T 0603/89 (Anzeiger) 03-07-1990
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1. Besteht der Gegenstand eines Anspruchs aus einer Mischung aus technischen (hier ein Anzeiger) und nichttechnischen Bestandteilen (hier Informationen über die Töne der Tasten eines Tasteninstruments), so ist der Gegenstand als Ganzes nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, wenn die Mischung keine technischen Mittel zur Lösung einer technischen Aufgabe einsetzt.
2. Die Verbesserung einer Lehrmethode ist keine technische Aufgabe, sondern eine Verbesserung eines Verfahrens für eine gedankliche Tätigkeit.
3. Ein vermuteter Widerspruch zwischen den Richtlinien und der voraussichtlichen Entscheidung einer Beschwerdekammer ist kein Grund zur Befassung der Großen Beschwerdekammer.
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 85 904 189.9 (Veröffentlichungsnummer WO 87/00952) wurde mit Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts zurückgewiesen.
II. Der Entscheidung lagen die am 10. Februar 1989 eingereichten Ansprüche 1 - 13 zugrunde.
III. Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf die Offenbarung der Druckschrift
D1: US-A-1 725 844
nicht neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ und außerdem nach Artikel 52 (2) c) und d) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sei. Die Prüfungsabteilung vertrat die Auffassung, daß die vom Anmelder erfundene und beanspruchte Kombination aus diatonischer und chromatischer Notation unter die im Übereinkommen angegebenen Ausnahmen von der Patentierbarkeit falle, da das Erlernen von Musik an sich eine gedankliche Tätigkeit und die Notation an sich die Wiedergabe von Informationen sei.
IV. Gegen diese Entscheidung wurde Beschwerde eingelegt; gleichzeitig wurden am 28. August 1989 die geänderten Ansprüche 1 - 6 und die Beschreibungsseiten 1 - 24 eingereicht. Der geänderte Anspruch 1 lautete wie folgt:
"1. Anzeiger zur Erleichterung des Lesens und Spielens von Noten auf einem Tasteninstrument mit einer Standardtastatur mit zwölf Tasten pro Oktave, von denen sieben weiße und fünf schwarze sind, der zusammen mit einem System zur Darstellung von schriftlich aufgezeichneter Musik verwendet wird, das über den herkömmlichen heptatonischen Notenköpfen dodekaphonische Zahlen angibt, wobei der Anzeiger ein Grundelement, das aus einem dünnen Material geformt und so angepaßt ist, daß es vertikal hinter den schwarzen und auf den weißen Tasten des Tasteninstruments ruht, wobei auf dem Grundelement vertikal zu jeder der zwölf schwarzen und weißen Tasten eine Zahl angezeigt ist, die die chromatische Halbtonhöhe jeder schwarzen und weißen Taste dodekaphonisch wiedergibt, sowie sich vom unteren Ende des Grundelements in Höhe jeder der sieben weißen Tasten horizontal nach vorne erstreckende Laschen umfaßt, wobei auf jeder horizontalen Lasche die Buchstabenbezeichnung C, D, E, F, G, A oder B angegeben ist, die die von jeder weißen Taste angeschlagene Tonhöhe der diatonischen Tonskala heptatonisch wiedergibt, wobei die zwölf vertikalen dodekaphonischen Zahlenbezeichnungen den sieben horizontalen heptatonischen Buchstabenbezeichnungen gegenübergestellt sind und so nicht nur die chromatische, aus zwölf Halbtönen bestehende Struktur der Tastatur und der Musik, sondern gleichzeitig auch die diatonische Siebentonstruktur der Tastatur und Musik linear und gleichmäßig wiedergeben, so daß beide Strukturtypen leicht visuell zu erfassen sind; dabei gelten folgende Definitionen: HEPTATONISCH. Abgeleitet von der griechischen Bezeichnung für "sieben" und "Ton". Eine heptatonische Darstellung der Tonhöhe wird hier wie folgt definiert: Es gibt pro Oktave sieben unabhängige oder "primäre" Einheiten sowie fünf abhängige oder "sekundäre" Einheiten, die modifizierte Versionen der sieben primären darstellen. In diesem System werden die primären Einheiten als untereinander gleichwertig, die sekundären Einheiten hingegen als den primären Einheiten untergeordnet angesehen. So würde z. B. "D#/Eb" als abhängige, sekundäre Einheit gelten, die ihren unmittelbaren Nachbarn "D" und "E" untergeordnet ist.
DODEKAPHONISCH. Abgeleitet von der griechischen Bezeichnung für "zwölf" und "Ton". Eine dodekaphonische Darstellung der Tonhöhe wird hier wie folgt definiert: Es gibt zwölf unabhängige Einheiten pro Oktave, jedoch keine abhängigen Einheiten, die als modifizierte Versionen anderer Einheiten auftreten, also keine Unterscheidung zwischen "primär" und "sekundär". Bei einem solchen System gibt es keine Einheiten, die anderen gegenüber als untergeordnet gelten; alle sind gleichwertig. "3" zum Beispiel würde als unabhängige, primäre Einheit gelten, die ihren unmittelbaren Nachbarn "2" und "4" gleichwertig ist." Die Ansprüche 2 bis 6 sind auf Anspruch 1 rückbezogen.
V. In einem Bescheid, der gemäß Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern zur Vorbereitung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung erging, teilte die Kammer diesem mit, sie vertrete vorläufig die Auffassung, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 eine Mischung aus technischen und nichttechnischen Bestandteilen darstelle, wobei die letzteren in der Wiedergabe von Informationen bestünden. In früheren Entscheidungen - insbesondere in der Entscheidung T 26/86, ABl. EPA 1988, 19 - habe sie festgestellt, daß ein Anspruch, der aus einer Mischung aus technischen und nichttechnischen Merkmalen bestehe, nicht nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sei, wenn sich die zugrundeliegende Erfindung technischer Mittel bediene. Eine Verwendung technischer Mittel sei jedoch nicht schon dann gegeben, wenn eine technische Komponente vorhanden sei; sie bedeute vielmehr, daß die Mischung eine technische Aufgabe löse, d. h. in der konkreten Vorrichtung eine technische Wirkung hervorrufe. Die Merkmale des Anspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung bezögen sich auf die Wiedergabe von Informationen und wirkten sich nicht auf die physikalischen Merkmale der Vorrichtung, sondern nur auf die Gedanken des Schülers aus. Die beabsichtigte Verbesserung der Lernfähigkeit eines Schülers sei als Gedankenschritt zu sehen. Außerdem unterscheide sich der Gegenstand des Anspruchs 1 von dem aus der Entgegenhaltung D1 bekannten Anzeiger nicht durch irgendein technisches Merkmal, sondern nur durch seine informationsbezogenen Eigenschaften, d. h. dadurch, daß die herkömmliche Notation, wie sie bei dem bekannten Anzeiger verwendet werde, durch eine dodekaphonische Zahlenskala ersetzt werde.
VI. Es fand eine mündliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer zum Schluß folgende Anträge stellte:
1. Die angefochtene Entscheidung solle aufgehoben und auf der Grundlage folgender Unterlagen ein Patent erteilt werden:
Ansprüche 1 - 6, eingereicht am 28. August 1989
Beschreibung Seiten 1 - 24, eingereicht am 28. August 1989
Zeichnungen Blatt 1/5 in der veröffentlichten Fassung
Blatt 2/5 gestrichen
Blatt 3/5 bis 5/5, mit den von ursprünglich 4a bis 7 in 3a bis 6 umnumerierten Abbildungen (Hauptantrag)
2. Folgende Frage solle der Großen Beschwerdekammer vorgelegt werden:
"Muß eine Erfindung, die aus einer Mischung aus technischen und nichttechnischen Merkmalen besteht, eine rein technische Aufgabe lösen?" (Hilfsantrag)
VII. Zur Stützung seines Hauptantrags machte der Beschwerdeführer im wesentlichen folgendes geltend:
a) Nach der Entscheidung T 26/86 sei eine Erfindung unabhängig von der Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit für die Zwecke des Artikels 52 EPÜ in ihrer Gesamtheit zu würdigen, wobei die beanspruchten technischen und nichttechnischen Merkmale nicht gewichtet werden müßten. Da die hier beanspruchte Erfindung technische Merkmale aufweise, nämlich einen Anzeiger, der auf der Tastatur angebracht werde, den Tasten Informationen zuordne und Raum für bestimmte Symbole biete, sei die Kombination dieser Merkmale mit einem neuen Notationssystem daher nicht nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, selbst wenn die technischen Merkmale an sich zugegebenermaßen nicht als neu oder erfinderisch betrachtet werden könnten. Für die Zwecke der Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit müsse jedoch der gesamte Inhalt des Anspruchs herangezogen werden, d. h. die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit könnten nur auf die nichttechnischen Merkmale gestützt werden.
b) Das Europäische Patentübereinkommen schließe technische Lehrmittel nicht von der Patentierbarkeit aus. Es wäre auch nicht im Sinne des Übereinkommens, wenn eine solche Vorrichtung nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ als nicht patentierbar angesehen würde, weil die beanspruchten Merkmale (etwa in Anspruch 1) dem Schüler den Lernprozeß erleichterten und damit die technische Verwendbarkeit der Vorrichtung verbesserten.
c) In den Prüfungsrichtlinien heiße es in Teil C-IV, 2.3 ausdrücklich wie folgt: "Die Anordnung oder Art und Weise der Wiedergabe kann im Unterschied zu dem Informationsgehalt sehr wohl ein patentierbares technisches Merkmal darstellen." Für die Information als solche, d. h. für die heptatonischen Buchstaben und die dodekaphonischen Zahlen, werde kein Schutz begehrt, sondern nur für den Anzeiger, auf dem sie stünden. Dieser sei mit den in dem oben genannten Kapitel der Richtlinien aufgeführten Beispielen für eine patentierbare Wiedergabe von Informationen vergleichbar, die ein technisches Merkmal aufwiesen, nämlich "ein Telegrafenapparat oder ein Nachrichtensystem, das durch die Verwendung eines besonderen Codes zur Wiedergabe der Buchstaben gekennzeichnet ist (z. B. Puls-Code-Modulation); ein Meßinstrument, das zur Wiedergabe der durch Messen ermittelten Informationen eine besondere Kurve aufzeichnet". Im vorliegenden Fall lägen die technischen Merkmale in der Bereitstellung von Platz für die Zeichen, in der Anordnung, aus der hervorgehe, daß die Buchstaben und Zahlen die gleiche Bedeutung hätten, sowie in der Tatsache, daß sie beide eine lineare Reihe bildeten, die sich auf die physikalische Anordnung der Tasten beziehe.
d) In den Richtlinien, C-IV, 2.2 heiße es ausdrücklich: "Ist beispielsweise der Anspruch auf ein bekanntes gewerbliches Erzeugnis mit einem aufgemalten Muster oder bestimmten aufgedruckten Informationen gerichtet, so besteht der Beitrag zum Stand der Technik in der Regel nur in einer ästhetischen Formschöpfung oder Wiedergabe von Informationen." Der in Anspruch 1 beanspruchte Anzeiger trage weder schmückende Zeichen, noch hätten die darauf angegebenen Zahlen und Zeichen irgendeinen Informationsgehalt, d. h. sie bezeichneten weder ein bestimmtes Gedicht noch ein Musikstück.
e) Wende man die Aussage der Richtlinien auf den in Anspruch 1 beanspruchten Anzeiger an, so ergebe sich eindeutig, daß Anspruch 1 eine Erfindung definiere, die nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ patentierbar sei. Da die Anmelder in der Regel vor Einreichung einer europäischen Patentanmeldung die in den Richtlinien genannten Patentierungskriterien nachschlügen, sollten die Beschwerdekammern der Lehre der Richtlinien folgen. Sonst wären diese für die Öffentlichkeit irreführend.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 besteht im wesentlichen aus
a) "einem Anzeiger, der ein Grundelement, das aus einem dünnen Material geformt und so angepaßt ist, daß es vertikal hinter den schwarzen und auf den weißen Tasten eines Tasteninstruments ruht, sowie Laschen umfaßt, die sich vom unteren Ende des Grundelements in Höhe jeder der sieben weißen Tasten horizontal nach vorne erstrecken;
b) die Laschen tragen die Buchstaben C, D, E, F, G, A oder B, welche "die von jeder weißen Taste angeschlagene Tonhöhe heptatonisch wiedergeben";
c) das Grundelement gibt vertikal zu jeder der schwarzen und weißen Tasten eine Zahl an, "die die chromatische Halbtonhöhe jeder schwarzen und weißen Taste dodekaphonisch wiedergibt";
d) die Zahlen und die Buchstaben sind einander "gegenübergestellt" und "leicht visuell zu erfassen". Der übrige Wortlaut des Anspruchs 1 betrifft im wesentlichen eine Definition der Begriffe "heptatonisch" und "dodekaphonisch".
2.2. Teil a) des Anspruchs 1 enthält die physikalischen Merkmale dieses Anspruchs und bildet dessen technische Bestandteile; der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß sie aus der Entgegenhaltung D1 bekannt sind.
2.3. Teil b), der bereits aus der Entgegenhaltung D1 bekannt ist, sowie die Teile c und d des Anspruchs 1 beziehen sich auf die gegebenen Informationen und bilden die nichttechnischen Bestandteile des Anspruchs.
2.4. Der Beschwerdeführer argumentiert im wesentlichen wie folgt:
(i) Die Erfindung beziehe sich auf eine Mischung aus technischen und nichttechnischen Bestandteilen und sei deshalb auch dann nicht nach Artikel 52 EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, wenn die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs in den nichttechnischen Merkmalen liege.
(ii) Auch wenn die Auffassung vertreten wurde, daß die Mischung eine technische Wirkung hervorrufen müsse, weil sie sonst von der Patentierung ausgeschlossen wäre, erfülle die vorliegende Erfindung diese Bedingung, weil bei ihr die technische Wirkung in der Erzielung eines verbesserten Lehrmittels und einer verbesserten Lehrmethode liege.
2.5. Die Kammer stimmt mit dem Beschwerdeführer darin überein, daß der Gegenstand eines "gemischten" Anspruchs zumindest dann nicht nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen ist, wenn die nichttechnischen Merkmale mit den bekannten technischen so zusammenwirken, daß eine technische Wirkung entsteht. Daher ist die Kammer der Auffassung, daß die Mischung nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen ist, wenn zwischen den technischen und den nichttechnischen Merkmalen eine Wechselwirkung besteht und die Mischung als Ganzes eine technische Aufgabe löst (siehe die bereits erwähnte Entscheidung T 26/86). Fehlt eine solche Wechselwirkung - etwa weil die technischen Merkmale nur Träger für die nichttechnischen Merkmale sind, aber ansonsten nicht mit ihnen zusammenwirken -, so werden in der Erfindung keine technischen Merkmale verwendet, und sie kann deshalb nicht patentiert werden (siehe T 158/88, ABl. EPA 1991, 566). Besteht mit anderen Worten der Gegenstand eines Anspruchs aus einer Mischung aus technischen (hier einem Anzeiger) und nichttechnischen Bestandteilen (hier Informationen über die Töne der Tasten eines Tasteninstruments), so ist der Gegenstand als Ganzes nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, wenn die Mischung keine technischen Mittel zur Lösung einer technischen Aufgabe einsetzt.
2.6. Im vorliegenden Fall haben die Anzeige der dodekaphonischen Zahlen (Merkmal c), ihre Zuordnung zu den heptatonischen Buchstaben (Merkmal b) und ihre leichte visuelle Erfassung (Merkmal d) keine Auswirkung auf die physikalischen Eigenschaften oder auf die mechanische Funktionsweise der dreidimensionalen Anzeigerstruktur aus Grundelement und Laschen (Merkmal a). Diese bekannte Anzeigerstruktur ist nur ein Träger für die oben genannten Informationen und wirkt sich nicht auf sie aus (Merkmale b bis c). Da keine Wechselwirkung innerhalb der beanspruchten Mischung eintritt, kommen also auch keine technischen Mittel zum Einsatz.
2.7. Der Beschwerdeführer hat geltend gemacht, daß diese Auslegung des Anspruchs 1 nicht richtig sei und daß die technische Wirkung in der Bereitstellung eines neuen Lehrmittels und einer neuen Lehrmethode zu sehen sei.
2.8. Zwar ist ein technisches Lehrmittel ein technischer Gegenstand; im vorliegenden Fall liegt jedoch der Beitrag der Erfindung zur Verwirklichung dieser Vorrichtung nur im Inhalt der angezeigten Informationen und nicht in der Vorrichtung selbst, die zum Stand der Technik gehört. Mit anderen Worten: Das von der Erfindung gelöste Problem besteht in der Verbesserung einer Lehrmethode. Im Gegensatz zum Beschwerdeführer ist die Kammer der Auffassung, daß es sich bei der beabsichtigten Verbesserung um die Verbesserung eines Verfahrens für eine gedankliche Tätigkeit handelt. Somit wird auch mit der geänderten Mischung keine technische Aufgabe gelöst.
2.9. Aus diesen Gründen vertritt die Kammer die Auffassung, daß der Anspruch 1 nicht gewährbar ist. Die Ansprüche 2 bis 6 hängen vom Anspruch 1 ab und sind deshalb ebenfalls nicht gewährbar.
3. Hilfsantrag
3.1. Der Beschwerdeführer hat beantragt, daß die unter Nummer VI.2 aufgeführte Frage der Großen Beschwerdekammer vorgelegt wird, falls die Kammer Anspruch 1 des Hauptantrags für nach Artikel 52 EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen hält.
3.2. Zur Stützung dieses Antrags hat der Beschwerdeführer vorgebracht, daß die Richtlinien, Teil C-IV, 2 seiner Ansicht nach im Widerspruch zu der von der Kammer in ihrem Bescheid vertretenen Auffassung stünden, wonach eine Mischung aus technischen und nichttechnischen Merkmalen von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sei, wenn die technischen Merkmale bereits bekannt seien, es sei denn, die Mischung löse eine technische Aufgabe.
3.3. Die Beschwerdekammer stellt zunächst fest, daß "die Richtlinien" nicht rechtsverbindlich sind. Maßgebend für die Arbeit im Europäischen Patentamt sind letztlich in erster Linie das Europäische Patentübereinkommen selbst und in zweiter Linie die Auslegung des Übereinkommens durch die Beschwerdekammern und die Große Beschwerdekammer (Richtlinien, Allgemeine Einleitung, 1.2).
3.4. Die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (Art. 15) sieht folgendes vor: Weicht eine Kammer von der sich aus den Richtlinien ergebenden Auslegung des Übereinkommens ab, "so begründet sie dies, wenn ihrer Meinung nach diese Begründung zum Verständnis der Entscheidung beitragen kann."
3.5. Deshalb ist ein vermuteter Widerspruch zwischen den Richtlinien und der voraussichtlichen Entscheidung einer Beschwerdekammer kein Grund zur Befassung der Großen Beschwerdekammer.
3.6. Die Kammer stellt jedoch fest, daß zwischen der Begründung unter Nummer 2, wonach der Anspruch 1 nach dem Hauptantrag als nicht patentierbar anzusehen ist, und den Richtlinien bei richtiger Auslegung eigentlich kein Widerspruch besteht.
3.7. In den beiden vom Beschwerdeführer genannten Beispielen aus den Richtlinien (siehe Nr. VII c)) wirkt das nichttechnische Merkmal der Mischung mit dem technischen so zusammen, daß eine technische Wirkung entsteht, durch die eine technische Aufgabe gelöst wird. Bei dem Nachrichtensystem muß der Code (nichttechnisches Merkmal) mit dem System (Puls-Code-Modulation) zusammenwirken, damit sich dessen Funktionsweise ändert, z. B. um die Wahrscheinlichkeit von Übertragungsfehlern zu verringern, was ein technisches Problem darstellt; bei dem Meßinstrument muß das nichttechnische Merkmal (eine besondere Art der Datenverarbeitung) mit dem Instrument zusammenwirken, damit eine technische Wirkung entsteht (eine besondere Kurve zur Wiedergabe der gemessenen Informationen, wodurch wiederum eine technische Aufgabe gelöst wird, nämlich z. B. die Verbesserung der Wiedergabegenauigkeit).
3.8. In den Richtlinien (Teil C-IV, 2.2) wird folgendes festgestellt:
"... sollte sich der Prüfer unabhängig von Form oder Kategorie des Patentanspruchs auf dessen Inhalt konzentrieren, um festzustellen, welchen Beitrag zum Stand der Technik der beanspruchte Gegenstand als Ganzes tatsächlich leistet. Hat dieser Beitrag keinen technischen Charakter, so liegt keine Erfindung im Sinne von Artikel 52 (1) vor."
Diese Ansicht deckt sich voll und ganz mit der unter Nummer 2 wiedergegebenen Auffassung der Beschwerdekammer.
3.9. Die Kammer ist ferner der Auffassung, daß auch sonst kein Grund dazu besteht, die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Frage der Großen Beschwerdekammer vorzulegen.
3.10. Nach Artikel 112 (1) EPÜ befaßt die Beschwerdekammer auf Antrag eines Beteiligten die Große Beschwerdekammer, wenn sie dies für erforderlich hält, um eine einheitliche Rechtsanwendung zu sichern oder weil die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist. Keine dieser beiden Voraussetzungen ist hier erfüllt. Die Kammer folgt hier der früheren Entscheidung der Beschwerdekammer 3.5.1 vom 5. September 1988, T 115/85, ABl. EPA 1990, 30 sowie ihren eigenen früheren Entscheidungen T 26/86, ABl. EPA 1988, 19 und T 158/88, ABl. EPA 1991, 566; damit ist eine einheitliche Rechtsanwendung in der Grundsatzfrage gewährleistet, wie Erfindungen zu behandeln sind, in denen Merkmale verwendet werden, die an sich nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ nicht patentierbar sind. Die Frage des Beschwerdeführers kann zweifellos als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung eingestuft werden. Sie braucht der Großen Beschwerdekammer jedoch nicht vorgelegt zu werden, weil sich die Beschwerdekammer bei der Verhandlung des vorliegenden Falles in der Lage sieht, die Beantwortung dieser Frage zweifelsfrei aus dem Übereinkommen abzuleiten; siehe auch Entscheidung J 05/81, ABl. EPA 1982, 155. Aus diesen Gründen hält die Kammer eine Entscheidung der Großen Beschwerdekammer nicht für erforderlich und weist den Hilfsantrag des Beschwerdeführers zurück.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.