R 0005/23 (Antrag auf Überprüfung) 01-07-2024
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Vorrichtung zum Ein- und Auslagern von Gütern und zur Reinigung des Lagers, und Verfahren zum Betrieb einer solchen Vorrichtung
Antrag auf Überprüfung - offensichtlich unzulässig
Überprüfung der Zwischenentscheidung - nein
I. Mit Schriftsatz vom 21. April 2023 (Überprüfungsantrag) beantragte die beschwerdeführende Einsprechende (Antragstellerin) die Überprüfung der Zwischenentscheidung T 2078/17 vom 7. Februar 2023, die von der Technischen Beschwerdekammer in ihrer Zusammensetzung gemäß Verfügung vom 8. Dezember 2022 als Ersatzkammer getroffen worden ist.
II. Mit dieser Zwischenentscheidung vom 7. Februar 2023 wies die Ersatzkammer den von der Antragstellerin am 16. Januar 2023 gestellten Antrag gemäß Artikel 24 (3) Satz 1 2. Alternative EPÜ auf Ablehnung ihrer drei Mitglieder wegen Besorgnis der Befangenheit (auch: Ablehnungsantrag oder Ablehnungsgesuch) als unzulässig zurück.
III. Als Ersatzkammer ist sie gemäß Artikel 24 (4) EPÜ mit der Entscheidung über einen ersten Ablehnungsantrag befasst. Diesen hatte die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2022 vor der Technischen Beschwerdekammer in ihrer ursprünglichen Besetzung gestellt. Gegenstand des Verfahrens vor der Technischen Beschwerdekammer sind die Beschwerden der Antragstellerin und der Patentinhaberin gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, wonach unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das Streitpatent in der Fassung des Hilfsantrags 1, und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen. Ihrem Umfang nach ist die Beschwerde der Antragstellerin auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung der Einspruchsabteilung und den Widerruf des Streitpatents gerichtet.
IV. Im vorliegenden Überprüfungsverfahren machte die Antragstellerin einen schwerwiegenden Verstoß gegen Artikel 113 (1) EPÜ i.S.v. Artikel 112a (2) c) EPÜ geltend. Sie trug vor, dass die schriftlich abgesetzte Zwischenentscheidung vom 7. Februar 2023 auf Gründe gestützt sei, zu denen sie sich vor Ergehen der Zwischenentscheidung nicht habe äußern können. Ihr rechtliches Gehör sei daher in schwerwiegender Weise verletzt worden.
V. Die Antragstellerin beantragte, die Zwischenentscheidung T 2078/17 vom 7. Februar 2023 aufzuheben und anzuordnen, dass das Verfahren über das gegen die Ersatzkammer gerichtete Ablehnungsgesuch gemäß Artikel 24 (4) EPÜ wiederaufgenommen werde, so dass die Ersatzkammer erneut über die Zulässigkeit des gegen sie gerichteten Ablehnungsgesuchs entscheiden müsse.
VI. Dem nachgereichten Antrag der Antragstellerin auf mündliche Verhandlung entsprechend, lud die Große Beschwerdekammer in der Besetzung nach Regel 109 (2) a) EPÜ zur mündlichen Verhandlung.
VII. In einer gemäß Artikel 14 (2) VOGBK zum Zwecke der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung erlassenen Mitteilung unterrichtete die Große Beschwerdekammer die Antragstellerin davon, dass nach vorläufiger Auffassung die Zwischenentscheidung T 2078/17 vom 7. Februar 2023 nicht Gegenstand eines Überprüfungsverfahrens sein könne, so dass der Überprüfungsantrag als unzulässig erachtet werde.
VIII. Eine von der Patentinhaberin in Reaktion auf den Überprüfungsantrag eingereichte Eingabe wurde dabei von der Großen Beschwerdekammer nicht berücksichtigt, da die Entscheidung in der Besetzung nach Regel 109 (2) a) EPÜ ohne Mitwirkung anderer Beteiligter auf der Grundlage des Überprüfungsantrags ergeht (siehe Regel 109 (3) EPÜ).
IX. In einem weiteren Schriftsatz trug die Antragstellerin ihre Auffassung, insbesondere zur Frage der Zulässigkeit des Überprüfungsantrags vor, wobei sie u.a. auf Dokumente der Travaux préparatoires zum EPÜ 2000 Bezug nahm.
X. Die mündliche Verhandlung vor der Großen Beschwerdekammer fand in Anwesenheit der Antragstellerin statt. Die Frage der Zulässigkeit des Überprüfungsantrags wurde erörtert und die Antragstellerin trug ihren schriftsätzlich vorgebrachten Standpunkt mündlich vor.
XI. Der Standpunkt der Antragstellerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Jede Entscheidung, mit der eine Beschwerdekammer über einen im EPÜ vorgesehenen Antrag eines Beteiligten rechtskräftig, also abschließend und unanfechtbar entschieden habe, müsse einer Überprüfung durch die Große Beschwerdekammer zugänglich sein, sofern die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Artikels 112a EPÜ und der Regeln 104 bis 108 EPÜ vorlägen. Dies sei der Entscheidung G 1/97 und den Travaux préparatoires zur Revision des EPÜ im Jahr 2000 zu entnehmen.
Zu diesen einer Überprüfung i.S.v. Artikel 112a EPÜ zugänglichen Entscheidungen gehörten grundsätzlich nicht nur Entscheidungen gemäß Artikel 24 (4) EPÜ über Ablehnungsgesuche, sondern auch diejenigen Entscheidungen, mit denen Ablehnungsgesuche von der Beschwerdekammer, deren Mitglied oder Mitglieder solche Ablehnungsgesuche beträfen, als unzulässig zurückgewiesen würden. Maßgeblich sei nicht, ob es sich um eine Zwischenentscheidung handele, sondern ob über den Gegenstand rechtskräftig entschieden sei. Dies sei bei der vorliegenden Entscheidung über das Ablehnungsgesuch der Fall. ,,Verfahren" sei weit zu verstehen. Umfasst sei demnach auch das Vorverfahren, mit dem die Beschwerdekammer selbst über die Zulässigkeit des gegen ihre Mitglieder gerichteten Ablehnungsgesuchs entschieden habe. Ein erheblicher Anteil der Beschwerdekammerentscheidungen in Erteilungs- oder Einspruchsverfahren seien Zwischenentscheidungen und es sei kein Grund erkennbar, weshalb solche Entscheidungen von der Möglichkeit des Rechtsmittels der Überprüfung durch die Große Beschwerdekammer grundsätzlich ausgenommen sein sollten. Eine Unzulässigkeit eines Antrags auf Überprüfung einer Entscheidung deshalb, weil es sich um eine Zwischenentscheidung handele, sei, wie sich aus der Auflistung der Gründe für eine Unzulässigkeit eines Überprüfungsantrags in den Travaux préparatoires ergebe, vom Gesetzgeber nicht vorgesehen worden.
XII. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende den Tenor der vorliegenden Entscheidung.
1. Der Überprüfungsantrag ist offensichtlich unzulässig, da die Zwischenentscheidung T 2078/17 vom 7. Februar 2023 keine Entscheidung ist, gegen die ein Überprüfungsantrag im Sinne von Artikel 112a EPÜ eingelegt werden kann.
2. Gemäß Artikel 112a (1) EPÜ kann jeder Beteiligte an einem Beschwerdeverfahren, der durch die Entscheidung einer Beschwerdekammer beschwert ist, einen Antrag auf Überprüfung der Entscheidung durch die Große Beschwerdekammer stellen.
3. Der vorliegende Überprüfungsantrag ist gegen die Zwischenentscheidung vom 7. Februar 2023 gerichtet, mit der die Beschwerdekammer (in der Besetzung gemäß Artikel 24 (4) EPÜ) einen gegen ihre drei Mitglieder gerichteten Ablehnungsantrag wegen Besorgnis der Befangenheit als unzulässig zurückgewiesen hat.
4. Diese Entscheidung kann jedoch, auch wenn sie als schriftlich begründete Zwischenentscheidung in formeller Form erging, nicht Gegenstand eines Überprüfungsverfahrens nach Artikel 112a EPÜ sein.
5. Die Rechtsfolge eines erfolgreichen Antrags auf Überprüfung ist gemäß Artikel 112a (5) EPÜ die Aufhebung der Entscheidung und die ,,Wiederaufnahme des Verfahrens vor den Beschwerdekammern".
5.1 Regel 108 (3) EPÜ präzisiert weiter, dass im Falle eines begründeten Überprüfungsantrags die Große Beschwerdekammer die ,,Wiedereröffnung des Verfahrens vor der nach Regel 12b (4) EPÜ zuständigen Beschwerdekammer" anordnet, und sieht außerdem vor, dass die Große Beschwerdekammer anordnen kann, dass Mitglieder der Beschwerdekammer, die an der aufgehobenen Entscheidung mitgewirkt haben, zu ersetzen sind.
5.2 Eine ,,Wiederaufnahme des Verfahrens" oder ,,Wiedereröffnung des Verfahrens" (bzw. ,,re-opening of the proceedings" und ,,réouverture de la procédure" in der englischen und französischen Fassung der Vorschriften) setzt voraus, dass es sich bei der zu überprüfenden Entscheidung um eine Entscheidung handelt, die ein Verfahren abgeschlossen hat.
5.3 Auch Regel 106 EPÜ weist darauf hin, dass nicht jegliche Entscheidung einer Beschwerdekammer unmittelbar einen Antrag nach Artikel 112a EPÜ nach sich ziehen kann. Nach dieser Vorschrift ist ein Antrag nach Artikel 112a (2) a) bis d) EPÜ nur zulässig, wenn der Verfahrensmangel ,,während des Beschwerdeverfahrens" beanstandet wurde und die Beschwerdekammer den Einwand zurückgewiesen hat, es sei denn, der Einwand konnte ,,im Beschwerdeverfahren" nicht erhoben werden.
5.4 Die Vorschrift der Regel 106 EPÜ verfolgt u.a. den Zweck, der Beschwerdekammer, die von einem unter Artikel 112a (2) a) bis d) EPÜ fallenden Vorwurf betroffen ist, die Möglichkeit einzuräumen, vom vermeintlichen Verfahrensmangel rechtzeitig zu erfahren und den Grund der Beanstandung gegebenenfalls zu beseitigen (siehe auch R 4/08, Gründe 2.1; R 14/11, Gründe 2.5 ff.). Nur dann, wenn der Einwand vom Betroffenen nicht ,,im Beschwerdeverfahren" erhoben werden konnte, besteht keine vorherige Pflicht zur Beanstandung. Diese Regelung legt nahe, dass eine Zwischenentscheidung nicht Gegenstand eines Überprüfungsantrags sein kann, sofern damit das Beschwerdeverfahren gegenüber dem Betroffenen nicht abgeschlossen ist.
6. Dementsprechend betrifft das Überprüfungsverfahren nach Artikel 112a EPÜ gemäß der Ausgestaltung der maßgeblichen Vorschriften jedenfalls keine Entscheidungen, mit denen ein Verfahren vor einer Beschwerdekammer dem Betroffenen gegenüber nicht abgeschlossen wird.
7. Den Travaux préparatoires zur EPÜ-Revision 2000, die die Einführung dieses neuen Rechtsbehelfs zum Ziel hatte, ist ebenso nichts anderes zu entnehmen, als dass die Überprüfung von verfahrensabschließenden Entscheidungen beabsichtigt war (siehe Basisvorschlag für die Revision des Europäischen Patentübereinkommens, MR/2/00 d, 13. Oktober 2000, Seite 137 bis 143).
7.1 Das Verfahren gemäß Artikel 112a EPÜ zur Überprüfung von Beschwerdekammerentscheidungen wurde durch die Revisionsakte vom 29. November 2000 in das EPÜ eingefügt. Die Entstehungsgeschichte legt nahe, dass dabei eine Überprüfungsmöglichkeit in Bezug auf getroffene, das Beschwerdeverfahren in der Sache abschließende Entscheidungen im Fokus stand.
7.2 Anlass für die Schaffung des neuen Verfahrens war die Entscheidung G 1/97 vom 10. Dezember 1999 (ABl. EPA 2000, 322), ergangen in Antwort auf Vorlagefragen der Juristischen Beschwerdekammer. Darin war die Große Beschwerdekammer zur Schlussfolgerung gelangt, dass Anträge, die auf die Überprüfung von rechtskräftigen Entscheidungen der Beschwerdekammern abzielten und sich auf die Verletzung eines wesentlichen Verfahrensgrundsatzes stützen, im Rahmen des EPÜ nicht wirksam gestellt werden könnten, und, falls dennoch gestellt, als unzulässig zurückzuweisen seien (siehe G 1/97, supra, Gründe 2.f) und 6). In Anbetracht dieses Umstands forderte die Große Beschwerdekammer den Gesetzgeber auf, ,,in ganz bestimmten Fällen gravierender Verletzung eines wesentlichen Verfahrensgrundsatzes eine Möglichkeit zur Überprüfung rechtskräftiger Beschwerdekammerentscheidungen vorzusehen" (G 1/97, supra, Gründe 9).
7.3 Hintergrund des Verfahrens G 1/97 waren mehrere Anträge, die ein Patentinhaber an eine Technische Beschwerdekammer und die Rechtsabteilung des EPA gerichtet hatte, nachdem die Technische Beschwerdekammer auf die Beschwerde des Einsprechenden hin das Patent widerrufen hatte. Die Große Beschwerdekammer stellte in der Entscheidung G 1/97 u.a. fest, dass die Zuständigkeit einer Beschwerdekammer in der ihr vorgelegten Sache mit der Entscheidung über den Rechtsstreit ende (G 1/97, supra, Gründe 2.e)). Dies gelte selbst dann, wenn in dieser Entscheidung ein wesentlicher Verfahrensgrundsatz verletzt würde. Das EPÜ sehe nämlich keine Anträge der von der Juristischen Beschwerdekammer in der Vorlageentscheidung umschriebenen Art vor; die Juristische Beschwerdekammer hatte besondere Rechtsmittel aufgezählt, die in etlichen Vertragsstaaten gesetzlich vorgesehen seien und es ermöglichten, rechtskräftige Urteile als fehlerhaft u.a. wegen Verletzung eines wesentlichen Verfahrensgrundsatzes anzufechten (G 1/97, supra, Gründe 2.f) und 3). Ein solches Rechtsmittel, so die Große Beschwerdekammer, könne auch nicht auf der Grundlage von Artikel 125 EPÜ eingeführt werden (G 1/97, supra, Gründe 3.d) und 4). Daher wurde der Gesetzgeber zum Tätigwerden aufgefordert.
7.4 Der Aufforderung der Großen Beschwerdekammer nachkommend wurde im Zuge der EPÜ Revision im Jahr 2000 der Antrag auf Überprüfung nach Artikel 112a EPÜ eingeführt, ,,um eine begrenzte gerichtliche Überprüfung von Beschwerdekammerentscheidungen zu ermöglichen" (siehe MR/2/00 d, Artikel 112a, Punkt 1). Der Überprüfungsantrag wurde als ,,außerordentlicher Rechtsbehelf" (siehe MR/2/00 d, Artikel 112a, Punkt 11) ausgestaltet: er hat keine aufschiebende Wirkung (vgl. Artikel 112a (3) EPÜ) und ist u.a. nur zulässig, wenn er auf einen der in Artikel 112a (2) i.V.m. Regel 104 EPÜ abschließend aufgezählten Gründe gestützt wird (Regel 108 (1) EPÜ). Laut Gesetzgeber sollte aus dieser Aufzählung ersichtlich werden, dass ,,ein Überprüfungsantrag nur auf schwerwiegende (nicht auf geringfügige) Verfahrensmängel gestützt werden" könne und der Antrag ,,keinesfalls dazu instrumentalisiert werden [darf], die Anwendung des materiellen Rechts überprüfen zu lassen" (siehe MR/2/00 d, Artikel 112a, Punkt 5, Hervorhebung in Fettdruck im Original).
Ferner ist für die Zulässigkeit des Überprüfungsantrags erforderlich, dass der vermeintliche Verfahrensmangel - außer beim Überprüfungsgrund nach Artikel 112a (2) e) EPÜ (Beeinflussung durch eine Straftat) - im Beschwerdeverfahren beanstandet worden ist und die Beschwerdekammer den Einwand zurückgewiesen hat, es sei denn, der Einwand konnte im Beschwerdeverfahren nicht erhoben werden (vgl. Regel 106 EPÜ).
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die Große Beschwerdekammer prüfen, ob ,,das Beschwerdeverfahren mit dem behaupteten Verfahrensmangel behaftet ist oder die festgestellte Straftat die Entscheidung beeinflusst haben könnte" (siehe MR/2/00 d, Artikel 112a, Punkt 18), so dass insoweit eine Kausalität zwischen Verfahrensmangel und dem Verfahrensergebnis gesehen wurde.
Weiterhin wurde die Frist zur Stellung eines solchen Antrags kurz bemessen, da ,,[d]as einem erfolgreichen Überprüfungsverfahren folgende neue Beschwerdeverfahren... ja damit enden [könnte], daß ein widerrufenes Patent bzw. eine zurückgewiesene Anmeldung wiederauflebt" (siehe MR/2/00 d, Artikel 112a, Punkt 14).
7.5 Die Entstehung von Artikel 112a EPÜ weist daher auf die Absicht des Gesetzgebers hin, einen außerordentlichen Rechtsbehelf gegen solche Beschwerdekammerentscheidungen zu schaffen, die den Rechtsstreit beenden bzw. das Beschwerdeverfahren abschließen. Dies dürfte auch der Grund sein, weshalb, wie von der Antragstellerin zu Recht bemerkt, in den Travaux préparatoires die Frage, welcher Art eine Beschwerdekammerentscheidung sein soll, damit ein Überprüfungsantrag gegen sie zulässig ist, nicht thematisiert worden ist.
8. Im Einklang mit der Gesetzgebungsgeschichte wurde in der bisherigen Rechtsprechung das Überprüfungsverfahren als Verfahren charakterisiert, welches Verfahrensmängeln vorbehalten ist, die so schwerwiegend sind, dass sie für das Rechtssystem nicht hinnehmbar sind und eine Abweichung vom Grundsatz rechtfertigen, dass Verfahren, die zu einer rechtskräftigen Entscheidung geführt haben, im Interesse der Rechtssicherheit nicht wiedereröffnet werden sollen (siehe auch R 1/08, Gründe 2.1; R 16/12, Gründe 4.2).
9. Die Frage, ob Artikel 112a EPÜ auch in Bezug auf andere Entscheidungen als solche, die das Beschwerdeverfahren abschließen, Anwendung finden kann, wurde in den Entscheidungen R 5/08 (siehe Abschnitte XIV.(c), XV.(c) und XVI.(c)), und R 2/15 vom 21. November 2016 (siehe Gründe 2.1 bis 2.5) thematisiert.
9.1 Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Große Beschwerdekammer in der Entscheidung R 5/08 keine Position zu dieser Frage bezogen hat. Vielmehr erachtete sie den Überprüfungsantrag, der in Bezug auf zwei im Beschwerdeverfahren T 601/05 ergangene und gleichzeitig zugestellte Zwischenentscheidungen gestellt worden war, jeweils aus anderen Gründen für unzulässig: hinsichtlich der ersten Zwischenentscheidung vom 18. Oktober 2007 war der Überprüfungsantrag aufgrund mangelnder Anwendbarkeit von Artikel 112a EPÜ gemäß den Übergangsbestimmungen zur Revision des EPÜ unzulässig, und hinsichtlich der zweiten Zwischenentscheidung vom 24. April 2008 mangelte es dem Antrag an einer ausreichenden Substantiierung i.S.v. Regel 107 (2) EPÜ, d.h. an einer anderen Zulässigkeitsvoraussetzung (siehe R 5/08, Gründe 21, 22 und 26). Die Große Beschwerdekammer schloss ihre Ausführungen in der Entscheidungsbegründung mit dem Hinweis darauf, dass es angesichts dieser Umstände nicht notwendig sei, zu anderen Punkten als denjenigen, die in der Entscheidungsbegründung enthalten waren, Stellung zu beziehen (siehe R 5/08, Gründe 27).
9.2 Die Aussage der Großen Beschwerdekammer in der Entscheidung R 2/15 vom 21. November 2016, dass in der Entscheidung R 5/08 implizit anerkannt worden sei, dass Überprüfungsanträge gegen Zwischenentscheidungen nicht grundsätzlich unzulässig seien (siehe R 2/15 vom 21. November 2016, Gründe 2.2), erscheint daher zu weitgehend. Es scheint in der Entscheidung R 5/08 lediglich implizit anerkannt worden zu sein, dass es sich bei der Frage, ob gegen eine bestimmte Entscheidung ein Überprüfungsantrag eingelegt werden kann, um eine Frage handelt, die anderen Zulässigkeitsvoraussetzungen wie die Erfüllung der Erfordernisse von Regel 107 EPÜ nicht notwendigerweise vorgeht.
10. Die Große Beschwerdekammer teilt allerdings die in der Entscheidung R 2/15 vom 21. November 2016 vertretene Auffassung, dass die Bestimmungen von Artikel 106 (2) EPÜ im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nicht anwendbar sind (siehe R 2/15 vom 21. November 2016, Gründe 2.2 und 2.3).
10.1 Artikel 106 (2) EPÜ sieht vor, dass eine Entscheidung [eines der in Artikel 106 (1) EPÜ bezeichneten Organe, d.h. Eingangsstelle, Prüfungsabteilungen, Einspruchsabteilungen und Rechtsabteilung], die ein Verfahren gegenüber einem Beteiligten nicht abschließt, [mittels einer Beschwerde gemäß Artikel 108 EPÜ] nur zusammen mit der Endentscheidung anfechtbar ist, sofern nicht in der Entscheidung die gesonderte Beschwerde zugelassen ist. Es liegt also im pflichtgemäßen Ermessen des entscheidenden Organs, ob es nach Artikel 106 (2) EPÜ die gesonderte Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung und damit letztlich den Rechtsweg zu den Beschwerdekammern zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens zulässt oder nicht.
Beispielsweise sind die Entscheidungen der Einspruchsabteilungen, wonach unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das Patent, und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen, grundsätzlich ein solcher Fall einer Zwischenentscheidung mit zugelassener gesonderter Beschwerde gemäß Artikel 106 (2) EPÜ, wie der entsprechende Vermerk in diesen Entscheidungen (siehe EPA Form 2327) zeigt. Erst nachdem feststeht, dass gegen diese Zwischenentscheidung keine Beschwerde eingelegt worden ist, wird der Patentinhaber u.a. aufgefordert, die vorgeschriebene Gebühr zu entrichten und die Übersetzung der geänderten Patentansprüche in den beiden anderen Amtssprachen einzureichen. Und erst nach Erfüllung dieser Voraussetzungen beschließt die Einspruchsabteilung die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung i.S.v. Artikel 101 (3) a) EPÜ (vgl. Regel 82 EPÜ).
Wird gegen eine solche Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung betreffend die Erfüllung der Erfordernisse des EPÜ eine Beschwerde eingelegt, bedeutet dieser Umstand entgegen der Ansicht der Antragstellerin im Übrigen nicht, dass die daraufhin ergehende Beschwerdekammerentscheidung bereits aus dem Grund, dass die angefochtene Entscheidung eine Zwischenentscheidung war, als eine einem Überprüfungsantrag nicht zugängliche Zwischenentscheidung anzusehen wäre. Sehr wohl kann auch in einer solchen Situation eine das Beschwerdeverfahren gegenüber dem Beteiligten abschließende Beschwerdekammerentscheidung Gegenstand eines Antrags auf Überprüfung werden.
10.2 Eine Anwendung von Artikel 106 (2) EPÜ im Rahmen des Überprüfungsverfahrens kommt, wie oben bereits erwähnt, nach Ansicht der Großen Beschwerdekammer nicht in Frage. Das Überprüfungsverfahren nach Artikel 112a EPÜ ist vom Gesetzgeber im Zuge der Revision des EPÜ im Jahr 2000 als eigenständiges, vollständiges Verfahren ausgestaltet worden. Zwar wird auf der Ebene der Ausführungsordnung (Regel 109 (1) EPÜ) darauf verwiesen, dass die Vorschriften für das Verfahren vor den Beschwerdekammern anzuwenden sind, sofern nichts anderes bestimmt ist. Dies gilt aber nur ,,in den Verfahren nach Artikel 112a EPÜ", also jedenfalls nicht für die Frage, ob in Bezug auf eine bestimmte Entscheidung ein Verfahren gemäß Artikel 112a EPÜ zulässig ist. Eine Anwendung von Artikel 106 (2) EPÜ ist daher von der Verweisungsnorm in Regel 109 (1) EPÜ nicht umfasst (so auch R 2/15 vom 21. November 2016, Gründe 2.3).
10.3 Eine Anwendung von Artikel 106 (2) EPÜ über die Verweisungsnorm in dem Sinne, dass gegen eine Zwischenentscheidung einer Beschwerdekammer ein Überprüfungsantrag eingelegt werden kann, sofern eine derartige Überprüfung von der Beschwerdekammer zugelassen worden ist, scheidet auch aus dem Grund aus, dass eine solche Zulassung Sache der entscheidenden Beschwerdekammer wäre. Es gibt jedoch keine Rechtsgrundlage und somit keine Befugnis der Beschwerdekammer, eine solche Zulassung einer gesonderten Überprüfung vorzusehen (und zwar unterschiedslos, ob die Beschwerdekammer in eigener Zuständigkeit oder, bei begründeter Beschwerde anstelle die Angelegenheit zurückzuverweisen, gemäß Artikel 111 (1) EPÜ im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig wird, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat): Zwar erklärt Regel 100 (1) EPÜ die Vorschriften für das Verfahren vor dem Organ, das die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung erlassen hat, für das Beschwerdeverfahren grundsätzlich für anwendbar, jedoch ist etwas anderes bestimmt. Während nämlich Regel 111 (2) EPÜ vorsieht, dass Entscheidungen, die mit der Beschwerde angefochten werden können, mit einem Hinweis darüber zu versehen sind, dass gegen die Entscheidung die Beschwerde statthaft ist, sind die Bestimmungen, welche die Form der Entscheidungen von Beschwerdekammern betreffen, in Regel 102 EPÜ niedergelegt. Dort findet sich jedoch keine derartige Hinweispflicht, so dass daraus auch auf die mangelnde Befugnis, eine gesonderte Überprüfung einer Entscheidung vorzusehen, geschlossen werden kann.
10.4 Ferner ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber, hätte er Regelungen vergleichbar zu denjenigen aus Artikel 106 (2) EPÜ vorsehen wollen, eine explizite Regelung getroffen hätte, und, angesichts der Bedeutung einer solchen Regelung für das Überprüfungsverfahren, auch hätte treffen müssen. Die Große Beschwerdekammer hat in der Entscheidung G 1/97 nämlich gefordert, dass ,,[i]n Anbetracht des fundamentalen Charakters eines solchen Rechtsmittels... diese Überprüfungsmöglichkeit zumindest in ihren Grundzügen im Übereinkommen selbst vorgesehen werden [müsste]" (siehe G 1/97, supra, Gründe 9).
10.5 Im Übrigen würde es dem Charakter des Überprüfungsverfahrens nach Artikel 112a EPÜ als außerordentlicher Rechtsbehelf zuwiderlaufen, wenn die Ermöglichung des Zugangs zu diesem Verfahren im (selbst wenn pflichtgemäß ausgeübten) Ermessen einer Beschwerdekammer läge. Für eine Regelungslücke, die in Form einer analogen Anwendung von Artikel 106 (2) EPÜ geschlossen werden müsste oder könnte, gibt es daher keine Grundlage.
11. In der Entscheidung R 2/15 vom 21. November 2016 zog die Große Beschwerdekammer aus ihren Überlegungen zur bereits in der Entscheidung R 5/08 (vermeintlich) erfolgten impliziten Anerkennung von Anträgen auf Überprüfung von Zwischenentscheidungen als nicht generell unzulässig sowie zur mangelnden direkten oder analogen Anwendbarkeit von Artikel 106 (2) EPÜ die Schlussfolgerung, dass es keinen Grund gäbe, für Anträge auf Überprüfung von Zwischenentscheidungen denselben restriktiven Ansatz in Bezug auf die Zulässigkeit zugrunde zu legen wie auf Beschwerden (siehe R 2/15 vom 21. November 2016, Gründe 2.4). Aus der mangelnden Anwendbarkeit von Artikel 106 (2) EPÜ wurde somit eine breites Anwendungsfeld für Überprüfungsanträge abgeleitet.
12. Die Große Beschwerdekammer hält diese generelle Erwägung allerdings für zu weitgehend.
12.1 Der Sinn und Zweck des Überprüfungsverfahrens, insbesondere die Ausgestaltung als außerordentlicher Rechtsbehelf, sind Aspekte, die gerade nicht für eine Gleichsetzung von Überprüfungsanträgen mit Beschwerden, oder gar für einen liberaleren Ansatz bezüglich Überprüfungsanträge im Hinblick auf die Zulässigkeitsanforderungen sprechen. Die Große Beschwerdekammer hat bereits in der Entscheidung R 1/08 hervorgehoben, dass die den Überprüfungsantrag regelnden Bestimmungen strikt anzuwenden seien (siehe R 1/08, Gründe 2.1).
12.2 Weiterhin legt auch ein Vergleich der Vorschriften der Artikel 107 EPÜ und Artikel 112a (1) EPÜ nahe, dass das Anwendungsfeld von Überprüfungsanträgen eingeschränkter ist: sieht Artikel 107 EPÜ vor, dass jeder Verfahrensbeteiligte, der durch ,,eine Entscheidung" beschwert ist, Beschwerde einlegen kann, so bestimmt Artikel 112a (1) EPÜ, dass jeder Beteiligte an einem Beschwerdeverfahren, der durch ,,die Entscheidung" einer Beschwerdekammer beschwert ist, einen Antrag auf Überprüfung der Entscheidung durch die Große Beschwerdekammer einlegen kann.
13. Im Übrigen unterscheidet sich auch der der Entscheidung R 2/15 vom 21. November 2016 zugrunde liegende Sachverhalt vom vorliegenden Fall. Im Fall R 2/15 vom 21. November 2016 wurde der Ablehnungsantrag, zu dem die Zwischenentscheidung erging, von der Ersatzkammer gemäß Artikel 24 (4) EPÜ zurückgewiesen. Ob gegen eine derartige Zwischenentscheidung ein Überprüfungsantrag gestellt werden kann, bzw. welche Voraussetzungen eine Entscheidung erfüllen muss, damit sie Gegenstand eines Verfahrens nach Artikel 112a EPÜ sein kann, braucht vorliegend letztlich nicht entschieden zu werden.
14. Im vorliegenden Fall ist der Ablehnungsantrag, zu dem die Zwischenentscheidung erging, von der Technischen Beschwerdekammer, gegen die die Ablehnung gerichtet ist, als unzulässig zurückgewiesen worden, d.h. die Zwischenentscheidung erging im Laufe des Verfahrens, mit dem die Technische Beschwerdekammer befasst war (und derzeit noch befasst ist). Es genügt daher vorliegend die Entscheidung darüber, ob die Zwischenentscheidung vom 7. Februar 2023 der Technischen Beschwerdekammer in ihrer Zusammensetzung gemäß Verfügung vom 8. Dezember 2022 als Ersatzkammer Gegenstand eines Überprüfungsverfahrens gemäß Artikel 112a EPÜ sein kann.
15. Dies ist jedenfalls aus dem Grund zu verneinen, weil mit dieser Zwischenentscheidung schon kein Verfahren gegenüber der Antragstellerin abgeschlossen wird, das einer Wiedereröffnung zugänglich sein könnte, sondern über einen Einwand im laufenden Verfahren gesondert entschieden wurde. Der Antragstellerin, wonach ,,Verfahren" weit zu verstehen sein solle, so dass auch eine Art ,,Vorverfahren" umfasst sei, wird im Hinblick auf den Charakter des Überprüfungsverfahrens als außerordentlicher Rechtsbehelf nicht gefolgt.
Gegen ein solches weites Verständnis spricht auch, dass es andernfalls angesichts des mangelnden Suspensiveffekts des Überprüfungsantrags gemäß Artikel 112a (3) EPÜ zu der Situation kommen könnte, dass das Beschwerdeverfahren, in dem die Zwischenentscheidung ergangen ist, möglicherweise zu einem früheren Zeitpunkt mit einem verfahrensabschließenden Ergebnis endet, welches den Steller des Überprüfungsantrags gegen die Zwischenentscheidung letztlich nicht beschwert. Auch wenn es wünschenswert ist, dass Verfahrensmängel jedweder Art zu vermeiden sind, so würde in einem solchen Szenario der Verfahrensmangel, selbst wenn ihn die betroffene Beschwerdekammer im weiteren Verfahren nicht beseitigen wollte oder konnte, aus rückblickender Perspektive dann keinen Verfahrensmangel begründen, der aus gesetzgeberischer Sicht einen ,,nicht hinnehmbaren Fehler" (siehe MR/2/00 d, Artikel 112a, Punkt 5) darstellt.
16. Schließlich ist auch festzustellen, dass die Antragstellerin vorliegend einen Verstoß gegen ihr rechtliches Gehör im Zusammenhang mit dem Ergehen der Zwischenentscheidung geltend macht. Ein Verstoß gegen Artikel 113 (1) EPÜ ist nach der ständigen Rechtsprechung nur dann als schwerwiegend im Sinne von Artikel 112a (2) c) EPÜ anzusehen, wenn ein Kausalzusammenhang zwischen dem behaupteten Verstoß und der das Beschwerdeverfahren abschließenden Entscheidung besteht (R 1/08, Gründe 3; R 11/08, Gründe 6; R 22/10, Gründe 8; R 6/13, Gründe 2.1; R 17/14, Gründe 5; R 6/16, Gründe 27). In vorliegendem Fall, wo noch keine verfahrensabschließende Entscheidung getroffen ist, kann kein solcher notwendiger Kausalzusammenhang bestehen.
17. Der Schlussfolgerung, dass das Überprüfungsverfahren nach Artikel 112a EPÜ gemäß der Ausgestaltung der maßgeblichen Vorschriften jedenfalls keine Entscheidung betrifft, mit der ein Verfahren vor einer Beschwerdekammer dem Betroffenen gegenüber nicht abgeschlossen wird, steht nicht entgegen, dass in der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer die Möglichkeit eingeräumt wurde, dass ein Überprüfungsantrag auf einen selbständigen Teil der Entscheidung (z.B. betreffend die Nichterstattung der Beschwerdegebühr) beschränkt wird und eine zu überprüfende Entscheidung gegebenenfalls nur teilweise, also hinsichtlich des selbständigen Teils, aufgehoben würde, so dass das Verfahren vor der Beschwerdekammer betreffend diesen selbständigen Teil wiederzueröffnen wäre (siehe R 19/12 vom 12. April 2016, Gründe 4.1 und 4.2; R 16/14, Gründe 2.2 und 2.3). Ob diesem Ansatz uneingeschränkt zu folgen ist, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Es genügt festzustellen, dass in den Entscheidungen, die diesen Überprüfungsverfahren zugrunde lagen, die jeweilige Beschwerdekammer eine das jeweilige Beschwerdeverfahren abschließende Entscheidung in der Sache getroffen hatte (R 19/12 vom 12. April 2016: Anordnung der Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf Grundlage eines Hilfsantrags und Nichterstattung der Beschwerdegebühr; R 16/14: Anordnung der Patenterteilung auf Grundlage eines Hilfsantrags und Nichterstattung der Beschwerdegebühr) und der jeweilige Überprüfungsantrag der beschwerten Patentinhaberin bzw. Anmelderin sich gegen diese jeweilige Entscheidung richtete. Ein Widerspruch mit Erwägungen im vorliegenden Fall besteht daher nicht.
18. Der Schlussfolgerung, wonach ein Überprüfungsantrag nach Artikel 112a EPÜ jedenfalls nicht gegen eine Entscheidung eingelegt werden kann, mit der ein Verfahren vor einer Beschwerdekammer dem Betroffenen gegenüber nicht abgeschlossen wird, steht ebenfalls die Rechtsprechung nicht entgegen, wonach auch gegen Entscheidungen, die nicht in formeller Form getroffen wurden und in denen gleichwohl über die Beendigung des Beschwerdeverfahrens befunden wurde, ein Überprüfungsantrag zulässig ist (siehe R 3/22, Gründe 1).
19. Der vorliegende Überprüfungsantrag betrifft eine Entscheidung einer Ersatzkammer über die Zurückweisung eines Antrags auf Ablehnung all ihrer Mitglieder wegen Besorgnis der Befangenheit als unzulässig, die diese Beschwerdekammer im Laufe des Verfahrens getroffen hat. Die Entscheidung schließt weder das Verfahren ab, mit welchem die Ersatzkammer befasst ist, d.h. das Verfahren nach Artikel 24 (4) EPÜ zur Entscheidung über den gegen die Mitglieder der ursprünglichen Besetzung gerichteten Ablehnungsantrag vom 2. Dezember 2022, noch das aufgrund der beiden Beschwerden der Antragstellerin und der Patentinhaberin eingeleitete Beschwerdeverfahren insgesamt oder gegenüber einem Beteiligten. Eine ,,Wiederaufnahme" bzw. ,,Wiedereröffnung des Verfahrens" i.S.v. Artikel 112a (5) bzw. Regel 108 (3) EPÜ ist daher nicht möglich. Es wurde im vorliegenden Fall lediglich ein Einwand der Antragstellerin mittels einer Zwischenentscheidung in formeller Form ohne Auswirkung auf ihre Verfahrensbeteiligung im laufenden Verfahren vor der Beschwerdekammer zurückgewiesen.
20. Die Zwischenentscheidung vom 7. Februar 2023 kann daher nicht Gegenstand eines Überprüfungsverfahrens gemäß Artikel 112a (1) EPÜ sein. Der gegen sie gerichtete Überprüfungsantrag ist daher offensichtlich unzulässig.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Der Antrag auf Überprüfung wird einstimmig
als offensichtlich unzulässig verworfen.