T 0517/97 (Beitritt) 25-10-1999
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Verfahren und Vorrichtung zum Waschen von Wäsche in einer Maschine mit einem pulverförmigen Waschmittel
Henkel KGaA
Unilever PLC (Beitretender I)
Lever Brothers Ltd (Beitretender II)
I. Läßt sich die genaue Uhrzeit feststellen, zu der eine Erklärung über die Rücknahme der Beschwerde am Eingangstag beim EPA eingegangen ist, so wird die Rücknahme der Beschwerde genau zu diesem Zeitpunkt wirksam (Nr. 4 der Entscheidungsgründe).
II. Werden eine Erklärung über die Rücknahme der Beschwerde durch den einzigen Beschwerdeführer und eine Beitrittserklärung an ein und demselben Tag per Telefax eingereicht, so ist der chronologischen Reihenfolge dieser beiden Ereignisse Rechnung zu tragen, da eine wirksame Beitrittserklärung voraussetzt, daß das Beschwerdeverfahren bei ihrer Einreichung anhängig ist (Nr. 5 der Entscheidungsgründe).
Rücknahme der Beschwerde durch die einzige Beschwerdeführerin per Telefax und am selben Tag Beitrittserklärung der Beitretenden I ebenfalls per Telefax
Anhängiges Beschwerdeverfahren (verneint)
Beitrittserklärungen der Beitretenden I und II gelten als eingereicht (verneint)
Rückzahlung der von den Beitretenden I und II entrichteten Gebühren (bejaht)
I. Mit Zwischenentscheidung vom 2. Mai 1997 hielt die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 0 343 069 in geändertem Umfang aufrecht.
II. Am 10. Mai 1997 legte die einzige Beschwerdeführerin (Einsprechende) gegen die Zwischenentscheidung Beschwerde ein und entrichtete die Beschwerdegebühr. Am 10. September 1997 wurde eine Beschwerdebegründung eingereicht.
III. Mit einem Telefax, das am 29. Mai 1998 um 16.09 Uhr beim EPA einging, zog die einzige Beschwerdeführerin ihre Beschwerde zurück. Am 2. Juni 1998 wurde eine schriftliche Bestätigung des Faxinhalts beim EPA eingereicht.
IV. Mit einem Telefax, das am 29. Mai 1998 um 20.12 Uhr beim EPA einging, reichte die Beitretende I (Unilever PLC) eine Beitrittserklärung ein und entrichtete am selben Tag die Einspruchs- und die Beschwerdegebühr in Höhe von insgesamt 3 200 DEM. Am 12. Juni 1998 wurde eine schriftliche Bestätigung des Faxinhalts beim EPA eingereicht.
V. Mit einem am 27. Juli 1998 beim EPA eingegangenen Schreiben reichte die Beitretende II (Lever Brothers Ltd.) eine Beitrittserklärung ein und entrichtete am selben Tag die Einspruchs- und die Beschwerdegebühr in Höhe von insgesamt 3 200 DEM.
VI. Am 18. Februar 1999 sandte die Kammer eine Mitteilung an die Beitretenden und die Inhaberin des Streitpatents, im folgenden Patentinhaberin genannt. Darin ließ sie wissen, daß ihrer vorläufigen Auffassung nach das Beschwerdeverfahren nicht mehr anhängig war, als die Beitrittserklärungen eingereicht wurden.
VII. Am 25. Oktober 1999 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.
VIII. Die schriftlichen und die in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argumente der Beitretenden lassen sich inhaltlich wie folgt zusammenfassen:
a) Im EPÜ gebe es keine Grundlage dafür, zwischen zeitlich versetzten Ereignissen ein und desselben Tages zu unterscheiden; andernfalls würden die Vertreter gegenüber ihren Mandanten in eine sehr schwierige Situation geraten, und eine Gleichbehandlung von in unterschiedlichen Zeitzonen ansässigen Beteiligten wäre nicht möglich. Deshalb könne die Beschwerderücknahme in der vorliegenden Sache nicht zu einem willkürlich gewählten Zeitpunkt des Tages als erfolgt gelten oder wirksam werden, sondern erst um Mitternacht. Ließe man nämlich zu, daß Verfahrenshandlungen einer bestimmten Tageszeit zugeordnet würden, so hätte dies in einigen Fällen sehr heikle Situationen zur Folge.
b) Nichts im EPÜ und in den vorbereitenden Arbeiten lasse darauf schließen, daß je beabsichtigt gewesen wäre, Zeiträume von weniger als einem Tag zu berücksichtigen. Fristen würden ausnahmslos in ganzen Jahren, Monaten, Wochen oder Tagen bestimmt; eine kürzere Dauer könne nicht festgelegt werden. Alle im Übereinkommen vorgeschriebenen oder vom EPA bestimmten Fristen liefen stets um Mitternacht ab.
c) Das EPA gehe offenkundig fast durchweg davon aus, daß bei der zeitlichen Abgrenzung von Ereignissen lediglich danach zu unterscheiden sei, ob sie vor oder nach Mitternacht Münchner Ortszeit eingetreten seien. Das EPA habe diesen "Schnitt" eindeutig vorgesehen und hierzu einschlägige Maßnahmen getroffen. Im EPÜ sei nicht vorgesehen, diesen Zeittakt weiter zu untergliedern oder eine "Relativität" zwischen Ereignissen ein und desselben Tages herzustellen. Alle Ereignisse dieses einen Tages - mit Ausnahme der mündlichen Verhandlung - seien als gleichzeitig eingetreten anzusehen.
d) Die Gleichzeitigkeit innerhalb ein und desselben Tages sei ein allgemeiner Grundsatz des Patentrechts, der sowohl von den nationalen europäischen Gerichten als auch vom EPA anerkannt werde. Die Ereignisse ein und desselben Tages zeitlich zu staffeln und dabei die Reihenfolge zugrunde zu legen, in der die Schriftstücke beim EPA eingingen, widerspreche dem allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung aller Beteiligten, da eine zeitliche Staffelung in anderen Zeitzonen ansässige Parteien benachteiligen könnte.
e) Der Grund dafür, weshalb Ereignisse ein und desselben Tages (z. B. der Eingang von Schriftstücken) generell als gleichzeitig betrachtet würden, liege darin, daß in der Praxis seit jeher darauf geachtet werde, die Rechtssicherheit im Rahmen des Verfahrens zu wahren und die Gleichbehandlung der Beteiligten sicherzustellen.
f) Ein Anmelder könne seine Erfindung vor der Anmeldung zum Patent der ganzen Welt offenbaren, ohne daß dies neuheitsschädlich sei, sofern er noch am selben Tag eine Patentanmeldung vorschriftsmäßig einreiche.
g) Laut Nummer 7.1 der Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 2. Juni 1992 über die Einreichung von Patentanmeldungen und anderen Unterlagen (veröffentlicht in ABl. EPA 1992, 306), nachstehend Mitteilung des EPA genannt, sei das EPA am Freitag bis 15.30 Uhr geöffnet. Folglich seien auch die von der einzigen Beschwerdeführerin übermittelten Schriftstücke verspätet eingegangen.
h) Sowohl nach dem EPÜ als auch nach der Mitteilung des EPA gälten alle bis Mitternacht (Münchner Ortszeit) eingegangenen Schriftstücke einheitlich als an dem betreffenden Tag eingereicht. Demnach seien die Beitrittserklärung der Beitretenden I und das Schreiben der einzigen Beschwerdeführerin tatsächlich am selben Tag beim EPA eingegangen, nämlich am Freitag, den 29. Mai 1998; folglich sei die Beitrittserklärung eingereicht worden, als das Verfahren noch anhängig gewesen sei.
i) Der Entscheidung G 4/91 (ABl. EPA 1993, 339) zufolge könne ein Dritter dem Verfahren nicht dadurch beitreten, daß er mehrere Wochen nach dem endgültigen Abschluß des Einspruchsverfahrens Schriftstücke einreiche; aus der Entscheidung gehe allerdings nicht hervor, wie man den genauen Zeitpunkt ermittle, zu dem das Verfahren beendet werde.
j) In der Entscheidung G 1/94 (ABl. EPA 1994, 787) heiße es, daß Dritte beitreten könnten, solange das Beschwerdeverfahren nicht beendet sei, und daß Beschwerde- und Einspruchsverfahren in dieser Hinsicht als äquivalent anzusehen seien. Die Entscheidung G 1/94 enthalte keinerlei Hinweis darauf, wie festgestellt werden solle, zu welchem Zeitpunkt genau ein Beschwerdeverfahren beendet sei. Die Entscheidungen G 4/91 und G 1/94 stünden nicht im Widerspruch zu der Auffassung, daß die Zurücknahme einer Beschwerde am Ende des Tages wirksam werde, an dem die Rücknahmeerklärung eingereicht worden sei.
k) Laut Entscheidung G 8/91 (ABl. EPA 1993, 346) könne das Beschwerdeverfahren nicht fortgesetzt werden, nur weil die Kammer gute Gründe für eine Fortsetzung zu haben glaube. Ebensowenig könne laut G 8/93 (ABl. EPA 994, 887) das Beschwerdeverfahren auf Wunsch der Kammer oder des Patentinhabers fortgesetzt werden, wenn der einzige Beschwerdeführer die Beschwerde zurückgezogen habe; wann die Rücknahme wirksam werde, werde jedoch nicht präzisiert. In der englischen Fassung heiße es lediglich, daß die Rücknahme der Beschwerde das Verfahren "directly" beende. Der Begriff "unmittelbar" in der deutschen Fassung der Entscheidung G 8/93 bedeute nicht "sofort".
l) Aus der Entscheidung G 8/91 gehe hervor, daß sich die Bemühungen des EPA, nur rechtsgültige europäische Patente zu erteilen und aufrechtzuerhalten, im Rahmen allgemein anerkannter Verfahrensgrundsätze halten müßten, wenn nicht schwerwiegende Gründe für eine Ausnahmeregelung vorlägen. Daher gälten gemäß der im EPA etablierten Praxis Schriftstücke, die an ein und demselben Tag eingegangen seien, als gleichzeitig eingegangen. Wenn also die Schriftstücke am selben Tag eingegangen seien, dürfe man nicht den genauen Zeitpunkt ihres Eingangs berücksichtigen; im übrigen lasse sich dieser Zeitpunkt in den meisten Fällen gar nicht zweifelsfrei ermitteln.
m) Der Entscheidung J 28/94 (ABl. EPA 1997, 400) sei zu entnehmen, daß ein Dritter nach der Einleitung eines Verfahrens die Durchführung späterer Verfahrenshandlungen verhindern könne. Diese Entscheidung lasse aber nicht den Schluß zu, daß die Rücknahme einer Beschwerde genau in dem Moment wirksam werde, in dem sich die Rücknahmeabsicht manifestiere. Sie veranschauliche vielmehr, wie ein Dritter "fünf vor zwölf" in die Verfahren vor dem EPA eingreifen könne.
n) Der Fall, daß der einzige Beschwerdeführer seine Beschwerde in einer mündlichen Verhandlung zurückziehe, bevor eine Beitrittserklärung eingereicht werde, sei mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Wäre nämlich eine mündliche Verhandlung angesetzt worden, so wären die Beteiligten vorab in Kenntnis gesetzt worden.
o) Es lasse sich nicht genau feststellen, ob das Faxgerät des EPA den Zeitpunkt registriere, zu dem das Schriftstück eingehe, oder den Zeitpunkt, zu dem es aus einem elektronischen Zwischenspeicher auf Papier gedruckt werde. Abgesehen davon dürfe es einem Verfahrensbeteiligten nicht zum Nachteil gereichen, wenn aufgrund der Verwendung eines Faxgeräts die Reihenfolge des Schrifteingangs festgestellt werden könne.
IX. Das schriftliche Vorbringen der Patentinhaberin und ihr Vorbringen in der mündlichen Verhandlung lassen sich inhaltlich wie folgt zusammenfassen:
a) Die Beitrittserklärung der Beitretenden I sei nach dem Schreiben der einzigen Beschwerdeführerin beim EPA eingegangen. Folglich sei das Beschwerdeverfahren bereits beendet gewesen, als das EPA mit dem Beitritt der Beitretenden I befaßt worden sei. Außerdem sei das Telefax der Beitretenden I um 20.12 Uhr beim EPA eingegangen, also außerhalb der regulären Dienstzeiten des EPA (siehe auch Entscheidung T 798/95 vom 6. Dezember 1995).
b) Die Entscheidung G 8/93 bestätige lediglich den in G 8/91 aufgestellten Grundsatz.
Nach der Entscheidung G 8/93 bewirke der Eingang der Erklärung über die Rücknahme des Einspruchs unmittelbar den Abschluß des Beschwerdeverfahrens, wenn der Einsprechende einziger Beschwerdeführer sei. Es sei also der Eingang der Rücknahmeerklärung, der die unmittelbare Beendigung des Verfahrens bewirke.
c) In der Entscheidung J 28/94 gehe es im wesentlichen um die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde. Es sei nicht zu übersehen, daß dieser Entscheidung völlig andere Umstände zugrunde lägen als der vorliegenden Sache.
d) In der Entscheidung T 798/95 habe sich die zuständige Kammer mit Verfahrenshandlungen befaßt, die an ein und demselben Tag erfolgten. Sie habe den Änderungsantrag für unzulässig erachtet, weil er nach dem Zeitpunkt gestellt worden sei, zu dem der Erteilungsbeschluß normalerweise von der Poststelle des EPA verschickt werde.
e) Die Einreichung von Schriftstücken per Telefax entspreche einer vom EPA ausdrücklich zugelassenen Übermittlungsart. Dieses vom Präsidenten des EPA als zuverlässig anerkannte Übermittlungssystem habe die Eigenschaft, daß absolut präzise festgehalten werde, an welchem Tag und um welche Uhrzeit ein Schriftstück beim EPA eingehe. Somit könne die Kammer im vorliegenden Fall ohne weiteres beurteilen, welche Rechtsfolgen sich aus diesem Sachverhalt ergäben.
X. Die Beitretenden I und II beantragen, daß die Beitritte für zulässig erklärt werden und das Streitpatent widerrufen wird.
Die Patentinhaberin beantragt, daß die Beitritte für unzulässig erklärt werden.
1. Der Beitritt eines vermeintlichen Patentverletzers nach Artikel 105 EPÜ während eines Beschwerdeverfahrens setzt voraus, daß das Beschwerdeverfahren noch anhängig ist, wenn die Beitrittserklärung eingereicht wird (vgl. G 1/94); andernfalls gilt sie als nicht eingereicht.
2. Ein vermeintlicher Patentverletzer, der einem Beschwerdeverfahren beitritt und selbst Beschwerdeführer wird, kann das Beschwerdeverfahren auch dann fortsetzen, wenn der einzige Beschwerdeführer seine Beschwerde nach Eingang der Beitrittserklärung zurückzieht (vgl. Entscheidung T 1011/92 vom 16. September 1994). Ist das Beschwerdeverfahren jedoch nicht mehr anhängig, wenn die Beitrittserklärung eingereicht wird, so gilt sie als nicht eingereicht (vgl. Nr. 1), und das Beschwerdeverfahren wird beendet (vgl. Entscheidung G 8/91).
3. Folglich gilt es hier zu klären, ob das Beschwerdeverfahren noch anhängig war, als die Beitrittserklärung der Beitretenden I einging.
3.1 Durch die Rücknahme der Beschwerde eines Einsprechenden, der einziger Beschwerdeführer ist, wird das Beschwerdeverfahren unmittelbar beendet, soweit es die Sachfragen angeht, die Gegenstand der Entscheidung der Einspruchsabteilung waren (vgl. Entscheidungen G 8/91 und G 8/93). Durch diese Rücknahme fällt die gemäß Artikel 106 (1) EPÜ aufschiebende Wirkung der Beschwerde weg, womit die Entscheidung der Einspruchsabteilung rechtskräftig wird, soweit es die Sachfrage angeht (vgl. Entscheidung G 8/91, Nr. 11.2 der Entscheidungsgründe).
3.2 Die Erklärung über die Rücknahme der Beschwerde durch den einzigen Beschwerdeführer kann entweder mündlich erfolgen, wenn die Beschwerde in einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen wird, oder schriftlich. In ersterem Falle wird mit der Erklärung der Rücknahme der Beschwerde das Beschwerdeverfahren bezüglich der Sachfragen mit sofortiger Wirkung beendet; in letzterem Falle wird es mit Eingang dieser Erklärung beim EPA beendet. Wenn nun zweifelsfrei festgestellt werden kann, um welche Uhrzeit des betreffenden Tages eine Erklärung über die Rücknahme der Beschwerde per Telefax beim EPA eingegangen ist, so ist das Verfahren ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anhängig.
3.3 In der vorliegenden Sache wurde die Beschwerde der einzigen Beschwerdeführerin mit einem am 29. Mai 1998 um 16.09 Uhr beim EPA eingegangenen Telefax zurückgenommen. Abgesandt wurde das Telefax von dem von der einzigen Beschwerdeführerin ordnungsgemäß bevollmächtigten zugelassenen Vertreter. Am 2. Juni 1998 wurde ein Bestätigungsschreiben mit dem Faxinhalt beim EPA nachgereicht. Die Beitrittserklärung der Beitretenden I hingegen wurde mit einem am 29. Mai 1998 um 20.12 Uhr beim EPA eingegangenen Telefax eingereicht. Abgesandt wurde das Telefax von dem von der Beitretenden I ordnungsgemäß beauftragten zugelassenen Vertreter. Am 12. Juni 1998 wurde ein Bestätigungsschreiben mit dem Faxinhalt beim EPA nachgereicht.
3.4 Laut Nummer 2.1 der Mitteilung des EPA können nach Einreichung einer europäischen oder internationalen Anmeldung andere Schriftstücke in allen Verfahren vor dem EPA auch durch Telefax eingereicht werden. Schriftstücke, die anhängige Beschwerdeverfahren betreffen, sollten stets bei den Annahmestellen in München eingereicht werden (vgl. Nr. 2.2 der Mitteilung des EPA). Laut Nummer 3 der Mitteilung des EPA sind diese Schriftstücke zu unterzeichnen, soweit es sich nicht um Anlagen handelt.
Als Unterzeichnung gilt bei Einreichung durch Telefax die bildliche Wiedergabe der Unterschrift. Eine schriftliche Nachreichung dieser Schriftstücke ist nur in den unter Nr. 4.2 der Mitteilung des EPA genannten Fällen erforderlich.
3.5 Das Telefax der einzigen Beschwerdeführerin entspricht ebenso wie das der Beitretenden I den Erfordernissen der Mitteilung des EPA. Die schriftliche Nachreichung der beiden Telefaxe war laut Mitteilung des EPA im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Folglich gelten die beiden Telefaxe als am 29. Mai 1998 um 16.09 Uhr bzw. 20.12 beim EPA eingegangen.
3.6 Daraus folgt, daß die Beschwerde der einzigen Beschwerdeführerin zurückgenommen wurde, bevor die Beitrittserklärung der Beitretenden I einging. Das Beschwerdeverfahren war somit bei Eingang dieser Erklärung nicht mehr anhängig.
4. Die Beitretenden machen geltend, daß die Rücknahme der Beschwerde im vorliegenden Fall nicht vor Mitternacht wirksam werden konnte, weil im EPÜ kein Anhaltspunkt dafür zu finden sei, daß die Wirkung einer Verfahrenshandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt des Tages eintreten könne. Die Kammer teilt diese Auffassung nicht.
Aus allgemein anerkannten Verfahrensgrundsätzen folgt, daß ein Beschwerdeführer über die Anhängigkeit der von ihm eingelegten Beschwerde allein verfügen kann; die anderen Verfahrensbeteiligten gemäß Artikel 107 Satz 2 EPÜ - z. B. wie hier die Patentinhaberin - haben kein eigenes selbständiges Recht, das Verfahren fortzusetzen, wenn der Beschwerdeführer seine Beschwerde zurückgenommen hat (vgl. Entscheidung G 2/91 [ABl. EPA 1992, 206], Nr. 6.1 der Entscheidungsgründe). Gemäß der Dispositionsmaxime stellt die Rücknahme der Beschwerde eine Verfahrenshandlung dar, die weder die Zustimmung der betreffenden Beschwerdekammer (vgl. Entscheidung G 8/91, Nr. 8 der Entscheidungsgründe) noch die der anderen Verfahrensbeteiligten erfordert. Letztere können die Rücknahme der Beschwerde durch den Beschwerdeführer auch nicht anfechten. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang keine Frist zu beachten, bei der insbesondere Regel 83 (1) EPÜ zu berücksichtigen wäre. Die Rücknahme der Beschwerde ist mithin eine Verfahrenshandlung, die sofortige Wirkung entfaltet; sie kann selbst außerhalb der Öffnungszeiten des EPA wirksam vorgenommen werden.
Erklärt der Beschwerdeführer in einer mündlichen Verhandlung mündlich, daß er die Beschwerde zurücknimmt, so wird die Rücknahme mit dieser Erklärung wirksam. Ebenso wird eine schriftlich erklärte Rücknahme der Beschwerde mit dem Eingang dieser Erklärung beim EPA wirksam.
Nach Auffassung der Kammer sind diese beiden Verfahrenshandlungen als äquivalent zu betrachten. Wenn sich also die genaue Uhrzeit feststellen läßt, zu der die Erklärung über die Rücknahme der Beschwerde am Eingangstag beim EPA eingegangen ist, so wird die Rücknahme der Beschwerde genau zu diesem Zeitpunkt wirksam. Weder das EPÜ noch die Mitteilung des EPA stehen dem entgegen. Dies gilt insbesondere für die Bestimmungen des Artikels 80 EPÜ und der Regel 83 (1) EPÜ (s. oben).
5. Wenn also an ein und demselben Tag eine Erklärung über die Rücknahme der Beschwerde durch den einzigen Beschwerdeführer und eine Beitrittserklärung eingereicht werden und zudem die chronologische Reihenfolge dieser beiden Ereignisse zweifelsfrei festgestellt werden kann, so muß dieser Reihenfolge Rechnung getragen werden, da eine wirksame Beitrittserklärung voraussetzt, daß das Beschwerdeverfahren bei ihrer Einreichung anhängig ist (vgl. Nr. 1). Kann hingegen die chronologische Reihenfolge nicht ermittelt werden, so gilt das Beschwerdeverfahren als bei Einreichung der Beitrittserklärung anhängig.
6. Die Auffassung, wonach die Rücknahme einer Beschwerde zu einer bestimmten Uhrzeit innerhalb eines Tages wirksam werden kann, steht völlig im Einklang mit den Entscheidungsgründen und der Entscheidungsformel von G 8/91 bzw. G 8/93. Aus der Entscheidung G 8/93 geht insbesondere hervor, daß eine Verfahrenshandlung, die faktisch eine Erklärung der Rücknahme der Beschwerde durch den einzigen Beschwerdeführer darstellt, das Beschwerdeverfahren unmittelbar beendet.
Die anderen von den Beitretenden angezogenen Entscheidungen sind hier nicht relevant, weil sie nicht die Rücknahme einer Beschwerde und deren Wirkungen zum Gegenstand haben.
7. Laut Nummer 5.2 der Mitteilung des EPA erhalten Schriftstücke, die bei einer Annahmestelle des EPA durch Telefax eingereicht werden, den Tag, an dem sie beim EPA eingegangen sind, als Einreichungstag. Da bestimmte Schriftstücke innerhalb fester Fristen eingereicht werden müssen, stellen der Tag und die genaue Uhrzeit, die auf einem Telefax ausgewiesen werden, lediglich den exakten Zeitpunkt dar, zu dem das betreffende Dokument beim EPA eingegangen ist.
8. Daraus folgt, daß die Beitrittserklärungen der Beitretenden I und II erst eingereicht wurden, nachdem die Rücknahme der Beschwerde durch die einzige Beschwerdeführerin bereits wirksam war. Infolgedessen gelten diese Erklärungen als nicht eingereicht, und das Beschwerdeverfahren ist beendet (vgl. Nr. 2). Damit wird die Zwischenentscheidung, gegen die die einzige Beschwerdeführerin Beschwerde eingelegt hatte, rechtskräftig, soweit es die Sachfragen angeht (vgl. Nr. 3.1).
9. Da die Beitrittserklärungen der Beitretenden I und II als nicht eingereicht gelten, sind die von ihnen entrichteten Gebühren zurückzuzahlen, weil sie gegenstandslos sind.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beitrittserklärungen der Beitretenden I und II gelten als nicht eingereicht.
2. Die Rückzahlung der von den Einsprechenden I und II entrichteten Gebühren, d. h. je 3 200 DEM, wird angeordnet.
3. Das Beschwerdeverfahren ist abgeschlossen.