T 0110/85 (Wiedereinsetzung) 06-08-1986
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I. Durch beschwerdefähige Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vom 1. März 1985 wurde festgestellt, daß der Aufrechterhaltung des europäischen Patents Nr. 10534 in geändertem Umfang nach Artikel 100 EPÜ nichts entgegensteht.
II. Am 27. April 1985 legte eine der drei Einsprechenden (Beschwerdeführerin I) unter Entrichtung der Beschwerdegebühr und Einreichung der Begründung Beschwerde ein. Am 10. April 1985 legte eine zweite Einsprechende (Beschwerdeführerin II) unter Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde ein. Von der dritten und letzten Einsprechenden wurde keine Beschwerde erhoben.
III. In einem Schreiben vom 8. August 1985 wies ein Geschäftsstellenbeamter der Beschwerdekammer die Beschwerdeführerin II darauf hin, daß sie keine Beschwerdebegründung innerhalb der in Artikel 108 EPÜ festgesetzten Frist eingereicht habe.
IV. Am 5. Oktober 1985 stellte die Beschwerdeführerin II einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und reichte gleichzeitig eine Beschwerdebegründung ein. Die Wiedereinsetzungsgebühr wurde gleichzeitig gezahlt.
V. In einer Mitteilung nach Artikel 110 (2) EPÜ vom 28. Mai 1986 teilte die Beschwerdekammer den Beteiligten mit, daß sie beabsichtige, die Große Beschwerdekammer von Amts wegen mit der Frage zu befassen, ob ein Einsprechender als Beschwerdeführer in die versäumte Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung wiedereingesetzt werden könne, obwohl im Artikel 122 EPÜ nur der Patentanmelder und der Patentinhaber erwähnt sind. Wenngleich die Beschwerdeführerin II auch nach Artikel 107 Satz 2 am Beschwerdeverfahren beteiligt sei, so sei doch diese Beteiligung davon abhängig, daß die Beschwerdeführerin I ihre Beschwerde aufrechterhält. Daher sei es für die Beschwerdeführerin II von großer Bedeutung, daß diese Frage entschieden wird.
VI. Die Beschwerdeführerin I und die dritte Einsprechende antworteten, daß sie sich einer Äußerung über diese Frage enthielten. Die Beschwerdeführerin II erklärte, daß sie die Meinung der Beschwerdekammer teile.
VII. Die Beschwerdegegnerin äußerte sich nicht zu den vorgelegten Rechtsfragen, fand aber, daß die zwangsläufige Verzögerung des Verfahrens zu einem unberechtigten Nachteil für sie als Patentinhaberin führe.
1. Die Zulässigkeit der Beschwerde der Beschwerdeführerin II hängt davon ab, ob dem gestellten Antrag auf Wiedereinset zung in den vorigen Stand in die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung stattgegeben werden kann. Diese Frage hängt im vorliegenden Fall allein davon ab, ob dem Einsprechenden überhaupt eine Wiedereinsetzung in die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung gewährt werden kann. Im übrigen nämlich ist der Antrag auf Wiedereinsetzung sowohl zulässig wie auch begründet.
2. Nach Artikel 112 (1) (a) EPÜ kann eine Beschwerdekammer von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten die Große Beschwerdekammer befassen, wenn sie der Ansicht ist, daß eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Klärung bedarf.
3. Die Klärung der Frage, ob dem Einsprechenden die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könnte, sofern er die Frist zur Einreichung der Beschwerdebegründung versäumt hat, ist nicht nur für die vorliegende Beschwerde wichtig, sondern offensichtlich von erheblicher allgemeiner Bedeutung. Es handelt sich um eine reine Rechtsfrage, die von grundsätzlichem Interesse ist und daher eine endgültige Antwort finden sollte.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird gemäß Artikel 112 (1) (a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 17 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (ABl EPA 1983, 11) wie folgt entschieden:
Folgende Rechtsfrage wird der Großen Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt:
Kann ein Beschwerdeführer, der Einsprechender ist, nach Artikel 122 EPÜ wieder in den vorigen Stand eingesetzt werden, wenn er die Frist nach Artikel 108 Satz 3 EPÜ zur Einreichung der Beschwerdebegründung versäumt hat ?"