T 0289/91 (ACE-Inhibitoren) 10-03-1993
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Knappwost
Adolf
1. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist als unverzichtbare prozessuale Voraussetzung der sachlichen Prüfung des Einspruchsvorbringens in jedem Verfahrensstadium, also auch im Beschwerdeverfahren, von Amts wegen zu prüfen (Nr. 2.1 der Gründe).
2. Eine eidesstattliche Erklärung darüber, daß der Einsprechende im eigenen Namen handelt, darf nur dann gefordert werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für ernsthafte Zweifel an der wahren Identität des Einsprechenden mitgeteilt werden. Ernsthafte Zweifel an der wahren Identität des Einsprechenden bestehen nicht schon dann, wenn ein persönliches oder wirtschaftliches Interesse des Einsprechenden am Patentgegenstand nicht offensichtlich ist (im Anschluß an T 635/88, ABl. EPA 1993, 608, Nr. 2.2 der Gründe).
Zulässigkeit des Einspruchs erstmals im Beschwerdeverfahren bestritten
Einspruchsberechtigung (ja)
Ausforschungsantrag zur Feststellung des wahren Einsprechenden zurückgewiesen
Neuheit (ja, Auswahl)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Ermittlung des nächsten Standes der Technik
I. Die am 5. April 1991 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr erhobene Beschwerde richtet sich gegen die am 26. November 1989 verkündete und am 7. Februar 1991 schriftlich begründete Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts, mit der ein Einspruch gegen das europäische Patent 0 079 022 zurückgewiesen worden ist.
V. ... In einem am 31. Oktober 1992 eingegangenen Schriftsatz hat die Beschwerdegegnerin weiterhin erstmals unter Hinweis auf die Entscheidungen T 635/88 (ABl. EPA 1993, 608) und T 10/82 (ABl. EPA 1983, 407) Zweifel daran geäußert, daß der Einsprechende und jetzige Beschwerdeführer im eigenen Namen handle und somit einspruchsberechtigt sei. Sie stützt diese Zweifel auf das hohe Lebensalter und die sich aus einer Publikationsliste ergebenden, dem Gegenstand des Streitpatents fernliegenden Arbeitsgebiete des Einsprechenden sowie einen in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Handelsregisterauszug. In der mündlichen Verhandlung hat sie vorgetragen, daß sie diese Zweifel schon zu Beginn des Einspruchsverfahrens hatte, jedoch erst nach Bekanntwerden der Entscheidung T 635/88 eine Möglichkeit gesehen hat, den bestehenden Zweifel durch eine eidesstattliche Erklärung des Einsprechenden beseitigen zu lassen.
VI. Der Beschwerdeführer, der, wie angekündigt, an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat, beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung des Einspruchs als unzulässig (Hauptantrag), ...
Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet, die Beschwerde zurückzuweisen.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1 Die von der Beschwerdegegnerin vorgetragenen wesentlichen Umstände, auf die sich der am 31. Oktober 1992 erstmals erhobene Einwand der Unzulässigkeit des Einspruchs stützt, waren der Beschwerdegegnerin nach deren eigenen Angaben bereits während des Einspruchsverfahrens bekannt, ohne daß diese sogleich den Einwand der Unzulässigkeit erhoben oder gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, in der die Zulässigkeit des Einspruchs festgestellt wurde, Beschwerde eingelegt hat. Ein solches Verhalten ist nicht zu billigen. Dennoch kann nach Auffassung der Kammer der Einwand der Unzulässigkeit des Einspruchs, z. B., wie hier, wegen fehlender Einspruchsberechtigung des Einsprechenden, in jedem, also auch noch in einem späten Verfahrensstadium, erhoben werden; denn die Zulässigkeit des Einspruchs ist unverzichtbare prozessuale Voraussetzung für eine sachliche Prüfung des Einspruchsvorbringens und daher von Amts wegen zu prüfen. Dies gilt auch für das Verfahren vor der Beschwerdekammer.
2.2 Der von der Beschwerdegegnerin erhobene Einwand, der Beschwerdeführer handle nicht im eigenen Namen, stützt sich nach Überzeugung der Kammer nur auf Vermutungen und rechtfertigt keine Beweisaufnahme zur Ermittlung des angeblichen Auftraggebers des jetzigen Beschwerdeführers durch die Kammer. Einen solchen "Ausforschungsantrag" hält die Kammer für unzulässig.
2.2.1 Die Kammer hatte deshalb bereits in der Mitteilung nach Artikel 11 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern vom 19. November 1992 zu erkennen gegeben, daß sie die beantragte Beweisaufnahme durch Vernehmung des Beschwerdeführers zur Feststellung des "wahren Einsprechenden" nicht für erforderlich hielt. Eine solche Vernehmung und die von der Beschwerdegegnerin ebenfalls angeregte Aufforderung zur Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung wäre nur angezeigt gewesen, wenn sich die Beschwerdegegnerin auf konkrete Verdachtsmomente dafür hätte berufen können, daß der Einsprechende im Namen eines bestimmten Dritten handle. So lag der Fall in der Sache T 635/88. Dort hatte in einem Verletzungsverfahren vor einem nationalen Gericht ein Dritter behauptet, er (und nicht der vor dem EPA angeblich im eigenen Namen aufgetretene Einsprechende) habe vor dem EPA gegen das Patent, wegen dessen Verletzung er angeklagt war, Einspruch erhoben. In der Sache T 10/82 hatte der Einsprechende (ein zugelassener Vertreter) später selbst angegeben, er habe den Einspruch im Namen eines Dritten eingelegt, so daß diese Tatsache feststand.
2.2.2 Im Gegensatz zu diesen Sachverhalten hat die Beschwerdegegnerin hier nur vorgetragen, es sei angesichts des Lebensalters, der Arbeitsgebiete und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers unwahrscheinlich, daß dieser im eigenen Namen und auf eigene Kosten Einspruch erhoben hätte. Aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Handelsregisterauszug geht nur hervor, daß die Ehefrau des Beschwerdeführers Geschäftsführerin einer auf pharmazeutischem Gebiet tätigen Firma ist. Daraus wollte jedoch nicht einmal die Beschwerdegegnerin selbst die Folgerung ziehen, der Einspruch sei im Namen dieser Firma eingelegt worden. Sie hat vielmehr lediglich vorgetragen, sie vermute, daß sich der "wahre Einsprechende" hinter dieser Firma verberge.
2.2.3 Nachdem Artikel 99 (1) EPÜ jedoch ausdrücklich festlegt, daß gegen ein erteiltes europäisches Patent "jedermann" in einer bestimmten Frist und Form Einspruch einlegen kann, muß die Kammer grundsätzlich davon ausgehen, daß jedermann, der beim EPA im eigenen Namen Einspruch gegen ein europäisches Patent einlegt, auch tatsächlich im eigenen Namen handelt. Eine Aufforderung, dies grundsätzlich bei nicht offensichtlich gegebenem wirtschaftlichem Interesse am Gegenstand des Streitpatents durch eine Erklärung unter Eid zu bestätigen, sieht das EPÜ nicht vor.
2.2.4 Nach Überzeugung der Kammer darf eine solche Erklärung von einem Einsprechenden daher nur dann gefordert werden, wenn der Kammer, wie in der Sache T 635/88, konkrete Anhaltspunkte für ernsthafte Zweifel an der wahren Identität des Einsprechenden mitgeteilt werden, denn nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen kann die Kammer den Einsprechenden ersuchen, zur Behebung der bestehenden Zweifel beizutragen.
2.3 Der Einspruch ist daher zulässig. Folglich ist der Hauptantrag zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
1. Der Hauptantrag wird zurückgewiesen.
2. ...