7. Product-by-Process-Ansprüche
7.1. Einleitung
Nach Art. 64 (2) EPÜ erstreckt sich der Schutz eines Verfahrenspatents auf die unmittelbaren Verfahrenserzeugnisse, auch wenn diese per se nicht patentierbar sind. Einige Anmelder wollten für bekannte Produkte Erzeugnisschutz erlangen, indem sie diese durch Verfahrensansprüche definierten und folgendermaßen argumentierten: Aus Art. 64 (2) EPÜ ergebe sich zwangsläufig, dass ein Erzeugnis dadurch neu werde, dass es durch ein neues Verfahren hergestellt werde.
Die Kammern traten dem entgegen und differenzierten zwischen Ansprüchen auf ein neues und erfinderisches Erzeugnis, das durch sein Herstellungsverfahren definiert wird, und Ansprüchen auf ein neues und erfinderisches Verfahren, in dessen Schutzwirkungen auch die unmittelbaren Erzeugnisse dieses Verfahrens einbezogen sind.
Die erste Entscheidung in diesem Sinne war T 150/82 (ABl. 1984, 309). Die Beschwerdekammer stellte fest, dass Ansprüche für Erzeugnisse, die durch ihr Herstellungsverfahren gekennzeichnet sind (sog. Product-by-Process-Ansprüche), nur zulässig sind, wenn die Erzeugnisse als solche die Voraussetzungen für die Patentierbarkeit erfüllen und die Anmeldung keine anderen Angaben enthält, die es dem Anmelder ermöglichen würden, das Erzeugnis durch seine Zusammensetzung, seine Struktur oder sonstige nachprüfbare Parameter hinreichend zu kennzeichnen (ständige Rechtsprechung, s. z. B. G 2/12, ABl. 2016, A27 und G 2/13, ABl. 2016, A28; T 956/04; T 768/08; T 150/12).
Bei Product-by-Process-Ansprüchen bedeutet das Erfordernis der Klarheit, dass die Fachperson in der Lage sein muss, entweder ausgehend vom Anspruch allein oder durch dessen Auslegung im Lichte der Beschreibung oder durch Auslegung im Lichte des allgemeinen Fachwissens festzustellen, welche erkennbaren und eindeutigen technischen Merkmale das Erzeugnis durch das Verfahren erhält, welches es definiert (T 967/10, T 1988/12, T 354/17, T 2243/18). In T 1988/12 wies die Kammer die Vorstellung zurück, dass der Anspruch zwangsläufig klar sei, wenn eine Fachperson (in diesem Fall ein Pflanzenzüchter) ermitteln könne, ob eine bestimmte Pflanze unter dessen Umfang falle oder nicht. Das Argument, die Fachperson müsse eine Analyse eines möglicherweise verletzenden Produkts vornehmen, um herauszufinden, worum es sich bei dem Gegenstand des Schutzbegehrens eigentlich handle, stehe im Widerspruch zu Art. 84 EPÜ.