Erfindung: Elektronische Stabilitätskontrolle für Kfz
Dank der Erfindungen des Automobilingenieurs Anton van Zanten sind die Straßen und Schnellstraßen weltweit erheblich sicherer geworden. Seine bahnbrechende Errungenschaft, die Elektronische Stabilitätskontrolle oder Fahrdynamikregelung (Electronic Stability Control, ESC), auch als ESP für Elektronisches Stabilitätsprogramm abgekürzt, ist mittlerweile in vielen Ländern Pflicht und nach dem Gurt der wichtigste Lebensretter im Straßenverkehr.
Die elektronischen
Leitsysteme von van Zanten gingen 1995 in Serie und lösten ein seit Langem bestehendes Problem
der Fahrzeugsicherheit: Wenn der Fahrer eine Vollbremsung macht, um einem
Hindernis auszuweichen, blockieren die Räder und das Fahrzeug bricht seitlich
aus - oft mit fatalen Folgen. In solchen Situationen greift die
Fahrdynamikregelung von van Zanten, indem sie die Stabilität des Fahrzeugs innerhalb einer
Hundertstelsekunde wiederherstellt - eine Reaktionszeit, mit der der
Fahrer nicht aufwarten kann.
Als Leiter einer 35-köpfigen Forschungsgruppe bei Bosch erzielte van Zanten 1987 bei Fahrzeugtests und Computersimulationen seinen Durchbruch. Im Fahrzeug eingebaute Sensoren senden in Echtzeit Daten an ESC, sodass ESC in Gefahrensituationen (Aquaplaning, Bremsung auf Schnee oder Eis) Schleuderbewegungen aufgrund höherer Seitenkräfte des Fahrzeugs umgehend ausgleichen kann (Querdynamik). Seit ihrer Einführung hat sich diese wichtige Sicherheitstechnik für Tausende von Fahrzeuginsassen als lebensrettend erwiesen. Damit ist ESC vom Sicherheitsgewinn her mit dem Sicherheitsgurt und dem Airbag vergleichbar.
Gesellschaftlicher Nutzen
Der Weltgesundheitsorganisation zufolge kommen weltweit jedes Jahr rund 1,25 Millionen Menschen durch Verkehrsunfälle ums Leben - weit mehr als durch Tötungsdelikte und Militäreinsätze, die zusammen 440 000 Todesopfer fordern. ESC mindert das hohe Risiko von Unfällen mit tödlichem Ausgang, wenn ein Fahrzeug ins Schleudern gerät und von der Fahrbahn abkommt. Gemäß Angaben der Firma Bosch, die sich auf mehrere Studien beruft, können bis zu 80 % der Schleuderunfälle durch die Erfindung von van Zanten verhindert werden. Seit ihrer Einführung habe sie allein in Europa 260 000 Unfälle verhindert und rund 8 500 Menschen das Leben gerettet.
Der Erfolg der in der Branche über 110-mal ausgezeichneten elektronischen Stabilitätskontrolle zeigt sich vor allem in der Unfallverhütung. Die US-amerikanische Behörde National Highways Traffic Safety Administration (NHTSA) hat berechnet, dass sich 34 % aller Alleinunfälle sowie 70 % der Überschläge von Fahrzeugen durch ESC verhindern lassen. Der NHTSA zufolge verringert ESC die Zahl der tödlichen Verkehrsunfälle um knapp ein Drittel und hat sich seit der Einführung für Zehntausende von Fahrzeuginsassen als Lebensretter erwiesen. Dies macht ESC zum wichtigsten Sicherheitssystem nach dem Gurt.
Wirtschaftlicher Nutzen
1995 wurden die Limousinen der S-Klasse von Mercedes-Benz als erste Serienautos mit der Technik ausgerüstet. Angaben der Firma Bosch zufolge wurden zwischen 1995 (dem Jahr der Markteinführung) und 2010 insgesamt 52 Millionen ESC-Systeme verkauft; seit 2014 sind sie bei Neufahrzeugen in Europa Pflicht. Bis 2016 hat die Bosch GmbH mehr als 150 Millionen ESC-/ESP-Systeme hergestellt. In der EU müssen mittlerweile alle neu zugelassenen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen das Sicherheitssystem an Bord haben. In Europa sind 90 % aller Pkw und leichten Nutzfahrzeuge mit ESC ausgerüstet.
Den jüngsten Branchenprognosen von Research and Markets zufolge wird der Markt für ESC mit einer jährlichen Wachstumsrate von 10,9 % in den nächsten Jahren bis 2019 auf 38,4 Mrd. EUR (42 Mrd. USD) ansteigen. Da mit dem ESC-System in erster Linie Unfälle vermieden werden, ist sein wirtschaftlicher Nutzen sogar noch größer als der von Sicherheitsgurten und Airbags, die nur unfallbedingte Verletzungen mindern. ESC verringert nicht nur den durch Unfälle verursachten finanziellen Schaden, sondern trägt auch zur Vermeidung von Verkehrsstaus bei, die durch höheren Treibstoffverbrauch und Zeitverluste indirekte Kosten verursachen.