht fristgerecht
gezahlt.
2. Die Anträge auf Wiedereinsetzung in die Frist zur
Zahlung der Beschwerdegebühr für die Beschwerde der
Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) und auf Vorlage
an die Große Beschwerdekammer werden zurückgewiesen.
3. Die Schriftsätze der Beschwerdeführerin (Patentin-
haberin) vom 5. Juni 2018 (Wiedereinsetzungsantrag)
und vom 12. März 2019 sowie die mit diesen einge-
reichten Anlagen werden nur in anonymisierter Form
für die Akteneinsicht bereitgestellt.