J 0021/94 (Anmeldetag/ATOTECH) 20-01-1997
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Wässriges saures Bad zur galvanischen Abscheidung von glänzenden und rissfreien Kupferüberzügen und Verwendung dieses Bades
I. Für die ursprünglich offenbarte Erfindung kann auch dann ein Anmeldetag begründet werden, wenn Widersprüche zwischen Erteilungsantrag und Anmeldungsunterlagen bestehen.
II. Wird im Lauf des Erteilungsverfahrens eine weitere Erfindung offenbart, so wird für diese kein Anmeldetag begründet, wenn nicht ersichtlich ist, daß nun für diese Erfindung Schutz begehrt wird.
I. Die vorliegende Anmeldung wurde am 10. Oktober 1989 eingereicht. Im Erteilungsantrag (Form 1001) ist als Bezeichnung der Erfindung "Wässriges saures Bad zur galvanischen Abscheidung von glänzenden und rissfreien Kupferüberzügen und Verwendung dieses Bades" angegeben. Die in der Akte vorhandenen, mit dem Anmeldetag perforierten Anmeldungsunterlagen enthalten eine Beschreibung mit der Überschrift "Vorrichtung zum Galvanisieren oder chemischen Behandeln von metallischen Teilen" sowie 14 Ansprüche. Am 6. Dezember 1989 wurde die Anmelderin von der Eingangsstelle aufgefordert, für den 11. und jeden weiteren Anspruch Anspruchsgebühren zu entrichten.
II. Am 13. Dezember 1989 reichte die Anmelderin einen Prioritätsbeleg ein, dessen Bezeichnung mit der Bezeichnung im Erteilungsantrag der vorliegenden Anmeldung übereinstimmt. Der zugehörige Anspruchssatz umfaßte 9 Ansprüche. Am 19. Dezember 1989 bat die Anmelderin dringend um Klärung, ob es sich bei der Mitteilung vom 6. Dezember 1989 um einen Irrtum handle, da die Anmeldung nach ihren Unterlagen lediglich 9 Patentansprüche enthalte. Mit Fernschreiben vom 8. März 1990 erwiderte die Eingangsstelle, daß der Titel der Anmeldung nicht mit dem im Erteilungsantrag genannten Titel übereinstimme und daß eine identische Anmeldung betreffend eine "Vorrichtung zum Galvanisieren ... " am 20. Oktober 1989 eingereicht worden sei. Am 19. März 1990 reichte die Anmelderin einen Satz Anmeldungsunterlagen für ein "Wässriges saures Bad ..." ein, der den Angaben im Erteilungsantrag entsprach. Als Beweis dafür, daß diese Unterlagen dem Erteilungsantrag hätten beiliegen müssen, berief sie sich auf den Prioritätsbeleg. Ihr sei unerklärlich, wie es zur Übersendung der offensichtlich falschen Unterlagen gekommen sei, da in ihrer eigenen Akte übereinstimmende Unterlagen vorhanden seien. Sie beantragte, der Anmeldung den ursprünglichen Anmeldetag zuzuerkennen.
III. Mit Wirkung vom 3. August 1993 wurde die Anmeldung auf die derzeitige Anmelderin umgeschrieben.
IV. Mit Entscheidung vom 5. August 1993 wies die Eingangsstelle den Antrag auf Berichtigung durch Austausch der Anmeldungsunterlagen zurück. Die Entscheidung wurde an die frühere Anmelderin zugestellt. Mit der Mitteilung vom 27. August 1993 über die Eintragung des Rechtsübergangs wurde die Entscheidung der neuen Anmelderin zugestellt.
V. Am 28. Oktober 1993 legte diese frist- und formgerecht Beschwerde ein. In ihrer Begründung vom 3. Januar 1994 berief sie sich darauf, dem Amt seien schon am Anmeldetag die korrekten, mit dem Prioritätsbeleg übereinstimmenden Unterlagen für ein "Wässriges saures Bad ..." zugegangen. Dies ergebe sich aus einer Reihe von Indizien. In einem Zwischenbescheid der Kammer wurde die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, daß nichts aus dem Akteninhalt dafür spreche, daß am Anmeldetag Unterlagen für ein "Wässriges saures Bad ... " eingereicht worden seien.
VI. Die Beschwerdeführerin erwiderte hierauf, am Anmeldetag sei jedenfalls beabsichtigt gewesen, die vorliegende Anmeldung für die Erfindung betreffend ein "Wässriges saures Bad ... " einzureichen. Dies rechtfertige nach den Entscheidungen der Technischen Beschwerdekammer 3.2.5 vom 1. Juli 1994, T 726/93 (nicht veröffentlicht) und der Juristischen Beschwerdekammer J 21/85 (ABl. 1986, 117) die Berichtigung der Anmeldungsunterlagen auf der Grundlage von Regel 88 Satz 2 EPÜ. Dem stünden auch die Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer G 3/89 und G 11/91 (ABl. 1993, 117, 125) nicht entgegen. Eine Änderung der Offenbarung nach Artikel 123 liege nicht vor, weil die am Anmeldetag vorliegenden Unterlagen nicht als Offenbarung dessen anzusehen seien, was mit dem Erteilungsantrag bewirkt werden sollte.
VII. Die Kammer konnte sich der Auffassung der Beschwerdeführerin, es sei der Nachweis geführt worden, die am 19. März 1990 nachgereichten Anmeldungsunterlagen hätten dem EPA bereits am Anmeldetag vorgelegen, nicht anschließen. Diese Frage ist für die vorliegende Entscheidung nicht mehr von Bedeutung, da nicht mehr beantragt wird, der Anmeldung für die Erfindung betreffend ein "Wässriges saures Bad ..." den ursprünglichen Anmeldetag zuzuerkennen. Insoweit wird daher der Vollständigkeit halber auf Sachverhalt, Anträge und Gründe der unter dem vorliegenden Aktenzeichen ergangenen Zwischenentscheidung vom 12. April 1995 (ABl. EPA 1996, 16) verwiesen. Im Hinblick auf die damit entscheidungserhebliche Frage der Berichtigung wurde mit der genannten Zwischenentscheidung der Großen Beschwerdekammer wegen früherer voneinander abweichender Entscheidungen folgende Rechtsfrage vorgelegt:
"Können im Wege der Berichtigung nach Regel 88 EPÜ die vollständigen Unterlagen einer europäischen Patentanmeldung, also Beschreibung, Patentansprüche und Zeichnungen durch andere Unterlagen ersetzt werden, die der Anmelder mit seinem Erteilungsantrag hätte einreichen wollen?"
Diese Frage wurde von der Großen Beschwerdekammer verneint. Auf deren Entscheidung G 2/95 (ABl. EPA 1996, 555) wird ebenfalls verwiesen.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte zuletzt,
der Anmeldung für die Unterlagen betreffend die Erfindung "Wässriges saures Bad ..." den 13. Dezember 1989 als Anmeldetag zuzuerkennen und die bei Einreichung gezahlten Gebühren als wirksam gezahlt anzuerkennen
- Hauptantrag.
Hilfsweise beantragte sie,
der Anmeldung den Anmeldetag gemäß Hauptantrag zuzuerkennen, die bei Einreichung gezahlten Gebühren und die bisher gezahlten Jahresgebühren zu erstatten und für die Anmeldung mit dem geänderten Anmeldetag zu verwenden
- 1. Hilfsantrag,
der Anmeldung den 19. März 1990 als Anmeldetag zuzuerkennen und die bei Einreichung gezahlten Gebühren als wirksam gezahlt anzuerkennen
- 2. Hilfsantrag,
der Anmeldung den Anmeldetag gemäß 2. Hilfsantrag zuzuerkennen, die bei Einreichung gezahlten Gebühren und die bisher gezahlten Jahresgebühren zu erstatten und für die Anmeldung mit dem geänderten Anmeldetag zu verwenden
- 3. Hilfsantrag,
der Anmeldung den Anmeldetag gemäß Hauptantrag zuzuerkennen
- 4. Hilfsantrag,
der Anmeldung den Anmeldetag gemäß 2. Hilfsantrag zuzuerkennen
- 5. Hilfsantrag.
Der 4. und 5. Hilfsantrag sind nach Erklärung der Beschwerdeführerin dahin zu verstehen, daß die für eine weitere Anmeldung mit dem zuerkannten Anmeldetag fällig gewordenen Gebühren nachzuentrichten sind.
1. Schon in ihrer Vorlageentscheidung hat die Kammer im Rahmen der Prüfung der Erheblichkeit der Vorlagefrage dargelegt, warum sie nicht dem Vortrag der Beschwerdeführerin folgen kann, nach dem Anmeldungsunterlagen betreffend die Erfindung "Wässriges saures Bad ..." bereits am Anmeldetag vorgelegen haben sollen. Nach der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 2/95 (a.a.O.) steht bindend fest, daß die am Anmeldetag vorhandenen Unterlagen nicht im Weg der Berichtigung durch die am 19. März 1990 eingereichten Unterlagen ersetzt werden können (Artikel 112 (3) EPÜ).
2. Die Beschwerdeführerin hat auf diese Situation durch Änderung ihrer Anträge reagiert. Die neuen Anträge zielen darauf ab, daß der Anmeldung mit den Unterlagen betreffend die Erfindung "Wässriges saures Bad ..." in erster Linie der Anmeldetag des Eingangs des Prioritätsbelegs (Hauptantrag, 1. und 4. Hilfsantrag) und in zweiter Linie der Tag des Eingangs der Anmeldungsunterlagen für diese Erfindung (2., 3. und 5. Hilfsantrag) zuerkannt werden soll. Hinsichtlich der Gebühren strebt die Beschwerdeführerin an, daß für die Anmeldung mit dem neuen Anmeldungstag die schon gezahlten Gebühren verwendet werden sollen (Hauptantrag, 1. bis 3. Hilfsantrag). Hilfsweise ist sie bereit, für die Anmeldung mit dem neuen Anmeldetag gesonderte Gebühren zu zahlen (4. und 5. Hilfsantrag).
3. Die Beschwerdeführerin hat in dieser Anmeldung am Anmeldetag die Erfindung "Vorrichtung zum Galvanisieren ..." offenbart, die sie - wie sich nachträglich herausstellte - tatsächlich zu diesem Zeitpunkt nicht zum Patent anmelden wollte. Hiermit lagen die Voraussetzungen für einen Anmeldetag vor, da alle nach Artikel 80 hierfür notwendigen Erfordernisse erfüllt waren.
3.1. Die Beschwerdeführerin stützt ihre gegenteilige Auffassung auf die Tatsache, daß die am Anmeldetag vorliegenden Anmeldungsunterlagen nicht mit den übrigen Unterlagen, insbesondere nicht mit dem Erteilungsantrag und der vorbereiteten Empfangsbescheinigung, übereinstimmten. Daraus will sie herleiten, daß die am Anmeldetag vorliegenden Erklärungen widersprüchlich gewesen seien und keinen sicheren Schluß darauf erlaubt hätten, für welche Erfindung Schutz begehrt werden sollte. Mit einer solchen Bewertung wird jedoch die Bedeutung der Erfordernisse zur Festlegung des Anmeldetags verkannt. Zentrales Erfordernis des Artikel 80 EPÜ ist die Offenbarung einer Erfindung nach Buchstabe d), die nach dem Anmeldetag nicht mehr korrigiert werden kann (Art. 123 (2) EPÜ). Das Erfordernis in Buchstabe a) regelt demgegenüber lediglich die selbstverständliche Verfahrensvoraussetzung, daß das Erteilungsverfahren nur in Gang gesetzt wird, wenn derjenige, der Unterlagen zu einer Erfindung im Sinne von Artikel 80(d) einreicht, zum Ausdruck bringt, daß er die Einleitung dieses Verfahrens wünscht. Hierzu ist weder die Verwendung des Formblatts für den Erteilungsantrag noch die Angabe der Bezeichnung der Erfindung notwendig. Fehlen diese formellen Erfordernisse oder enthalten sie Fehler, so ist jederzeit eine Beseitigung des Mangels möglich. Aus der Sicht des EPA am Anmeldetag bestand keine Veranlassung, aus den Widersprüchen zwischen Erteilungsantrag und Anmeldungsunterlagen zu schließen, die Anmelderin wünsche für die offenbarte Erfindung keinen Patentschutz. Würde der Anmelder im Fall solcher Diskrepanzen darauf verwiesen, daß vor Anerkennung des Anmeldetags vorhandene Widersprüche beseitigt werden müssen, bestünde die Gefahr, daß mit einem späteren Anmeldetag auch die Schutzfähigkeit der offenbarten Erfindung zerstört würde. Ohne Kenntnis der folgenden Handlungen und Erklärungen der Anmelderin mußte die Eingangsstelle daher bei Einreichung davon ausgehen, daß die Anmelderin für die tatsächlich offenbarte Erfindung Schutz begehrte. Dies gilt umso mehr, als die im Erteilungsantrag verwendete Bezeichnung und die tatsächlich offenbarte Erfindung dasselbe technische Gebiet des galvanischen Abscheidens von Metallen betreffen und daher die Unrichtigkeit der Bezeichnung trotz der unterschiedlichen Kategorie keineswegs von vornherein ins Auge sprang. Im übrigen gehört die Bezeichnung nicht zu den Erfordernissen, die Gegenstand der Eingangsprüfung nach Artikel 90 EPÜ ist.
3.2. Daher war das EPA gehalten, die eingereichten Unterlagen verfahrensrechtlich in der nach Artikel 90 und 91 EPÜ vorgeschriebenen Weise zu behandeln. Damit war zugleich der Anmeldungsgegenstand in der vorliegenden Anmeldung festgelegt (G 2/95, a.a.O. Gründe Nr. 4). Die Offenbarung einer anderen Erfindung kann nicht nachträglich zum Inhalt der vorliegenden Anmeldung gemacht werden. Daher kann über die Erfindung "Wässriges saures Bad ..." nicht im Rahmen der vorliegenden Anmeldung entschieden werden. Dies schließt es daher auch aus, daß dieser Erfindung im Rahmen der vorliegenden Anmeldung ein Anmeldetag zuerkannt wird.
4. Allerdings sind zur vorliegenden Anmeldung tatsächlich Unterlagen betreffend die Erfindung "Wässriges saures Bad ..." eingereicht worden und die Frage ihrer Behandlung ist vor der Eingangsstelle bereits erörtert worden und war Gegenstand der angegriffenen Entscheidung, soweit es die Frage des Austausches der Anmeldungsunterlagen im Wege der Berichtigung angeht, die von der Großen Beschwerdekammer geklärt wurde. Solange für diese Unterlagen noch keine eigene Anmeldungsakte angelegt ist, hat die Anmelderin im Rahmen der vorliegenden Anmeldung ein legitimes Interesse, zu erfahren, wie mit diesen Unterlagen weiter verfahren wird. Deren weitere Behandlung ist untrennbar mit dem bisherigen Verfahren in der vorliegenden Anmeldung verknüpft, so daß es die Kammer als sachdienlich ansieht, sich mit dieser Frage zu befassen. Diesen Überlegungen kommt aber für das weitere Verfahren schon deswegen keine bindende Wirkung nach Artikel 111 (2) EPÜ zu, weil Gegenstand der angegriffenen Entscheidung nur die Frage der Berichtigung durch Austausch der Anmeldungsunterlagen war und daher auch nur diese Frage Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist. Im weiteren Verfahren vor der Eingangsstelle wird jedoch folgendes zu berücksichtigen sein:
4.1. Was die Frage des Altersrangs der Anmeldung betreffend die Erfindung "Wässriges saures Bad ..." angeht, so will die Anmelderin in der Einreichung des Prioritätsbelegs am 13. Dezember 1989 den Zeitpunkt sehen, in dem klar ersichtlich war, daß Patentschutz für diese Erfindung beantragt werden sollte.
4.1.1. Es ist richtig, daß mit Einreichung des Prioritätsbelegs diese Erfindung im Rahmen der vorliegenden Anmeldung offenbart wurde. Es bleibt aber zu untersuchen, ob auch ein Hinweis nach Artikel 80(a) EPÜ, daß ein europäisches Patent für diese Erfindung beantragt wurde, vorlag. Das Dokument wurde mit dem Hinweis eingereicht "In der Anlage übersenden wir den Prioritätsbeleg". Angesichts dieses eindeutigen Wortlauts und des evidenten Zwecks des Prioritätsbelegs nach Artikel 88 (1), Regel 38 (3) Satz 2 EPÜ hätte es eindeutiger Anzeichen dafür bedurft, daß das Dokument zu einem anderen Zweck, nämlich als Unterlage für eine neue Anmeldung eingereicht werden sollte. Dem ersten Anschein nach wollte die Anmelderin jedenfalls nur die formellen Voraussetzungen für die Beanspruchung der Priorität erfüllen. Hierzu war die Einreichung dieses Prioritätsbelegs aber nicht geeignet, weil im Erteilungsantrag eine andere Priorität beansprucht worden war. Zu diesem Zeitpunkt war dem EPA bereits bekannt, daß die Erfindung "Vorrichtung zum Galvanisieren ..." am 20. Oktober 1989 angemeldet worden war. Die Existenz jener Anmeldung, die Widersprüche zwischen Erteilungsantrag und Anmeldungsunterlagen in der vorliegenden Anmeldung und der nun vorliegende Prioritätsbeleg konnten von der Eingangsstelle im Zusammenhang gesehen werden. Die Einreichung der weiteren Anmeldung erlaubte Zweifel, ob derselbe Gegenstand zweimal angemeldet werden sollte, während die Angaben im Erteilungsantrag über Bezeichnung, und Priorität sowie in der Empfangsbescheinigung über Art und Seitenzahl der Unterlagen zu den im Prioritätsbeleg enthaltenen Unterlagen paßten. Daraus konnte die Eingangsstelle den Schluß ziehen, daß der Anmelderin bei Zusammenstellung der Anmeldungsunterlagen ein Fehler unterlaufen war. Diesen Schluß hat die Eingangsstelle auch tatsächlich gezogen. Nachdem sie von der Anmelderin um Klärung gebeten worden war, ob es sich bei der Anforderung von Anspruchsgebühren um einen Irrtum handelte, teilte sie dieser mit Fernschreiben vom 8. März 1990 mit, bei erneuter Prüfung sei festgestellt worden, "daß mit dem Erteilungsantrag die falschen Anmeldeunterlagen eingereicht wurden". Ungeachtet des Zeitpunkts dieses Fernschreibens konnte sich die Eingangsstelle Kenntnis von den für diese Feststellung maßgeblichen Umständen zum Zeitpunkt der Einreichung des Prioritätsbelegs verschaffen.
4.1.2. Die Möglichkeit zu erkennen, daß die Anmelderin am Anmeldetag aus ihrer Sicht falsche Anmeldungsunterlagen eingereicht hat, reicht aber nicht für die Annahme eines auf den Prioritätsbeleg bezogenen Erteilungsantrags aus. Wie unter Nr. 3 dargelegt, hat die Anmelderin am 10. Oktober 1989 tatsächlich einen Anmeldetag für die Erfindung "Vorrichtung zum Galvanisieren ..." begründet. Dieser einmal begründete Anmeldetag blieb wirksam, so daß auch der damalige Erteilungsantrag seine ursprüngliche Bedeutung behielt. Bei Einreichung des Prioritätsbelegs war für das EPA nichts dafür ersichtlich, daß die Anmelderin sich entschlossen hatte, ein neues Erteilungsverfahren einzuleiten. Hierfür mußten Erwägungen maßgebend sein, die aus der Sicht des Anmelders anzustellen waren und die nicht das EPA an seiner Stelle beurteilen konnte. Aus den dem EPA zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Unterlagen war jedenfalls kein Hinweis auf eine entsprechende Willensbildung der Anmelderin zu erkennen.
4.2. Dagegen sind dem Anschreiben, mit dem die Unterlagen für die Erfindung "Wässriges saures Bad ..." am 19. März 1990 eingereicht wurden, weitergehende Hinweise zu entnehmen. Dort erklärte die Anmelderin nicht nur, sie reiche einen Satz Anmeldungsunterlagen ein, der bereits am Anmeldetag hätte vorliegen sollen, sie stellte darüber hinaus die Frage, ob der Anmeldung noch das urprüngliche Einreichungsdatum zuerkannt werden könne. Daraus war zum einen offensichtlich, daß für diese Erfindung Schutz begehrt wurde. Zum anderen konnte daraus entnommen werden, daß der Erteilungsantrag nicht ausdrücklich auf die Zuerkennung des urprünglichen Anmeldetags beschränkt war. Dementsprechend hat die Eingangsstelle der Anmelderin bereits mit Mitteilung vom 5. August 1993 Gelegenheit gegeben zu beantragen, daß diese Unterlagen mit dem Tag ihres Eingangs als neue Anmeldung behandelt werden sollen.
4.3. Was die Anträge der Beschwerdeführerin angeht, Gebühren aus der vorliegenden Anmeldung in irgendeiner Form für die Anmeldung betreffend die Erfindung "Wässriges saures Bad ..." zu verwenden, so wird die Eingangsstelle den allgemeinen Grundsatz zu beachten haben, daß wirksam gezahlte Gebühren verfallen sind (J 33/86, ABl. EPA, 1988, 84). Wie unter Nr. 3 dargelegt, hat die vorliegende Anmeldung für die Erfindung "Vorrichtung zum Galvanisieren ..." einen Anmeldetag begründet. Demgemäß sind die für die vorliegende Anmeldung entrichteten Gebühren mit Rechtsgrund gezahlt.
5. Im Hinblick auf die Entscheidung der Großen Beschwerdekammer (G 2/95, a.a.O) greift die Beschwerdeführerin mit ihren letzten Anträgen die angegriffene Entscheidung nicht mehr an. Da die angegriffene Entscheidung den Bestand der vorliegenden Anmeldung unberührt läßt, bedarf sie auch keiner Aufhebung. Demgemäß hat sich die Beschwerde insoweit erledigt. Was die noch offenen Anträge der Beschwerdeführerin betreffend die Erfindung "Wässriges saures Bad ..." angeht, wird die Eingangsstelle das Verfahren nach Anlegung einer gesonderten Anmeldungsakte fortzuführen haben.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Sache wird an die Eingangsstelle zur Fortsetzung des Verfahrens zurückverwiesen.