1.3. Maßstab für die Beurteilung der Einhaltung von Artikel 123 (2) EPÜ
1.3.7 Der "Neuheitstest"
In T 201/83 (ABl. 1984, 481) wird ausgeführt, die Prüfung darauf, ob Art. 123 (2) EPÜ 1973 eingehalten sei, sei im Grunde eine Neuheitsprüfung, d. h. durch die Änderung dürfe kein neuer Gegenstand entstehen (s. auch T 136/88). T 17/86 (ABl. 1989, 297, Korr. 415) ergänzt, dass die Neuheit sowohl in einer Beschränkung, in der Aufnahme eines weiteren Merkmals in den Anspruch als auch in einer Auslassung eines der Bestandteile einer Vorrichtung liegen könne. Gemäß G 2/10 ist zu prüfen, ob die Änderung dazu führt, dass die Fachperson "neue technische Informationen" erhält, und es gilt ein einheitliches Offenbarungskonzept anzuwenden (im Hinblick auf die Art. 54, 87 und 123 EPÜ).
Die Kammern haben die Grenzen des Neuheitstests aufgezeigt (s. T 194/84, T 133/85, T 177/86, T 118/89, T 187/91, T 288/92 und T 873/94; für Zusammenfassungen dieser Entscheidungen s. RBK, 10. Aufl. 2022, II.E.1.3.7). Der "Neuheitstest" findet sich in der jüngeren Rechtsprechung der Beschwerdekammern selten. Er wird etwa in den Entscheidungen T 60/03, T 1374/07, T 2202/08, T 1710/09 und T 2270/09 herangezogen. Laut T 2537/10 ist der Neuheitstest nicht mehr relevant für die Beurteilung nach Art. 123 (2) EPÜ (s. auch T 1525/15). Jedoch wird in den Richtlinien (EPÜ Richtlinien H‑V, 3.2 – Stand April 2025) im Kontext der Aufnahme zusätzlicher Merkmale nach wie vor darauf verwiesen: "Ist die resultierende Kombination neu gegenüber der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, so erfüllt der geänderte Anspruch nicht die Erfordernisse des Art. 123 (2) EPÜ [EPÜ]."