T 1001/19 (ABSCHEIDUNG EINES FLÜCHTIGEN BESTANDTEILS/Scheuch) 18-02-2021
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VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUR ABSCHEIDUNG EINES FLÜCHTIGEN BESTANDTEILS
Scheuch GmbH
W&P Zement GmbH
A TEC Holding GmbH
Zulässigkeit der Beschwerde - Beschwerde hinreichend begründet (ja)
Neuheit - (ja)
Erfinderische Tätigkeit - (nein)
Sachverhalt und Anträge
I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, dass das europäische Patent Nr. EP 2 892 861 B1 in der Form des dann anhängigen 3. Hilfsantrags vom 8. November 2018 den Erfordernissen des EPÜ genüge.
II. Das Streitpatent bezieht sich auf ein Verfahren zur Abscheidung eines flüchtigen Bestandteils.
III. Anspruch 1 der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung entspricht dem erteilten Anspruch 1 und lautet wie folgt:
"Verfahren zur Abscheidung zumindest eines flüchtigen Bestandteils, beispielsweise Quecksilber, Thallium, organische Verbindungen, Schwefel- oder Stickstoffverbindungen, aus den Abgasen (1) bei der Zementklinkerherstellung, wobei die Rohmaterialien (10) für die Zementklinkerherstellung unter Wärmeaustausch mit den Abgasen (1) durch einen Vorwärmer (2) geleitet und anschließend in einem Drehrohrofen (3) gebrannt werden, wobei durch die Aufwärmung der Rohmaterialien (10) in dem Vorwärmer (2) der in den Rohmaterialien (10) gebundene flüchtige Bestandteil verdampft wird, welcher aus den Abgasen (1) abgeschieden wird, dadurch gekennzeichnet, dass ein erster Rohmaterialstrom (18) mit einer höheren Konzentration des flüchtigen Bestandteils in einen ersten Strang (14) des Vorwärmers (2) und ein zweiter Rohmaterialstrom (20) mit einer niedrigeren Konzentration des flüchtigen Bestandteils in einen zweiten Strang (16) des Vorwärmers (2) aufgegeben werden, wobei der erste Strang (14) des Vorwärmers (2) mit einem ersten Teilstrom (13) der Abgase (1) des Drehrohrofens (3) und der zweite Strang (16) des Vorwärmers (2) mit einem zweiten Teilstrom (15) der Abgase (1) des Drehrohrofens (3) betrieben werden, wobei der flüchtige Bestandteil aus dem durch den ersten Strang (14) des Vorwärmers (2) geleiteten ersten Teilstrom (13) der Abgase (1) abgeschieden wird, wobei der durch Wärmeaustausch mit dem ersten Teilstrom (13) der Abgase (1) im ersten Strang (14) des Vorwärmers (2) auf eine Temperatur von zumindest 250°C erwärmte erste Rohmaterialstrom (18) mit im Wesentlichen gleichbleibender Temperatur von zumindest 250°C über eine Verbindungsleitung (26) zwischen dem ersten (14) und zweiten Strang (16) des Vorwärmers (2) mit dem zweiten Rohmaterialstrom (20) des zweiten Strangs (16) des Vorwärmers (2) zusammengeführt wird."
IV. In der Entscheidung der Einspruchsabteilung wurde auf folgende Dokumente Bezug genommen:
D1|US 2009/0193968 A1 (JEPSEN OVE LARS [US] ET AL) 6. August 2009 |
D2|WO 2011/018409 A1 (POLYSIUS AG [DE]; SCHULZ DIETMAR [DE] ET AL.) 17. Februar 2011|
V. Die Einspruchsabteilung stellte u.a. fest, dass D1 das Merkmal "bei im Wesentlichen gleichbleibender Temperatur von zumindest 250°C zusammengeführt wird" nicht offenbare. Dieses Merkmal löse in nicht naheliegender Weise die technische Aufgabe, die Energieeffizienz der Zementklinkerherstellung zu erhöhen.
VI. Gegen diese Entscheidung legte die Einsprechende (Beschwerdeführerin) Beschwerde ein. Sie erhob gegenüber der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung Einwände wegen mangelnder Neuheit im Hinblick auf D1 und mangelnder erfinderischer Tätigkeit u.a. ebenfalls ausgehend von D1.
VII. Die Patentinhaberinnen (Beschwerdegegnerinnen) beanstandeten, dass die Beschwerde unzulässig sei. Ferner wiesen sie die Einwände mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurück.
VIII. Die Beschwerdegegnerinnen haben im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Beschwerde sei als unzulässig zu verwerfen, da sie sich nicht mit den tragenden Gründen der Entscheidung auseinandersetze, sondern lediglich Argumentationen aus dem Einspruchsverfahren wiederhole. Dabei verwiesen sie auf T 198/15.
Das beanspruchte Verfahren sei neu und werde durch D1 nicht nahegelegt. Die technische Aufgabe sei in der Erhöhung der Energieeffizienz der Zementklinkerherstellung zu sehen. Erfindungsgemäß gelöst werde sie durch das Zusammenführen des ersten Rohmaterialstroms (18) in einem ersten Vorwärmer-Strang (14) mit dem zweiten Rohmaterialstrom (20) in einem zweiten Strang des Vorwärmers (2) mit im Wesentlichen konstanter Temperatur von zumindest 250°C.
Die Fachperson habe eine Vielzahl an Möglichkeiten, die Energieeffizienz zu verbessern. D1 führe von der Erfindung weg, da Zwischensilos oder alternative Verwendungen für das gereinigte Rohmaterial gelehrt werden.
Die Erfindung liege in der energetischen Verknüpfung zweier Teilprozesse der Zementklinkerherstellung, nämlich Abscheidung und Vorwärmung, welche in D1 voneinander getrennt seien. Das beanspruchte Verfahren schaffe eine neue Verbindung im Gesamtprozess.
In D1 sei der Bereich zum Entfernen von Schadstoffen (100) eine eigenständige, räumlich entfernte Anlage. Die Fachperson hätte keine Veranlassung, die Energieeffizienz der Abscheidung im Zusammenspiel mit der Zementklinkerherstellung zu verbessern.
Die erfindungsgemäße Lösung beinhalte hingegen eine Aufteilung des Vorwärmers in zwei Stränge, die somit unmittelbar benachbart seien.
IX. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents.
Die Beschwerdegegnerinnen (Patentinhaberinnen) beantragten, die Beschwerde als unzulässig oder als unbegründet zurückzuweisen und das Patent in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung aufrechtzuerhalten.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerde
1.1 Gemäß ständiger Rechtsprechung muss die Kammer aus der Beschwerdebegründung ohne eigene Ermittlungen unmittelbar ersehen können, warum die Entscheidung falsch sein soll und auf welche Tatsachen der Beschwerdeführer seine Argumente stützt (Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 9. Auflage 2019,
V.A.2.6.3a). Hierauf wird auch in T 198/15 Bezug genommen (Gründe, 2.2).
1.2 Die Beschwerdeführerin gibt in ihrer Beschwerdebegründung an, warum sie den Gegenstand von Anspruch 1 als nicht neu gegenüber D1 bzw. nicht erfinderisch ausgehend von D1 oder D2 ansieht. Hieraus ist im vorliegenden Fall unmittelbar ersichtlich, warum die Beschwerdeführerin die angefochtene Entscheidung als falsch ansieht. Dem steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass Ausführungen aus der Einspruchsschrift wiederholt werden. Diese dienen hier der Vollständigkeit des Sachvortrags der Beschwerdeführerin, zumal die von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Verfahrensansprüche dieselben sind wie in der erteilten Fassung.
1.3 Anders als in T 198/15 hat die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall ihre Argumente aus der Einspruchsschrift auch nicht lediglich wiederholt, sondern im Hinblick auf den in der angefochtenen Entscheidung angegebenen Unterschied gegenüber D1 ergänzt (siehe die Ausführungen zu 1.10 und 1.11 auf den Seiten 8-9 der Beschwerdebegründung). Diese Ergänzungen sind zielgerichtet, da sie direkt einen von der Beschwerdeführerin als falsch erachteten Teil der Begründung der Einspruchsabteilung betreffen.
1.4 Zudem wird in der Beschwerdebegründung bei der Argumentation zur erfinderischen Tätigkeit ausgehend von D1 explizit auf die in der angefochtenen Entscheidung formulierte technische Aufgabe eingegangen ("Die Einspruchsabteilung ist fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Aufgabe ausgehend von D1..."). Dieser Hinweis ist nicht lediglich hilfsweise und kursorisch, da ein erfolgreicher Einwand wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zum Aufheben der angefochtenen Entscheidung führt.
1.5 Das oben genannte Kriterium (Punkt 1.1) beinhaltet auch nicht, dass es in jedem Fall zwingend notwendig wäre, die Argumentationslinien in der Beschwerdebegründung den entsprechenden Begründungen in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich gegenüberzustellen.
1.6 Daher erfüllt die Beschwerdebegründung die Erfordernisse von Artikel 108 EPÜ, 3. Satz in Verbindung mit Regel 99(2) EPÜ. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Neuheit
2.1 Für den Vergleich des beanspruchten Verfahrens mit der Lehre des Dokuments D1 wird der Reaktionsbereich (26) des Bereichs zum Entfernen von Schadstoffen (100) als erster Strang des Vorwärmers im Sinn des Streitpatents angesehen. Der Bereich zum Entfernen von Schadstoffen (100) wird in Figur 2 im Detail dargestellt.
Aus D1 ist es bereits bekannt, das dort erhaltene gereinigte teilchenförmige Material (38) in Leitung (44) der Ofenzuführung beizufügen, alternativ zum, d.h. ohne, Einbringen in ein Silo (14) (Absatz [0019] unten). Übertragen auf das beanspruchte Verfahren entspricht dies dem Zusammenführen eines ersten Rohmaterialstroms mit dem zweiten Rohmaterialstrom des zweiten Strangs des Vorwärmers.
2.2 Die Kammer stimmt mit der angefochtenen Entscheidung überein, dass es sich D1 nicht direkt und unmittelbar entnehmen lässt, dass das Zusammenführen des erwärmten ersten Rohmaterialstroms mit im Wesentlichen gleichbleibender Temperatur von zumindest 250°C erfolgt.
2.3 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die Angabe "mit im Wesentlichen gleichbleibender Temperatur von zumindest 250°C" als definiertes Verfahrensmerkmal zu verstehen, das über das Erfordernis "ohne Zwischenlagerung" in Absatz [0047] des Streitpatents hinausgeht. Zwar ist es notwendig, auf eine Zwischenlagerung in einem Silo zu verzichten, wie im genannten Absatz in Bezug auf die Ausführungsform in Figur 2 des Streitpatents präzisiert. Dies stellt aber keine hinreichende Bedingung für das beanspruchte Verfahren dar. So ist darüber hinaus beispielsweise jegliches aktive Abkühlen (z.B. durch Integration in ein Wärmeübertragungssystem) ausgeschlossen.
2.4 D1 macht weder Angaben zur Temperatur des gereinigten Materials beim Zuführen in Leitung (44), noch wird eine Verbindungsleitung zwischen (38) und (44) konkret dargestellt. Auch wenn das gewonnene gereinigte Material (38) zunächst eine Temperatur im beanspruchten Bereich aufweist, bleibt diese je nach Gestaltung des Zuführens nicht zwingend im Wesentlichen gleich.
2.5 Der Gegenstand von Anspruch 1 ist somit neu (Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ).
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1 Das Streitpatent bezieht sich auf ein Verfahren zur Abscheidung mindestens eines flüchtigen Bestandteils, beispielsweise Quecksilber, aus den Abgasen bei der Zementklinkerherstellung (Absatz [0001]). Es hat insbesondere zum Ziel, ein Verfahren bereitzustellen, bei dem möglichst wenig zusätzliche Energie und ein möglichst geringer zu reinigender Abgasstrom benötigt werden (Absatz [0013]).
3.2 D1 bezieht sich ebenfalls auf ein Verfahren zur Abscheidung von Quecksilber beispielsweise bei der Zementklinkerherstellung (Absätze [0004] und [0008]) und hat ebenfalls zum Ziel, nur einen Bruchteil des Gasstroms zu behandeln, um ein wirtschaftliches Verfahren zu ermöglichen (Absatz [0004]). D1 ist somit ein geeigneter Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit.
3.3 Es war unstreitig, dass die technische Aufgabe in der Verbesserung der Energieeffizienz zu sehen ist. Streitig war, ob hiermit das Verfahren der Zementklinkerherstellung insgesamt verbessert wird, oder lediglich das Verfahren zur Abscheidung zumindest eines flüchtigen Bestandteils.
3.4 Im Einklang mit dem in Anspruch 1 des Streitpatents verwandten Gattungsbegriff wird die technische Aufgabe als die Verbesserung der Energieeffizienz eines Verfahrens zur Abscheidung zumindest eines flüchtigen Bestandteils bei der Zementklinkerherstellung gesehen.
Diese Formulierung der Aufgabe beinhaltet bereits, dass die Abscheidung eines flüchtigen Bestandteils im Zusammenspiel mit der Zementklinkerherstellung zu sehen ist ("bei der Zementklinkerherstellung"). Sie steht im Einklang damit, dass auch das Streitpatent selbst den zusätzlichen Energieaufwand für die Abscheidung eines flüchtigen Bestandteils bei der Zementklinkerherstellung betrachtet (Absatz [0013]) und nicht etwa die Energieeffizienz der Zementklinkerherstellung als Ganzes, die z. B. auch das Brennen beinhalten würde.
3.5 Zur Lösung der Aufgabe wird das beanspruchte Verfahren vorgeschlagen, bei welchem der erste Rohmaterialstrom mit im Wesentlichen gleichbleibender Temperatur von zumindest 250°C über eine Verbindungsleitung mit dem zweiten Rohmaterialstrom zusammengeführt wird.
3.6 Es wurde nicht bezweifelt, dass die Aufgabe erfolgreich gelöst wird.
3.7 Ausgehend von D1 wäre die Fachperson bemüht, den Energieaufwand möglichst gering zu halten, da ein allgemeines Bestreben hin zu energieeffizienten Verfahren besteht und D1 zudem ausdrücklich auf eine gute Wirtschaftlichkeit des Verfahrens abzielt (Absatz [0004]).
3.8 Die Fachperson würde dabei den Energieaufwand zum Entfernen von Schadstoffen nicht isoliert von der Zementklinkerherstellung, sondern im Zusammenhang mit dieser betrachten. Schließlich ist auch in der hier relevanten Ausführungsform des Dokuments D1 (Figur 1) der Bereich zum Entfernen von Schadstoffen (100) stofflich und energetisch mit der Zementklinkerherstellung verbunden. So stammt der Rohmaterialstrom dieses Bereichs ebenfalls aus der Zementklinkerherstellung (Absatz [0019]). Außerdem wird Ofenabgas aus der Zementklinkerherstellung über Leitung (33) als Heißgas in den Reaktionsbereich (26) des Bereichs zum Entfernen von Schadstoffen eingeleitet (Figur 1).
3.9 Aus D1 (Absätze [0009], [0012] und [0013]) ergibt sich implizit, dass das gereinigte teilchenförmige Material (38) im Bereich zum Entfernen von Schadstoffen (100) mit einer erhöhten Temperatur von 350 bis 500 °C, vorzugsweise 450 bis 500 °C, erhalten wird.
Aus D1 ist ferner bekannt, das gereinigte teilchenförmige Material (38) in Leitung (44) der Ofenzuführung beizufügen (vgl. Punkt 2.1).
Die Fachperson, die mit der genannten Aufgabe befasst ist (Punkt 3.4), würde direkt erkennen, dass es energetisch günstig ist, dieses bereits erhitzte Material (38) auf dem Weg zur in den Vorheizturm (16) führenden Leitung (44) nicht erst abkühlen zu lassen, bevor es gemäß dem Zweck des Vorheizturms (16) wieder aufgeheizt wird.
3.10 Hierfür ist es nicht notwendig, eine neue Verbindung im Gesamtprozess zu schaffen, sondern lediglich, die aus D1 aus den genannten Gründen (Punkt 2.1) zumindest konzeptionell bekannte Verbindung auszugestalten.
3.11 Es gibt auch keinen Anhaltspunkt, dass die Fachperson bei dieser Ausgestaltung irgendwelche Hindernisse überwinden müsste. Das Streitpatent selbst lehrt keine besonderen Maßnahmen, um den ersten Rohmaterialstrom mit im Wesentlichen gleichbleibender Temperatur von zumindest 250°C über eine Verbindungsleitung mit dem zweiten Rohmaterialstrom zusammenzuführen, sondern definiert dieses Merkmal lediglich funktionell.
3.12 Die Patentinhaberin machte in diesem Zusammenhang eine größere räumliche Nähe der entsprechenden Anlagenteile im beanspruchten Verfahren gegenüber D1 geltend. Insbesondere seien die beiden Stränge des Vorwärmers erfindungsgemäß direkt benachbart.
Jedoch definiert der Anspruch keine bestimmte räumliche Anordnung der einzelnen Anlagenteile. Diese wird im vorliegenden Fall auch durch die gewählte Bezeichnung als erster bzw. zweiter Strang des Vorwärmers nicht impliziert. Auch der erste und zweite Strang des Vorwärmers werden lediglich funktionell definiert.
Darüber hinaus ist es trivial, zu verbindende Anlagenteile in einer geeigneten räumlichen Nähe zueinander vorzusehen, insbesondere wenn Wärmeverluste zu vermeiden sind und erst recht wenn, wie vorliegend, ohnehin bereits stoffliche und energetische Bezüge zwischen den Anlagenteilen bestehen (vgl. Punkt 3.8).
3.13 Aus diesen Gründen würde die Fachperson ausgehend von D1 ihre Erkenntnis umsetzen, dass es energetisch günstig ist, das bereits erhitzte Material (38) auf dem Weg zur in den Vorheizturm (16) führenden Leitung (44) nicht erst abkühlen zu lassen, bevor es gemäß dem Zweck des Vorheizturms (16) wieder aufgeheizt wird (vgl. Punkt 3.9).
Es war somit naheliegend, das bereits erhitzte Material (38) bei im Wesentlichen gleichbleibender Temperatur von zumindest 250°C über eine Verbindungsleitung zur Leitung (44) zu führen und so zum im Streitpatent beanspruchten Verfahren zu gelangen.
3.14 Die Fachperson verfügt zwar über eine Vielfalt anderer Möglichkeiten in der Prozessführung, um die Energieeffizienz zu verbessern. Jedoch reicht es für das Naheliegen einer Lösung, die unter mehreren Möglichkeiten ausgewählt wurde, aus, dass die gewählte Lösung naheliegt. Es ist nicht unbedingt relevant, ob es andere mögliche Lösungen gibt (T 190/03, Gründe 14., sowie dort genannte weitere Entscheidungen).
Insbesondere bedurfte es daher im vorliegenden Fall keiner Einbahnstraßensituation, um den beanspruchten Gegenstand nahezulegen.
3.15 Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ausgehend von der genannten Ausführungsform war hier auch nicht relevant, dass D1 alternative Ausführungsformen lehrt, in denen das gereinigte Material (38) in ein Silo (14) geleitet wird oder für einen anderen Zweck verwendet wird (Absätze [0013], [0019]).
3.16 Daher beinhaltet der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von D1 keine erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ).
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.