7. Das Erfordernis der ausreichenden Offenbarung auf dem Gebiet der Biotechnologie
7.4. Berücksichtigung nachveröffentlichter Dokumente durch den Einsprechenden
In T 1872/16 (Anspruch 1 wurde als zweckgebundener Erzeugnisanspruch gemäß Art. 54 (5) EPÜ formuliert) musste die Eignung eines im Anspruch definierten IL-13-Antikörpers zur Behandlung bestimmter Formen von Asthma beurteilt werden. Die Anmeldung enthielt keine Versuche zur Feststellung der Eignung der Antikörper und offenbarten keinen Zusammenhang zwischen IL-13 und den im Anspruch genannten spezifischen Formen von Asthma. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) bestritt, dass die Beschwerdegegner (Einsprechenden) nachveröffentlichte Dokumente (d. h. D23, nachveröffentlichte klinische Studie) verwenden dürften, um einem beanspruchten Stoff die Eignung für eine beanspruchte therapeutische Anwendung abzusprechen, denn es dürften nur zum wirksamen Datum des Patents verfügbare Dokumente berücksichtigt werden. Die Kammer erklärte, in der Rechtsprechung habe sich der Grundsatz herausgebildet, dass ernsthafte Zweifel durch nachprüfbare Fakten untermauert werden müssten. Den Einsprechenden stehe es frei, die ernsthaften Zweifel mit Beweismitteln ihrer Wahl zu untermauern. Dies gelte auch für den Zeitpunkt, zu dem die Beweismittel entstanden. Es könnte Fälle geben, in denen die ernsthaften Zweifel nur durch Tatsachen untermauert werden könnten, die nach dem wirksamen Datum des Patents erlangt wurden (s. T 219/01 in Bezug auf einen Anspruch auf medizinische Verwendung, unzureichende Offenbarung auf der Grundlage einer nachveröffentlichten klinischen Studie). Die Beschwerdegegner konnten ihre Argumente auf Dokument D23 stützen. Da das Patent keine Beispiele für Antikörper enthielt, die nachweislich zur Behandlung von schwerem Asthma geeignet waren, genügte es nach Auffassung der Kammer, dass der Beschwerdegegner auf eine nicht geeignete Ausführungsform hinwies. Auf der Grundlage von D23 hätte die Fachperson ernsthafte Zweifel an der Eignung des Antikörpers zur Behandlung von schwerem Asthma gehabt. Die Erfordernisse des Art. 83 EPÜ wurden nicht erfüllt.