T 1330/16 08-12-2020
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Vorrichtung zur Auszahlung von Banknoten und Verfahren zur Ermittlung des Banknotenbestandes mindestens eines Banknotenbehälters dieser Vorrichtung
Ausreichende Offenbarung - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag, Hilfsanträge 1 und 2
Nicht-recherchierte Merkmale hätten recherchiert werden sollen - Hilfsantrag 3
Zurückverweisung an die erste Instanz (ja)
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerde der Patentanmelderin betrifft die Entscheidung der Prüfungsabteilung die Europäische Patentanmeldung Nr. 10 168 070 gemäß Artikel 97 (2) EPÜ zurückzuweisen.
Ihre Entscheidung begründete die Prüfungsabteilung damit, dass sowohl der Hauptantrag als auch die Hilfsanträge 1 bis 3 nicht den Erfordernissen von Artikel 83 EPÜ genügten.
II. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 vom 3. April 2020 informierte die Kammer die Beschwerdeführerin über ihre vorläufige Meinung.
III. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 8. Dezember 2020 statt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein Patent im Umfang des Hauptantrags oder der Hilfsanträge 1 bis 3 zu erteilen; alle Anträge wurden mit Schreiben vom 13. Oktober 2020 eingereicht.
Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
IV. Folgendes Dokument wird in dieser Entscheidung zitiert:
D1 DE 10 2004 061 461 A1
V. Vorrichtungsanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat den folgenden Wortlaut (Kennzeichnung der Merkmale (a) bis (i) durch die Kammer):
Vorrichtung zur Auszahlung von Banknoten, mit
(a) mindestens einem mindestens ein Speicherelement (14a bis 14d) umfassenden Banknotenbehälter (12a bis 12d), wobei in dem Speicherelement (14a bis 14d) ein banknotenindividuelles Merkmal einer jeden in dem Banknotenbehälter (12a bis 12d) aufgenommenen Banknote und die Reihenfolge der Banknoten innerhalb des Banknotenbehälters (12a bis 12d) gespeichert sind,
(b) einer Abzugseinheit (16a bis 16d) zur Entnahme mindestens einer Banknote aus dem Banknotenbehälter (12a bis 12d),
(c) einem Mehrfachabzugssensor (22) zur Detektion von
Mehrfachabzügen von Banknoten,
(d) einer Steuereinheit (26) zur Steuerung der Vorrichtung (10), und
(e) mit einem Merkmalssensor (20) zur Ermittlung des banknotenindividuellen Merkmals einer Banknote,
(f) wobei die Abzugseinheit (16a bis 16d) derart ausgebildet ist, dass sie nach der Detektion eines eine erste Banknote und mindestens eine zweite Banknote umfassenden Mehrfachabzugs eine weitere dritte Banknote aus dem Banknotenbehälter (12a bis 12d) entnimmt,
(g) der Merkmalssensor (22) derart ausgebildet ist, dass er das banknotenindividuelle Merkmal dieser dritten Banknote ermittelt, und
(h) wobei die Steuereinheit (26) derart ausgebildet ist, dass sie das ermittelte banknotenindividuelle Merkmal mit den in dem Speicherelement (14a bis 14d) gespeicherten banknotenindividuellen Merkmalen vergleicht und in Abhängigkeit des Ergebnisses dieses Vergleichs mit Hilfe der im Speicherelement (14a bis 14d) gespeicherten Reihenfolge der Banknoten den aktuellen Bestand des Banknotenbehälters (12a bis 12d) an Banknoten ermittelt,
(i) dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit (26) derart ausgebildet ist, dass sie die Anzahl an Banknoten eines Mehrfachabzugs ermittelt, indem die Steuereinheit (26) den Bestand des Banknotenbehälters (12a bis 12d), aus dem der Mehrfachabzug entnommen worden ist, an Banknoten vor dem Mehrfachabzug mit dem Bestand dieses Banknotenbehälters (12a bis 12d) nach dem Mehrfachabzug vergleicht.
Verfahrensanspruch 13 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt (Kennzeichnung der Merkmale (i) bis (vii) durch die Kammer):
Verfahren zur Ermittlung des Bestandes mindestens eines Banknotenbehälters einer Vorrichtung zur Auszahlung von Banknoten,
(i) bei dem in dem Speicherelement (14a bis 14d) des Banknotenbehälters (12a bis 12d) ein banknotenindividuelles Merkmal einer jeden in dem Banknotenbehälter (12a bis 12d) aufgenommen Banknote sowie die Reihenfolge der Banknoten innerhalb des Banknotenbehälters (12a bis 12d) gespeichert wird, und
(ii) bei dem ein eine erste Banknote und mindestens eine zweite Banknote umfassender Mehrfachabzug detektiert wird,
(iii) bei dem nach der Detektion des Mehrfachabzugs eine weitere dritte Banknote aus dem Banknotenbehälter (12a bis 12d) entnommen wird,
(iv) das banknotenindividuelle Merkmal dieser dritten Banknote ermittelt wird,
(v) das ermittelte banknotenindividuelle Merkmal mit den im Speicherelement (14a bis 14d) gespeicherten banknotenindividuellen Merkmalen verglichen wird,
(vi) und bei dem in Abhängigkeit des Ergebnisses dieses Vergleichs mit Hilfe der im Speicherelement (14a bis 14d) gespeicherten Reihenfolge der Banknoten der aktuelle Bestand des Banknotenbehälters (12a bis 12d) an Banknoten ermittelt wird,
(vii) dadurch gekennzeichnet, dass die Anzahl an Banknoten eines Mehrfachabzugs ermittelt wird, indem eine Steuereinheit (26) den Bestand des Banknotenbehälter [sic] (12a bis 12d), aus dem der Mehrfachabzug entnommen worden ist, an Banknoten vor dem Mehrfachabzug mit dem Bestand dieses Banknotenbehälters (12a bis 12d) nach dem Mehrfachabzug vergleicht.
VI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch das geänderte Merkmal (i):
(i') dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit derart ausgebildet ist, dass sie die Anzahl an Banknoten eines Mehrfachabzugs ermittelt, indem sie von dem Bestand des Banknotenbehälters (12a bis 12d), aus dem der Mehrfachabzug abgezogen wurde, vor dem Mehrfachabzug den Bestand dieses Banknotenbehälters (12a bis 12d) nach dem Mehrfachabzug subtrahiert.
Anspruch 13 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von Anspruch 13 gemäß Hauptantrag durch das geänderte Merkmal (vii):
(vii') dadurch gekennzeichnet, dass die Anzahl an Banknoten eines Mehrfachabzugs ermittelt wird, indem eine Steuereinheit (26) von dem Bestand des Banknotenbehälters (12a bis 12d), aus dem der Mehrfachabzug abgezogen wurde, vor dem Mehrfachabzug den Bestand dieses Banknotenbehälters (12a bis 12d) nach dem Mehrfachabzug subtrahiert.
VII. Abgesehen von wenigen redaktionellen Änderungen enthält Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 die Merkmale (a) bis (h) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags sowie das folgende Merkmal:
(g1) dadurch gekennzeichnet, dass ein Transportpfad zum Transport von Banknoten derart ausgebildet ist, dass über den Transportpfad die dritte Banknote nach dem Ermitteln des banknotenindividuellen Merkmals einem
Banknotenablagebehälter (24) zur Ablage nicht auszuzahlender Banknoten, dem Banknotenbehälter (12a bis 12d), aus dem die dritte Banknote entnommen worden ist, oder einem anderen Banknotenbehälter (12a bis 12d) zugeführt wird.
Abgesehen von wenigen redaktionellen Änderungen enthält Anspruch 13 gemäß Hilfsantrag 2 die Merkmale (i) bis (vi) gemäß Anspruch 13 des Hauptantrags sowie das folgende Merkmal:
(v1) dadurch gekennzeichnet, dass die dritte Banknote nach dem Ermitteln des banknotenindividuellen Merkmals einem Banknotenablagebehälter (24) zur Ablage nicht auszuzahlender Banknoten, dem Banknotenbehälter (12a bis 12d), aus dem die dritte Banknote entnommen worden ist, oder einem anderen Banknotenbehälter (12a bis 12d) zugeführt wird.
VIII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 enthält die Merkmale (a) bis (h) gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags sowie das folgende Merkmal :
(h1) dadurch gekennzeichnet dass das banknotenindividuelle Merkmal das Bild der Banknote im sichtbaren, infrarot oder UV-Bereich und/oder ein Bild fluoreszierender Elemente im Papier der Banknote ist.
Abgesehen von wenigen redaktionellen Änderungen enthält
Anspruch 13 gemäß Hilfsantrag 3 die Merkmale (i) bis (vi) gemäß Anspruch 13 des Hauptantrags sowie das folgende Merkmal:
(vi1) dadurch gekennzeichnet, dass als banknotenindividuelles Merkmal das Bild der Banknote im sichtbaren, infrarot oder UV-Bereich und/oder ein Bild fluoreszierender Elemente im Papier der Banknote verendet wird.
IX. Die Argumente der Anmelderin werden unter den jeweiligen Punkten der Entscheidungsgründe behandelt:
a) zur ausreichenden Offenbarung (Artikel 83 EPÜ): siehe Punkte 4.2 und 4.3 unten,
b) zur erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ):
siehe Punkte 5.3 bis 5.5 sowie Punkte 8.1 und 8.2 unten.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung (z. B. einen Geldautomaten) sowie ein Verfahren zum Ermitteln des Bestands in einem Banknotenbehälter nach einem Mehrfachabzug, d. h. einem ungewollten gleichzeitigen Abzug von zwei oder mehr Banknoten aufgrund z. B. zwischen den Banknoten wirkender Adhäsionskräfte. Der Banknotenbehälter umfasst ein Speicherelement, in welchem zumindest ein banknotenindividuelles Merkmal einer jeden in den Banknotenbehälter aufgenommenen Banknote und die Reihenfolge der Banknoten innerhalb des Banknotenbehälters gespeichert sind.
Ein Mehrfachabzug z. B. von zwei Banknoten wird durch einen üblichen Mehrfachabzugsensor erfasst. Der Bestand des Banknotenbehälters nach dem Mehrfachabzug wird durch die Entnahme einer weiteren, dritten Banknote ermittelt. Zuerst wird das banknotenindividuelle Merkmal dieser dritten Banknote durch einen Merkmalssensor ermittelt und dann durch eine Steuereinheit mit den im Speicherelement gespeicherten banknotenindividuellen Merkmalen verglichen. In Abhängigkeit des Ergebnisses dieses Vergleichs wird mit mit Hilfe der im Speicherelement gespeicherten Reihenfolge der Banknoten der aktuelle Bestand des Banknotenbehälters an Banknoten bestimmt.
3. Die mit Schreiben vom 13. Oktober 2020 eingereichten Anspruchsätze entsprechen im Wesentlichen denjenigen, denen die angefochtene Entscheidung zu Grunde liegt. Lediglich der von der Kammer im Bescheid vom 3. April 2020 erhobene Einwand unter Artikel 84 EPÜ wurde durch geringfügige Änderungen behoben.
Daher lässt die Kammer den Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 3 zum Verfahren zu (Artikel 13(2) VOBK 2020).
Hauptantrag
4. Offenbarung der Erfindung - Artikel 83 EPÜ
4.1 In der angefochtenen Entscheidung kam die Prüfungsabteilung zum Schluss, dass die Erfindung der Ansprüche 1 und 13 nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne, und dass daher die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ nicht erfüllt seien.
Die Prüfungsabteilung argumentierte, dass die Anmeldung nicht offenbare, wie bei der Entnahme einer dritten Banknote aus dem Banknotenbehälter verhindert werde, dass es wieder zu einem Mehrfachabzug, also einer Entnahme von mehreren Banknoten, komme, siehe Entscheidung, Punkt 1.1, erster Absatz. Daraus folgerte die Prüfungsabteilung, dass die Anzahl der Banknoten eines Mehrfachabzugs gemäß Anspruch 1, Merkmal (i) bzw. Anspruch 13, Merkmal (vii) nicht ermittelt werden könne, siehe Punkt 1.1, zweiter Absatz. Die Prüfungsabteilung führte unter Punkt 1.2 der angefochtenen Entscheidung konkreter aus, warum bei einem Mehrfachabzug der dritten Banknote der aktuelle Bestand gemäß Anspruch 1, Merkmal (h) bzw. Anspruch 13, Merkmal (vi) nicht ermittelt werden könne. Somit sei der Vergleich gemäß Anspruch 1, Merkmal (i) bzw. Anspruch 13, Merkmal (vii) nicht möglich.
In anderen Worten, die Prüfungsabteilung vertrat die Ansicht, dass die Erfindung gemäß der unabhängigen Ansprüche nur ausführbar sei, wenn die "dritte" Banknote eine einzelne Banknote sei. Es sei jedoch nicht in der Anmeldung offenbart "wie das zu versichern ist".
Die Prüfungsabteilung ergänzte, dass Ähnliches gelte, wenn sich der Begriff "Bestand" nicht auf die Anzahl der Banknoten, sondern auf den Gesamtwert einer Reihe von Banknoten beziehe, siehe Punkt 1.3 der Entscheidung.
4.2 Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass gemäß den Ansprüchen 1 und 13 der Abzug einer einzigen dritten Banknote durchgeführt werde und dieses Verfahren unstrittig ausführbar offenbart sei. Laut Beschwerdeführerin sei bei der Beurteilung der Ausführbarkeit grundsätzlich davon auszugehen, dass die beschriebenen Gegenstände planmäßig funktionieren und keine (weiteren) Fehler auftreten. Andernfalls wäre grundsätzlich kein Gegenstand ausführbar. Der von der Prüfungsabteilung angeführte Einwand unter Artikel 83 EPÜ beziehe sich demnach auf den "äußerst unwahrscheinlichen Fall" eines zweiten Mehrfachabzugs, wobei ein Mehrfachabzug ein "ungewollter, selten auftretender Fehlerzustand" sei.
Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass selbst bei einem doppelten Mehrfachabzug das Verfahren ausführbar sei, da das Verfahren dann so lange wiederholt werde, bis kein Mehrfachabzug mehr auftrete und ein einzelner Wertschein abgezogen werde.
Zu Punkt 1.2 der angefochtenen Entscheidung bringt die Beschwerdeführerin vor (siehe Beschwerdebegründung, Punkt 2.1.3), dass weder die Ansprüche noch die gesamte Anmeldung forderten, dass das banknotenindividuelle Merkmal an der in Abzugsrichtung der Banknoten gerichteten Seite der Banknoten erfasst werde. Laut Beschwerdeführerin würde der Fachmann aufgrund seines Fachwissens dieses "von der Prüfungsabteilung konstruierte Problem der Ausführbarkeit" dadurch lösen, dass die banknotenindividuellen Merkmale auf der anderen Seite bzw. auf beiden Seiten der dritten (oder ggf. der vierten Banknote) erfasst würden.
4.3 Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin zu, dass sich der Begriff "Bestand" auf die numerische Anzahl der Banknoten bezieht. Somit bezieht sich z. B. der Begriff "den aktuellen Bestand des Banknotenbehälters" gemäß Merkmal (h) auf die Anzahl der Banknoten im Banknotenbehälter unmittelbar nach Entnahme der "dritten" Banknote. Daraus folgt auch, dass der Bestand des Banknotenbehälters an Banknoten vor dem Mehrfachabzug die Anzahl der Banknoten in dem Banknotenbehälter unmittelbar vor dem Mehrfachabzug ist und dass der Bestand des Banknotenbehälters an Banknoten nach dem Mehrfachabzug die Anzahl der Banknoten in dem Banknotenbehälter unmittelbar nach dem Mehrfachabzug ist.
Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin zu, dass die Anmeldung die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann eine Vorrichtung gemäß Anspruch 1 sowie ein Verfahren gemäß Anspruch 13 ausführen kann. Die Kammer teilt die Meinung, dass, gemäß den unabhängigen Ansprüchen, unmittelbar nach einem detektierten Mehrfachabzug die Entnahme einer einzigen weiteren (oder dritten) Banknote vorgenommen wird. Die Steuereinheit ermittelt dann mit Hilfe der dritten Banknote den Bestand an Banknoten des Banknotenbehälters unmittelbar nach dem Mehrfachabzug. Hierzu vergleicht die Steuereinheit das ermittelte banknotenindividuelle Merkmal mit den in dem Speicherelement gespeicherten banknotenindividuellen Merkmalen und bestimmt daher die Position der dritten Banknote in der gespeicherten Aufnahmereihenfolge der Banknoten. Der "aktuelle" Bestand (gemäß Merkmal (h)) ergibt sich dann aus der Anzahl aller Banknoten, welche in der gespeicherten Reihenfolge auf die dritte Banknote folgen. Der Bestand an Banknoten unmittelbar nach dem Mehrfachabzug, also vor Abzug der dritten Banknote, ist dann der "aktuelle" Bestand plus eins.
Dem Fachmann ist geläufig, wie eine Vorrichtung zur Auszahlung von Banknoten so einzurichten ist, dass eine einzelne Banknote aus einem Banknotenbehälter entnommen wird. Dies entspricht dem normalen Betrieb einer solchen Vorrichtung z. B. eines Geldautomaten, eines automatischen Kassensystems oder einer automatischen Tresorkasse. Das theoretische, unerwünschte Auftreten eines zweiten Mehrfachabzugs steht dem nicht entgegen.
Die Kammer folgt auch der Beschwerdeführerin, dass selbst im Fall eines doppelten Mehrfachabzugs der Fachmann weiß, wie das Verfahren so durchzuführen ist, dass der "aktuelle Bestand des Banknotenbehälters" (Merkmale (h) und (vi)) unmittelbar nach diesem doppelten Mehrfachabzug ermittelt wird.
Die Ausführungen der Prüfungsabteilung bezüglich Artikel 83 EPÜ haben die Kammer daher nicht überzeugt.
5. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
Die Kammer ist der Meinung, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 13 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
5.1 Die Prüfungsabteilung hatte bereits in der Ladung zur mündlichen Verhandlung (Punkt 5.) sowie in einer Kurzmitteilung vom 23. Oktober 2015 (Punkt 5.) Stellung zu Dokument D1 genommen. Laut Prüfungsabteilung offenbart D1 eine Vorrichtung mit den Merkmalen (a) bis (h) gemäß Anspruch 1.
5.2 Aus Sicht der Kammer offenbart das Dokument D1
eine Vorrichtung zur Auszahlung von Banknoten (10, Zeichnung 1, [0001], [0014], "eines Geldautomaten") , mit mindestens einem mindestens ein Speicherelement ([0011], [0027], "Speicherchip", "Speichereinheit", "Speichermedium") umfassenden Banknotenbehälter (16 bis 22, [0011], [0015], [0027], "Aufbewahrungseinheit", "Kassette"), wobei in dem Speicherelement ein banknotenindividuelles Merkmal einer jeden in dem Banknotenbehälter aufgenommenen Banknote und die Reihenfolge der Banknoten innerhalb des Banknotenbehälters gespeichert sind ([0006], [0007], [0010], [0011], [0017], [0027]),
einer Abzugseinheit ([0032], 26, "Fördereinrichtungen", "Förderweg") zur Entnahme mindestens einer Banknote aus dem Banknotenbehälter ([0015], [0016]),
einem Mehrfachabzugssensor zur Detektion von
Mehrfachabzügen von Banknoten ([0019], [0030], [0031], "weitere Sensorik", "Geräte zur Dickenmessung"),
einer Steuereinheit (24, "Datenverarbeitungseinrichtung") zur Steuerung der Vorrichtung (10), und
mit einem Merkmalssensor (14, [0014], "Banknotenlesegerät" "Banknotensensor") zur Ermittlung des banknotenindividuellen Merkmals einer Banknote ([0017]),
wobei die Abzugseinheit derart ausgebildet ist, dass sie nach der Detektion eines eine erste Banknote und mindestens eine zweite Banknote umfassenden Mehrfachabzugs eine weitere dritte Banknote aus dem Banknotenbehälter entnimmt ([0019], [0030], "Analyse der nachfolgend abgezogenen Noten"),
der Merkmalssensor derart ausgebildet ist, dass er das banknotenindividuelle Merkmal dieser dritten Banknote ermittelt ([0019], [0030], "Analyse der nachfolgend abgezogenen Noten"), und
wobei die Steuereinheit (24, implizit) derart ausgebildet ist, dass sie das ermittelte banknotenindividuelle Merkmal mit den in dem Speicherelement gespeicherten banknotenindividuellen Merkmalen vergleicht ([0030], [0031], "Soll/Ist Vergleich")und in Abhängigkeit des Ergebnisses dieses Vergleichs mit Hilfe der im Speicherelement gespeicherten Reihenfolge der Banknoten den aktuellen Bestand des Banknotenbehälters an Banknoten ermittelt ([0030]).
Absatz [0030] bezieht sich u. a. auf die Problematik der Bestandsführung bei Mehrfachabzügen, also das Problem, dass bei einem Mehrfachabzug einer unbekannten Anzahl an Banknoten der Bestand in einem Banknotenbehälter nicht mehr bekannt ist. Die im letzten Satz genannte "Analyse der nachfolgend abgezogenen Noten" bezieht sich daher auf ein Prüfen einer nachfolgenden (oder dritten) Banknote durch das Lesegerät 14, wobei - wie in den Absätzen [0016] und [0017] - die dritte Banknote mittels der Seriennummer identifiziert wird und dann durch Vergleich mit der abgespeicherten Aufnahmereihenfolge der Bestand des Banknotenbehälters ermittelt wird.
Daher offenbart Dokument D1 die Merkmale (a) bis (h) des Anspruchs 1 und dementsprechend auch die Merkmale (i) bis (vi) des Anspruchs 13.
Dies wird auch in der Beschwerdebegründung seitens der Beschwerdeführerin anerkannt, siehe Seite 5/13, Punkt 2.2.1, erster und zweiter Absatz sowie Seite 9/13, Punkt 2.2.3.
Somit unterscheiden sich die Gegenstände der unabhängigen Merkmale von D1 durch das Merkmal (i) des Anspruchs 1 bzw. das Merkmal (vii) des Anspruch 13.
5.3 In der Beschwerdebegründung unter Punkt 2.2.1 begründete die Beschwerdeführerin das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands von Anspruch 1 durch das Merkmal (i). Der technische Vorteil sei, dass der Bestand derjenigen Kassette, in der die Mehrfachabzüge gesammelt werden, ermittelt werden könne. Das zu lösende technische Problem sei demnach das Erreichen dieses Effekts.
Die Kammer kann dieser Formulierung der objektiven technischen Aufgabe nicht zustimmen. Wie auch bereits von der Prüfungsabteilung in der Kurzmitteilung vom 23. Oktober 2015 unter Punkt 5. angedeutet, enthält die beanspruchte Vorrichtung keinerlei Behälter zur Aufnahme von Mehrfachabzügen. Es werden im Übrigen auch keinerlei Verfahrensschritte zum Aufsummieren der Anzahl an Banknoten aller Mehrfachabzüge beansprucht. Zumindest diese beiden Merkmale wären jedoch notwendig, um den von der Beschwerdeführerin beschriebenen Effekt zu erreichen.
5.4 In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer gab die Beschwerdeführerin als objektive Aufgabe die Ermittlung des Bestands im Banknotenbehälter nach einem Mehrfachabzug an.
Nach Merkmal (i) geht der Bestand an Banknoten nach einem Mehrfachabzug jedoch in die Ermittelung der Anzahl an Banknoten des Mehrfachabzugs ein. Merkmal (i) kann die von der Beschwerdeführerin angegebene Aufgabe also nicht lösen, sondern setzt deren Lösung voraus. Stattdessen wird diese Aufgabe durch das Merkmal (h) gelöst, welches jedoch in D1 offenbart ist (siehe 5.2 oben).
5.5 Die Ermittlung der Anzahl an Banknoten in einem Mehrfachabzug gemäß Merkmal (i) des Anspruchs 1 oder Merkmal (vii) des Anspruchs 13 steht somit aus Sicht der Kammer in keinem Zusammenhang mit der Lösung eines technischen Problems.
Die Anerkennung einer erfinderischen Tätigkeit kann nicht mit diesen Merkmalen begründet werden.
Hilfsantrag 1
6. Die Kammer ist der Meinung, dass die gegen den Hauptantrag erhobenen Einwände auch für den Hilfsantrag 1 bestehen. Die Beschwerdeführerin hat bezüglich Hilfsantrag 1 keine spezifischen Argumente vorgebracht.
Hilfsantrag 2
7. Offenbarung der Erfindung - Artikel 83 EPÜ
Wie für den Hauptantrag führte die Prüfungsabteilung in der angefochtenen Entscheidung aus, dass die beanspruchte Erfindung gemäß Hilfsantrag 2 nicht ausführbar sei, da es bei der Entnahme der dritten Banknote zu einem weiteren Mehrfachabzug kommen könne, siehe die angefochtene Entscheidung, Punkt 3.
Diese Argumentation hat jedoch die Kammer nicht überzeugt, siehe Punkt 4.3 oben.
8. Erfinderische Tätigkeit - Artikel 56 EPÜ
Die Kammer ist der Meinung, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 13 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
8.1 Laut Beschwerdeführerin unterscheide sich Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 von Dl dadurch, dass die Bestimmung des Bestands "direkt nach dem Mehrfachabzug" erfolge. Eine dritte Banknote werde dem Banknotenbehälter "nur zu diesem Zweck unmittelbar nach dem Mehrfachabzug" entnommen und diese dritte Banknote werde anschließend wieder in der Vorrichtung abgelegt. So könne der Bestand der Vorrichtung "unmittelbar und jederzeit" ermittelt werden. Diese weitere Banknote werde gemäß Merkmal (gl) nicht ausgezahlt.
In Dl dagegen werde zwar eine jede Banknote geprüft (siehe [0017], [0018]), insbesondere um bei der Auszahlung Falschauszahlungen zu vermeiden (siehe [0019]). Allerdings fände diese Prüfung nur bei der Ablage oder der Auszahlung von Banknoten statt (siehe [0018]). Die Bestimmung des Bestandes nach einem Mehrfachabzug werde daher "erst im Rahmen der nächsten Auszahlung" durchgeführt. Der Abzug einer weiteren Banknote nur zum Zweck der Bestimmung des Geldbestandes nach einem unmittelbar vorausgegangenen Mehrfachabzug und die anschließende Ablage der weiteren Banknote sei in D1 jedoch nicht offenbart.
8.2 Die Kammer kann der Argumentation der Beschwerde-führerin nicht zustimmen.
Ein direkter Abzug der dritten Banknote unmittelbar nach einem Mehrfachabzug ist aus Sicht der Kammer auch in D1 offenbart. Ein ungewollter Mehrfachabzug passiert stets, bevor ein laufender Auszahlungsvorgang abgeschlossen ist. Daher muss eine nachfolgende oder dritte Banknote gemäß D1, Absatz [0030], zwangsläufig unmittelbar nach dem Mehrfachabzug abgezogen und dem Lesegerät 14 zugeführt werden. Dies kann nicht erst - wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen - bei einem späteren Auszahlungsvorgang geschehen, da sonst der laufende Auszahlungsvorgang nicht beendet würde (siehe dazu auch die Bemerkung der Prüfungsabteilung unter Punkt 12, zweiter Absatz der Kurzmitteilung vom 23. Oktober 2015). Daher sind eine unmittelbare Entnahme einer dritten Banknote "zum Zweck" der Bestandsbestimmung nach einem Mehrfachabzug und somit eine unmittelbare Bestandsbestimmung auch in D1 offenbart und daher keine Unterscheidungsmerkmale.
Nach Lesart der Beschwerdeführerin werde die dritte Banknote nach Ermitteln ihres banknotenindividuellen Merkmals der Vorrichtung, z. Bsp. ihrem ursprünglichen Banknotenbehälter, wieder zugeführt. Daraus leitet die Beschwerdeführerin ab, dass die dritte Banknote - im Gegensatz zu D1 - nur zum Zweck der Bestandsermittlung entnommen werde.
Gemäß dem Wortlaut von Merkmal (g1) wird die dritte Banknote irgendwann nach dem Ermitteln des banknotenindividuellen Merkmals" über den beanspruchten Transportpfad einem "Banknotenablagebehälter", dem ursprünglichen oder einem anderen Banknotenbehälter zugeführt. Anspruch 1 schließt jedoch weitere Zwischenschritte nach dem Ermitteln des banknotenindividuellen Merkmals und vor dem Weitertransport durch den Transportpfad nicht aus. Der Wortlaut des Anspruchs 1 definiert daher nicht, dass die dritte Banknote direkt und unmittelbar nach dem Ermitteln des banknotenindividuellen Merkmals weitertransportiert wird. Es kann also nicht aus Anspruch 1 abgeleitet werden, dass die dritte Banknote ausschließlich zum Zweck der Bestandsbestimmung entnommen wird. Anders ausgedrückt umfasst der Anspruch auch Vorrichtungen, bei denen die Entnahme der dritten Banknote zum Zweck der Bestandermittlung und zu anderen Zwecken erfolgt, bevor die dritte Banknote über den Transportpfad gemäß Merkmal (g1) einem der in diesem Merkmal definierten Behälter zugeführt wird. Somit kann eine Entnahme der dritten Banknote nur zum Zweck der Bestandsbestimmung kein Unterscheidungsmerkmal sein.
Im Übrigen schließt der Wortlaut von Anspruch 1 nicht aus, dass die "dritte" Banknote, nachdem sie in einen Behälter gemäß Merkmal (g1) abgelegt wurde, während des späteren Verlaufs des laufenden Auszahlungsvorgangs als auszuzahlende Banknote abgezogen wird und die Vorrichtung z. B. in Richtung Brieftasche eines Bankkunden verlässt.
8.3 Aus Sicht der Kammer offenbart das Dokument D1 Transportpfade (26, Zeichnung) zum Transport von Banknoten zwischen den Banknotenbehältern 16 bis 22, dem Lesegerät 14, der Zwischenablageeinheit 30 (Absätze [0007], [0024]) und einem Zwischenspeicher (Absatz [0019]).
In der Vorrichtung aus D1 wird eine Mischspeicherung der Banknoten benutzt, d. h. ein Banknotenbehälter enthält Banknoten mit einer Vielzahl an Nennwerten. Falls ein bestimmter Auszahlungsbeitrag nur durch Abziehen einer weiteren Banknote bereitgestellt werden kann und die zuvor abgezogene Banknote nicht benötigt wird, so wird diese Banknote zu der Zwischenablageeinheit 30 transportiert, siehe D1, Absätze [0007] und [0024]. Diese Banknote wird nach Abzug aus dem Behälter im laufenden Auszahlungsvorgang nicht ausgezahlt und wird daher z. B. wieder in den ursprünglichen Behälter zurück befördert, siehe D1, Absätze [0007] und [0024]. Daher beschreibt D1 einen Transportpfad für nicht auszuzahlende Banknoten, welcher vom einem Banknotenbehälter (16, 18, 20, 22), über das Lesegerät (14) und die Zwischenablageeinheit (30) wieder zurück in den Banknotenbehälter (16, 18, 20, 22) führt.
Im Wortlaut des Merkmals (g1) offenbart D1 demnach, dass ein Transportpfad zum Transport von Banknoten derart ausgebildet ist, dass über den Transportpfad eine [deleted: die][deleted: ][deleted: dritte] Banknote nach dem Ermitteln des banknotenindividuellen Merkmals [deleted: einem] [deleted: Banknotenablagebehälter] einer Zwischenablageeinheit (30) zur Ablage nicht auszuzahlender Banknoten ([0030]), und dann dem Banknotenbehälter (16 bis 22), aus dem die [deleted: dritte] Banknote entnommen worden ist, [deleted: oder einem anderen Banknotenbehälter] zugeführt wird.
Die Kammer stimmt der Beschwerdeführerin zu, dass D1 nicht beschreibt, dass die "nachfolgend" abgezogene (dritte) Note ([0030]) eine Banknote sein muss, welche gemäß den Absätzen [0007] und [0024] in die Zwischenablageeinheit (30) gelangt und später dem Banknotenbehälter, aus dem sie abgezogen wurde, wieder zugeführt wird. Absatz [0030] spezifiziert nicht, was genau nach der "Analyse der nachfolgend abgezogenen Noten" mit diesen (dritten) Noten passiert.
Mit anderen Worten unterscheidet sich Anspruch 1 von D1 dadurch, dass die dritte Banknote nach dem Ermitteln des banknotenspezifischen Merkmals in jedem Fall einem Behälter der Vorrichtung, z. Bsp. dem ursprünglichen Banknotenbehälter, wieder zugeführt wird.
8.4 Die objektive technische Aufgabe liegt aus Sicht der Kammer darin, die Vorrichtung aus D1 so zu gestalten, dass die dritte Banknote (d. h. die "nachfolgend" abgezogene Note gemäß [0030]) nach dem Auslesen ihres banknotenindividuellen Merkmals einem geeigneten Platz zugeführt wird.
8.5 Der Fachmann weiß, dass die dritte Banknote in D1
- nach Ermitteln des banknotenindividuellen Merkmals - irgendwo gelagert werden muss. Da Abschnitt [0030] dies nicht weiter spezifiziert muss der Fachmann diese Lücke schließen, wofür der Fachmann grundsätzlich mehrere Möglichkeiten hätte. Für die Kammer würde der Fachmann sich zuerst die in der Vorrichtung bereits bestehenden Transportpfade zu Nutze machen. Es ist daher offensichtlich, die Vorrichtung so zu gestalten, dass die "nachfolgend abgezogenen Noten", welche gemäß Absatz [0030] zur Ermittlung des Bestands nach einem Mehrfachabzug benutzt werden, in die Zwischenablageeinheit und später in den ursprünglichen Banknotenbehälter transportiert werden, und zwar mittels des unter Punkt 8.3 beschriebenen in der Vorrichtung bereits vorhandenen Transportpfads. Demnach wäre es für den Fachmann offensichtlich, diesen Transportpfad so auszubilden, dass er die "nachfolgend abgezogenen" d. h. die "dritten" Banknoten in den ursprünglichen Banknotenbehälter transportiert.
Damit würde der Fachmann ohne erfinderisches Zutun zu einer Vorrichtung mit einem Transportpfad zum Transport von Banknoten gelangen, wobei dieser Transportpfad derart ausgebildet ist, dass über diesen Transportpfad die dritte Banknote nach dem Ermitteln des banknotenindividuellen Merkmals dem Banknotenbehälter, aus dem die dritte Banknote entnommen worden ist, zugeführt wird.
Der Gegenstand von Anspruch 1 beruht demnach nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
8.6 Aus den oben genannten Gründen würde der Fachmann auch zu einem Verfahren gemäß Anspruch 13 gelangen. Der Gegenstand von Anspruch 13 beruht daher auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (EPÜ).
Hilfsantrag 3
9. Nicht-recherchierte Merkmale
In ihrer Kurzmitteilung vom 23. Oktober 2015 teilte die Prüfungsabteilung der Beschwerdeführerin mit, dass die aus der Beschreibung entnommenen Merkmale (h1) und (vi1) "keinen Teil der ursprünglichen Ansprüche" ausmachten und "nicht recherchiert" wurden, siehe Punkt 15.
Die Kammer weist darauf hin, dass gemäß Artikel 92 EPÜ der Recherchebericht "auf der Grundlage der Patentansprüche unter angemessener Berücksichtigung der Beschreibung und der vorhandenen Zeichnungen" erstellt wird. Hierbei sollte die Recherche, soweit es möglich und sinnvoll ist, grundsätzlich den gesamten Gegenstand erfassen, auf den die Ansprüche gerichtet sind oder auf den sie einer vernünftigen Annahme zufolge nach einer
Anspruchsänderung gerichtet werden könnten, siehe auch die Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt, April 2010 oder November 2019, B-III, 3.5.
Im vorliegenden Fall stellen die Merkmale (h1) und (vi1) eine weitere Spezifizierung der bereits im ursprünglich eingereichten Anspruch 1 vorhandenen "banknotenindividuellen Merkmale" dar. Die Kammer ist daher der Meinung, dass sie hätten recherchiert werden sollen und dass es wahrscheinlich relevanten Stand der Technik gibt.
Damit sind die unabhängigen Ansprüche des Hilfsantrags 3 auf Gegenstände gerichtet, die laut Prüfungsabteilung nicht recherchiert wurden, jedoch nach Meinung der Kammer hätten recherchiert werden sollen. Über die Neuheit und erfinderische Tätigkeit dieser Ansprüche wurde von der Prüfungsabteilung bisher nicht entschieden. Aufgrund der Tatsache, dass laut Punkt 15 der Kurzmitteilung vom 23. Oktober 2015, die Merkmale (h1) des Anspruchs 1 und (vi1) des Anspruchs 13 nicht recherchiert wurden und der Kammer somit der relevante Stand der Technik nicht vorliegt, sieht sich die Kammer nicht in der Lage, die Patentierbarkeit zu beurteilen.
Mit Zustimmung der Beschwerdeführerin - siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung - verweist die Kammer die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die Prüfungsabteilung zurück (Artikel 111 (1) EPÜ).
Gegebenenfalls ist eine zusätzliche Recherche über das Merkmale (h1) bzw. (vi1) durchzuführen.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Vorinstanz zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens zurückverwiesen.