T 0006/92 (Weißöle/BASF) 26-10-1993
Download und weitere Informationen:
Verfahren zur Herstellung von medizinischen Weissölen und medizinischen Paraffinen
Unilever PLC
Unilever N.V.
Teilweise Zurücknahme der Beschwerde
Befugnis der Kammer bei teilweiser Zurücknahme der Beschwerde
Withdrawal of appeal by appellant
Examination power of the Board of Appeal
I. Die am 17. Dezember 1991 eingegangene und am 27. Februar 1992 begründete Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 8. Juli 1991, zur Post gegeben am 18. Oktober 1991, mit der der Einspruch gegen das mit vier Ansprüchen erteilte europäische Patent Nr. 0 262 389 zurückgewiesen wurde. Der einzige unabhängige Anspruch 1 lautete:
"Verfahren zur Herstellung von medizinischen Weißölen und medizinischen Paraffinen aus Aromaten, Stickstoff-, Sauerstoff- und Schwefelverbindungen enthaltenden Erdölfraktionen, wie leichten und schweren atmosphärischen Gasölen, Vakuumgasölen und Rückstandsölen, die in einer ersten Behandlungsstufe durch eine Schwefelsäureraffination oder eine katalytische Hydrierung vorbehandelt sind, durch Hydrierung in einer zweiten Stufe bei einem Druck von 5 bis 20 MPa (50 bis 200 bar), einer Temperatur von 160 bis 330 °C, einer spezifischen Katalysatorbelastung von 0,1 bis 2,0 kg Öl pro Liter Katalysator und Stunde und einem Gas/Öl-Verhältnis von 0,1 bis 1,0 Nm3/kg an einem Nickel enthaltenden Katalysator, dadurch gekennzeichnet, daß man den zunächst in der oxidischen Form vorliegenden Nickelkatalysator der zweiten Stufe zuerst bei 350 bis 530 °C mit Wasserstoff oder Wasserstoff enthaltenden Gasen reduziert, anschließend passiviert, wobei Temperaturen von 450 °C nicht überstiegen werden dürfen und oberhalb 150 °C mit Wasserstoff erneut aktiviert, bevor die Hydrierung zu medizinischen Weißölen bzw. Paraffinen erfolgt."
Die Einspruchsabteilung hat ausgeführt, daß der Gegenstand des Streitpatents im Hinblick auf die im Einspruchsverfahren angezogenen Dokumente neu und erfinderisch sei.
II. Die Beschwerdeführerin hat zunächst im wesentlichen vorgetragen, die beanspruchte Erfindung sei in Hinblick auf bestimmte Dokumente nicht neu, jedenfalls aber nicht erfinderisch, da ein patentgemäß passivierter und reaktivierter Katalysator eine gegenüber einem nicht passivierten Katalysator verschlechterte Leistung aufweise, wie ein auf Experimente gestütztes Gutachten von Dr. Koetsier vom 15. Januar 1992 zeige.
III. Die Beschwerdegegnerin hat bestritten, daß der Patentgegenstand nicht mehr neu sei und hat das Gutachten von Dr. Koetsier als mangelhaft bezeichnet. Die darin abgehandelten Versuchsergebnisse seien, insbesondere wegen einer unzureichenden Katalysatorbenetzung, ungeeignet, um Fehlschläge bei der Lösung der bestehenden Aufgabe darzutun.
IV. Im Laufe der mündlichen Verhandlung, die am 26. Oktober 1993 stattfand, teilte der Vorsitzende den Parteien mit, daß die Kammer nach Beratung die im Gutachten von Dr. Koetsier referierten Versuchsergebnisse für relevant halte. Auf Fragen der Kammer erklärte der Vertreter der Beschwerdeführerin seine Bereitschaft die Beschwerde zurückzunehmen, sofern der Patentinhaber die Ansprüche auf die Verwendung von Katalysatoren beschränke, deren Träger keine oxidischen Verbindungen des Aluminiums enthalte. Daraufhin überreichte die Beschwerdegegnerin dementsprechend geänderte neue Ansprüche 1 bis 4 und neue Beschreibungsseiten 2 bis 5 und beantragte die Aufrechterhaltung des Patents mit diesen Unterlagen. Der einzige unabhängige Anspruch 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 in der erteilten Fassung, durch die Einfügung von "auf einem feuerfesten Träger aus einer oxidischen Verbindung der Elemente Si, Mg, Cr oder Gemischen davon" nach dem Wort "Nickel". Anschließend stellte die Beschwerdeführerin fest, daß ihren Bedingungen entsprochen worden sei und nahm die Beschwerde zurück. Am Ende der mündlichen Verhandlung, verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer, dem Antrag der Beschwerdegegnerin stattzugeben.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Beschwerdeführerin hat die Rücknahme ihrer Beschwerde an die Bedingung geknüpft, daß die Ansprüche des Streitpatents in der vorstehend angegebenen Weise beschränkt werden. Die Kammer sieht darin ein Angebot auf teilweise Rücknahme der Beschwerde in der Weise, daß sich diese nach Erfüllung dieser Bedingung nicht mehr gegen die Aufrechterhaltung des Streitpatents im Umfang der so beschränkten Ansprüche richtet. Die darauf erfolgte Beschränkung des Patents ist statthaft, denn nach ständiger Rechtsprechung der Kammern kann eine Patentinhaberin ihren ursprünglich weiter gefaßten Patentgegenstand im Laufe des Beschwerdeverfahrens durch Einreichung beschränkter Patentansprüche ändern, sofern darin kein Verfahrensmißbrauch zu sehen ist. Ein solcher liegt hier nicht vor, da die Beschränkung des Patentgegenstands den Einwendungen der Beschwerdeführerin Rechnung trägt und den Vorschriften des Artikels 123 unstreitig entspricht.
3. Diese teilweise Rücknahme der Beschwerde durch die einzige Beschwerdeführerin nach erfolgter und nach Artikel 123 EPÜ zulässiger Beschränkung des Patentgegenstandes hat zur Folge, daß die Beschwerdekammer ihre Befugnis zur materiellrechtlichen Überprüfung des verbleibenden, beschränkten Gegenstandes verliert (im Anschluß an die Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer G 7/91 und G 8/91; ABl. EPA 1993, 356 und 346). Nach Wegfall der Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung des Patents in der so beschränkten Fassung, ist dieses daher im von der Beschwerdegegnerin beantragten geänderten Umfang ohne weitere Prüfung aufrechtzuerhalten.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückverwiesen mit der Anweisung, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Unterlagen aufrecht zu erhalten.