T 0769/92 (Universelles Verwaltungssystem) 31-05-1994
Download und weitere Informationen:
1. Eine Erfindung, die durch Software (Computerprogramme) realisierte funktionelle Merkmale umfaßt, fällt nicht unter das Patentierungsverbot gemäß Artikel 52 (2) c) und (3) EPÜ, wenn die erfindungsgemäße Lösung der Aufgabe in ihren Einzelheiten technische Überlegungen erforderlich macht, damit die Erfindung ausgeführt werden kann.
Solche technischen Überlegungen verleihen der Erfindung insofern technischen Charakter, als sie eine technische Aufgabe implizieren, die durch (implizite) technische Merkmale zu lösen ist.
Eine Erfindung dieser Art bezieht sich nicht auf ein Computerprogramm als solches im Sinne des Artikels 52 (3) EPÜ.
2. Die Bejahung der Patentfähigkeit kann nicht durch ein zusätzliches Merkmal zunichte gemacht werden, das als solches selbst dem Patentierungsverbot unterliegen würde, wie im vorliegenden Fall durch Merkmale, die sich auf Verwaltungssysteme und -verfahren beziehen, die möglicherweise unter die nach Artikel 52 (2) c) und (3) EPÜ von der Patentierung ausgeschlossenen "Verfahren für geschäftliche Tätigkeiten" fallen (gemäß der ständigen Rechtsprechung, wonach eine Mischung von Merkmalen, die nur zum Teil nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ ausgeschlossen sind, durchaus patentfähig sein kann [im Gegensatz zur jüngsten Rechtsprechung zum Ausschluß von Erfindungen nach Artikel 52 (4) EPÜ in der Entscheidung T 820/92, ABl. EPA 1995, 113, wonach ein einziges nach Artikel 52 (4) EPÜ ausgeschlossenes Merkmal ausreicht, um dem gesamten Anspruch die Patentfähigkeit abzusprechen]).
Kein Patentierungsverbot - technischer Beitrag zum Stand der Technik aufgrund technischer Überlegungen - - keine geschäftliche Tätigkeit als solche - keine Computerprogramme als solche - keine Wiedergabe von Informationen als solche
Zurückverweisung zur weiteren Entscheidung
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die am 24. Juli 1986 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 86 110 223.4 (Veröffentlichungsnr. 0 209 907) zurückzuweisen.
Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß der Gegenstand des am 20. Februar 1991 eingereichten unabhängigen Verfahrensanspruchs 1 bzw. Systemanspruchs 2 nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ nicht als Erfindung im Sinne des Artikels 52 (1) EPÜ angesehen werden könne.
Im einzelnen befand die Prüfungsabteilung, daß sich der beanspruchte Gegenstand von der Entgegenhaltung
D1: US-A-4 459 663
durch Merkmale unterscheide, die sich auf ein nach Artikel 52 (2) c) EPÜ von der Patentierung ausgeschlossenes Computerprogramm und auf die nach Artikel 52 (2) d) EPÜ nicht patentfähige Wiedergabe von Informationen bezögen, und daß ein technischer Beitrag zum Stand der Technik nicht erkennbar sei.
II. Diese Entscheidung wurde am 26. März 1992 zur Post gegeben; am 18. Mai 1992 wurde gegen sie Beschwerde eingelegt.
Die Beschwerdegebühr wurde am 27. Mai 1992 entrichtet.
Die Beschwerdebegründung reichte der Beschwerdeführer am 4. August 1992 ein.
III. Darin beantragte er die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Erteilung eines Patents auf der Grundlage geänderter Ansprüche (Haupt- bzw. Hilfsantrag).
IV. Auf eine Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung hin reichte der Beschwerdeführer neue Ansprüche (zum Hauptantrag) ein.
V. In der mündlichen Verhandlung, die am 15. März 1994 gemäß den Regeln 1 (2) sowie 2 (1) und (2) EPÜ stattfand, beantragte er die Erteilung eines Patents auf der Grundlage
der am 15. Februar 1994 eingereichten Ansprüche 1 und 2, die allerdings noch durch Streichung der Worte "des Buchungsbelegs" in den beiden jeweils letzten Zeilen geändert wurden (Hauptantrag), bzw.
des am 15. Februar 1994 eingereichten, in derselben Weise geänderten (in 1 umnumerierten) Anspruchs 2 (Hilfsantrag 1) bzw.
der am 4. August 1992 ( "hilfsweise") eingereichten Ansprüche 1 bis 6 (Hilfsantrag 2),
der Beschreibung, wie sie sich nach Einreichung der Austauschseiten 3 und 3a am 4. August 1992 sowie der Austauschseite 7 am 15. Februar 1994 und nach Fortfall der Seite 27 ergibt, sowie
der Zeichnungen (Blatt 1 bis 16) in der veröffentlichten Fassung.
Zusätzlich legte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung ein von der Kammer mit 3' gekennzeichnetes Schriftstück vor, in dem die "technische Aufgabe der Erfindung" näher ausgeführt ist.
Die Ansprüche des Hauptantrags lauten wie folgt:
"1. Computersystem zur Wahrnehmung mehrerer Arten voneinander unabhängiger Verwaltungsaufgaben, darunter zumindest einer Finanz- und einer Bestandsverwaltung, mit einer Anzeigeeinheit (4), einer Eingabeeinheit (3), einer Speichereinheit (2), einer Ausgabeeinheit (4, 5) und einer digitalen Verarbeitungseinheit (1), wobei
die Anzeigeeinheit (4) einen einzigen Buchungsbeleg (Abb. 2) mit einem zumindest für die Finanz- und die Bestandsverwaltung einheitlichen Format in Gestalt eines Bildes auf dem Bildschirm der Anzeigeeinheit (4) anzeigt, so daß Posten, die zumindest für einen Sollposten, einen Habenposten und einen Warenposten stehen, nacheinander eingegeben werden können; und wobei die Speichereinheit (2) eine Tagesjournaldatei mit mehreren Speicherbereichen für die Speicherung der im Format des o. g. Buchungsbelegs eingegebenen Daten zu jedem Buchungsbeleg, ferner eine Postenstammdatei zur Speicherung der für die verwaltungstechnische Verarbeitung mehrerer Posten entsprechend den jeweiligen Postencodes erforderlichen Daten sowie eine Warenstammdatei zur Speicherung der für die verwaltungstechnische Verarbeitung mehrerer Waren entsprechend den jeweiligen Warencodes erforderlichen Daten, eine Tagesjournalsammeldatei zur Speicherung der für die finanztechnische Verwaltung benötigten Daten aus dem zu jedem Buchungsbeleg angelegten Datenbestand der Tagesjournaldatei und schließlich eine Bestandsdatei zur Speicherung der für die Bestandsverwaltung relevanten Daten aus dem zu jedem Buchungsbeleg angelegten Datenbestand der Tagesjournaldatei umfaßt; und wobei ferner die digitale Verarbeitungseinheit (1) folgendes umfaßt:
ein erstes Verarbeitungsmittel, das die Anzeigeeinheit (4) zur Anzeige des Buchungsbelegs veranlaßt und automatisch die über die Eingabeeinheit (3) eingegebenen Daten anzeigt und diese entsprechend dem Buchungsbeleg in die Tagesjournaldatei in der Speichereinheit (2) speichert, ein zweites Verarbeitungsmittel, das die den einzelnen Postencodes entsprechenden Daten in der Postenstammdatei und die den einzelnen Warencodes entsprechenden Daten in der Warenstammdatei anhand der über die Eingabeeinheit (3) eingegebenen Daten automatisch aktualisiert, ein drittes Verarbeitungsmittel, das die für die finanzverwaltungstechnische Verarbeitung erforderlichen, in der Tagesjournaldatei gespeicherten Daten in die Tagesjournalsammeldatei zur dortigen Speicherung überträgt und die in der Tagesjournalsammeldatei gespeicherten Daten den Postencodes in der Postenstammdatei zuordnet, ein viertes Verarbeitungsmittel, das die für die bestandsverwaltungstechnische Verarbeitung erforderlichen, in der Tagesjournaldatei gespeicherten Daten in die Bestandsdatei zur dortigen Speicherung überträgt und die in der Bestandsdatei gespeicherten Daten den Warencodes in der Warenstammdatei zuordnet, sowie ein fünftes Verarbeitungsmittel, das auf einen über die Eingabeeinheit (3) eingegebenen Ausgabebefehl hin die für eine ganz bestimmte Art der Verwaltung erforderlichen Daten aus mindestens einer der als Tagesjournaldatei, Postenstammdatei, Warenstammdatei, Tagesjournalsammeldatei und Bestandsdatei bezeichneten Dateien abruft, um sie entsprechend einem für die betreffende Art der Verwaltung vorgegebenen Format über die Ausgabeeinheit (4, 5) auszugeben.
2. Verfahren für den Betrieb eines universellen computergestützten Verwaltungssystems mit einer Anzeigeeinheit (4), einer Eingabeeinheit (3), einer Speichereinheit (2), einer Ausgabeeinheit (4, 5) und einer Verarbeitungseinheit (1) für die Ausführung mehrerer Arten voneinander unabhängiger, zumindest eine Finanz- und eine Bestandsverwaltung einschließender Verwaltungsaufgaben, das folgende Arbeitsschritte umfaßt:
Bereitstellung der Speichereinheit (2) für die Speicherung eines universellen Verwaltungsprogramms und der für die Verwaltung erforderlichen Daten sowie einer Tagesjournaldatei, einer Postenstammdatei, einer Warenstammdatei, einer Tagesjournalsammeldatei und einer Bestandsdatei, Bereitstellung eines einzigen Buchungsbelegs (Abb. 2) durch entsprechende Anzeige als Bild auf dem Bildschirm der Anzeigeeinheit, wobei der Buchungsbeleg ... [weiterer Wortlaut dieses Verfahrensschritts wie bei der Angabe der Funktion der Anzeigeeinheit (4) gemäß Anspruch 1 (s. vorstehend)], automatisches Einlesen der nacheinander über die Eingabeeinheit (3) eingegebenen Daten in den Buchungsbeleg, Speicherung der Daten entsprechend dem Format des Buchungsbelegs ... [weiterer Wortlaut wie bei der Angabe der Funktion des ersten Verarbeitungsmittels], Aktualisierung der Daten ... [weiterer Wortlaut wie bei der Angabe der Funktion des zweiten Verarbeitungsmittels], Übertragung der Daten ... [weiterer Wortlaut wie bei der Angabe der Funktion des dritten Verarbeitungsmittels], Übertragung der Daten ... [weiterer Wortlaut wie bei der Angabe der Funktion des vierten Verarbeitungsmittels] und Abruf ... [weiterer Wortlaut wie bei der Angabe der Funktion des fünften Verarbeitungsmittels]".
VI. In der mündlichen Verhandlung am 15. März 1994 hat der Beschwerdeführer zur Stützung dieser Anträge sinngemäß folgendes vorgetragen:
Das Technische einer Erfindung (gemeint ist ihr etwaiger technischer Charakter, durch den das Patentierungsverbot gemäß Artikel 52 (2) und (3) EPÜ überwunden werden kann) müsse grundsätzlich unabhängig von der Frage der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit geprüft werden, auch wenn bei einer solchen Prüfung realistischerweise nicht gänzlich auf die Würdigung des Standes der Technik verzichtet werden könne. Allein die Tatsache, daß technische Überlegungen angestellt worden seien, um zu der Erfindung zu gelangen, müsse ausreichen, um ihr einen technischen Charakter zuzugestehen. Sobald die Lösung einer Aufgabe mit Hilfe des Computers auf andere Weise realisiert werde, als ein Mensch dies auf manuellem oder geistigem Wege täte, müsse davon ausgegangen werden, daß etwas Technisches im obigen Sinne vorliege. Was Computerprogramme anbelange, so solle Artikel 52 (2) c) EPÜ lediglich Programmprotokolle ausschließen.
Im vorliegenden Fall setze die Bearbeitung der Dateien voraus, daß man die Fähigkeiten des Computers kenne, auf dem das betreffende Programm laufen solle. Der technische Charakter sei weder in der Finanz- und Bestandsverwaltung noch im Inhalt der Daten, noch in den Einzelheiten der Arbeitsvorgänge begründet. In den Ansprüchen hätte man ebensogut eine abstrakte Formulierung wählen und von den "Dateien A, B ..." sprechen können; dies hätte jedoch das Verständnis erschwert. Die ausdrücklich genannte Anwendung zu Verwaltungszwecken könne als freiwillige Beschränkung des Schutzumfangs angesehen werden.
Die technischen Merkmale des Anspruchs 1 bestünden insbesondere im einheitlichen Format des "einzigen Buchungsbelegs" und den durch dieses einheitliche Format ermöglichten Merkmalen der "Dateiverwaltung". Das einheitliche Format des Buchungsbelegs habe zweierlei Konsequenzen: Zum einen werde die Eingabe für den Benutzer insofern vereinfacht, als immer derselbe Bildschirm angezeigt werde; zum anderen wisse der Prozessor nach erfolgter Speicherung der Buchungsbelege in der Journaldatei immer genau, wo er die in andere Dateien zu übertragenden Daten finde. Das letztere Merkmal gewährleiste, daß verschiedene Dateien ohne Eingreifen des Benutzers direkt anhand der gespeicherten Buchungsbelege aktualisiert werden könnten. Auf diese Weise ließen sich Mehrfacheingaben derselben Daten vermeiden.
In der Druckschrift D1, die sich lediglich auf die Bestandsverwaltung beziehe, sei das einheitliche Format auf die Einträge in der "Auftragsdatei" beschränkt; Einträge in anderen Dateien hätten ein anderes Format. Abgesehen davon sei nicht einmal sicher, daß im Jahr 1985 Eingabebildschirme ("Formulare") als solche bekannt gewesen seien. Da es in D1 aber nicht um Eingabeformate gehe, komme diese Druckschrift der beanspruchten Erfindung keinesfalls wirklich nahe und nehme ihr weder den technischen Charakter noch die erfinderische Tätigkeit.
VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Kammer ihre Entscheidung, das Verfahren schriftlich fortzusetzen.
1. Die Beschwerde (s. Nr. II) ist zulässig.
2. Hauptantrag: Änderungen
2.1 Indem die Prüfungsabteilung die Ansprüche 1 (Verfahren) und 2 (System) vom 20. Februar 1991 zur Prüfung angenommen hat, hat sie die daran vorgenommenen Änderungen nach Artikel 123 (2) EPÜ stillschweigend für zulässig befunden.
Die Kammer teilt diese Auffassung und hält auch die zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 15. März 1994 geänderten Ansprüche 1 (System) und 2 (Verfahren) (s. Nr. V) in dieser Hinsicht für zulässig.
2.2 Im wesentlichen baut Anspruch 1 wie folgt auf dem ursprünglichen Anspruch 3 auf:
Der einleitende Satz basiert auf dem Einleitungsteil des ursprünglichen Anspruchs 1, wobei der Hinweis auf einen "Computer" aus der ursprünglichen Beschreibung und die "zumindest" wahrzunehmenden Arten der Verwaltung aus dem ursprünglichen Anspruch 2 und der ursprünglichen Beschreibung stammen; der Verzicht auf die Einbeziehung der zwei weiteren in der Beschreibung (S. 1, Abs. 1 und S. 2, Zeilen 5 bis 11) erwähnten Verwaltungsaufgaben wird unter anderem in Anbetracht des auf Seite 2, Zeilen 14 bis 25 ausdrücklich angesprochenen "Beispiels" für zulässig erachtet.
Die Hardwaremerkmale sind dem ursprünglichen Anspruch 1 entnommen. Die fünf Dateien (ersten und zweiten Ranges) kommen aus dem Teil des Anspruchs 3, der sich auf die beiden zumindest wahrzunehmenden Arten der Verwaltung bezieht.
Die fünf Funktionsmerkmale, die den Verarbeitungsmitteln (1 bis 5) zugeordnet sind, lassen sich, soweit sie spezifischer sind als die bereits im Zusammenhang mit den Speicherdateien erwähnten allgemeinen Funktionen, aus der ursprünglichen Beschreibung herleiten; so ist das besondere Merkmal der "Aktualisierung" der Daten auf Seite 11, Zeilen 6 bis 9 und Zeile 22 bis Seite 12, Zeile 4 offenbart.
2.3 Anspruch 2 stützt sich im wesentlichen auf den ursprünglichen Anspruch 7, zumal dort unter anderem auch auf Anspruch 3 zurückverwiesen wurde.
In diesem Verfahrensanspruch ist die Funktion wiedergegeben, die das Computersystem gemäß Anspruch 1 - wenn es im Einsatz ist - dadurch ausführt, daß es die jeweiligen Programme ablaufen läßt; andere Merkmale sind nicht hinzugefügt oder weggelassen worden.
2.4 Die Seiten 3 und 3a der Beschreibung entsprechen dem Erfordernis der Regel 27 (1) b) EPÜ.
Seite 3' entspricht, falls sie in die Beschreibung aufgenommen werden soll, den Vorschriften der Regel 27 (1) c) EPÜ.
Seite 7 räumt einen Widerspruch zwischen den Ansprüchen aus.
Seite 27 wurde gestrichen, um verschiedenen Bestimmungen des Übereinkommens (Art. 69 (1) und 84, R. 27, 29 und 34 (1) c)) Genüge zu tun.
3. Hauptantrag: keine Anwendung des Patentierungsverbots
3.1 In der angefochtenen Entscheidung wurde die Frage eines etwaigen Patentierungsverbots gemäß Artikel 52 (2) und (3) EPÜ für den Gegenstand der damals vorliegenden Ansprüche - Verfahrens- und Systemanspruch - gemeinsam erörtert, ohne Berücksichtigung der Unterschiede in den Anspruchskategorien. Die Kammer billigt diese Betrachtungsweise durchaus und hält sie auch bei den jetzt vorliegenden Ansprüchen - System- und Verfahrensanspruch - für gerechtfertigt.
Wie bereits unter Nummer 2.3 festgestellt wurde, unterscheiden sich der Systemanspruch 1 und der Verfahrensanspruch 2 nur durch ihre Kategorie (Vorrichtung bzw. Verfahren) und damit durch die Kategorie ihrer jeweiligen Einzelmerkmale (Mittel bzw. Schritte). Ihr möglicher Schutzumfang wird zwar unterschiedlich abgesteckt sein; Anspruch 2 sagt aber bei der Definition der einzelnen "Schritte" des beanspruchten Verfahrens nichts Genaueres als Anspruch 1 bei der Definition der jeweiligen Funktionen des beanspruchten Systems; ebensowenig wird Anspruch 1 bei der Definition der einzelnen (programmgesteuerten Prozessor-) "Mittel" konkreter als Anspruch 2 bei der Definition der jeweiligen, mit diesen Mitteln auszuführenden Schritte des beanspruchten Verfahrens.
Somit erscheint es zumindest im vorliegenden Fall einleuchtend, daß die Frage nach der Anwendung oder Nichtanwendung des Patentierungsverbots für den Systemanspruch 1 nicht anders beantwortet werden kann als für den Verfahrensanspruch 2, da es hier nicht um den Schutzumfang, sondern in erster Linie darum geht, ob ein Patent erteilt werden darf oder nicht.
Daher hält es die Kammer für angebracht, die Frage, ob der Gegenstand des Systemanspruchs 1 und des Verfahrensanspruchs 2 unter das Patentierungsverbot fällt, für beide Ansprüche gemeinsam zu klären.
3.2 In beiden Ansprüchen heißt es, daß das als solches beanspruchte und entsprechend betriebene System mehrere Arten voneinander unabhängiger "Verwaltungsaufgaben" ausführen soll. Das beanspruchte System soll dabei "zumindest" eine "Finanz- und eine Bestandsverwaltung" wahrnehmen können. Zunächst einmal liegt der Gedanke nahe, eine Verwaltung dieser Art vom Grundsatz her als "geschäftliche Tätigkeit" einzustufen, die nach Artikel 52 (2) c) und (3) EPÜ als solche von der Patentierung ausgeschlossen ist.
Allerdings können laut Beschreibung (S. 1, Abs. 1) die verschiedenen Arten der wahrzunehmenden Verwaltung beispielsweise auch eine "Personalverwaltung" und eine "Bauverwaltung" umfassen. Während die Personalverwaltung als administrative Verwaltungstätigkeit ihrer Natur nach ähnlich abstrakt erscheint wie die vorstehend genannte Bestandsverwaltung, ließe sich die Bauverwaltung, bei der es um die auf Baustellen noch auszuführenden oder bereits ausgeführten Arbeiten geht, vielleicht eher mit der Verwaltung von Produktionsabläufen vergleichen. Ob die Verwaltung solcher technischer Abläufe immer noch als "geschäftliche Tätigkeit" im Sinne des Artikels 52 (2) c) EPÜ zu werten wäre, erscheint fraglich.
Dies mag aber dahingestellt bleiben, da der Beschwerdeführer die Ansprüche 1 und 2 nach eigener Aussage nur deshalb auf die Finanz- und Bestandsverwaltung und damit auf Soll-, Haben- und Warenposten als Eingabeelemente beschränkt hat, um die Erfindung leichter verständlich zu machen. Maßgebend ist daher nicht, welche Arten der Verwaltung im einzelnen erwähnt sind, sondern nur, daß es sich um verschiedene, "spezifische" Arten der Verwaltung handelt, die "unabhängig" voneinander wahrgenommen werden können; für die beanspruchte Erfindung ist es also ohne Belang, wie sich die Eingabeelemente inhaltlich voneinander unterscheiden; wichtig ist einzig und allein, daß sie unterschiedlichen Arten der Verwaltung zuzuordnen sind. Zudem macht es für die spezifischen Merkmale, die für die besondere Art der Bearbeitung der verschiedenen Dateien charakteristisch sind, keinen wesentlichen Unterschied, ob es sich bei den wahrzunehmenden Arten von "Verwaltung" um Verwaltung im engeren Sinne oder um Tätigkeiten in einem weiteren Sinne handelt; es kommt ausschließlich darauf an, daß sie unterschiedlich sind.
Die Kammer sieht hier keine Veranlassung, diese Auffassung in Frage zu stellen. In der Regel ließe sich zwar bezweifeln, ob über die Frage der Patentierbarkeit eines Anspruchs entschieden werden darf, ohne einem Merkmal, durch das dieser Anspruch beschränkt wird, gebührend Rechnung zu tragen. Im vorliegenden Fall hängt der Ausgang der Sache aber nicht von der Antwort auf diese Frage ab, wie im folgenden dargelegt wird.
3.3 Damit wendet sich die Kammer von der die Ansprüche 1 und 2 einleitenden Aussage über den Anwendungsbereich oder Einsatz des beanspruchten Systems den spezifischeren Anspruchsmerkmalen zu: Diese definieren ganz offensichtlich eine Mischung aus technischen, nämlich die Computerhardware betreffenden, und funktionellen, d. h. auf die "Verarbeitung" gerichteten, Merkmalen. Letztere werden ganz eindeutig durch Software bzw. durch Programme realisiert, die als solche nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ ebenso wie andere in Artikel 52 (2) aufgezählte (zumeist nichttechnische) Gegenstände oder Tätigkeiten von der Patentierung ausgeschlossen sind.
Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern (s. T 26/86, ABl. EPA 1988, 19) kann eine solche Mischung patentfähig sein oder auch nicht. Wird beispielsweise ein nicht patentfähiges (z. B. mathematisches oder für eine gedankliche oder geschäftliche Tätigkeit bestimmtes) Verfahren durch Einsatz eines Programms auf einem Universalrechner ausgeführt, so wird das Verfahren nicht allein dadurch patentfähig, daß der Rechner aus Hardware besteht, solange es sich um konventionelle Hardware handelt und durch die Ausführung kein technischer Beitrag zum einschlägigen Stand der (Computer-) Technik geleistet wird. Wenn sich aber entweder in der gelösten (bzw. zu lösenden) technischen Aufgabe oder in einer durch die Lösung erzielten technischen Wirkung ein Beitrag zum Stand der Technik ausmachen läßt, fällt die Mischung möglicherweise nicht unter das Patentierungsverbot gemäß Artikel 52 (2) und (3) EPÜ (im Anschluß an die Entscheidung T 38/86, ABl. EPA 1990, 384).
Nach Meinung der Kammer findet das Patentierungsverbot für entsprechende Erfindungen auch dann keine Anwendung, wenn technische Überlegungen zu den Einzelheiten der Erfindungsausführung angestellt werden müssen.
Schon die Tatsache, daß solche technischen Überlegungen notwendig sind, legt nahe, daß eine (zumindest implizite) technische Aufgabe zu lösen ist (R. 27 EPÜ) und (zumindest implizite) technische Merkmale vorliegen, die zur Lösung ebendieser Aufgabe dienen (R. 29 EPÜ).
3.4 Wendet man sich zunächst den in beiden Ansprüchen erwähnten reinen Hardwaremerkmalen zu, so ist festzustellen, daß Anzeige-, Eingabe-, Speicher-, digitale Verarbeitungs- und Ausgabeeinheit allesamt Bestandteile eines jeden konventionellen Rechners sind und sich daran auch dann nichts ändert, wenn die Speichereinheit mehrere Dateien mit unterschiedlichem Inhalt aufweist und die Verarbeitungseinheit mehrere Verarbeitungsschritte durchführt, so daß auch davon ausgegangen werden kann, daß sie mehrere Verarbeitungsmittel umfaßt.
Nicht Bestandteil eines konventionellen Universalrechners ist dagegen offensichtlich das, was nach den Ansprüchen 1 und 2 die besondere Bedeutung all der verschiedenen Dateien im Speicher ausmacht, sowie die Art der Bearbeitung der eingegebenen und der gespeicherten Daten mit den verschiedenen Verarbeitungsmitteln und in den verschiedenen Verarbeitungsschritten.
Demnach enthält das (in Anspruch 1) als solches bzw. (in Anspruch 2) in seiner Betriebsweise beanspruchte System wohl keine Hardwarekomponente, die als solche aus technischer Sicht neu wäre.
3.5 Daher sollen nun die spezifischeren Funktionen betrachtet werden, die in Anspruch 1 (durch Mittel) und in Anspruch 2 (als Verfahrensschritte) definiert sind; der Kammer erscheint es sinnvoll, hier fürs erste dem Argument des Beschwerdeführers zu folgen, daß die Ansprüche zwar auf Finanz- und Bestandsverwaltung als Mindest-Anwendungsarten beschränkt sind, bei der Beantwortung der Frage, ob ihr Gegenstand technischer Natur ist, aber davon ausgegangen werden sollte, daß grundsätzlich auch andere Arten der Verwaltung oder sogar Tätigkeiten im weiteren Sinne wahrgenommen werden können, die normalerweise nicht mehr unter den Begriff "Verwaltung" fallen (s. Nr. 3.2). Maßgebend für die beanspruchte Erfindung wäre also einzig und allein, daß es sich um voneinander unabhängige, verschiedenartige Verwaltungsaufgaben oder sonstige Tätigkeiten handelt. Darüber hinaus dürfte es für die obige Frage nach vorläufiger Einschätzung der Kammer auch ohne Belang sein, daß es sich bei den für die erste Art der Tätigkeit (verwaltungstechnische Verarbeitung) benötigten Eingabeelementen der ersten Kategorie um Finanzposten (Soll- und Habenposten) und bei der für die zweite Art der Tätigkeit (verwaltungstechnische Verarbeitung) erforderlichen Eingabeelementen der zweiten Kategorie um Bestandsposten (Warenposten) handelt; einzig relevant ist ihres Erachtens, daß sich die Eingabeelemente der ersten und der zweiten Kategorie voneinander unterscheiden (je nachdem, inwieweit sie für die Weiterverarbeitung im Rahmen der ersten bzw. der zweiten Art der Tätigkeit benötigt werden).
In ähnlicher Weise lassen sich bei der Prüfung der Frage nach der technischen Natur der beanspruchten Erfindung auch die Tagesjournaldatei, die Postenstammdatei, die Warenstammdatei, die Tagesjournalsammeldatei und die Bestandsdatei zunächst einmal gewissermaßen "verallgemeinern" in dem Sinne, daß
- die erste dieser Dateien für die Speicherung sämtlicher eingegebenen Daten gedacht ist,
- die zweite und die vierte dieser Dateien der Speicherung der für die erste Art der Tätigkeit ("Verwaltung") benötigten und aus ihr gewonnenen Daten dienen und
- in der dritten und fünften dieser Dateien die für die zweite Art der Tätigkeit ("Verwaltung") benötigten und aus ihr gewonnenen Daten gespeichert werden.
Analog dazu werden aus denselben Gründen auch die verschiedenen in Anspruch 1 definierten Verarbeitungsmittel bzw. in Anspruch 2 definierten Verfahrensschritte gewissermaßen "verallgemeinert" in dem Sinne, daß
- das erste Verarbeitungsmittel die Anzeigeeinheit und die Speicherung aller eingegebenen Daten in der ersten Datei steuert,
- das zweite Verarbeitungsmittel die in der zweiten und dritten Datei gespeicherten Daten anhand der eingegebenen Daten aktualisiert,
- das dritte Verarbeitungsmittel die in der zweiten Datei enthaltenen aktualisierten Daten in die vierte Datei überträgt und dort speichert und sie den dort gespeicherten Daten für die Ausführung der ersten Art der Verwaltung oder Tätigkeit zuordnet,
- das vierte Verarbeitungsmittel die in der dritten Datei enthaltenen aktualisierten Daten in die fünfte Datei überträgt und dort speichert und sie den dort gespeicherten Daten für die Ausführung der zweiten Art der Verwaltung oder Tätigkeit zuordnet, und
- das fünfte Verarbeitungsmittel die Daten, die für eine bestimmte der beiden auszuführenden verschiedenartigen Tätigkeiten ("Verwaltung") benötigt werden, abruft und mit dem jeweiligen Format für ebendiese Art der Tätigkeit oder Verwaltung ausgibt.
3.6 Gegen solchermaßen verallgemeinerte Ansprüche könnte nach Ansicht der Kammer nicht eingewandt werden, daß sie sich nur auf eine "geschäftliche Tätigkeit" als solche beziehen. Anders gesagt würde der Gegenstand der Ansprüche in der vorstehenden verallgemeinerten Form nicht in dem Sinne als abstrakt oder nichttechnisch eingestuft, wie dies in der Regel bei Gegenständen und Tätigkeiten geschieht, die nach Artikel 52 (2) in Verbindung mit Artikel 52 (3) EPÜ als solche von der Patentierung ausgeschlossen sind. Zudem wäre die Lehre, in einem Speicher die fünf vorgenannten, für verschiedene Zwecke bestimmten Dateien (s. Nr. 3.5) bereitzustellen und die Verarbeitungseinheit die fünf vorgenannten Funktionen durchführen zu lassen, ohne technische Überlegungen (in dem unter Nr. 3.3 dargelegten Sinne) völlig undenkbar.
Zu klären bleibt aber noch die Frage, wie sich die faktische Beschränkung der beiden Arten der Verwaltung auf eine Finanz- und eine Bestandsverwaltung auf diese Feststellung auswirkt.
Nach Auffassung der Kammer gewinnt der beanspruchte Gegenstand durch diese Beschränkung - zusätzlich zu der den vorstehenden Ausführungen zufolge nicht ausgeschlossenen Seite oder Komponente, d. h. Merkmalskombination - nur noch eine neue Seite oder Komponente, d. h. ein oder mehrere weitere Merkmale hinzu, denen als solchen die Patentfähigkeit abgesprochen werden müßte. Durch diese Aufnahme einer weiteren Komponente bzw. weiterer möglicherweise nichttechnischer Merkmale wird die zuvor genannte für technisch und damit für patentfähig befundene Komponente aber nicht zunichte gemacht, sondern bleibt zumindest implizit in den Merkmalen des beanspruchten Gegenstands erhalten.
Der Umstand, daß die tatsächlichen Ansprüche genauer als die zunächst einmal "verallgemeinerten" Ansprüche spezifizieren, welcher Art die vorzunehmende Verarbeitung der Dateien ist, darf nach Ansicht der Kammer nicht dazu führen, daß sich der beanspruchte Gegenstand von einem patentfähigen in einen von der Patentierung ausgeschlossenen Gegenstand verwandelt. Aus der eingangs zitierten Rechtsprechung ergibt sich, daß ein Gegenstand dann nicht unter das Patentierungsverbot fällt, wenn er zumindest eine nicht ausgeschlossene Seite oder Komponente aufweist oder implizit enthält.
3.7 Die Ansicht, daß die beanspruchte Erfindung zumindest implizit eine technische Komponente enthält, wird auch durch die folgenden Überlegungen hinsichtlich der durch sie erzielten Wirkung erhärtet:
Das beanspruchte System bietet durch seine Arbeitsweise die Möglichkeit, Daten, die für eine Art der Verarbeitung (in Form von Dateien) - hier die Finanzverwaltung -, und Daten, die für eine gesondert vorzunehmende andere Art der Verarbeitung (in Form anderer Dateien) - hier die Bestandsverwaltung - benötigt werden, aber gleichzeitig auch für die jeweils andere Art der Verarbeitung relevant sein können, mittels eines einzigen als "Buchungsbeleg" bezeichneten gemeinsamen Formblatts einzugeben, das dem Benutzer auf dem Bildschirm angezeigt wird.
Der Beschwerdeführer sieht in diesem Buchungsbeleg eine "Benutzeroberfläche", die der Person, die die beanspruchte Erfindung ausführt, technische Überlegungen abverlangt. Die Kammer stimmt ihm hierin zu und ist der Auffassung, daß diese Benutzeroberfläche im jeweiligen Kontext des Anspruchs 1 wie auch des Anspruchs 2 als Ganzem weder eine bloße Wiedergabe von Informationen noch bloße Computerprogramme (oder eine Programmierung) als solche verkörpert.
Eine Wiedergabe von Informationen wäre als solche nach Artikel 52 (2) d) und (3) EPÜ von der Patentierung ausgeschlossen; für die erfindungsgemäße Wiedergabe der "Benutzeroberfläche" in Form des "Buchungsbelegs" ist jedoch nicht allein der jeweilige Inhalt der angezeigten Informationselemente maßgebend. Vielmehr steht auch der Gedanke dahinter, daß auf diese Weise zwei verschiedenartige Systeme (hier Verwaltungssysteme), die unterschiedlichen Zwecken dienen und voneinander unabhängige Tätigkeiten (hier: Verwaltungstätigkeiten) beinhalten, durch eine gemeinsame Eingabevorrichtung (bestehend aus Eingabeeinheit, Anzeigeeinheit und Tagesjournaldatei) verbunden werden, so daß jedes der eingegebenen Elemente, das für das eine System (zu dem die Postenstammdatei und die Tagesjournalsammeldatei gehören) benötigt wird, bei Bedarf auch im anderen System (zu dem die Warenstammdatei und die Bestandsdatei gehören) verwendet werden kann und umgekehrt.
Soweit die Realisierung eines Verfahrens durch den Einsatz von Computerprogrammen bedeuten würde, daß diese Programme im Wege der Programmierung bereitgestellt werden müssen, ist festzustellen, daß auch der derzeit beanspruchte Gegenstand eine Programmierung einschließen kann. Eine reine Programmierungstätigkeit als solche unterläge nach Meinung der Kammer ebenfalls dem Patentierungsverbot, da sie im wesentlichen in - nicht patentfähigen - gedanklichen Tätigkeiten besteht und überdies nur Computerprogramme zum Ergebnis hat, deren Patentierung Artikel 52 (2) c) EPÜ ebenfalls untersagt. Die im beanspruchten System und durch das beanspruchte Verfahren vorgesehene Ausführung der "Benutzeroberfläche" in Form des "Buchungsbelegs" erschöpft sich jedoch nicht im bloßen Programmieren, sondern umfaßt eine ganze Reihe weiterer Tätigkeiten einschließlich technischer Überlegungen, die dem Programmieren vorausgehen müssen.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß der Aspekt des Programmierens Einfluß auf die Frage der ausreichenden Offenbarung (Art. 83 EPÜ) haben kann; allerdings kann im vorliegenden Fall - so wie die Schritte des Verfahrens in den Ansprüchen definiert sind - durchaus erwartet werden, daß ein Programmierer imstande ist, das Verfahren durch ein entsprechendes Programm auszuführen.
3.8 Bei der vorstehenden Prüfung der Frage, ob die beanspruchte Erfindung einen technischen Beitrag zum Stand der Technik leistet oder ihre Ausführung mit technischen Überlegungen einhergeht, deren Ergebnis als technischer Beitrag zum Stand der Technik gewertet werden kann, sind (außer dem allgemeinem Stand der Computertechnik, s. Nr. 3.4)) keine einzelnen Schriften wie beispielsweise die Druckschrift D1 berücksichtigt worden.
Aber auch dann wird sich faktisch nichts an der vorstehenden Analyse ändern.
D1 offenbart ein Computersystem zur Ausstellung von Arbeitsaufträgen für die Herstellung von Fertigteilen. In diesem Zusammenhang (s. insbesondere Spalte 2, Zeile 53 bis Spalte 3, Zeile 3) wird vorgeschlagen, im Speicher (20) des Computers (Abb. 1) eine Reihe von Dateien (s. Abb. 5) anzulegen, so z. B. eine Bestandsdatei, eine Auftragsdatei, eine Stücklistendatei und ähnliches. Nur bei der Auftragsdatei wird die Verwendung eines "einzigen Wiedergabeformats" für den Bedarf sämtlicher Endposten vorgeschlagen. Genauer gesagt werden die Angaben zu den in Arbeit befindlichen sowie den geplanten Kundenaufträgen und den internen Arbeitsaufträgen in der Auftragsdatei alle in einem "gemeinsamen Format" nach Kundenkennziffer und Teilenummer, gefolgt von der Mengenangabe und einem Endtermin für die jeweilige Teilenummer, gespeichert. Somit kann keine Rede davon sein, daß dieses Computersystem mehrere verschiedenartige, voneinander unabhängige Verwaltungsaufgaben durchführt und dabei eine einzige Benutzeroberfläche in Form eines auf dem Bildschirm angezeigten Buchungsbelegs verwendet. Dort, wo von einem einzigen gemeinsamen Format für verschiedene Posten gesprochen wird, handelt es sich um ein Speicherformat und nicht um ein Eingabeformat; zudem sind die in diesem einzigen gemeinsamen Format gespeicherten Posten keine Posten für verschiedenartige, voneinander unabhängige Verwaltungsaufgaben, sondern Posten von grundsätzlich gleicher Art, nämlich Kundenaufträge und interne Arbeitsaufträge, die für ein und dieselbe Art der Verwaltung benötigt werden und in ein und derselben Datei, nämlich der Auftragsdatei, gespeichert werden sollen. Demgegenüber wird bei dem beanspruchten System das gemeinsame Format des Buchungsbelegs der Eingabeeinheit nicht oder nicht unbedingt während der gesamten weiteren Verarbeitung beibehalten - namentlich nicht in der Tagesjournalsammeldatei und in der Bestandsdatei. Bei der Ausgabe wird das Ausgabeformat dadurch "vorgegeben", welche "betreffende Art der Verwaltung" durchgeführt werden soll.
Daraus folgt, daß die vorstehend (unter den Nrn. 3.6 und 3.7) als technisch anerkannten Überlegungen durch D1 nicht vorweggenommen werden. Demgemäß gilt nach wie vor, daß die beanspruchte Erfindung aufgrund dieser Überlegungen tatsächlich einen Beitrag "zum Stand der (Computer-) Technik" leistet.
3.9 Die Prüfungsabteilung ist in der angefochtenen Entscheidung auf einem anderen analytischen Weg zu einem anderen Schluß gelangt. Schematisch zusammengefaßt, hat sie
- ein bestimmtes Dokument aus dem Stand der Technik (D1) als Ausgangsbasis gewählt und die meisten Merkmale des beanspruchten Gegenstands mit dem aus D1 Bekannten gleichgesetzt,
- nur zwei von D1 abweichende Merkmale festgestellt,
- eines dieser abweichenden Merkmale nur als durch ein Computerprogramm realisiert gesehen und
- das andere als Wiedergabe von Informationen eingestuft.
Bei der Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten des Anmelders hat die Prüfungsabteilung unter anderem die beanspruchte Verwendung eines einzigen Buchungsbelegs bloß als Beitrag zur Benutzerfreundlichkeit gewertet.
Aufgrund der vorstehenden Ausführungen (Nrn. 3.6 bis 3.8) muß die Kammer die Schlußfolgerungen der angefochtenen Entscheidung zurückweisen.
3.10 Zusammenfassend ist die Kammer der Auffassung, daß die Realisierung des Systems gemäß Anspruch 1 und des Verfahrens gemäß Anspruch 2 mit technischen Überlegungen einhergeht, aus denen sich ein technischer Beitrag zum Stand der Technik im Sinne der Rechtsprechung ergibt, so daß sowohl das System wie auch das Verfahren nach Meinung der Kammer nicht unter das Patentierungsverbot fallen.
Die Kammer gelangt daher zu dem Schluß, daß der in den Ansprüchen 1 und 2 des Hauptantrags beanspruchte Gegenstand als Erfindung im Sinne des Artikels 52 (1) EPÜ anzusehen ist.
4. Schlußbemerkungen
4.1 Aus der vorstehenden Prüfung (Nr. 3.8) ergibt sich bereits, daß das beanspruchte System und das betreffende Verfahren gegenüber D1 neu sind.
Offen ist allerdings, wie es sich im Hinblick auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit verhält, da die Prüfungsabteilung für den damals beanspruchten Gegenstand keine weitergehenden diesbezüglichen Schlußfolgerungen gezogen hat und auch die Überlegungen, die im Beschwerdeverfahren im Zusammenhang mit der Frage des Patentierungsverbots angestellt wurden, keine direkten diesbezüglichen Rückschlüsse zulassen.
4.2 Mit der Seite 3' (s. Nr. V), auf der "die technische Aufgabe der Erfindung" dargelegt wird, soll nach Aussage des Beschwerdeführers die der beanspruchten Erfindung zugrunde liegende Aufgabe genauer umrissen werden als im betreffenden Absatz des Teils "Zusammenfassung der Erfindung" auf Seite 3 der Beschreibung, in dem von "einem Ziel der vorliegenden Erfindung" die Rede ist.
Die Kammer geht deshalb davon aus, daß die Seite 3' in der mündlichen Verhandlung nicht nur zur mündlichen Erörterung des vorliegenden Falls, sondern auch als Austauschblatt für diesen Absatz eingereicht worden ist. Sie versteht den Hauptantrag des Beschwerdeführers daher so, daß der letzte Absatz der am 4. August 1992 eingereichten Seite 3 gestrichen und durch die Seite 3' ersetzt werden soll.
4.3 Am 4. August 1992 hat der Beschwerdeführer auch eine neue Seite 3a eingereicht, die offenbar den letzten Absatz der ursprünglichen Seite 3 ersetzen sollte und mit den Worten begann: "Gemäß der vorliegenden Erfindung wird das vorstehende Ziel erreicht durch ...".
Es liegt aber auf der Hand, daß die betreffenden Ausführungen dadurch nicht im Sinne der Regel 27 (1) c) EPÜ geändert wurden.
Überdies wurden die Absätze 1 und 2 der Seite 4 nicht geändert. Der zuletzt genannte bezieht sich auf Ansprüche, die es nicht mehr gibt.
4.4 Da die Kammer die im vorliegenden Fall zu entscheidende Frage, nämlich ob der Gegenstand der Ansprüche gemäß dem Hauptantrag eine Erfindung im Sinne des Artikels 52 (1) EPÜ darstellt, aus den (unter den Nrn. 3.1 bis 3.10) dargelegten Gründen bejaht hat (Nr. 3.10), wäre eine Prüfung der Hilfsanträge beim jetzigen Stand des Verfahrens gegenstandslos.
4.5 Da die Kammer dem Beschwerdeführer nicht die Möglichkeit vorenthalten möchte, die noch offenen Fragen gegebenenfalls von zwei Instanzen beurteilen zu lassen, erscheint es ihr unter diesen Umständen angebracht, von ihrem Ermessen nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch zu machen und die Sache an die erste Instanz zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird mit der Maßgabe der vorstehenden Schlußbemerkungen (Nrn. 4.1 bis 4.4) zur weiteren Entscheidung auf der Grundlage der Anmeldungsunterlagen gemäß dem Hauptantrag des Beschwerdeführers (s. Nr. V) an die erste Instanz zurückverwiesen.