T 0032/81 (Reinigungsvorrichtung fuer Foerderbaender) 05-03-1982
Download und weitere Informationen:
Erfinderische Tätigkeit
Maßgebender Fachmann
I. Die am 28. März 1979 eingereichte, unter der Nummer 0 004 809 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 79 400 197.4, für die die Priorität einer früheren Anmeldung vom 7. April 1978 in Anspruch genommen wird, ist von der Prüfungsabteilung durch Entscheidung vom 23. Juli 1981 zurückgewiesen worden.
Der Entscheidung lagen der Patentanspruch 1 in der von der Anmelderin mit Schriftsatz vom 4. März 1981 gebilligten Fassung, die ursprünglichen Patentansprüche 2 bis 4, 6 bis 8 und 13 sowie zwei von der Anmelderin vorgeschlagene Alternativfassungen für den Patentanspruch 1 zugrunde.
II. Unter Hinweis auf das allgemeine Wissen jedes Fachmanns sowie die DDR-Patentschrift 58 900 und die USA-Patentschrift 3 504 786 führt die Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung aus, daß der Gegenstand eines jeden der Patentansprüche 1 zwar neu sei, jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Dieselbe Beurteilung gelte für die Gegenstände der abhängigen Ansprüche.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin am 14. September 1981 Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig hat sie die Beschwerdegebühr gezahlt und die Beschwerde begründet. Ferner hat die Anmelderin sieben Patentansprüche vorgelegt und erklärt, daß sie gegebenenfalls bereit sei, den Inhalt der Patentansprüche 1 und 2 zusammenzufassen und außerdem in einem solchen Anspruch noch die Mittel zur Höheneinstellung der Muffe zu erwähnen. Die Patentansprüche 1 und 2 haben folgenden Wortlaut:
"1. Reinigungsvorrichtung für endlose Förderbänder, bestehend aus einer Anzahl unabhängiger Abstreifer, die mit einer Tragvorrichtung durch zwischengeschaltete elastische Elemente verbunden sind, dadurch gekennzeichnet, daß jedes elastische Element aus einem Stab (7, 8) aus glasfaserbewehrtem Kunststoff besteht.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß jedes Ende des Stabs (7, 8) in das Innere einer Muffe eingeklebt ist, von denen die eine (9, 10) mit dem Abstreifer (4, 5) und die andere (11, 12, 13) mit der Tragvorrichtung (6) verbunden ist."
Die Anmelderin ist der Auffassung, daß die Vorrichtung nach Anspruch 1 nicht nur neu ist, sondern auch auf erfinderischer Tätigkeit beruht und daß die Verwendung von Glasfasern nicht Bestandteil des allgemeinen Wissens eines Fachmanns für das Förderwesen ist.
IV. Mit Bescheid vom 11. Dezember 1981 ist der Anmelderin mitgeteilt worden, daß bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht von dem Wissen des Fachmanns für das Förderwesen, sondern von dem des Fachmanns für Werkstoffe ausgegangen werden müsse.
V. In ihrem am 30. Dezember 1981 eingegangenen Schriftsatz bestreitet die Anmelderin, daß der Werkstoffachmann der maßgebende Fachmann sei.
VI. Bezüglich des ursprünglichen Patentanspruchs 1 wird auf die Veröffentlichung Nr. 0 004 809 verwiesen.
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ. Die Anmelderin hat zwar expressis verbis keinen Antrag gestellt, der den Umfang angibt, in dem sie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung begehrt; sie hat jedoch Patentansprüche 1 bis 7 eingereicht und zwei weitere Fassungen für den Patentanspruch 1 vorgeschlagen. Hieraus läßt sich folgern, daß die Anmelderin die Aufhebung der Entscheidung im Umfang einer dieser Fassungen beantragt. Folglich genügt die Beschwerde auch der Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Der geltende Patentanspruch 1 stimmt inhaltlich mit dem Anspruch 1 überein, der der angefochtenen Entscheidung zugrunde lag.
3. Nach Prüfung der im Recherchenbericht genannten vorveröffentlichten Druckschriften schließt sich die Kammer der Auffassung der Prüfungsabteilung an, daß die in Anspruch 1 beschriebene Vorrichtung gegenüber diesen Druckschriften neu ist.
4. Es ist daher zu prüfen, ob diese Vorrichtung auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Diese Prüfung ergibt folgendes:
4.1. Wie die Anmelderin in ihrem am 30. Dezember 1981 eingegangenen Schriftsatz ausführt, ist die Verwendung metallener Federelemente zum Halten der Abstreifer nachteilig, weil sie häufig brechen. Da die stabförmige Ausbildung der Federelemente einer Vorrichtung mit den im Oberbegriff des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmalen schon bekannt war (vgl. die Zeichnung der DDR-Patentschrift 58 900, insbesondere Bezugszeichen 5), besteht die Aufgabe, die mit der Vorrichtung nach Anspruch 1 gelöst werden soll, demnach darin, ein stabförmiges Federelement aufzufinden, das weniger zum Brechen neigt.
4.2. Diese Aufgabe stellt sich unstreitig dem Fachmann für das Förderwesen; sie gibt ihm jedoch zugleich den Hinweis, ihre Lösung auf dem Gebiet der Werkstoffe zu suchen. Folglich kann der für die Lösung berufene Fachmann nicht der Fachmann für das Förderwesen, sondern nur der Fachmann für Werkstoffe sein. Unter diesen Umständen muß die Frage, ob die Lösung der Aufgabe, die gemäß Anspruch 1 darin besteht, das Metall durch einen glasfaserbewehrten Kunststoff zu ersetzen, auf erfinderischer Tätigkeit beruht, nach dem Wissen und Können des Werkstoffachmanns und nicht nach jenem des Fachmanns für das Förderwesen beurteilt werden.
4.3. Diesem Fachmann ist es geläufig, Kunststoffe anstelle herkömmlicher Werkstoffe insbesondere auch dann zu verwenden, wenn die herkömmlichen Werkstoffe beim Gebrauch nicht befriedigen würden. Im vorliegenden Fall weiß der Fachmann, daß nur ein Kunststoff in Betracht kommt, der eine hinreichende Elastizität und Festigkeit aufweist. Er weiß außerdem, daß glasfaserbewehrte Kunststoffe diese Bedingungen erfüllen. Für den Fachmann liegt es daher nahe, die Verwendung eines glasfaserbewehrten Kunststoffes als Material für die Federstäbe vorzuschlagen. Sollte der Fachmann Zweifel haben, ob Federstäbe aus glasfaserbewehrtem Kunststoff weniger zum Brechen neigen als die bekannten metallenen Federstäbe, so bietet es sich an, einen Versuch vorzunehmen.
4.4. Aus den vorstehenden Gründen kann sich die Kammer nicht der Ansicht der Anmelderin anschließen, daß der für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit maßgebende Fachmann der Fachmann auf jenem Gebiet der Technik ist, das im Oberbegriff des Anspruchs 1 angegeben ist.
4.5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht infolgedessen nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ). Der Patentanspruch 1 ist deshalb aufgrund des Artikels 52 (1) EPÜ nicht gewährbar.
4.6. Folglich kann es dahingestellt bleiben, ob es zulässig war, im geltenden Patentanspruch 1 die im ursprünglichen Anspruch 1 angegebenen Mittel zum Einstellen der Lage der Tragorgane für die Federstäbe nicht mehr aufzuführen.
5. Es ist ferner zu prüfen, ob ein aus den geltenden Patentansprüchen 1 und 2 zusammengefaßter Patentanspruch 1 gewährt werden kann.
5.1. Der Gegenstand eines solchen Anspruchs ist ebenfalls neu, was nicht näher begründet zu werden braucht.
5.2. Zur Frage, ob dieser Gegenstand auf erfinderischer Tätigkeit beruht, wird auf die Ausführungen unter den Nummern 4.1 bis 4.3 verwiesen und ergänzend folgendes bemerkt:
Die Anmelderin bestreitet nicht, daß die Befestigung der beiden Enden eines Stabs im Inneren einer Muffe auf dem Gebiet des Förderwesens Stand der Technik war (vgl. die USA-Patentschrift 3 504 786; Abbildungen 14 und 15; Spalte 5, Zeilen 30 bis 35 der Beschreibung). Der Fachmann erkennt ohne weiteres, daß er diese Befestigungsart auch dazu verwenden kann, die Enden der aus glasfaserbewehrtem Kunststoff bestehenden Stäbe der Reinigungsvorrichtungen mit den Abstreifern und der Tragvorrichtung zu verbinden, indem die Muffen an diesen Teilen befestigt werden. Bauteile miteinander zu verkleben, ist eine auf allen Gebieten der Technik übliche Befestigungsart. Sie im vorliegenden Fall anzuwenden, liegt auf der Hand.
5.3. Infolgedessen beruht der Gegenstand eines aus den geltenden Patentansprüchen 1 und 2 gebildeten Anspruchs 1 auch nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Dieser Anspruch ist daher nicht gewährbar.
6. Schließlich ist noch zu prüfen, ob der vorstehend erörterte Anspruch 1 gewährt werden kann, wenn in ihn noch das Merkmal eingefügt wird, daß die Vorrichtung Mittel zur Höhenverstellung der Muffe aufweist.
6.1. Die Anmelderin räumt ein, daß die Mittel zur Höhenverstellung zumindest im Prinzip schon bekannt sind und daß ihr Vorhandensein eine praktische Notwendigkeit ist. Für den Fachmann ist es naheliegend, diese Mittel zwischen dem Stab und mindestens einer der beiden Muffen anzuordnen, wenn jeder Abstreifer für sich höhenverstellbar sein soll.
6.2. Aus diesem Grund ist auch ein Anspruch 1, der das vorstehend erörterte Merkmal umfaßt, nicht gewährbar.
7. Die übrigen Ansprüche hängen jeweils von einem der erörterten Patentansprüche1 ab. Da keiner dieser Ansprüche gewährbar ist, sind auch die abhängigen Ansprüche nicht gewährbar.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 23. Juli 1981 wird zurückgewiesen.