T 0109/11 17-05-2013
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Zulässigkeit des Einspruchs - Substantiierung des Einspruchs (nein)
Übergangsbestimmungen zum EPÜ 2000
I. Gegen das unter Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Erstanmeldung vom 14. Mai 1999 erteilte Patent, auf dessen Erteilung am 24. November 2004 im Patentblatt hingewiesen worden war, legte die Beschwerdeführerin am 24. August 2005 Einspruch ein und beantragte, das Patent aus den Gründen des Artikels 100 a) EPÜ 1973 insbesondere wegen mangelnder Neuheit, mangelnder erfinderischer Tätigkeit sowie aus dem Grunde des Artikels 100 c) EPÜ 1973 zu widerrufen.
II. Unter Punkt IX des Formblattes für den Einspruch (EPA Form 2300.3) wurden insgesamt 9 Veröffentlichungen (A1 bis A9) als Entgegenhaltungen genannt. Hierbei wurden die Dokumente A3 und A5 als "Firmenschrift Installationsanleitung CERAPUR (Ju 1336/1) Februar 1996" (A3) und als "Firmenschrift Vaillant Thermoblock Klassik Brennwert VC/VCW 196 E-C, August 1998" (A5) bezeichnet.
III. In der Einspruchsbegründung wurde lediglich der Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit erörtert, wobei das Dokument A1 (JP 58224226 A (Abstract)) jeweils in Kombination mit den Entgegenhaltungen A3 und A5 als Stand der Technik herangezogen wurde. Hinsichtlich der Ansprüche 3 bis 5 wurde im letzten Absatz zudem noch die Entgegenhaltung A8 (DE 196 01 517 A1) herangezogen, wobei die Ausführungen wie folgt schließen: "Kombiniert der Fachmann o.g. Stand der Technik mit A8, so gelangt er in nahe liegender Weise zum Gegenstand der Ansprüche 3 bis 5. Die Ansprüche 3 bis 5 sind daher nicht erfinderisch."
IV. Mit Schreiben vom 6. September 2005 beantragte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin), den Einspruch als unzulässig zurückzuweisen, und führte insbesondere aus, dass der Patentanspruch lediglich im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit unter Zusammenschau der Dokumente A1 und A3 sowie der Dokumente A1 und A5 angegriffen worden sei. Über die Umstände der Veröffentlichung der Dokumente A3 und A5 sei jedoch nichts vorgetragen worden. Die Anlage A3 trage den "29.09.1995" als Datum. Im Einspruchsformblatt werde jedoch der Februar 1996 genannt. Im Dokument A5 sei mehrmals das Datum "20.10.2002" genannt, was auf eine Nachveröffentlichung hinweise. Im Einspruchsformblatt sei jedoch der August 1998 genannt worden. Da zu den Umständen der Veröffentlichung innerhalb der Einspruchsfrist keine Ausführungen gemacht bzw. keine Beweismittel vorgelegt worden sind, und die Veröffentlichungen für die Patentinhaberin daher auch nicht nachgeprüft werden können, sei der Einspruch als unzulässig zurückzuweisen.
V. In ihrem Schreiben vom 30. September 2005, beim EPA am 1. Oktober 2005 eingelangt, führte die Einsprechende (Beschwerdeführerin) insbesondere aus, dass ein Beweis des Druckdatums der Entgegenhaltungen auch noch nach Ablauf der Einspruchsfrist erbracht werden könne. Auf der A3 seien zwei Datumsangaben vermerkt, nämlich einerseits der "29.09.1995", der den Redaktionsschluss kennzeichne, und andererseits die Angabe "2.96", die auf das Druckdatum Februar 1996 hinweise. Hinsichtlich der Entgegenhaltung A5 brachte die Beschwerdeführerin vor, dass das Druckdatum der Angabe "A/0898", welche dem August 1998 entspreche, zu entnehmen sei. Hingegen enthalte die Angabe "T 20(10.02" nicht das Druckdatum, sondern "T" stehe für "technisches Typenblatt", die erste Ziffer für die Produktgruppe, die zweite für die Produktvariante und die dritte für den Änderungsindex.
VI. In ihrem Schreiben vom 16. November 2005 führte die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) aus, dass lediglich ein Einspruchsgrund herangezogen worden sei. Dieser sei nicht ausreichend substantiiert worden, da jegliche Belege über die Vorveröffentlichung der Entgegenhaltungen A3 und A5 fehlen. Die Einreichung von Beweismitteln nach Ablauf der Einspruchsfrist sei jedoch nicht zulässig.
VII. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 15. November 2010 verwarf die Einspruchsabteilung den Einspruch als unzulässig. In der schriftlichen Entscheidung vom 10. Dezember 2010 führte die Einspruchsabteilung im Wesentlichen aus, dass von einer Veröffentlichung der Druckschriften A3 und A5 nicht ohne weiteres ausgegangen werden könne. Die Einsprechende habe es versäumt, die öffentliche Zugänglichkeit dieser Druckschriften innerhalb der Einspruchsfrist zu substantiieren. Die Angabe angeblicher Druckdaten im Einspruchsschriftsatz erfülle das Substantiierungserfordernis nicht. Die Einreichung von Beweismitteln nach Ablauf der Einspruchsfrist sei für die Beurteilung der Frage der Substantiierung unerheblich. Da der Einspruchsgrund der erfinderischen Tätigkeit lediglich unter Bezugnahme auf die Druckschriften A3 und A5 ausgeführt worden ist, und somit kein Einspruchsgrund substantiiert vorgetragen wurde, wurde der Einspruch als unzulässig verworfen.
VIII. Die am 14. Januar 2011 beim EPA eingelangte Beschwerde der Vaillant GmbH (Einsprechende) richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 10. Dezember 2010, womit der Einspruch der Vaillant GmbH gegen das europäische Patent Nr. 1179159 gemäß Regel 77 (1) EPÜ 2000 als unzulässig verworfen wurde. In ihrer Beschwerdeschrift beantragte die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Hilfsweise wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
IX. In ihrer am 11. April 2011 beim EPA eingelangten Beschwerdebegründung macht die Beschwerdeführerin geltend, dass sie im Einspruchsformblatt Angaben zur Veröffentlichung der Druckschriften A3 und A5 gemacht habe. Hinsichtlich der A3 habe sie als Zeitrang den Februar 1996 angegeben. Die Frage, ob sich die in der Druckschrift enthaltene Angabe "2.96" auf das Druckdatum beziehe, und ob dies glaubhaft oder beweisbar sei, sei eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit. Es sei zwar zutreffend, dass das Druckdatum nicht dem Veröffentlichungsdatum entsprechend müsse, jedoch sei davon auszugehen, dass eine im Februar 1996 gedruckte Schrift jedenfalls innerhalb von drei Jahren, und damit vor dem Prioritätsdatum, veröffentlicht worden sei. Die Frage, ob der genannte Zeitrang glaubhaft gemacht werden kann, stelle keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit dar. Hinsichtlich der eidesstattlichen Erklärung des Vertreters der Beschwerdeführerin (A10) führte diese aus, dass es sich hierbei um ein Beweismittel zum Beweis des Zeitrangs des Dokuments A3 handle. Da die eidesstattliche Erklärung nach der Einspruchsfrist eingereicht worden sei, sei eine Relevanzprüfung durchzuführen. Da die eidesstattliche Erklärung für die Frage der öffentlichen Zugänglichkeit von A3 relevant sei, hätte die Einspruchsabteilung diese berücksichtigen müssen, da der Entscheidung damit die Grundlage entzogen worden sei. Ebenso sei hinsichtlich der Druckschrift A5 ein Veröffentlichungsdatum, nämlich August 1998, angegeben worden, sodass auch dadurch die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt worden seien.
X. Mit ihrem Schriftsatz vom 28. Juli 2011 beantragte die Beschwerdegegnerin, die Beschwerde zurückzuweisen, bzw. hilfsweise die Sache zur Prüfung der Patentfähigkeit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.
XI. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung versandte die Beschwerdekammer einen Bescheid über ihre vorläufige Rechtsansicht, zu der die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. April 2013 Stellung nahm. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtenen Entscheidung, die sich auf Regel 76(2)c) EPÜ 2000 stütze obgleich Regel 55 c) EPÜ 1973 maßgebend sei, wegen Anwendung der falschen Rechtsgrundlage aufzuheben. Zudem seien die Erfordernisse beider Vorschriften durch die Angaben im Einspruchsformblatt erfüllt worden. Im Übrigen sei im Einspruchsformblatt zu beiden Entgegenhaltungen auch ein Zeitrang angegeben worden sei, obgleich dies nach den vorgenannten Vorschriften nicht zwingend erforderlich sei. Erst wenn der Zeitrang bestritten wird, stelle sich die Frage, ob der Vortrag durch die vorgelegten Beweise ausreichend nachgewiesen sei, im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Einspruchs. Hinsichtlich der Entgegenhaltungen A3 und A5 führte die Beschwerdeführerin aus, dass im Einklang mit der Rechtsprechung der Beschwerdekammern davon auszugehen sei, dass eine Druckschrift innerhalb von 7 Monaten zwischen dem Datum derselben und dem Prioritätstag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei. Daher sei davon auszugehen, dass beide Entgegenhaltungen, nämlich A3 und A5, der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag zugänglich gemacht worden sind.
Zudem führte die Beschwerdeführerin aus, dass dem Einspruchsschriftsatz eindeutig zu entnehmen sei, dass die Entgegenhaltungen A3 und A5 lediglich zum Nachweis des allgemeinen Fachwissens dienen. Weiters beantragte die Beschwerdeführerin, für den Fall, dass der Beschwerde nicht stattgegeben werde, die Große Beschwerdekammer mit der Sache zu befassen (Anmerkung der Beschwerdekammer: Dieser Antrag wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 17 Mai 2013 präzisiert; vgl. Entscheidungsgründe Nr. 4).
XII. Am 17. Mai 2013 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Abschließend beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das europäische Patent zu widerrufen. Für den Fall, dass die Entscheidung wegen Anwendung der falschen Rechtsgrundlage nicht aufgehoben wird, beantragte die Beschwerdeführerin, die Große Beschwerdekammer mit dieser Frage zu befassen.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, und falls der Einspruch als zulässig angesehen wird, den Fall an die erste Instanz zur Prüfung der Patentfähigkeit zurückzuverweisen.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Anzuwendende Vorschriften (EPÜ 1973 versus EPÜ 2000)
2. Im vorliegenden Fall ist die Einspruchsschrift vor dem Inkrafttreten des revidierten Europäischen Patentübereinkommens, nämlich am 24. August 2005, eingereicht worden. Somit gelten für die Beurteilung der Zulässigkeit des Einspruchs die Rechtsvorschriften des EPÜ 1973, denn die Zulässigkeit einer Verfahrenshandlung ist auf der Grundlage des zum Zeitpunkt dieser Handlung herrschenden Rechts zu beurteilen (vgl. J 10/07, T 1366/04, T 1279/05). Für die Frage, ob der Einspruch den Substantiierungserfordernissen entspricht, ist daher im gegenständlichen Fall Regel 55 c) EPÜ 1973 maßgebend.
3. Die Einspruchsabteilung hat die Zulässigkeitsprüfung jedoch nicht nach den Vorschriften des EPÜ 1973 sondern auf der Basis der Regel 76 (2) c) EPÜ 2000 durchgeführt (vgl. Punkt 11 der angefochtenen Entscheidung) und den Einspruch gemäß Regel 77 (1) EPÜ 2000 verworfen. Die Beschwerdeführerin beantragte daher, die angefochtene Entscheidung, die sich auf das revidierte Europäische Patentübereinkommen stützt, wegen Anwendung der falschen Rechtsvorschriften aufzuheben. Zudem hat sie hilfsweise beantragt, die Große Beschwerdekammer mit dieser Frage zu befassen, sofern die Beschwerdekammer die Entscheidung der Einspruchsabteilung aus dem vorgenannten Grund nicht aufhebt.
4. Die Beschwerdekammer ist der Auffassung, dass das Begehren der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht begründet ist, da sich die Entscheidung der Einspruchsabteilung auf das revidierte Europäische Patentübereinkommen und somit auf eine Rechtsgrundlage stützt, die für die Frage der Zulässigkeit des gegenständlichen Einspruchs nicht anzuwenden ist. Dadurch ist die angefochtene Entscheidung jedenfalls mit einem formellen Mangel behaftet, der zur Aufhebung der Entscheidung führen muss. Der Beschwerde ist daher in dieser Hinsicht stattzugeben, d.h. die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben. Über den Antrag der Beschwerdeführerin, die Große Beschwerdekammer mit dieser Frage zu befassen, der nur für den Fall der Nichtaufhebung der angefochtenen Entscheidung gestellt wurde (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2013), war daher nicht mehr zu entscheiden.
5. Nach Aufhebung der angefochtenen Entscheidung stellt sich nun die Frage, ob es angemessen erscheint, die Sache zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen, wie von der Beschwerdeführerin beantragt, oder, ob die Beschwerdekammer von ihrer Befugnis im Rahmen der Zuständigkeit des erstinstanzlichen Organs tätig zu werden, d.h. in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. Artikel 111 (1) EPÜ), Gebrauch machen sollte.
6. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung wegen eines formellen Mangels, nämlich der Anwendung der falschen Rechtsgrundlage, aufzuheben war. Aus dem Umstand, dass sich die Einspruchsabteilung unzutreffenderweise auf die Bestimmungen des revidierten Europäischen Patentübereinkommens gestützt hat, folgt jedoch nicht zwingend, dass die Entscheidung materielle Mängel aufweist, d.h. sachlich fehlerhaft ist. Denn eine Vielzahl von Rechtsvorschriften des EPÜ 1973 und seiner Ausführungsordnung wurden im revidierten EPÜ inhaltlich unverändert beibehalten bzw. lediglich redaktionellen Änderungen unterworfen. Eine Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz zur erneuten Prüfung der Frage der Zulässigkeit des Einspruchs käme nach Ansicht der Beschwerdekammer jedoch nur dann in Betracht, wenn für die Beurteilung der Frage der Substantiierung des Einspruchs unter dem revidierten EPÜ andere Kriterien maßgebend wären als unter dem EPÜ 1973.
7. Nach Art. 99 (1) Satz 1 und 2 EPÜ 1973 ist der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist zu begründen. Die Einspruchsschrift muss gemäß Regel 55 c) EPÜ 1973 eine Erklärung darüber enthalten
a) in welchem Umfang gegen das europäische Patent Einspruch eingelegt und
b) auf welche Einspruchsgründe der Einspruch gestützt wird, sowie
c) die Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel.
Erfüllt der Einspruch diese Erfordernisse nicht, ist er nach Regel 56 (1) EPÜ 1973 als unzulässig zu verwerfen und zwar in jedem Stadium des Verfahrens (T 289/91, ABl. 1994, 649). Die Voraussetzungen (a) und (b) sind im vorliegenden Fall unstrittig erfüllt. Die Frage der Zulässigkeit konzentrierte sich im erstinstanzlichen Verfahren daher auf die Erörterung der Voraussetzung (c), jedoch auf der Grundlage der Regel 76 (2) c) EPÜ 2000.
8. Zunächst ist festzuhalten, dass der Wortlaut der Regel 76 (2) c) EPÜ 2000 von dem der Regel 55 c) EPÜ 1973 in der deutschen Sprachfassung nicht abweicht. Beide Bestimmungen sehen in dem für den vorliegenden Fall entscheidenden letzten Halbsatz wortgleich vor, dass die "zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel" anzugeben sind. Sprachliche Änderungen wurden hinsichtlich dieses Halbsatzes jedoch in der englischen und französischen Fassung vorgenommen. Die englische Fassung sah unter dem EPÜ 1973 das Erfordernis der Angabe von "facts, evidence and arguments" vor. In der Fassung des revidierten Europäischen Patentübereinkommens wurde der Ausdruck "arguments" gestrichen, sodass insofern eine Angleichung an die deutsche Sprachfassung erkennbar ist. Die französische Fassung sah unter dem EPÜ 1973 vor, dass "les faits et justifications" anzugeben sind. In der französischen Fassung des revidierten Europäischen Patentübereinkommens hingegen wurde der Ausdruck "justifications" durch "les preuves" ersetzt, offenbar um eine sprachliche Angleichung an den deutschen Begriff "Beweismittel" und an den englischen Ausdruck "evidence" zu leisten. Angesichts dieser Änderungen und des Umstandes, dass der Wortlaut der deutschen Fassung unangetastet geblieben ist, gelangt die Beschwerdekammer zu der Schlussfolgerung, dass die in der französischen und der englischen Fassung vorgenommenen Änderungen offenbar der sprachlichen Harmonisierung der unterschiedlichen Sprachfassungen dienen, jedoch das in der Regel 55 c) EPÜ 1973, letzter Halbsatz, verankerte Substantiierungserfordernis der "Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel" inhaltlich unberührt lassen. Der Umstand, dass die Einspruchsabteilung ihre Entscheidung unzutreffenderweise auf Regel 76 (2) c) EPÜ 2000 gestützt hat, sollte sich daher auf das inhaltliche Ergebnis der Entscheidung nicht ausgewirkt haben.
9. Da die für die Frage der Substantiierung entscheidungswesentlichen rechtlichen Erfordernisse somit bereits Grundlage und Gegenstand der Erörterung im erstinstanzlichen Verfahren gewesen sind, erachtet es die Beschwerdekammer für angemessen, von einer Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz abzusehen und in der Sache selbst zu entscheiden.
Zulässigkeit des Einspruchs
10. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist das Erfordernis der Angabe der zur Begründung des Einspruchs vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel (Regel 55 c) EPÜ 1973, letzter Halbsatz) nur dann erfüllt, wenn die relevanten Tatsachen und Beweismittel so ausreichend angegeben sind, dass die angeführten Einspruchsgründe und ihre Stichhaltigkeit von der Einspruchsabteilung und vom Patentinhaber ohne weitere Ermittlungen richtig verstanden werden können und sie in die Lage versetzt werden hierzu Stellung zu nehmen (vgl. T 2/89 und T 328/87). Unter dem Erfordernis "der Angabe der zur Begründung des Einspruchs vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel" ist die Gesamtheit der Tatsachen zu verstehen, aus denen die Einsprechende den Widerruf des Patents herleiten will, d.h. die Begründung des Einspruchs muss die für die Beurteilung des behaupteten Einspruchsgrundes maßgeblichen Umstände darlegen. Welche Umstände maßgeblich sind, hängt vom Einzelfall ab und ergibt sich aus dessen Gesamtzusammenhang (vgl. T 0222/85, ABl. EPA 1988, 128). Eine Mängelbeseitigung bei nichtausreichender Begründung des Einspruchs ist nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht möglich (siehe T 522/94, ABl. EPA 1998, 421). Um die Erfordernisse der Regel 55 c) EPÜ 1973, letzter Halbsatz, zu erfüllen, reicht es aus, dass ein Einspruchsgrund ausreichend substantiiert ist. Dafür wiederum reicht ein einziger substantiierter Einwand, wie zum Beispiel der Einwand der fehlenden Neuheit auf der Basis eines der Dokumente, aus.
11. Im vorliegenden Fall hat die Einsprechende im Einspruchsformblatt zwar die Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit sowie den Einspruchsgrund des Artikels 100 c) EPÜ 1973 genannt, jedoch in der Begründung wurde lediglich der Einspruchsgrund der erfinderischen Tätigkeit näher ausgeführt, wobei das Dokument A1 (JP 58224226 A (Abstract)) jeweils in Kombination mit den Entgegenhaltungen A3 und A5 erörtert wurde. Unter Punkt 3.2 der Einspruchsschrift wird zudem auch noch das Dokument A8 (DE 196 01 517 A1) genannt, jedoch auch nur in Zusammenschau mit dem vorgenannten Stand der Technik, d.h. jeweils in Verbindung mit A1 und A3 bzw. A1 und A5. Die Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel im Sinne der Regel 55 c) EPÜ 1973 beschränkt sich demnach nur auf den Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit. Hinsichtlich der im Einspruchsformblatt genannten Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit sowie des Artikels 100 c) EPÜ 1973 wurden keine Ausführungen gemacht. Dies hat jedoch auf die Zulässigkeit des Einspruchs keinen Einfluss. Denn der Begriff der Unzulässigkeit nach Regel 56 EPÜ 1973 bezieht sich ausschließlich auf den Einspruch als Ganzes. Sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen zumindest für einen Einspruchsgrund erfüllt, ist der Einspruch als Ganzes zulässig (siehe T 212/97).
12. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Frage der Substantiierung umfasst im Wesentlichen folgende Argumentationskette:
a) Regel 55 c) EPÜ 1973 sieht nicht vor, dass Entgegenhaltungen zu datieren sind bzw. dass ein Zeitrang derselben anzugeben ist,
b) selbst wenn das Erfordernis der Angabe eines Zeitrangs besteht, sei dieses durch die im Einspruchsformblatt vorgenommenen Datierungen erfüllt worden,
c) die vorgenannten Datierungen sind als Druckdaten zu verstehen, sodass im Hinblick auf dieses Daten von einer Vorveröffentlichung der Entgegenhaltungen A3 und A5 auszugehen ist,
d) die Frage, ob die angeblichen Vorveröffentlichungen tatsächlich stattgefunden haben, sei jedenfalls erst im Rahmen der Prüfung der Begründetheit des Einspruchs zu prüfen.
13. Zum ersten Einwand ist zunächst zu bemerken, dass zu jedem Einspruchsgrund die zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel im Sinne der Regel 55 c) EPÜ 1973 anzugeben sind. Der Einspruchsgrund der erfinderischen Tätigkeit erfordert jedenfalls die Angabe des relevanten Standes der Technik, der als Basis für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im Einspruchsverfahren dienen soll. Im vorliegenden Fall stützt sich der Einspruchsgrund der erfinderischen Tätigkeit auf eine Zusammenschau der Druckschriften A1 und A3, A1 und A5 sowie zusätzlich auf das Dokument A8, das jeweils im Zusammenhang mit den Kombinationen von A1 und A3 sowie A1 und A5 genannt wird. Ausführungen über den Umstand, dass Patentdokumente zu einem bestimmten Zeitpunkt veröffentlicht wurden, d.h. als Stand der Technik anzusehen sind, sind in der Regel nicht erforderlich, da sich ihre Veröffentlichungsdaten aus den Dokumenten selbst gesichert ergeben. Dies trifft im vorliegenden Fall auf die Entgegenhaltungen A1 und A8 zu, da es sich hierbei um klassische Patentdokumente handelt. Bei Entgegenhaltungen hingegen, deren Veröffentlichungsdaten sich nicht aus den Dokumenten selbst gesichert ergeben, bedarf die für den Einspruchsgrund der erfinderischen Tätigkeit grundlegende Frage, ob sie zum Stand der Technik gehören, d.h. die Frage des Zeitpunkts und der Umstände ihrer Veröffentlichung, einer näheren Erörterung. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den Entgegenhaltungen A3 und A5 nicht um Patentdokumente, deren Veröffentlichungsdaten sich aus den Dokumenten selbst gesichert ergeben, sondern um eine Installationsanweisung (A3) und einen Firmenprospekt (A5). Solche Schriftstücke enthalten in der Regel kein Veröffentlichungsdatum, sondern allenfalls ein verschlüsseltes oder unverschlüsseltes Druckdatum oder ein Datum, das den im Dokument berücksichtigten Stand der Technik bzw. den Redaktionsschluss kennzeichnet. Bei solchen Schriftstücken, die keine klassischen Patentveröffentlichungen darstellen, ist das Substantiierungserfordernis in der Regel nur dann erfüllt, wenn konkrete Tatsachen angegeben werden, aus denen auf deren öffentliche Zugänglichkeit vor dem Prioritätstag geschlossen werden kann (vgl. Podbielski, in Singer/Stauder, Europäisches Patentübereinkommen, 6. Auflg., Artikel 99, Rn 87, m.w.N.). Der Tatsachenvortrag muss also derart sein, dass ohne weiteres nachvollziehbar ist, wann und unter welchen Umständen die behauptete Vorveröffentlichung stattgefunden hat. Dem ersten Einwand der Beschwerdeführerin kann also nicht gefolgt werden.
14. Zum zweiten Einwand der Beschwerdeführerin ist Folgendes zu bemerken: Im gegenständlichen Fall wurden die Druckschriften A3 und A5 unter Punkt IX des Formblattes für den Einspruch (EPA Form 2300.3) als "Firmenschrift Installationsanleitung CERAPUR (Ju 1336/1) Februar 1996" (A3) und als "Firmenschrift Vaillant Thermoblock Klassik Brennwert VC/VCW 196 E-C, August 1998" (A5) bezeichnet. Nähere Ausführungen zu den vorgenannten Datumsangaben und über die Umstände einer allfälligen Veröffentlichung wurden innerhalb der Einspruchsfrist nicht gemacht. Es stellt sich daher die Frage, ob die Beschwerdeführerin ihrer Substantiierungspflicht, wann und wie die herangezogenen Dokumente A3 und A5 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, nachgekommen ist. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin hinsichtlich dieser Dokumente im Einspruchsformblatt zwar Datierungen vorgenommen hat, nämlich hinsichtlich von A3 mit der Angabe "Februar 1996" und hinsichtlich von A5 mit dem Hinweis "August 1998", jedoch völlig offen gelassen hat, ob sie diese Daten beispielsweise als Druckdaten oder als Veröffentlichungsdaten verstanden wissen möchte. Zudem ist zu bemerken, dass in der Einspruchsschrift auch keinerlei Ausführungen gemacht wurden, ob diese Daten den entsprechenden Druckschriften selbst entnommen bzw. aus welchen, eventuell in den Druckschriften enthaltenen Informationen diese hergeleitet wurden. Nach Ansicht der Beschwerdekammer ergeben sich diese Daten auch nicht offensichtlich aus den Entgegenhaltungen selbst. Wie in der Entscheidung der Einspruchsabteilung ausgeführt, enthält die Druckschrift A3 mehrere Buchstaben-Zahlen-Kombinationen, die als Datumsangaben interpretierbar sind. Erstens, findet sich auf dem Deckblatt rechts oben die Angabe "TT/EKW, NR. 005, Datum 29.09.95, Tel. 302". Zudem ist auf dem rechten oberen Rand des Deckblatts die Angabe "JU 1336/1, 6 720 603 928 (2.96) PC - Pf" und auf der letzten Seite (Seite 34) in der Mitte am rechten Rand die Angabe "11/95" enthalten. Im Einspruchsformblatt findet sich lediglich die Datierung "Februar 1996" wieder, ohne jegliche weitere Erläuterung oder Bezugnahme auf Informationen in der A3. Erst in ihrem Schreiben vom 30. September 2005, d.h. nach Ablauf der Einspruchsfrist, hat die Einsprechende vorgebracht, dass die Angabe "JU 1336/1, 6 720 603 928 (2.96) PC - Pf" auf das Druckdatum hinweise. Der Vollständigkeit halber ist auch zu erwähnen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17. Mai 2013 im Hinblick auf die Datumsangabe am Deckblatt ("29.09.95") ausführte, dass es sich hierbei um das Datum der Freigabe handle. Der Umstand, dass auf einem angeblich im Jahre 1996 gedruckten Dokument ein Freigabehinweis aus dem Jahre 1995 aufscheint, bleibt jedoch zumindest erklärungsbedürftig. Jedenfalls kann es sich hierbei nicht um die Freigabe des vorliegenden, angeblich im Jahre 1996 gedruckten Exemplars der A3 handeln.
15. Hinsichtlich der A5 ist anzumerken, dass auch in dieser Entgegenhaltung mehrere Buchstaben-Zahlen-Kombinationen aufscheinen, die als Datumsangabe interpretierbar sind. Zum einen ist auf dem rechten oberen Rand des Deckblattes sowie auf dem unteren rechten Rand der letzten Seite jeweils die Angabe "T 20(10.02" enthalten, zum anderen findet sich auf der letzten Seite am unteren rechten Rand der Hinweis "Änderungen vorbehalten A/0898 87 6108". In ihrem Schreiben vom 30.9.2005, d.h. nach Ablauf der Einspruchsfrist, hat die Einsprechende ausgeführt, dass aus dem letztgenannten Hinweis das Druckdatum "August 1998" hervorgehe.
16. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen kommt die Beschwerdekammer zu dem Schluss, dass sich die im Einspruchsformblatt vorgenommenen Datierungen aufgrund der Mehrdeutigkeit der in den Dokumenten A3 und A5 Buchstaben-Zahlen-Kombinationen nicht in offensichtlicher Weise aus den Dokumenten selbst ergeben. Überdies war es auch unter Berücksichtigung des Inhalts der Dokumente A3 und A5 nicht erkennbar, ob die Einsprechende diese als Druckdaten oder Veröffentlichungsdaten verstanden wissen wollte. Schon aus diesem Grunde wäre es erforderlich gewesen, die Frage der Datierung der vorgenannten Entgegenhaltungen innerhalb der Einspruchsfrist näher auszuführen. Zudem ist zu bemerken, dass es sich bei den im Einspruchsformblatt enthaltenen Datierungen, selbst wenn man die späteren Ausführungen der Beschwerdeführerin zu Grunde legt, lediglich um Druckdaten handelt. Somit folgt auch aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin, dass die für die Prüfung der Substantiierungserfordernisse relevante Frage des Zeitpunkts und der Umstände der behaupteten Vorveröffentlichungen innerhalb der Einspruchsfrist überhaupt nicht thematisiert worden ist. Die Beschwerdekammer ist daher der Auffassung, dass bereits aus den vorgenannten Gründen ein Substantiierungsmangel vorliegt, der zur Unzulässigkeit des Einspruchs führt.
17. Der Vollständigkeit halber ist jedoch zum dritten Einwand der Beschwerdeführerin (vgl. oben Punkt 12) noch Folgendes auszuführen: Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sind die im Einspruchsschriftsatz genannten Datierungen als Druckdaten zu verstehen, sodass auf deren Basis von einer Vorveröffentlichung der Entgegenhaltungen A3 und A5 auszugehen und der Einspruch daher als ausreichend substantiiert anzusehen sei. Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerdekammer diesen Ansatz, wie oben ausgeführt schon allein deshalb nicht teilt, weil die im Einspruchsformblatt vorgenommenen Datierungen nicht eindeutig als Druckdaten zu verstehen waren. Selbst jedoch wenn man annimmt, dass die Angabe "JU 1336/1, 6 720 603 928 (2.96) PC - Pf", wie von der Beschwerdeführerin behauptet, auf das Druckdatum der A3 hinweist, ist damit noch nichts über den Veröffentlichungszeitpunkt gesagt, der für die Bestimmung des Standes der Technik maßgebend ist. In diesem Zusammenhang ist nach Ansicht der Beschwerdekammer auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Entgegenhaltung A3 um eine Montageanweisung handelt. Montage- und Einbauanleitungen werden üblicherweise nicht im eigentlichen Wortsinn "veröffentlicht", sondern durch Vertrieb zusammen mit dem zu montierenden oder einzubauenden Erzeugnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (vgl. T 511/02). Aus der A3 selbst ergeben sich entsprechende Informationen nicht, und auch in der Einspruchsschrift finden sich keinerlei Ausführungen über einen allfälligen Vertrieb des im Dokument A3 beschriebenen Produkts bzw. über eine Verteilung der Montageanweisung anlässlich eines solchen Vertriebs.
18. Bei der Entgegenhaltung A5 ist zu berücksichtigen, dass es sich hierbei offenbar um einen Firmenprospekt der Beschwerdeführerin handelt. Es ist zwar zutreffend, dass bei einem Prospekt, der sich offensichtlich an Kunden richtet, in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass dieser innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne nach dem Druckdatum an potentielle Kunden verteilt wird, sodass die Angabe des Druckdatums in bestimmten Konstellationen ausreichend sein kann (vgl. T 597/07 und T 782/04). Im vorliegenden Fall ist nach Ansicht der Beschwerdekammer jedoch zu berücksichtigen, dass im Einspruchsformblatt lediglich der Hinweis "August 1998" enthalten ist, ohne jegliche Erklärung, ob diese Datierung von der Einsprechenden als Datum der Drucklegung, als Datum der Veröffentlichung oder etwa als Redaktionsschluss zu verstehen ist. Zudem findet sich auch kein Hinweis, ob dieses Datum aus Informationen in der Entgegenhaltung selbst hergeleitet wurde. Dies erscheint jedoch im vorliegenden Fall jedenfalls erforderlich, da wie oben ausgeführt, in der A5 mehrere Buchstaben-Zahlen-Kombinationen enthalten sind, die als Grundlage für eine Datierung dienen können. Jedoch selbst wenn man die auf der letzten Seite der A5 enthaltene Angabe "Änderungen vorbehalten A/0898 87 6108" zu Grunde legt und als Datierung interpretiert, so kann diese nicht ohne weiteres als Druckdatum verstanden werden. Vielmehr legt die Angabe "Änderungen vorbehalten" nahe, dass damit der Redaktionsschluss bzw. der im Prospekt berücksichtigte Stand der Technik gekennzeichnet werden sollte. Im vorliegenden Fall ist nach Ansicht der Beschwerdekammer in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass das gegenständliche Patent eine Priorität vom 14. Mai 1999 beansprucht, d.h. einen Zeitrang, der von der vorgenannten Datierung ("August 1998") nur etwa 8 bis 9 Monate entfernt liegt. Geht man davon aus, dass "August 1998" den im Prospekt berücksichtigten Stand der Technik bzw. den Redaktionsschluss bezeichnet, so kann von einer Veröffentlichung vor dem Prioritätsdatum nicht ohne weiteres ausgegangen werden, da üblicherweise sowohl zwischen dem Redaktionsschluss und der Drucklegung als auch dem Druckdatum und einer anschließenden Veröffentlichung, die in der Regel durch eine Verteilung der Prospekte erfolgt, noch geraume Zeit verstreichen kann. Ganz abgesehen von jenen Konstellationen, auf die die Einspruchsabteilung hingewiesen hat, in denen die Verteilung auch bereits gedruckter Prospekte aus Gründen technischer oder wirtschaftlicher Natur (Mangelhaftigkeit des Produkts, Nichteinhaltung technischer Normen, Schutzrechtsverletzungen .. etc.) unterbleibt. Ergänzend hat die Beschwerdegegnerin in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es nicht unüblich sei, dass bereits gedruckte Prospekte unveröffentlicht bleiben, nämlich dann wenn die technische Entwicklung rasch voranschreitet oder ein Mangel des Produkts frühzeitig erkennbar wird, sodass die Produktion oder der Vertrieb der jeweiligen Produkte unterbleibt.
19. Der Zeitpunkt und die Umstände der Veröffentlichung sind für die Feststellung, ob die Entgegenhaltungen A3 und A5 zum Stand der Technik gehören und damit, ob sie dem Patent überhaupt entgegengehalten werden können, entscheidend. Ein entsprechender Tatsachenvortrag wäre daher für die Begründung des Einspruchsgrundes der erfinderischen Tätigkeit im vorliegenden Fall erforderlich gewesen. Aus den oben ausgeführten Gründen, ist die Beschwerdekammer der Ansicht, dass die im Einspruchsformblatt enthaltenen, nicht weiter erläuterten Datumsangaben dem Substantiierungserfordernis der Regel 55 c) EPÜ 1973 nicht entsprechen, zumal auch den Entgegenhaltungen selbst keine eindeutigen und offensichtlichen Hinweise entnommen werden können, die die im Einspruchsformblatt vorgenommenen Datierungen ohne weiteres nachvollziehbar machen.
20. In der Beschwerdebegründung führte die Beschwerdeführerin auch aus, dass es für die Frage der Zulässigkeit unerheblich sei, ob die Angaben zur Veröffentlichung der Entgegenhaltungen als bewiesen angesehen werden. Dies sei eine Frage der Begründetheit des Einspruchs, nicht jedoch im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zu behandeln.
21. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass zwischen dem Erfordernis der Substantiierung und der Frage, ob ein Tatsachenvortrag als bewiesen anzusehen ist, unterschieden werden muss. Bei der Prüfung des Erfordernisses der Substantiierung ist lediglich zu prüfen, ob die relevanten Tatsachen und Beweismittel so ausreichend angegeben sind, dass die angeführten Einspruchsgründe und ihre Stichhaltigkeit von der Einspruchsabteilung und vom Patentinhaber ohne weitere Ermittlungen richtig verstanden werden können und sie in der Lage versetzt werden hierzu Stellung zu nehmen (vgl. T 2/89 und T 328/87). In diesem Sinne hat die Beschwerdekammer ihre Prüfung durchgeführt, d.h. es war zu prüfen, ob der Tatsachenvortrag hinsichtlich des Zeitpunkts und der Umstände der Veröffentlichung der Entgegenhaltungen A3 und A5 ausreichend war. Ein solcher Tatsachenvortrag war erforderlich, da es sich bei diesen Entgegenhaltungen nicht um Patentdokumente handelt, deren Veröffentlichungsdaten sich aus den Dokumenten selbst gesichert ergeben. Die bloße Angabe von Daten ohne weitere Spezifizierung, ob es sich hierbei überhaupt um Veröffentlichungsdaten handelt, und ohne Erläuterung auf welcher Grundlage die Datierungen vorgenommen worden sind, stellt jedoch keinen ausreichenden Tatsachenvortrag dar, zumal diese Daten den genannten Dokumenten auch nicht eindeutig entnommen werden können. Zudem ist zu berücksichtigen, dass allfällig in solchen Dokumenten vorhandene Daten üblicherweise den Redaktionsschluss oder das Druckdatum, nicht jedoch das Veröffentlichungsdatum kennzeichnen. Im Hinblick auf den Charakter der Entgegenhaltungen waren die im Einspruchsformblatt enthaltenen Datierungen daher erläuterungsbedürftig, sodass der Tatsachenvortrag diesbezüglich nicht den Substantiierungsanforderungen entspricht. Es geht daher nicht um die Frage, ob die vorgenommenen Datierungen als bewiesen anzusehen sind, sondern ausschließlich darum, ob der Tatsachenvortrag hinsichtlich des Zeitpunkts und der Umstände der Veröffentlichung der Entgegenhaltungen A3 und A5 inhaltlich ausreichend bestimmt war.
22. Da die Substantiierungserfordernisse innerhalb der Einspruchsfrist zu erfüllen sind und eine Mängelbeseitigung bei nichtausreichender Begründung nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht möglich ist (vgl. oben Punkt 10), können weder die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 30. September 2005, worin weitere Ausführungen zur Veröffentlichung der Dokumente A3 und A5 enthalten sind, noch die in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 15. November 2010 eingereichte eidesstattliche Versicherung des Herrn Dr. Hocker vom 12. November 2010 für die Frage der Substantiierung berücksichtigt werden. Auch die in der Beschwerdebegründung enthaltene Argumentation, wonach die Entgegenhaltungen A3 und A5 lediglich zum Nachweis des allgemeinen Wissens des Fachmanns eingereicht worden seien und sich die im Einspruch enthaltenen Angriffe demnach auf die A1 in Verbindung mit dem allgemeinen Wissen des Fachmanns stützen, kann nicht überzeugen. In der Einspruchsschrift wurde im Rahmen der Erörterung des Einwands der erfinderischen Tätigkeit ausdrücklich ausgeführt, dass der Fachmann ausgehend von der Entgegenhaltung A1 die in den Entgegenhaltungen A3 bzw. A5 enthaltene Lehre heranziehen wird, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents zu gelangen (vgl. Einspruchsschriftsatz vom 24. August 2005, 1.1: "Bezüglich der objektiven Aufgabe wird der Fachmann der Druckschrift A3 entnehmen, dass es möglich ist, den Brenngasstrom vor dem Gebläse in die Verbrennungsluft einzudüsen und als Referenzluftdruck den Luftdruck in dem Gehäuse des Heizgerätes zu verwenden. Der Fachmann wird die Lehre der A3 zur Lösung der objektiven Aufgabe verwenden, wodurch er in nahe liegender Weise zu einer Regeleinrichtung gemäß Anspruch 1 des Streitpatentes gelangt."; hinsichtlich der A5 siehe Einspruchsschriftsatz vom 24. August 2005, Punkt 1.2: "Wie bei A3 kann der Fachmann dieser Entgegenhaltung entnehmen, dass das Brenngas der Verbrennungsluft stromauf des Gebläses zugemischt wird. ... Auch in diesem Fall wird der Fachmann die Lehre zur Lösung der objektiven Aufgabe verwenden und in nahe liegender Weise zum Gegenstand der mutmaßlichen Erfindung gelangen." (Hervorhebungen durch die Kammer)). Die Beschwerdekammer kann daher der Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach die Entgegenhaltungen A3 und A5 lediglich zum Nachweis des allgemeinen Fachwissens eingeführt worden seien, nicht folgen.
23. Wie bereits von der Einspruchsabteilung in Punkt 16 ihrer Entscheidung ausgeführt, beruhen die in der Einspruchsbegründung enthaltenen Einwände gegen die erfinderische Tätigkeit ausdrücklich jeweils auf einer Kombination der A1 und der A3 bzw. der A5. Auch wenn ein Einwand auf der Basis des Dokuments A1 in Verbindung mit dem allgemeinen Wissen des Fachmanns geführt werden könnte, wie die Beschwerdeführerin dies erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung (siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, Punkt 4.3) und später in ihrer Beschwerdebegründung schriftlich erläutert hat, bedeutet dies nicht, dass ein solcher, erstmals nach Ablauf der Einspruchsfrist ausgeführter Einwand, den ursprünglichen Substantiierungsmangel des Einspruchs heilen könnte. Wie oben bemerkt, sind die Substantiierungserfordernisse innerhalb der Einspruchsfrist zu erfüllen. Nachträgliche Mängelbeseitigungsversuche sind bei der Prüfung dieser Frage nicht mehr zu berücksichtigen.
24. Abschließend ist daher zu bemerken, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung - wie von der Beschwerdeführerin beantragt - zwar aus formellen Gründen aufzuheben war (vgl. oben Punkt 4), dass die Beschwerdekammer das Ergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens jedoch inhaltlich teilt, sodass der Einspruch als unzulässig zu verwerfen war. Da der Einspruch der Beschwerdeführerin unzulässig ist, war eine sachliche Prüfung, ob der von ihr geltend gemachte Einspruchsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ 1973) der Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht, nicht durchzuführen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Der Einspruch wird als unzulässig verworfen.