2.7.3 Beweislast, Beweismaß und geeignete Beweismittel über eine wirksame Übertragung
In T 205/14 widersprach die Kammer der Argumentation der Kammer in T 62/05, wonach der Übergang formal nachgewiesen werden muss und ein ebenso hoher Beweismaßstab anzulegen ist wie nach Art. 72 EPÜ 1973. Artikel 72 EPÜ 1973 enthält formale Erfordernisse für die wirksame rechtsgeschäftliche Übertragung der europäischen Patentanmeldung und beschränkt dadurch die Beweismittel für die Feststellung einer solchen Übertragung. Es gibt der Kammer zufolge keinen erkennbaren Grund, warum dieser Artikel analog auf die Übertragung eines – der jüngeren Anmeldung vorausgehenden – Prioritätsrechts angewendet werden sollte. Täte man dies bei einer jüngeren europäischen Patentanmeldung, so würde man sich im Falle einer europäischen ersten Anmeldung darüber hinwegsetzen, dass das Prioritätsrecht ein vom Recht an der ersten Anmeldung unabhängiges Recht ist, und im Falle einer nicht europäischen ersten Anmeldung außer Acht lassen, dass Art. 72 EPÜ 1973 nicht für das Verhältnis zwischen dem Anmelder einer europäischen Patentanmeldung und einem anderen Anmelder einer davon verschiedenen ersten Anmeldung gilt. Die Kammer kam zum gleichen Ergebnis wie der Bundesgerichtshof, der in seinem Urteil vom 16. April 2013 befunden hatte, dass Art. 87 EPÜ keine formale und separate Übertragung erfordert, wie in Art. 72 EPÜ vorgesehen. Siehe auch Kapitel II.D.2.3.
In T 493/06 wurde entschieden, dass der Beschwerdegegner die Übertragung des Prioritätsrechts hinreichend bewiesen hatte. Nach Ansicht der Kammer kann auch die Kopie einer Übertragungsvereinbarung ausreichen, sofern der Nachweis erbracht wird, dass der Inhalt der Kopie mit dem des Originals übereinstimmt.
Die Kammer in T 1103/15 befand, dass ein Beteiligter, der sich zu Schlussfolgerungen äußert, die auf der Grundlage des anwendbaren nationalen Rechts zu ziehen sind, geeignete Beweismittel vorzulegen hat, z. B. durch Einreichung geeigneter Abschriften solcher Rechtstexte als Unterlagen und/oder gegebenenfalls Gutachten von mit dem betreffenden Rechtssystem vertrauten Juristen als Sachverständigenbeweise (T 74/00).