7.2. Erforderlicher Umfang der Offenbarung bei einer medizinischen Verwendung – glaubhafte Wirkung
7.2.7 Offenbarung einiger Nebenwirkungen
In T 2444/18 war aus Sicht der Kammer glaubhaft gemacht worden, dass eine Mischung aus Isoleucin, Leucin und Valin bestimmte Nebenwirkungen von Sorafenib verringern könnte. Die Kammer stimmte allerdings der Auffassung des Einsprechenden zu, dass diese Lehre aus den folgenden Gründen nicht auf andere Nebenwirkungen ausgeweitet werden könne. Die Offenbarung von D10 (nachveröffentlichtes Beweismittel) über den potenziellen Nutzen von BCAAs gegen eine weitere Nebenwirkung würde, selbst wenn sie zugelassen würde, den Mangel eines substantiierten allgemeinen Konzepts, das es erlauben würde, die Lehre aus Beispiel 1 auf alle denkbaren Nebenwirkungen auszuweiten, nicht beheben. Die Patentinhaber argumentierten ferner damit, dass der Wortlaut von Anspruch 1 "zur Verwendung zur Verringerung einer Nebenwirkung" nur eine zu verringernde Nebenwirkung vorsehe. Die Kammer kam zu einer anderen Schlussfolgerung. In Anspruch 1 des Hauptantrags sei keine bestimmte Nebenwirkung angegeben. Würden einem Patienten BCAAs nach Anspruch 1 verabreicht, um eine andere Nebenwirkung als Blutungen, z. B. Tinnitus, zu verringern oder zu verhindern, so wäre dies eine von Anspruch 1 abgedeckte alternative Ausführungsform. Die therapeutische Wirksamkeit von BCAAs bei der Vorbeugung oder Behandlung von Tinnitus (und anderen Nebenwirkungen, die nicht unter Beispiel 1 fallen) wurde nicht durch Beweismittel belegt und in der Anmeldung in der eingereichten Fassung nicht glaubhaft gemacht.