T 0851/18 10-01-2020
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STATOR FÜR EINE REIBUNGSKUPPLUNG
Spät eingereichte Hilfsanträge - zugelassen (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (ja)
I. Mit der am 26. Januar 2018 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung wurde festgestellt, dass unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß dem damals geltenden Hilfsantrag 1 das europäische Patent Nr. 2 742 252 und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des Übereinkommens genügen.
II. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung haben sowohl die Patentinhaberin, als auch die Einsprechende Beschwerde eingelegt. Während die Beschwerde der Einsprechenden form- und fristgerecht eingelegt wurde, hat die Patentinhaberin am 15. März 2018 zum Zwecke der Zahlung der Beschwerdegebühr einen Abbuchungsauftrag unter Verwendung des seit dem 1. Dezember 2017 vom EPA nicht mehr akzeptierten Formblattes EPA-Form 1010 eingereicht. Das Amt hat diesen Abbuchungsauftrag nicht ausgeführt. Die Patentinhaberin hat die Beschwerdegebühr dann unter dem Datum des 11. April 2018, d.h. nach Ablauf der in Artikel 108 EPÜ genannten Frist gezahlt.
III. Die Kammer hat über die Zulässigkeit der Beschwerde der Patentinhaberin am 12. April 2019 mündlich verhandelt und in einer Zwischenentscheidung vom selben Tag festgestellt, dass die Gebühr für die Beschwerde der Patentinhaberin als nicht fristgerecht gezahlt zu gelten hat (vgl. Entscheidung vom 12. April 2018, Ziffer 1 der Gründe).
IV. Am 10.Januar 2020 fand eine zweite mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hatte mit Schreiben vom 4. Oktober 2019 - in Erwiderung auf den Ladungsbescheid vom 23. Mai 2019 - angekündigt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Gemäß Regel 115(2) EPÜ und Artikel 15(3) VOBK 2020 wurde das Verfahren in Abwesenheit der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) fortgesetzt.
V. Am Ende der zweiten mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte schriftlich die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den vollständigen Widerruf des Patents.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgelegten Hilfsantrags.
VI. Folgende Entgegenhaltung war für die vorliegende Entscheidung relevant:
D14: WO-A-2011/023407.
VII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag (vorgelegt in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer) hat folgenden Wortlaut:
"Stator für eine Reibungskupplung mit nasslaufenden Lamellen, wobei die Kupplung auf dem Stator gelagert ist, und der Stator die Kupplung mit Kühl- und Druckmedium versorgt, wobei der Stator ein äußeres hülsenförmiges Bauteil (100) und ein inneres hülsenförmiges Bauteil (101) aufweist, die ineinander geschachtelt angeordnet sind, wobei eine innere Mantelfläche des äußeren hülsenförmigen Bauteils mit der äußeren Mantelfläche des inneren hülsenförmigen Bauteils gemeinsam zumindest einen Kühlmediumführungskanal definieren, und wobei das äußere hülsenförmige Bauteil zumindest eine vom Kühlmediumführungskanal separate Bohrung (104, 105) als Zufuhrkanal für Druckmedium zur Steuerung der Kupplung aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass diese Bohrung vollständig im äußeren zylindrischen Bauteil ohne Beteiligung des inneren zylindrischen Bauteils ausgebildet ist, wobei das äußere hülsenförmige Bauteil (100) an einem Getriebegehäuse oder Antriebsgehäuse angebunden ist, wobei das innere hülsenförmige Bauteil (101) als Vorzentrierung für die Kupplung beim Einbau in die Kupplungsglocke vorgesehen ist, und (Merkmal A) wobei das äußere hülsenförmige Bauteil (100) als Schmiedeteil ausgebildet ist, wobei der zumindest eine Kühlmediumführungskanal im Rahmen des Schmiedevorgangs mit ausgebildet wird."
Anspruch 7 lautet wie folgt:
"Stator für eine Doppelkupplung (3) mit zwei Einzelkupplungen mit nasslaufenden Lamellen, wobei die Doppelkupplung (3) auf einem gemeinsamen Stator gelagert ist, der die Doppelkupplung mit Kühl- und Druckmedium für die beiden Einzelkupplungen versorgt, wobei der gemeinsame Stator ein äußeres hülsenförmiges Bauteil (100) und ein inneres hülsenförmiges Bauteil (101) aufweist, die ineinandergeschachtelt angeordnet sind, wobei eine innere Mantelfläche des äußeren hülsenförmigen Bauteils (100) mit der äußeren Mantelfläche des inneren hülsenförmigen Bauteils (101) gemeinsam zumindest zwei voneinander hydraulisch getrennte Kühlmediumführungskanäle definieren, und wobei das äußere hülsenförmige Bauteil (100) zumindest zwei von den Kühlmediumführungskanälen separate Bohrungen (104, 105) als Zufuhrkanal für Druckmedium zur Steuerung der Kupplung (3) aufweist, und diese Bohrungen vollständig im äußeren zylindrischen Bauteil (100) ohne Beteiligung des inneren zylindrischen Bauteils (101) ausgebildet sind, wobei das innere zylindrische Bauteil neben der Kühlmediumführung/-abdichtung auch als Zentrierbund zur Zentrierung der Kupplung im Kupplungsgehäuse dient, und (Merkmal A) wobei das äußere hülsenförmige Bauteil (100) als Schmiedeteil ausgebildet ist, wobei der zumindest eine Kühlmediumführungskanal im Rahmen des Schmiedevorgangs mit ausgebildet wird."
Die Merkmalsbezeichnung (Merkmal A) wurde von der Kammer eingefügt.
VIII. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Artikel 100 b) EPÜ
Das Patent offenbare nicht, wie der Fachmann eine vom Kühlmediumführungskanal separate Bohrung als Zufuhrkanal für Druckmedium zur Steuerung der Kupplung herstellen könne, die vollständig im äußeren zylindrischen Bauteil des Stators und ohne Beteiligung des inneren zylindrischen Bauteils ausgebildet sei. Insbesondere zeige keine der Abbildungen 3 bis 5 die Zufuhrkanäle für das Druckmedium, wohingegen die Kühlmediumsführungskanäle sehr wohl dargestellt seien.
Die Lehre des Patents sei daher nicht so offenbart, dass der Fachmann sie ausführen könne.
Zulassung der D14
Dokument D14 sei von der Einspruchsabteilung in das Verfahren zugelassen und in der Entscheidungsbegründung, Punkt 3.2 diskutiert worden. In der Beschwerdebegründung habe die Beschwerdeführerin (Einsprechende) erneut dargelegt, warum der Gegenstand des Anspruchs 1 wie von der Einspruchsabteilung aufrechterhalten durch die Offenbarung der D14 vorweggenommen sei. Die Kammer habe somit kein Ermessen, dieses Vorbringen nicht zu berücksichtigen.
Keine Zulassung des Hilfsantrags und neuer Argumente zur Neuheit über D14
Dagegen sei schon der ursprünglich von der Patentinhaberin in Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung eingereichte Hilfsantrag nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen, weil zum einen der auf D14 beruhende Neuheitsangriff bereits mit der Beschwerdebegründung eingereicht und zum anderen selbst die von der Kammer gesetzte Frist von einem Monat zur Einreichung neuen Vorbringens versäumt worden sei. Dies gelte ebenso für die mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 vorgebrachten Argumente der Patentinhaberin, die daher ebenfalls nicht in das Beschwerdeverfahren zuzulassen seien.
Hilfsantrag - Gewährbarkeit
Zur Gewährbarkeit des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) in der mündlichen Verhandlung - an der sie nicht teilgenommen hat - nichts vorgetragen. Ebenso wenig hat sie in ihrem Schriftsatz vom 21. Oktober 2019 zu dem in der Sache sehr ähnlichen Hilfsantrag vom 7. Oktober 2019 Einwände zur Neuheit oder erfinderischen Tätigkeit des in Anspruch 3 wie aufrechterhalten definierten - und nun in die unabhängigen Ansprüche aufgenommenen - Gegenstand (Merkmal A) erhoben.
IX. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Artikel 100 b) EPÜ
Die Offenbarung beschreibe in Absatz [0026] und [0031] in Verbindung mit den Figuren 2 und 3 in für den Fachmann ausreichender Weise, wie die Erfindung auszuführen sei.
Keine Zulassung der D14
Dokument D14 sei von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren verspätet eingeführt und trotz entgegenstehendem Antrag der Patentinhaberin in das Verfahren zugelassen worden. Da das Dokument nicht prima facie relevant sei, hätte es von der Einspruchsabteilung nicht zugelassen werden dürfen und sei daher auch von der Kammer nicht zu berücksichtigen.
Zulassung des Hilfsantrags und neuer Argumente zur Neuheit über D14
Anspruch 1 des Hilfsantrags sei wortidentisch mit Anspruch 3 der aufrechterhaltenen Fassung in der Rückbeziehung auf Anspruch 1. Anspruch 2 des Hilfsantrags sei wortidentisch mit Anspruch 3 der aufrechterhaltenen Fassung in der Rückbeziehung auf die Ansprüche 1 und 2. Der zweite unabhängige Anspruch sei dazu analog geändert. Dies sei im Hilfsantrag vom 7. Oktober 2019 lediglich versehentlich versäumt worden. Es handele sich somit um eine wenig komplexe Änderung, durch die kein neuer Sachverhalt in das Verfahren eingebracht werde. Die Einreichung sei zudem durch die Ankündigung der Kammer veranlasst, die Dokumente D14 und D15 im Beschwerdeverfahren berücksichtigen zu wollen, bzw. durch den Hinweis in der mündlichen Verhandlung, dass der zweite unabhängige Anspruch im Hilfsantrag vom 7. Oktober 2019 unverändert geblieben sei.
Als Kombination sowohl ursprünglich offenbarter Ansprüche, als auch erteilter Ansprüche seien die Erfordernisse der Artikel 123(2), (3) und 84 EPÜ erfüllt. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) habe die Lehre des nun in die unabhängigen Ansprüche aufgenommenen Anspruchs 3 wie aufrechterhalten weder im Einspruchs- noch im Beschwerdeverfahren angegriffen. Die Einreichung des Hilfsantrags stelle somit einen verfahrensökonomischen bona fide Versuch dar, das Patent gegen einen neu eingereichten Stand der Technik zu verteidigen. Der Hilfsantrag solle somit in das Verfahren zugelassen werden.
Hilfsantrag - Gewährbarkeit
Es sei kein Stand der Technik im Verfahren, welcher Neuheit oder erfinderische Tätigkeit der unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrags in Frage stellen könnten.
1. Status der Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin)
Die Kammer hat mit der Entscheidung T 851/18 vom 12. April 2019 festgestellt, dass die Gebühr für die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) als nicht fristgerecht gezahlt gilt. Unter Anwendung der in G 1/18 aufgestellten Grundsätze ist die Beschwerde damit als nicht eingelegt anzusehen und die Beschwerdegebühr von Amts wegen zu erstatten.
Dies bedeutet auch, dass der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) lediglich der Status einer Beschwerdegegnerin zukommt, sie somit auf die Verteidigung des Patents in der aufrechterhaltenen Form beschränkt ist (Verbot einer reformatio in peius).
Zur Vermeidung von Verwechslungen wird die Patentinhaberin im Folgenden weiterhin als Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) bezeichnet.
2. Artikel 100 b) EPÜ
Paragraph [0031] und Figur 3 des Patents offenbaren einen aus einer äußeren Hülse 100 und einer inneren Hülse 101 aufgebauten Stator. Im äußeren Bereich der Verbindungsfläche 102 zum Getriebegehäuse sind in Figur 3 mehrere Löcher zu erkennen.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Die Löcher 103 dienen der Verschraubung mit dem Getriebegehäuse und sind für die Ölzuleitung ohne Bedeutung (Spalte 6, Zeilen 52-58). Die Bohrungen 104 und 105 dienen der Druckmediumszuführung zu den Druckkammern der Einzelkupplungen K1 und K2 (der die Spalten 6 und 7 überspannende Satz). Weiterhin gibt es im zylindrischen Teil der äußeren Hülle sich axial erstreckende Bohrungen, die über Verschlusselemente 106 verschlossen sind. Zu diesen axialen Bohrungen führen die vorliegend schrägen Bohrungen 104 und 105 (Spalte 7, Zeilen 3-6).
Es ist somit für den Fachmann klar, wie die diversen Bohrungen verlaufen müssen: Die Bohrungen 104 und 105 sind schräg ausgeführt und verlaufen zu den axial verlaufenden Bohrungen 106. Die Bohrungen 106 enden anbindungsseitig blind bzw. sind durch Stopfen verschlossen. Da die axial verlaufenden Bohrungen axial in der äußeren Hülse verlaufen, liegen diese und die zu ihnen führenden schrägen Bohrungen vollständig im äußeren zylindrischen Bauteil, ohne Beteiligung des inneren zylindrischen Bauteils.
Das Patent offenbart daher die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
3. Zulassung der D14
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat beantragt, D14 nicht in das Verfahren zuzulassen (Schreiben vom 22. Oktober 2018, C.I.1). Allerdings wurde D14 von der Einspruchsabteilung, welche die prima facie Relevanz dieser Entgegenhaltung berücksichtigt hat, in das Einspruchsverfahren zugelassen und in der Entscheidung diskutiert (Entscheidung, Seite 9ff, Punkte 2 - 4). Das Dokument wurde außerdem in der Beschwerdebegründung erneut genannt und ist daher gemäß Artikel 12(1) und (2) VOBK 2020 und Artikel 25(2) VOBK 2020 in Verbindung mit Artikel 12(4) VOBK 2007 von der Kammer zu berücksichtigen.
4. Zulassung des Hilfsantrags und neue Argumente zur Neuheit über D14
4.1 Der einzige noch im Verfahren befindliche Antrag ist der während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingereichte Hilfsantrag. Da die Beschwerdeführerin (Einsprechende) in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend war, hat sie formell gegen diesen Antrag keine Einwände vorgebracht. Die Kammer geht hier zu ihren Gunsten davon aus, dass die in Zusammenhang mit dem am 7. Oktober 2019 eingereichten Hilfsantrag gerügte Verspätung auch den nunmehr vorgelegten Hilfsantrag betrifft.
4.2 Der Hilfsantrag wurde während der mündlichen Verhandlung eingereicht und stellt somit eine Änderung des Vorbringens der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) dar, dessen Zulassung und Berücksichtigung gemäß Artikel 13(1) and (3) VOBK 2020 und Artikel 13 VOBK 2007 in Verbindung mit Artikel 25(3) VOBK 2020 im Ermessen der Kammer steht.
Gemäß Artikel 13(1) VOBK 2007 ist bei der Ausübung des Ermessens insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie zu berücksichtigen. Artikel 13(1) VOBK 2020 verlangt weiterhin, die Angabe von Gründen für die Einreichung der Änderung erst in dieser Phase des Beschwerdeverfahrens, eine Eignung der Änderung zur Lösung der von einem anderen Beteiligten oder der Kammer in zulässiger Weise aufgeworfenen Fragen, sowie ein prima facie Ausräumen der aufgeworfenen Fragen, ohne dabei Anlass zu neuen Einwänden zu geben.
4.3 Der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Hilfsantrag unterscheidet sich von den Ansprüchen, mit denen das Patent von der Einspruchsabteilung aufrecht erhalten wurde, in zwei Punkten.
4.3.1 Zum einen kombiniert Anspruch 1 des Hilfsantrags den Gegenstand der Ansprüche 1 und 3 wie von der Einspruchsabteilung aufrechterhalten. Diese Änderung war bereits in dem mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2019 vorgelegten Hilfsantrag enthalten. Insofern hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) mit Schriftsatz 21. Oktober 2019 Verspätung gerügt und Nichtzulassung beantragt. Zum anderen wurde der Gegenstand des Anspruchs 3 wie aufrechterhalten nun auch in den zweiten unabhängigen Anspruch 7 aufgenommen. Diese Änderung erfolgte erstmals in dem in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag.
4.3.2 Beide Änderungen sind wenig komplex, werfen keine neuen Fragen auf und sind sachdienlich. Die Kammer sieht daher trotz des späten Verfahrensstands keinen Grund, den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsantrag und die bezüglich seiner Zulassung und Gewährbarkeit vorgebrachten Argumente nicht in das Verfahren zuzulassen.
4.3.3 Die Änderung vom 7. Oktober 2019 - Aufnahme der Merkmale von Anspruch 3 wie aufrecht erhalten in Anspruch 1 - entspricht in der Sache einer Streichung des breiteren Anspruchs 1 wie aufrecht erhalten und trägt sämtlichen Einwänden der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) in verfahrensökonomischer Art und Weise Rechnung. Anspruch 3 wie aufrechterhalten wurde zudem im bisherigen Einspruchs- und Beschwerdeverfahren nicht angegriffen. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hatte Gelegenheit dazu in ihrem Schriftsatz vom 21. Oktober 2019 Stellung zu nehmen.
4.3.4 Die in der mündlichen Verhandlung vorgenommene zweite Änderung entspricht der Ersten indem sie den Gegenstand des Anspruchs 3 wie aufrechterhalten nunmehr auch in den zweiten unabhängigen Anspruch 7 aufnimmt. Diese Änderung behebt in offensichtlicher Weise den von der Kammer in der Verhandlung geäußerten Einwand, die Änderung vom 7. Oktober 2019 stelle Neuheit lediglich der Lehre des unabhängigen Anspruchs 1, nicht aber des unabhängigen Anspruchs 7 her. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Änderung im Hilfsantrag vom 7. Oktober 2019 lediglich versehentlich nur im ersten unabhängigen Anspruch vorgenommen worden sei. Da der Hilfsantrag vom 7. Oktober 2019 bereits eine gleichgeartete Änderung enthielt, musste die Beschwerdeführerin (Einsprechende) erwarten, dass ein Antrag mit einem entsprechenden Anspruchsgegenstand in der mündlichen Verhandlung diskutiert werden würde. Auch hatte sie - wie aus ihrem Schreiben vom 21. Oktober 2019 zu erkennen ist - Gelegenheit sich zu den zu erwartenden (Sach-) Fragen zu äußern und ihre Entscheidung, nicht an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, gegebenenfalls zu überdenken.
4.3.5 Artikel 13(2) VOBK 2007 in Verbindung mit Artikel 25(3) VOBK 2020, sowie Artikel 13(3) VOBK 2020 geben den anderen Beteiligten, also der Beschwerdeführerin (Einsprechenden), zwar das Recht, zu dem geänderten Vorbringen Stellung zu nehmen. Darauf hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) jedoch verzichtet, indem sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat. Die Kammer konnte daher über den in der Verhandlung vorgelegten Hilfsantrag entscheiden, ohne das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) zu verletzen.
5. Hilfsantrag - Gewährbarkeit
5.1 Artikel 123(2)
Der in den unabhängigen Anspruch 1 neu aufgenommene Gegenstand (Merkmal A) entspricht dem Gegenstand des Anspruchs 4 wie ursprünglich eingereicht und war in Kombination mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 wie aufrechterhalten ursprünglich offenbart (vgl. Ansprüche 1, 3 und 4 wie eingereicht). Nachdem das einzige Ausführungsbeispiel einen Stator für eine Doppelkupplung mit zwei Einzelkupplungen mit nasslaufenden Lamellen offenbart, ist für den Fachmann unmittelbar und eindeutig offenbart, dass die Merkmale des Anspruchs 3 wie aufrechterhalten auch für eine derartige Doppelkupplung (entsprechend der Merkmalskombination im geänderten unabhängigen Anspruch 7) offenbart sind.
Die Erfordernisse des Artikels 123(2) sind somit erfüllt.
5.2 Die Hinzunahme der Merkmale des Anspruchs 3 wie aufrechterhalten in beide aufrechterhaltenen unabhängigen Ansprüche führt zu einer Einschränkung des Schutzbereichs, sowohl gegenüber dem Patent wie erteilt, als auch gegenüber dem Patent wie von der Einspruchsabteilung aufrechterhalten.
Die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ sind daher erfüllt und es liegt keine reformatio in peius vor.
5.3 Anspruch 3 wie aufrechterhalten entspricht Anspruch 4 wie erteilt. Die Kombination der Merkmale im nun vorliegenden Hilfsantrag führt keine Unklarheiten ein. Die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ sind somit - soweit von der Kammer zu prüfen - erfüllt.
5.4 Wie von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) richtig vorgebracht, wurde keinerlei Angriff gegen Neuheit oder erfinderische Tätigkeit des Merkmals A vorgebracht. Insbesondere offenbart das zur Neuheit des Hauptantrags (zurückgenommen) diskutierte Dokument D14 Merkmal A nicht.
Die Kammer sieht daher keinen Grund, Neuheit und erfinderische Tätigkeit in Frage zu stellen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung
zurückverwiesen mit der Anordnung das Patent in der
folgenden Fassung aufrecht zu erhalten:
- Ansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag wie
eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der
Kammer,
- Beschreibung: Spalten 1, 2, 7 und 8 wie
eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der
Kammer, Spalten 3 und 4 wie eingereicht in der
mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung
und Spalten 5 und 6 wie erteilt.
- Zeichnungen: Figuren 1 bis 6 wie erteilt.
3. Es wird festgestellt, dass die Beschwerde der
Patentinhaberin als nicht eingelegt anzusehen ist.